conferenz, in welcher die Redaktion des„Vorwärts" ver- treten war, hatte schon 14 Tage vorher einen Beschluß in diesem Sinne gefaßt, und der Congreß hat bekanntlich seine Sanktion ertheilt. — Zur Frage der Untersuchungshaft. In Berlin wurde kürzlich ein 14jähriger Knabe aus Sltügiger Untersuchungshaft entlassen, da seine Unschuld constatirt wurde.— War der 14jährige Knabe fluchtverdächtig? Konnte durch ihn, den Unmündigen, der Thatbestand verdunkelt worden, wenn er auf freiem Fuße blieb? Das Berliner Gericht wird die Ant- wort schuldig bleiben. — Zur Sittlichkeit der Liberalen. Gegen eine größere Anzahl Redakteure liberaler Zeitungen in Berlin ist die Unter- suchung eingeleitet worden wegen Verbreitung unsittlicher Inserate. Ein Redaktionsmitglied der liberalen„Hamburger Rc- form" wurde kürzlich wegen Verkaufs unsittlicher Schriften in Hast genommen. Derselbe war schon früher wegen solchen schmutzigen Handels bestraft worden, dennoch nahm ihn das liberale Blatt in die Redastion. Nicht wahr, Herr v. Unrub, Sie liberaler Schäker, der Liberalismus ist der Beschützer der Heiligkeit der Ehe? — Die Harmonieflöte des Dr. Hirsch hat einen weiteren Riß bekommen; kaum, daß sein edler Compagnon Duncker in recht unharmonischer Weise vom Schauplatz der Oeffentlichkeit verschwunden ist, so sagt sich auch der Ortsverein der Ber - liner Maschinenbauer, dessen meiste Mitglieder im 6. Ber- liner Wahlkreise wohnen, vom braven Mäxchen los; das Centralrathsmitglied Andreak ist ausgeschieden. So folgt Schlag auf Schlag— doch der eitle Marx tröstet sich, er hat ja einen Reichstagssitz erjagt. Daß die Hirsch-Duncker'schen Gewerk- vereine keine Zukunft hatten, war verauszusehen; wo sich die ganze Agitatton um den materiellen Vortheil dreht, wo jede Begeisterung, jede höhere Anschauung fehlt, da kann eine Bc- wegung nicht aufblühen. Doch daß dies Alles so schnell kam, das hätten wir selbst kaum gedacht. — Ueber die Verhandlungen des schweizerischen Arbeitercongresses in Neuenburg ist noch nachzutragen, daß in Betreff des Fabrikgesetzes, gegen welches die Fabrikanten zur Zeit eine eifrige Agitatton in Scene gesetzt haben, folgender Antrag Bogelsanger's einstimmige Annahme fand.„Der Congreß stimmt der Resolution der Züricher Arbeiterlandsge- meinde bei und erklärt es als hohe Pflicht der organisirten Ar- beiter, den Machenschaften der Fabrikanten, die sich nicht schä- men, bei der Unterschristensammlung einen Druck auf ihre Ar- beiter auszuüben, mit aller Kraft entgegenzuwirken. Die beiden Centralausschüsse des Arbeiterbundes und des Grütlivereins sind beauftragt, eine planmäßige Agitation einzuleiten, an. allen geeigneten Orten Versammlungen zu veranstalten, die durch tüch- tige Redner beschickt werden, und eine Flugschrift zur Aufklä- rung über das Fabrikgesetz gratis unter das Volk zu vertheilen. Seitens des Schweizerischen Arbeiterbundes soll zur Deckung der Agitationskosten ein Extrabeitrag von 50 Cts. eingezogen wer- den. Gleichzeittg mit der Agitation für das Fabnkgesetz soll auch dahin agitirt werden, daß das Haftpflichtgesetz auch auf die Arbeiter außerhalb der geschlossenen Räume Anwendung finde." Der Congreß beschloß ferner, den allgemeinen Sozialisten- Congreß in Belgien durch einen