zu könusn.— Ja, wenns die Türken gethan hätten, oder der„Erbfeind"!—„Unser biederer Erbfreund" hat am 24. d. M. dasdeutsche und englische Konsulatsgebäude in Rustschuck mitseinen Liebesgrüßen vulxo Bomben zerstört. In das fran-zösische Konsulat schlug gleichfalls eine Bombe und in der Nähedes österreichischen fielen zahlreiche Bomben nieder; die Spi-täler wurden von sieben Geschossen getroffen. Die Verschan-zungen der Türken haben nicht im geringsten gelitten; eintürkischer Soldat ist getödtet und vier find verwundet, dahin-gegen sind gegen hundert Civilpersonen(darunter dreiösterreichische Frauen) getödtet oder verwundet worden. Diemeisten der Verwundeten und Getödteten sind Christen, fürderen„Befreiung" die Russen kämpfen! Die Türken richtetennur dann erst ihre Geschosse auf die Stadt Giurgewo, als dieRussen von dem Bombardement der Stadt Rustschuck nicht ab-ließen; das türkische Feuer aber hat auch bei den russischenBatterien empfindlich gewirkt, so daß dieselben Abends 7 Uhrdas Feuer einstellten— die Kanonade türkischerseits dauerte bisgegen 9 Uhr.— Die rubilisirte„National-Zeitung" bringt denBorgang mit den einfachen Worten:„Es fand eine hefttge Ka-nonade statt, bei welcher Rustschuck an verschiedenen Stellen inBrand gesteckt wurde"— also waren es keine verirrten Kugeln,sondern absichtlich hat der„Erbfreund" deutsches Eigenthum ver-wüstet. Die„Wiener freie Presse" meint, daß die Russen durchdiesen Bruch des Völkerrechts die auswärtigen Mächte habemahnen wollen, den Türken die fernere Vertheidigung Rustschuckszu„verbieten", ähnlich wie sie es den Türken seiner Zeit ver-boten haben, Giurgewo und die festen Plätze des linken(rumä-Nischen) Donauufers zu besetzen. Die Folge dieses Verbotesist, daß die freundlichen Russen ihnen jetzt ihre Konsulate inBrand schießen— hübscher Dank. Kenntlich waren die Konsu-late, die Hospitäler und die Gebäude, welche Deutschen, Fran-zosen, Engländern, Oesterreichern gehörten, durch Aufhissen vonFahnen.— Wehe den Türken, wenn sie das Völkerrecht in solch'infamer Weise gebrochen hätten— aber Rußland darf so etwas,es ist eben frech genug dazu.— Eine Warnung. In einem uns zugegangenen Briefewerden wir ersucht, die Behörden auf den Zustand des Otto-Schachts bei Meuselwitz aufmerksam zu machen. Der Schachtsei so baufällig, daß über die 17 darin beschäftigten Arbeiterjeden Augenblick eine Katastrophe hereinbrechen könne. Wirkönnen nicht wissen, ob die uns gemachten Mittheilungen aufWahrheit beruhen, und sind nicht in der Lage, dieselben zuprüfen, aber der ganze Ton des Schreibens ist ein so ernster,daß wir es für unsere Pflicht halten, da uns die Adressen dereinschlägigen Behörden nicht bekannt sind, an dieser Stelle denWarnruf ertönen zu lassen. Erweiset er sich als überflüssig, soist nichts verloren; im anderen Fall aber werden vielleicht17 Menschenleben gerettet.Aus der Türkei.V Constantinopel, 20. Juni.Wir haben alle 14 Tage einmal Gelegenheit, mit dem Mar-seiller Boot, via Neapel, nach Deutschland zu schreiben; ich be-nütze heute diese Gelegenheit, um über die hiesigen ZuständeWetter zu berichten. Es liegt gerade nichts Neues vor, wovonman Erwähnung thun könnte; alles ist hier ruhig und gehtden gewöhnlichen Gang. Die in meinem Letzten erwähntenhier kursirenden Gerüchte über den Uebergang der Russen überdie Donau haben sich, wie ich richtig vorausgesetzt, nicht bestä-tigt.*) Von Anatolien sind indessen verschiedene Privatnachrichteneingelaufen, die es wohl außer Zweifel setzen, daß die Türkenin den letzten Tagen eine größere Schlacht gegen die Russenverloren haben, worüber die offiziellen Berichte ganz und garschweigen, indem sie uns blos mit Neuigkeiten von Montenegrobeehren, wo türkische Truppen neue Vortheile errungen habensollen. Ich lasse mich nicht eingehender über diese Berichte aus,da solche doch nur post kestum kämen, indem der Telegraphbereits seine Schuldigkeit gethan haben wird.