im Lande. Der jetzige Anshebungsmodus müßte dann jedenfalls abgeändert werden, doch das ist Nebensache. Ich weiß wohl, daß das dreijährige Militärsystcm eines der besten Agitations- mittel der Sozialdemokratie ist, doch ist nicht zu befürchten, daß dasselbe durch obigen Vorschlag geschwächt würde, im Gegentheil, durch den einjährigen Dienst wird dem Soldaten schon so viel Ab- neigung vor dem Militär eingeflößt, daß es für's ganze Leben genügend ist; die späteren Jahre verrohen den Menschen nur und machen ihn nur zu oft untauglich, eine großartige Idee zu ver- stehen. Ferner ist die Ungerechtigkeit, welche gleichsam das leitende Prinzip des Militärstaates ist, ganz besonders geeignet, das Gerechtigkeitsgefühl der jungen Männer zu beleidigen und ihnen die Augen zu öffnen. Denn die Unterordnung oft sehr Gebildeter unter den Willen irgend eines Ungebildeten mit gelber Tresse gibt zu Unzufriedenheit Anlaß, und das ist der Weg, der zum Sozialismus führt. Ich hoffe mit Obigem die Forderung einjähriger Militär- dienstzeit hinlänglich begründet zu haben und halte es für selbst- verständlich, daß Arm und Reich ohne Unterschied gleich lange Zeit zu dienen verpflichtet wären. Mögen meine Ausführungen nicht ungehört und unverstanden verhallen, denn es ist nach jeder Seite nur von Nutzen und ganz besonders für uns Soldaten. Sozialpolitische Uebersicht. Der letzte Cogreß der deutschen Sozialisten hat unseren Gegnern wieder einmal Gelegenheit gegeben, ihre Rath- losigkeit, Ignoranz und Anständigkeit an die große Glocke zu hängen. Anfangs waren sie verdutzt und faßten katzenjämmerlich gute Vorsätze. Nurmit geistigen Waffen" sei der Sozilismus zu bekämpfen, und dergeistige Kampf" müsse nun ernsthaft ge- führt werden. So schrieb z. B. derHamburgische Correspon- dent" ganz zerknirscht(Nummer vom 31. Mai): Die Ausführlichkeit, mit welcher wir uns bei früherer Ge- legenheit über den Einfluß der sozialistischen Presse und über die Zahl ihrer direkten und indirekten Abonnenten und Leser aus- gelassen haben, läßt Betrachtungen über diesen Gegenstand ebenso entbehrlich erscheinen, wie Auseinandersetzungen darüber, daß eine Partei, die einen so großen Preß-Apparat in Bewegung setzt, in der Zunahme begriffen sein muß. Daß die in Preußen unternommenen Versuche, der sozialistischen Agitation und Ver- gesellschaftung durch gerichtliche Urtheile und Coalitionsverbote zu Leibe zu gehen, vollständig unwirksam geblieben sind, ist überdies seit den letzten Wahlen eine allgemein anerkannte, von dem Abg. Wehrenpfennig von der Tribüne des Reichstages un- umwunden eingestandene Thatsache, für welche es der Erklärung natürlich nicht bedarf. Für ebenso ausgemacht kann angesehen werden, daß die von derselben Seite gegen die gewerksgenossen- schaftlichen Vereine ergriffenen Maßregeln die erwartete Wirkung nicht gehabt, sondern im Gegentheil dazu beigetragen haben, diese zum Theil neutralen Verbindungen in das sozialdemokratische Lager hinüber zu drängen und der von den Führern verkündeten Lehre,daß praktische Versuche zur Besserung der gegebenen Zustände noch nicht an der Zeit seien und bis zur großen Uni- Versal-Umwälzung vertagt werden müßten", Eingang zu ver- schaffen. Die von dem Berichterstatter Auer abgegebene Ver- sicherung,daß die Organisation trotz der von der Vit. Criminal- Deputation des Berliner Stadtgerichts ausgesprochenen Anflösung für Preußen noch auf dem vorjährigen Staudpunkte stehe", ist darum nicht als Uebertreibung anzusehen und