Delegirten zu beschicken. Zum Delegirten wird Greulich und im Verhinderungsfalle als Er- satzmann Joh. Phil. Becker gewählt. Der Congreß schickte dem vlämisch- belgischen Arbeiter-Con- greß in Mecheln ein brüderliches Begrüßungs-Telegramm und erhielt eine ebenso brüderliche Antwort mit der Nachricht, daß die„Sozialisttsche Arbeiterpartei" gestiftet sei. Außerdem er- hielt der Congreß eine große Zahl von Telegrammen und Zu- schriften von Arbeiterbundes- und Grütlivereins-Sektionen, von einer Typographia-Sektion(Biel ) und von Privaten. Das Interesse am Congreß war ein wahrhaft allgemeines und der Verlauf des Congresses hat die Hoffnungen und Erwartungen aller Gesinnungsgenossen erfüllt. Erklärung. In dem Congreßbericht der Berliner„Volkszeitung" heißt es- „Liebknecht erklärt— er(Liebknecht) habe gegen die Ge- burtsfeier Lassalle's im„Vorwärts" gewirkt, weil es Lassalle's unwürdig sei, ihn bei jeder Gelegenheit zu feiern. Der„Vor- wärts" habe sich dies für den Todestag Lassalle's vorbehalten." Dazu bemerkt die Redaktion der„Berliner Volkszeitung" in einer Klammernotiz:„(Hasenclever und Liebknecht find die Redakteure des„Vorwärts." Aus der Erklärung L.'S geht nun deutlich genug hervor, daß Hascnclever die Lassalle-Feier nicht das Großkapital und für den Großgrundbesitz aufgenommen, wobei aber zwischen ihm und von Wedemeyer von vornherein ausgemacht morden, daß jedes persönliche Interesse ausgeschlossen und deshalb auch kein Namen genannt werden dürfe, sondern nur ein„N." gesetzt werden könne, gleichsam als nvis au lecteur für den, der sich getroffen fühle. Er gebe zu, daß er nach dem Erscheinen des Blanckenburg'schen Briefes darüber aufgeklärt war, daß von Wedemeyer sich in Bezug auf die Höhe der Be- theiligung des Fürsten im Jrrthum befand; er habe dabei die positive Ueberzeugung gehabt, daß etwas daran sei und habe dem Fürsten Bismarck einen Avis geben wollen, daß der Grund- besitz schwer geschädigt werde. Der Staatsanwalt glaubt zugeben zu können, daß der Brief Blanckenburg's zu Mißverständnissen veranlassen könne; es liege aber gar kein Grund vor, ohne jede Recherche Behauptungen m die Welt zu setzen, die den erstell Diener des Staats in so grober Weise beleidigen. Wenn Herr v. Blanckenburg nach Aus- einandersetzung des angeblichen Vorgangs mit den Aktien und der Kursverschiebung schließlich sagte:„Wo liegt da ein bedenk- licher Gründergewinn?" so hätte der Angeklagte doch zunächst darauf verweisen sollen, daß die Richtigkeit der Darstellung vorausgesetzt, allerdings ein bedenklicher Gründergewinn vorliege. Angeklagter. Das habe er allerdings Herrn v. Blanckenburg gegenüber gethan, und wenn sich beweisen ließe, daß der Fürst Aktien der Centralbodenkredit- Gesellschaft zum Kurse von 108 vw» � Iie9e darin der Gründergewinn, denn thatsächlich seien '■>te nf•en öu diesem Kurse niemals gehandelt worden. Bei den weiteren formellen Feststellungen bittet u. A. der Angeklagte den Vorsitzenden, ihn gegen den vom Staatsanwalt mehrfach gebrauchten Vorwurf der Verläumdung zu schützen; er sei angeklagt auf Grund der§§ 185, 186 und erst der§ 187 spreche von verleumderischer Beleidigung. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob er zu Rudolf Meyer ge- sagt habe, Fürst Bismarck habe bei der Gründung der Central- bodenkredit-Gesellschaft Trinkgelder im Betrage von einer halben Million erhalten, antwortete der Angeklagte, er habe mit Meyer '„vergessen," sondern daß Liebknecht ihm dieselbe gewissermaßen untersagt hat. Die Red.)" Ich habe nicht gesagt, daß ich gegen die Geburtsfeier Lassalle's im„Vorwärts" gewirkt habe. Ich habe gesagt, daß ich keinen Artikel zur Feier des Geburtstags Lassalle's gebracht, weil ich dies aus den von mir entwickelten Gründen nicht für zweckmäßig gehalten habe. Ich habe weiter gesagt, daß wenn Hasenclever, der damals abwesend war, einen derartigen Artikel geschickt hätte, dieser selbstverständlich aufgenommen worden wäre; und ich habe hin- zugefügt, daß während unseres Zusammenwirkens in der Redak- tion des„Vorwärts" nie auch nur die leiseste Differenz zwischen Hasenclever und mir stattgehabt hat. Ich bedauere, der Berliner„Volkszeitung", der in der Per- son ihres Patrons Duncker so schweres Leid widerfahren ist, eine harmlose Freude verderben zu müssen. Leipzig , den 31. Mai 1877. W. Liebknecht. Congrch der Sozialdemokraten Deutschlands . (Fortsetzung.) Die Vormittagssitzung vom 28. Mai wurde um 8 Uhr früh von Hasenclever mit verschiedenen geschäftlichen Mittheilungen eröffnet. Dieser Sitzung wohnte auch der bekannte Polizei- direktor von Leipzig , Herr Rüder, auf der Zuhörertribüne bei. Nach der„Deutschen Allgemeinen Zeitung" beantragte Blos anläßlich dessen„alle Nichtsozialisten vom Congreß auSzu- schließen". Dem gegenüber beantragte Hasenclever:„alle freiwilligen, beziehentlich unfreiwilligen Agitatoren für die sgzia- listische Sache als willkommene Gäste zu begrüßen".(Große Heiterkeit.) Dieser letztere Antrag gelangte ohne jede weitere Debatte zur Annahme.— Herr Rüder reiste Mittags wieder von Gotha ab, er hatte seine agitatorische Thätigkeit für den Sozialismus vorläufig erfüllt. Es wurde zunächst eine Organisattonskommission gewählt, der der Gegenstand der Tagesordnung:„Die sozialistischen Or- ganisationen in Deutschland " zur Vorberathung überwiesen wurde. Gewählt wurden in dieselbe: Auer, Derossi, A. Kapell, Tölcke, Fritzsche, Hasselmann und Kiefer. Der Congreß trat dann in die Bcrathung derjenigen An- träge ein, welche sich auf die Agitation bezogen. Kapell und Hörig beantragen, daß alle derartigen Anträge dem Central- wahlcomits zur Berücksichtigung zu überweisen seien. Es entspinnt sich eine lebhafte Diskussion, bei welcher einer- seits Redner verlangt werden, andererseits die Unmöglichkeit, solche in gewünschter Menge zu beschaffen, konstatirt wird. So zahlreich die in den Reihen der Sozialdemokratie vorhandenen agitatorischen Kräfte sind, ebenso sehr sind dieselben beständig mit Arbeit überbürdet. Ein Ucbelstand ist es aber, daß man allenthalben soziali- (tische Reichstagsabgcordnete und sonstige„Zugreferenten" ver- langt, und daß die jüngeren Kräfte nicht genügende Verwendung finden. Die rapiden Fortschritte, welche die Sozialdemokratie in der jüngsten Zeit gemacht hat, und welche sie noch immer macht, fordern mit zwingender Nothwendigkeit, daß alle Kräfte in Aktion treten; das Staatmachen mit Reichstagsab- geordneten u. dgl. ist sogar prinzchwidrig und führt zum Personenkultus. Diese und ähnliche