*) Man beachte das Dawm dieser Correspondenz. Nur wenigeTage später haben die Russen die Donau thatsächlich überschritten undsind in die Dobrudscha eingedrungen. Red. d. V.ralismus ist. Jener Kommentar beweist ferner, welch' gefähr-lichen Einfluß das Manchesterthum auf einen Theil unserer Pro-fessoren und Juristen übt; in welche Gefahr dadurch Wissenschaftund Rechtsprechung, Gesetzgebung und Staatsgewalt gerathen.Die Freigebung der Aktiengesellschaften war eine langjährigeForderung der Manchesterleute, die sie der Regierung endlich ab-rangen, als Entschädigung für sonstige Dienste. In Erwartung,in fester Voraussicht des Aktiengesetzes wurden schon 1869 undin der ersten Hälfte 1870 eine Reihe von Gesellschaften gegründet.Ohne das Akttengesetz wäre der große Schwindel überhaupt nichtmöglich gewesen. Das Attiengesetz erweckte sofort die Sucht zugründen, und zwar in dem Grade, daß schon während desKrieges und trotz des Krieges eine große Zahl neuer Gesell-schaftcn in die Welt gesetzt wurden.Wenn die Manchesterleute einzuwenden versuchen, daß inOesterreich, wo die Attiengesellschaftcn nicht freigegeben sind, derGründungsschwindel ebenso stark gewüthet hat, so ist dies eineblanke Unwahrheit. In Oesterreich wurden von 1867— 18731005 Gesellschaften„concesfionirt". Die österreichische Regierungwar selber dem Schwindet verfallen, indem sie gerade begün-sttgte, was man in Preußen kaum noch hindern konnte. InPreußen waren bisher Aktiengesellschaften sehr sparsam concessio�nirt worden; in Oesterreich konnte man seit den Herren v. Beustund Giskra durch gewisse Mittel jede Concession erlangen, undes ward mit den Concessionen ein offenkundiger Schacher be-trieben. Trotzdem entstanden von 1867— 1873 in Oesterreich-Ungarn thatsächlich nur 682 Aktiengesellschaften— die übrigen323 Concessionen blieben unbenutzt; während in Deutschlandvon 1870— 1873 ca. 1300 Gesellschaften ins Leben traten, davonca. 1100 allein in Preußen.. Nachdem wir so gesehen, wer der Vater des Gesetzes gewesenist, welches so viel Unheil und Roth über unser Vaterland ge-bracht hat, wollen wir uns an der Hand des Glagau'schen Werkesnun nach denen umsehen, welche in Folge dieses Gesetzes aufKosten des Volkes sich Reichthum erwarben.Nach einer in dem Buche Glagau's enthaltenen Liste befindenresp. befanden sich in unseren deutschen Parlamenten überhaupt~ m111- 1 uns glaublich erscheinen— nicht weniger ats266 Personen, welche an Gründungen theilgenommen haben,wovon 63 auf das preußische Herrenhaus, 203 auf Reichstagund Abgeordnetenhaus kommen. Der Verfasser unterscheidetjedoch bei dieser Zahl zwischen Solchen, die eben nur in irgend«ner Verbindung mit den Gründungen standen, indem sie alsAufsichtsrath, Direktor, Syndikus oder Liquidator ein- oder auchZweimal vorkommen, ein Umstand, der durchaus noch nichts Be-Durch unsire Stadt sind 2—3000 Zekbeck-Bergbewohner ausder Umgegend von Smyrna durchgekommen; sie begeben sich alsFreiwillige nach dem rumelischen Kriegsschauplatz und sind hierequipirt worden. Die Leute sehen sehr wüst aus und imponirenbesonders durch ihre von Hause mitgebrachte Armirung, diehier durch eine moderne ersetzt wird. Sie trugen eine vielmalum den Leib gewundene breite, rothe Binde, die mit einemordentlichen Arsenal von Waffen ausgerüstet ist— Pistolen mitFeuerstein, mehreren Dolchen und einem unermeßlich langenIatagan, der beinahe über den Kopf hervorragt. Durch dieseÄjustirung sehen die Kerle so steif wie Marionettenfiguren aus.Maslak, welches auf dem Wege von Pera nach Bujukdere liegt,ist ihnen als Lagerplatz angewiesen worden, woselbst sie anzwei in Wagen vorüberfahrenden europäischen Familien ihrebarbarischen, unzüchtigen Gelüste ausgeübt haben. Zwei fran-zösische Damen, eine Mutter mit Tochter, wurden geschändet.Das französische Consulat soll in gehöriger Weisebereits protestirt haben und wir hoffen, daß wir den Rest dieserHorde bald vom Halse