wenigstens der Hauptsache nach(!) auf Wahrheit gegründet. Der Versuche, welche hie und da gemacht gemacht werden, um der Sozial- demokratie durch eigens dazu geschaffene Vereine entgegen zu treten, geschieht in dem Jahresbericht der Partei keine Erwäh- nung, vielleicht weil diese Vereinigungen zu jung sind, als daß sie sich zu größerer Bemerkbarkeit hätten bringen können(!). Ansdrücklich wird dagegen anerkannt, daß in den katholischen Rheinlanden und in Westfalen die sozialistische Agitation des Culturkampfes und der örtlichen Verhältnisse wegen" keine Fortschritte gemacht habe. Auf dasWarum"? ist Herr Auer nicht näher eingegangen und brauchen auch wir nicht einzugehen: die Herrschaft der Kirche läßt in jenen Gegenden die Herrschaft anderer Richtungen nicht zu. Es bestätigt das nur den alten Satz, daß geistige Bewegungen allein mit geistigen Waffen bekämpft werden können und daß unter diesen Waffen diejenigen des religiösen Glaubens die stärksten und schärfsten sind. Erhebend kann das von Herrn Auer gemachte Zugeständniß für uns Protestanten nicht genannt werden, von Wichtigkeit ist dasselbe aber für Alle» welche seine Zeugen sind. Daran, daß der Sozialismus nicht mit anderen als geisttgen und sittlichen Waffen zu überwinden ist, kann nicht oft und nicht nachdrücklich genug erinnert werden, einerlei ob wir diese Waffen schon gegenwärtig zur Hand haben oder nicht. Mindestens erspart diese Einficht vergebliche Versuche, auf an- derem Wege zum Ziel zu kommen. Das ist auch ein Gewinn, wenn zunächst auch nur ein bescheidener!" Allerdings ein sehr bescheidener. Und der Gewinn schrumpft sogar auf Null zusammen, wenn derHamburgische Correspon- dent" an dem Trugschlüsse festhält, daßdie geisttgen Waffen des religiösen Glaubens die stärksten und schärfsten" seien. Sobald der Culturkampf eingestellt ist, wird sich zeigen, daß die geistigen Waffen" des katholischen Glaubens ebenso unwirk- sam gegen den Sozialismus sind, wie die des protestantischen Glaubens. In ähnlicher Weise sprechen sich andere liberale Blätter aus, indeß die vernünftige Stimmung hielt nicht lang vor, und jetzt giebt die gegnerische Presse sich alle erdenkliche Mühe, ihren Lesern einzureden, daß die sozialisttsche Bewegung in Deutschland lange nicht so bedeutend sei, als man im ersten Schrecken sich einge- bildet; daß sie jeder ernsthaften Grundlage entbehre, an einem permanenten Defizit leide und von den unfähigenFührern" blos noch künstlich aufrecht erhalten werde, bis es denselben ge- lungen, sich eine bessere Existenz zu verschaffen. Uebrigens seien dieFührer", denen es ja nur auf dieArbeitergroschen" an- komme, bei Bertheilung der Beute einander bereits in die Haare gerathen, und wird dabei auf den Meinungsaustausch derbeiden Reichstagsabgeordneten Hasselmann und Liebknecht" hingewiesen, und auf denerbitterten Kämpf"(!), der zwischenVorwärts" und Rothe Fahne" geführt werde; kurz die Spaltung und der Bankerott sei schon da; man brauche nur ein Bischen zu warten, so werde das ganze Gebäude in sich selbst zusammenfallen. Wartet nur, Ihr Herren! Einen größeren Gefallen könnt Ihr uns nicht thun. Der geistreiche Geschäftspolitiker und streber- hafte Waschzettelfabrikant Richter, welcher in diesem wüsten Chorus den Vorsänger spielt, lernt vielleicht mit der Zeit, daß die öffentliche Erledigung von Differenzen bei Parteien ein Zeichen der Einheit und Stärke ist, wie umgekehrt das Ver tuschen ein Zeichen der Zerfahrenheit und Schwäche, und daß es für einen