Gesichtspunkte werden von verschiedenen Rednern herausgekehrt und sodann nach Ab- lehnung mehrerer Anforderungen dem Antrage Kapell und Hörig gemäß beschlossen. Ferner wurde der Antrag angenommen, eine kleine Agita- tionsschrift auszuarbeiten, welche besonders auf die Landbevöl- kerung berechnet sei; dieselbe muß in leichtfaßlicher Weise die Verhältnisse der Landbevölkerung behandeln. Ohne Debatte wird der Borschlag genehmigt: In Anbe- tracht der Maßregelungen des Fabrikannten Krupp in Essen, wodurch alle Agitation daselbst lahm gelegt ist, wird dem Cen- tralwahlcomitä anheimgegeben, 70— 90 Mark pro Monat für eine Agitation in Essen aufzuwenden. In der Nachmittagssitzung desselben Tages, die um 5 Uhr eröffnet wurde, kam ein Antrag der Hamburger Genossen zur Verhandlung, daß die Redakteure des Ccntralorgans der deutschen Sozialdemokratie mit auswärtigen Agitationen nicht belastet werden mögen; ausgenommen sollen nur Wahlagitationen sein, bei welchen die betreffenden Redakteure als Candidaten figuriren. Hörig begründet diesen Antrag mit dem Hinweis auf die That- fache, daß Jemand, der bald hier-, bald dorthin reisen soll, nicht im Stande sein könne, ein Blatt gut zu redigiren. Liebknecht und Hasenclever halten es für absolut noth- wendig, daß die Redakteure der Parteiblätter von der Agitation so viel als möglich entlastet werden, da sie durch dieselbe geistig aufgerieben und lcistungsunfähig gemacht werden. Der Antrag wird angenommen. in der Töpfer'schcn Restauration im Hinterzimmer gesessen und im freundlichen Gespräche habe Meyer geäußert, er habe Briefe von Wedemeyer erhalten, wonach eine halbe Million Aktien bei der Gründung der Centralbodenkredit' Gesellschaft für den Fürsten reservirt worden seien. Er habe darauf geantwortet, ihm seien aus andrer Quelle ähnliche Nachrichten zugegangen, bestreite aber, den Ausdruck„Trinkgelder" gebraucht zu haben. Im übrigen sei ein so intimes Zwiegespräch zwischen zwei Leuten im Hinterzimmer keine öffentliche Beleidigung, wie selbst das Ober- tribunal kürzlich einen Professor in Kiel , der in einem Auditorium einen Studenten beleidigte, wegen öffentlicher Beleidigung frei- gesprochen habe. Gehlsen habe ihn wiederholt aufgesucht, ein- mal sei er auch mit ihm zusammengetroffen, und da habe Gehlsen von ihm direkt„Material" gefordert, was er unter ausdrück- lichem Tadel der Gehlsen'schen Tendenzen ablehnte. Er verwahre sich deshalb ganz entschieden dagegen, daß man diesen Mann gegen ihn in's Gefecht führe und ihn gleichsam als Mitredakteur und Mitagitatvr der„Deutschen Reichsglocke" hinstelle. Die Märchen von dem angeblichen starken Verkehr zwischen ihm und Gehlsen seien direkte Lügen. Später hatte ihm Gehlsen jmitgetheilt, daß„die Sachen" wahr seien, der Geh. Rath Wagener sei bei ihm gewesen und habe ihm für ferneres Schweigen 15,000 Thaler geboten. Angeklagter habe ihn aber abgewiesen. Der Staatsanivalt spricht seine Verwunderung über diese Abweisung aus, da doch Briefe des Angeklagten in der Expe- dition der„Rcichsglocke" gefunden seien, in denen er sich zu- stimmend zu der Haltung des Blattes ausspreche. Gleichzeitig müsse er auf das Gerücht zurückkommen, daß Gehlsen von dem Reichskanzler empfangen worden sei; er habe sich darüber