Parteiführer, der ja Herr Richter sein will keinen größeren Fehler giebt, als den Gegner zu unterschätzen und sich und Andere über ihn anzulügen. Im Interesse der Fortschrittspartei und in seinem eigenen persönlichen Interesse lebt er doch von der Fortschrittspartei sollte Herr Richter diese sehr einfache Wahrheit begreifen und beherzigen. Sobald der fortschrittlich- liberal-reakttonäre Schlammvulkan zur Ruhe gekommen ist, oder eine Pause macht, werden wir zur Ergötzung unserer Leser eine Sammlung Richter'scher und sonstiger, den Congreß betreffender Kraftphrasen veröffent- lichen. Man wird dort die beste Gelegenheit haben', sich ein Urtheil über das Verhältniß eines Beamten zur Presse und zu seinen Untergebenen zu bilden, nämlich des derzeitigen Generalpost- meister, Ehrendoctor von Halle, Schriftstellers und Sprachrei- Nigers Heinrich Stephan , Ritter hoher Orden, Excellenz aus Stolp in Hinterpommern, sodann wird man vermuthlich gleich- zeitig den Geheimen Oberpostrath, außerordentlichen Professor der Berliner Universität und Dr. jur. Dambach bewundern können; wenigstens sungirte dieser in derselben Sache wider Klinck als öffentlicher Ankläger bei dem Disciplinargerichtshof in Kiel , wo Klinck freigesprochen wurde. Die Verhandlungen der Disciplinarkammer sind öffentlich, also am 30. Juni, Vor» mittags 10 Uhr; alle Mann an Bord! g." O welche Lust, Soldat zu sein! Zu diesem tief- ernsten Kapitel wird derNeuen Badischen Landeszeitung" aus Mannheim unterm S.Juni geschrieben:Wir brachten gestern die Mittheilung, daß ein Unteroffizier der 10. Compagnie des hiesigen Infanterieregiments seinem Leben durch Erschießen ein Ende gemacht habe. Aus den von uns inzwischen über diesen traurigen Fall eingezogenen Erkundigungen ergiebt sich zur Evidenz, daß der unselige Entschluß des betreffenden Unteroffi- ziers Starek ist der Name deffelben hervorgerufen ist durch die unwürdige Behandlung, welche derselbe von seinem Compagniechef, Hauptmann Meyer, zu erfahren hatte. Starek hatteckn jour" gehabt und von seinem Feldwebel eine Stunde Urlaub erhalten. Als er, in die Kaserne zurückgekehrt, dem Hauptmann Meyer dies meldete, wurde er von demselben thät- lich mißhandelt. Kurze Zeit nachher war er eine Leiche, mit seinem Dienstgewehr hatte er sich den Tod gegeben. In einem Briefe, welchen er noch vor der That an seine Kameraden ge- richtet hatte, ist die ihm vom Hauptmann angethane Behandlung als das Motiv bezeichnet, welches ihn zum Selbstmorde getrie- ben habe. Das Bedauern und die Entrüstung, welches schon ein solcher einzelner Fall allenthalben hervorrufen muß, muß sich zum Entsetzen steigern, wenn man vernimmt, daß dieser Fall innerhalb eines Jahres der dritte Selbstmord bei derselben. Compagnie ist." Daß die militärischen Selbstmordtragödien' erst mit der Beseitigung des Militarismus ihr Ende erreichen können, braucht kaum gesagt zu werden. Stephan contra Klinck. In dieser Sache, die wir vor einiger Zeit besprachen, schreibt man uns:Am 30. Juni, Vormittags 10 Uhr findet in der famosen DiSciplinarunter- suchungssache Stephan contra Klinck,(deffen Ehefrau post- widrig Schriftstellerin, aber keineswegs Post-Federbandit ist, wie es ein hoher Verwaltungsbeamter beispielsweise seit Jahren ge- wesen, sogar schon als Assistent in Köln war) vor der Leip- ziger Disciplinarkammer statt. Die Verhandlung verspricht hochinteressant zu werden; deswegen machen wir jeden vorur- theilsfreien, rechtlich denkenden Leipziger darauf aufmerksam. Das schweizerische Fabrikgesetz, gegen welches die Fabrikanten Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um es durch eine Urabstimmung zu Falle zu bringen, hat an dem National- rath Klein einen warmen Fürsprecher gefunden. Klein, der selbst Mitglied der Fabrikgesetzkommission war, erschien nämlich am 25. vorigen Monats in einer Versammlung des Gewerbevereins zu Basel und ließ sich nach derFrkf. Ztg." folgendermaßen vernehmen:Die Herren Fabrikanten suchen sich bei ihrer Agi- tation gegen das Fabrikgesetz neuerdings hinter den Einwand zu stecken, daß die ganze Angelegenheit von vornherein aus einen falschen Boden gestellt worden sei, insofern die Industriellen nur durch einen Vertreter in der Kommission repräsentirt gewesen. Dies war allerdings in der ersten Frbrik- Kommission der Fall, in der zweiten aber haben vier Industrielle gesessen und sämmt- lich erklärten sie, es werde unsere nationale Industrie auch nach Annahme des Fabrikgesetzes wohl fortbestehen können. Existirt doch die elfstündige und noch eine reduzirtere Arbeitszeit schon in manchen Fabrikstädten des benachbarten Elsaß, ohne daß die dortigen Fabrikanten im Mindesten über schlimme Folgen zu klagen hätten. Gegentheils sprechen sich dieselben offen dahin aus, daß nicht der ins Prokrustesbett gespannte Arbeitstag, sondern nnr die gute Behandlung der Arbeiter und der durch dieselbe ermöglichte Besitz von guten Arbeitern es sei, was die nationale Industrie konkur, enzfähig erhalte.Die Vorstudien seien zu ungenügend", lautet ein anderer Vorwurf der Fabrikanten, die deshalb eine gründliche Enquete verlangen. Die Fabrik-Kom- misnon hat aber, nicht gerade in Basel , aber häufig genug anderswo die Erfahrung gemacht, daß sich bei ihrer Ankunft Fabrikanten und deren Agenten von Morgens früh bis Abends spät in ihren Kreis drängten, um zu vernehmen, welches ihre Marschroute sei und dgl., daß einmal in einer Fabrik sämmtliche dort angestellte Kinder, sechszig an der Zahl, vor Ankunft der Kommission nach Hause geschickt wurden, so daß nur ein noch als unentbehrlich zurückbleibender Heizerjunge das verdächtige Ge- heimniß ausplaudern konnte! Das ist der Werth jenes Enquete- Berlangens. Wenn im Ferneren gesagt wird, es werde die An- nähme des Fabrikgesetzes die Auswanderung mancher Industrien zur Folge haben, so kann Redner auch diese Eventualität unter Umständen nur begrüßen, falls nämlich das Exil solche Industrien trifft, die mit dem größten und unveräußerlichsten Gute, das wir Zum Briefstil der Könige.Vorder-Riß, 8. November 1859. Herrn H. Christ. Andersen! An einem sehr schönen Abend jüngst am Wallersee spazieren gehend, habe Ich Mich an Ihre prächtigen Mährchen und Dichtungen erinnert und den Entschluß gefaßt, die Bedenken, welche bisher erhoben'wurden, weil Sie nicht ein Deutscher von Geburt, zu beseitigen und Mir das wahrhafte Vergnügen zu machen, Ihnen Meinen Maxi- milians-Orden zu verleihen, da Sie so sehr im deutschen Sinne gedichtet und Ihre Märchen in Deutschland so populär sind. Noch im Mondlicht habe Ich Mir den Entschluß in die Schreib- tafel notirt. Wollen Sie die Verleihung dieses Ordens als ein Zeichen bettachten, wie sehr Ich Sie schätze und mit welchem Vergnügen Ich Mich an Mein Zusammensein mit Ihnen zurück- erinnere, der Ich mit wohlwollenden Gesinnungen bin Ihr wohl- geneigter Max." Ein gewisser Jonas, wir bemerken ausdrücklich, daß es nicht derjenige ist, welcher seiner Zeit von einem Wallfisch verschluckt wurde, fühlt den