in- formirt und könne erklären, daß Gehlsen zwar eine Audienz bei dem Kanzler nachsuchte, dieser aber anordnete, den Menschen ein für allemal von seiner Schwelle fernzuhalten. (Fortsetzung folgt.) Ein Antrag auf Herausgabe einer Broschüre über das Parteiprogramm findet seine Erledigung durch die Erklärung Liebknecht's, daß er demnächst eine entsprechende Arbeit liefern werde. Mehrere Genossen wünschen die Colportage-Verhältnisse ein- heitlich geregelt zu sehen. Gegenwärtig gewähren die verschiedenen Buchhandlungen, welche sozialistische Schriften im Verlag haben, Prozente in ungleicher Höhe, so daß sie einander oft förmlich Konkurrenz machen. Es wird betont, daß den Colporteuren ein nicht unbeträcht- licher Rabatt gewährt werde müsse, da sonst kein Mensch beim Broschürenvertrieb bestehen könne. Andererseits heben niehrere Redner hervor, daß die Preise der Agitationsschriften sich ganz nach den Verhältnissen, unter welchen sie erscheinen, richten, und daß daher auch kein gleichmäßiger Rabatt gewährt werden könne. Durch Uebergang zur Tagesordnung wird auch dieser Antrag erledigt. Mehrseitig wird nun bemängelt, daß viele sozialistische Broschüren zu theuer verkauft werden, ja daß sogar einige Col- porteure sich Extraaufschläge erlauben. In letzterer Beziehung beantragt Rackow, daß den Colporteuren ein derartiges Vor- gehen verboten werden möge. Bebel u. A. beantragen, daß stets der Verkaufspreis auf den Umschlägen der betr. Broschüren vermerkt werden soll. Beide Anträge werden angenommen. (Schluß der Sitzung Abends 8 Uhr.) In der nächsten Nummer bringen wir die Verhandlungen des letzten Tages. Wir wollen heute aber schon bemerken, daß der Congreß einen überaus günstigen Eindruck auf alle Theil- nehmer gemacht hat. Geschlossen wurde derselbe Dienstag Nachts 1 Uhr mit einem Hoch auf die Sozialdemokraten aller Länder. An den Congreß der Sozialdemokraten Deutschlands sind eine Anzahl Zuschriften von Sozialisten des Auslands einge- laufen, die wir hiermit veröffentlichen: l. Brüssel , den 26. Mai 1877. Bürger und Freunde! Im Namen der Sozialisten Belgiens senden wir Euch unfern brüderlichen Gruß. Auch wir wollen, wie Ihr, den Kampf gegen die soziale Ungleichheit auf poli- tischem und ökonomischem Gebiete aufnehmen.— Seit den letzten Congressen, die in Belgien von Arbeiter-Delegirten des ganzen Landes in Gent und Mecheln abgehalten wurden, sind wir mehr als je mit den Zielen und Auffassungen unserer deutschen Brü- der einverstanden. Nachdem wir viele Jahre hindurch uns der Betheiligung an politischen Fragen enthalten, haben wir jetzt fast einstimmig er- kannt, daß wir damit nur unfern Gegnern in die Hände ge- arbeitet haben; heute sind wir entschlossen, denselben Weg zu verfolgen, wie Ihr, und wollen gleichfalls in die politische Arena herabsteigen. Nur ist das für uns schwieriger als für Euch, denn wir haben noch kein direktes allgemeines Wahlrecht. Aber gleichviel! Grade die Erkämpfung des allgemeinen Stimmrechts soll der erste Schritt sein auf diesem neuen Wege, den wir be- treten. Schon hat sich in unserem gesetzgebenden Körper eine Stimme für die Proklamirung des allgemeinen Wahlrechts erhoben— die unseres Abgeordneten für Berg(Möns) Defuisseau. Unser soeben in Brüssel von dem