unverdaulichen Beruf in sich, Briese, die an den verstorbenen Märchenschreiber Andersen gerichtet sind, zu veröffentlichen. Wir erlaubten uns den Abdruck eines dieser Briefe aus zwei Gründen, einmal um denUnterthanen" zu zeigen, welch geistreiche Briefe von Königen geschrieben werden dasspazieren gehend" erinnert nebenbei sehr lebhaft an denDichterkönig" Ludwig und dann weil aus diesem Briefe ersichtlich, daß es Andersen auf dem Wege der Menschwerdung nur bis zum Kriecher gebracht hat. Unter den veröffentlichten Briefen befindet sich auch einer vom König Frederik VIl. von Dänemark ; der König bedankt sich in demselben bei Andersen dafür, daß er ihm seine Märchen vorgelesen. Der Triumph der Ordnung. Man schreibt uns aus London : Seit einiger Zeit ist in der Kunstgallerie der Regent Street ein Gemälde ausgestellt, welches große Sensation hervorgerufen hat und über welches eine Mittheilung namentlich Ihre Leser interessiren dürfte. Das Bild, eine Leinwand von nicht weniger als drei Metern Länge und zwei Metern Höhe, ist betitelt:Der Triumph der Ordnung" und stellt eine der grauenvollsten Szenen des Bürgerkrieges von 1871 dar. Der Schauplatz der Scene ist die nördliche Mauer des Kirchhofs?ere Lachaise", früher dieMauer von Charonne", seit den blutigen Maitagcn dieMauer der Communards" genannt. Zur Zeit der Kommune ging noch jene Mauer entlang ein tiefer, breiter Graben, ein Hohlweg, der für die Fuhrwerke der Steinmetze, sowie zum Ab- fahren von Erde diente. Heute befinden sich an seiner Stelle breite Reihen wvhlgepflegter Grabhügel, deren Kreuze sämmtlich erst aus den letzten vier bis fünf Jahren datirt sind. Der Künstler führt uns nun zurück an den Rand jenes jetzt zuge- schütteten Hohlwegs, zurück in die Maiwoche, und zeigt uns, was dort geschah. Im Vordergrunde, im Graben, ein Gewühl von Männern, Frauen und Kindern in wirrem blutigem Haufen theils todt, theils sterbend, gefallen unter den Salven einer Mitrailleuse, die rechts von Soldaten unter dem Kommando zweier, gleichmüthig ihre Cigarette rauchenden Offiziere bedient Wird. Einer der letzteren giebt einem Verwundeten, der herauf- zuklettern versucht, denGnadenschuß" mit seinem Revolver. Auf der Seite der unversöhnlichen Sieger befindet sich ein Grab kreuz mit der Inschrift:Liebet einander!" Links aber, auf der Böschung jenseits des Grabens, die Mauer entlang, steht wieder eine Gruppe von Männern, Frauen und Kindern, die eben das Todesloos erdulden, theils mit wilden, von der Leidenschaft des Kampfes verzerrten Zügen, theils in edler, selbstbewußter, erhadener Haltung, mit Mienen, die eher Mitleid mit den Siegern als Haß gegen dieselben auszudrücken scheinen. Einer hat mit seinem Blut an die Kirchhofmauer geschrieben:Vive rhumanitö!"*) *) Es lebe die Menschheit! Und: es lebe die Menschlichkeit. Weiterhin rechts gewahrt man noch zahlreiche Gruppen, die zu- sammengeschossen werden und durcheinander in die große Grube stürzen. Im Hintergrund, jenseits des Kirchhofs, Paris in bläu- lichen Dampf gehüllt. Der Eindruck, den dieses Bild auf den Beschauer macht, ist ein großartiger, unbeschreiblicher, auch für Solche, die, sei es aus Ünkenntniß der Thatsachen, sei es aus Interesse, Gegner Ider Communards find. Alle Londoner Blätter, von dem radikalen Reynold" und den fortschrittlichenDaily News" bis zu dem conservativenStandard" und der offiziösenPost", haben mit der größten Anerkennung von dem künstlerischen Werth dieses in Compofition, Zeichnung und Farbengebung gleich