Kleinbürgerthum— der Arbeiter ist in Belgien nicht wahlberechtigt— erwählter sozia- listischer Deputirte Janson wird nicht zögern, sich diesen For- derungen anzuschließen, wenigstens hat er sich seinen Wählern gegenüber dazu verpflichtet. Aber nicht allein in Bezug auf den Weg, den wir zu verfolgen haben, sind wir mit Euch völlig einverstanden, auch unsere sozialen Ideale sind dieselben. Auch wir sind der Ansicht, daß zur Befreiung der Arbeit die Ver- Wandlung der Arbeits-Jnstrumente, des Kapitals und des Grund und Bodens in Gesammt-Eigenthum der Gesellschaft absolut nöthig ist. Um dahin zu gelangen, halten wir die Intervention des Staates, der die Gesanimtheit vertritt, sowie der einzelnen Gewerke, dieser vernunftgemäßen Organisation der Arbeiter, für nothwendig. Während das arbeitende Volk aber seine ökonomische Organi- sation, seine Gewerkschaften entwickelt, kämpft er auch aus poli- ttschem Gebiete für eine Reform der Gesetze und für die Auf- richtung des Volksstaats— ein Ziel, das den Blämingcn und Deutschen gleich theuer ist. Eins mit Euch in unfern Ideen, unseren Zielen, wünschen wir Euch die besten Erfolge!— Muth, deutsche Brüder!! Ganz Europa — nein die ganze civilisirte Welt blickt erwartungs- voll auf Euch, denn Eure Sache ist die des Proletariats der ganzen Welt, ist die der Menschheit!!— Im Auftrage der Brüsseler Gruppe der sozialdemokratischen Arbeiter-Partei Belgiens : Die provisorischen Sekretaire: Eugene Steens. Dr. De Paepe. (Rue Frere-Orbon.)(Rue Bueren 18.) II. Deutsche Brüder! Die Arbeiterkammer , in welcher sämmt" liche Arbeitervereine und Arbeiterorganisationen Brüssels ver- treten sind, sendet den Delegirten des Gothacr Congresses ihre brüderlichen Grüße. Das alte Europa ist in Bewegung,� die Bourgeoisparteien wissen nicht mehr, wie sie die Blicke des Volks von seinen wahren Zielen und auf sich selbst ziehen sollen. In diesem Augenblick befinden wir uns inmitten einer industriellen Krise, deren traurige Wirkungen sich in der ganzen Welt fühlbar machen. Ein furchtbarer Krieg, dessen Folgen noch furchtbarer sein werden, hat soeben begonnen: wohin wir blicken herrscht Anarchie. Es sind das die traurigen Früchte des Bourgeoisie-Regiments, der schlechten Einrichtungen, unter denen wir leiden. Deutsche Brüder! Die Aufgabe des Proletariats aller Län- der ist eine große. Arbeiten wir fortwährend und unentwegt an der Verbreitung unserer Ideen! Durch den düstern Schleier, welcher den Horizont bedeckt, fällt schon ein Lichtstrahl hindurch, der mehr und mehr Helle verbreitet. Die alte Welt, in ihren Grundfesten erschüttert, muß bald in Trümmer zerfallen. Deutsche Brüder! Mit immer wachsender Befriedigung sehen wir Euch am Werke, unsere Blicke sind auf Euch gerichtet, wir sehen, wie Ihr trotz aller Verfolgungen nicht einen Moment auf- hört, für das Wohl der Menschheit zu kämpfen. Wir wünschen Eurem Congreß den besten Erfolg und senden Euch unsere brüderlichen Grütze. Brüssel , 18. Mai 1877. Für die Arbeiterkammer : Louis Bertrand , Sekretair. III Gent, 26. Mai 1877. Werthe Parteigenossen! Die Gent 'schen Arbeiter senden Euch, Deutsche Brüder, im Congreß zu Gotha vereinigt, ihren Bruder-
Ausgabe
2 (3.6.1877) 64
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