vortrefflichen Werkes gesprochen und dem Meister, der dasselbe geschaffen, hohes Lob gespendet. Dieser Meister heißt Ernst Pichio und ist derselbe, der während des Kaiserreichs den Muth hatte, den Tod Baudin's zu malen, jenes Mannes, der 1851, am Tage nach dem Staats- streich, dem Volke zeigte,wie ein Volksvertreter für seine fünf- undzwanzig Franken stirbt." Natürlich muß ein Maler, um sich auf derartige Kunstvorwürfe zu verlegen, Republikaner und Sozialist sein, was um so höher anzuschlagen ist, als die Existenz der meisten Künstler in der heutigen Gesellschaft von der Gunst der reichen Leute abhängt. Pichio lebt und arbeitet in Paris und ist von den seit 1871 auf einander gefolgten Regierungen ohne Unterlaß den härtesten Verfolgungen ausgesetzt worden. Man suchte sogar seine Bilder zu vernichten. Glücklicherweise reichen die Arme der Bersailler Polizei nicht bis nach England. Es märe zu wünschen, daß auch dem deutschen kunstliebenden Publikum und insbesondere den Arbeitern Deutschlands der Genuß dieses bedeutenden Kunst- Werkes auf die eine oder andere Art, sei es durch Ausstellung des Original- Bildes, sei es durch Vervielfältigung desselben auf dem Wege der Photographie oder des Holzschnittes, zugänglich gemacht würde. Das Wort lmmaaitö hat beide Bedeutungen. mit diesem Ruf auf der Zunge. Bekanntlich starb Millicre R. d. V. Dieliberale" Gründerpresse. (Ein offener Brief des Herrn G lag au.) In Folge der von mir im Laufe des Jahres 1875 in der Gartenlaube" veröffentlichten Artikel:Der Börsen- und Grün- dungsschwindel in Berlin ", welche dann zu Anfang 1876 als Buch erschienen, begann in Deuffchland das öffentliche Gewissen zu erwachen, begann sich der Unwille zu regen gegen die Gründer und Gründergenossen, welche das ganze Volk so schamlos aus- geplündert, dem Nationalwohlstand so schwere Wunden geschlagen haben. Diese meine Veröffentlichungen, in denen ich an der Hand aktenmäßigen Materials die Attentäter, so ohne Ansehen der Person und ohne Rücksicht auf die politische Parteistellung, bei Namen nannte, geschahen in dem verbreitetsten Blatte der "Welt"(?), geschahen in einemliberalen" Familienblatte(in der Keil'schenGartenlaube". A. d. R.) und das erklärt die außerordent- liche Wirkung, die sie fanden. War doch, wie es sich jetzt heraus- stellte, die übergroße Mehrzahl der Gründer und Schwindler liberal"; waren doch die illusteren Führer, die gefeiertsten Parlamentsredner derLiberalen " an den blutigsten Gründungen betheiligt; war doch dieliberale" Presse bei dem großen Schwindel die Kupplerin, die Zutreiberin gewesen und dafür in jedem einzelnen Falle reichlich bezahlt worden. Dieliberale" Presse, nach wie vor im Solde der Börse, suchte jetzt die Be- wegung gegen das Gründerthum als einereaktionäre" Sttö- mung, als eine Feindseligkeit gegenKaiser und Reich" hinzu- stellen; die parlamentarischen Gründer benutzten die Tribüne, um ihre Ankläger einfach derLüge und Verleumdung" zu be- züchtigen, um sie in der gemeinsten Weise zu beschimpfen; ja sie reisten im Lande umher, und donnerten in zusammengettommelten Versammlungen gegen diegewerbsmäßigen Denunzianten" und Delatoren", gegen dasliterarische Gründerthum." Aber auch unter der liberalen Presse fanden sich angesehene Organe, wie dieSchlefische", dieMagdeburgische", dieAugs- burger Allgemeine Zeitung" und dasFrankfurter Journal", welche es offen aussprachen: ein Gründer dürfe nicht Volksver- treter sein. Auch innerhalb der liberalen Parteien standen muthig