bekommen werden. Daß solche Fällevorkommen können, ist lediglich der Regierung zuzuschreiben, diedurch ihre wohlbekannte Nachlässigkeit Alles möglich werden läßt.So eine Horde hätte wahrhaftig wo andershin placirt werdenkönnen, als in die Nähe von Pera, wo die Europäer wohnen!Da ich in den folgenden Zeilen offen über die türkischen Ver-hältnisse sprechen und mich keineswegs zurückhalten werde, dietürkische Mißwirthschaft in das gehörige Licht zu stellen, so willich die, eigentlich selbstverständliche Mittheilung vorausschicken,daß ich durchaus nicht Sympathien für Rußland er-regen will, dessen egoistisches Vorgehen hinreichend bekannt ist;denn jeder Sozialdemokrat weiß, welche Haltung wir diesemDespotenstaate gegenüber einnehmen, der ebenso gut wie dieTürkei an manchem Ucbel krankt.Die Invasion(Ueberziehung mit Krieg) der Türkei durchRußland wird uns wahrscheinlich um manche trübe Lehre be-reichern und bei manchem Menschenfreund Bedauern erwecken,daß im 19. Jahrhundert solcher Unfug noch möglich ist. Alleinwir Orientalen dürfen uns schon trösten, sehen wir doch, wie« esim Centrum der Civilisation zugeht, wo ein neuer Kreuzzugzu organisiren gesucht wird, ver seine Spitze gegen die mo-dernen Ideen kehrt, die jedoch trotz alledem und alledemin ihrem von der Natur vorgeschriebenen Entwickelungs-prozeß nicht aufzuhalten sein werden. Doch genug davon;ich will nunmehr von der Zukunft der Türkei sprechen, so wiemNu dieselbe nach dem gegenwärtigen Stande der Dinge pro-gnostiziren kann, wenn dies Land seiner eigenen Leitung über-lassen bleibt.In der ganzen Welt giebt es Menschen, die bei der Beur-theilung der politischen Schöpfungen nicht auf den Grund derSachen gehen— so auch dieienigen, die erwarten, daß mit derin der Türkei erlassenen Constttution eine neue Aera für denOrient eintreten werde. Es ist allerdings nicht unmöglich, be-züglich der ferneren Entwickelung der Türkei einen Jrrthum zubegehen; im Voraus Alles zu verdammen, was vielleicht nocheinmal gut werden kann, darf nicht geschehen. Lassen wir daherdie Thatsachen sprechen, sie werden uns gewiß das beste Krite-rium geben, um zu prüfen nnd auf den Grund der Sache zu kom-men, die alsdann von selbst spricht.Deshalb sei hier der Grundsatz aufgestellt: daß es gewissepolitische Fundamentalwahrheiten giebt, die ewig wahr sind undbleiben. Jeder Fortschritt legt mehr oder weniger einen be-stimmten Weg zurück, eine Bahn, die überall dieselbe bleibt undnur durch Aeußerlichkeiten variiren kann, die aber die Be-hauptung nur bestätigen kann, daß der Fortschritt bei allen Na-tionen eigentlich denselben Weg gewandelt hat. Indem wir inder Türkei jedoch gerade gewisse Freiheiten auf dem verkehrtenWege kommen sehen, so ist jedenfalls die Frage berechtigt, obwir es auch wirklich mit dem Fortschritte zu thun haben—?Fortschritt und Bildung sind innig verwandt; Fortschritt wirddurch Bildung erzeugt. Die Bildung hat freilich nicht in denunteren Klassen angefangen; lange Zeit war sie blos das Pri-vilegium der Aristokraten und Pfaffen, indessen in dieser dumpfenAtmosphäre hat sie sich nicht aufhalten können: sie wurde Gc-meingut; sie wurde unser Eigenthum, mit welchem wir nunmehrin jedem Culturstaat alle Ungerechtigkeiten bekämpfen, die durchhergebrachte Sitten und Dummheit des Volkes sich bis jetzt auf-lastendes für die Betreffenden enthält— und hervorragendenGründern resp.„Ersten Zeichnern" der eigentlichen Schwindel-Periode, sowie Aufsichtsräthen, die bei vielen, zum Theil sehrvielen Aktiengesellschasten vorkommen. Diese zusammengezähltergeben nach Glagau die respektable Zahl von 119, wovon wieder18 sich durch ihre„gründliche" Thätigkeit ganz besonders hervor-thaten. Von diesen 18 gehören 11 der nationalliberalen Parteian; wahrlich, solche Zahlen bedürfen keines Kommentars!—(Schluß folgt.)— Einen geistreichen Vorschlag zur Abhilfe de? Nothstandesmacht unser Böhmert in seiner letzten„Sozial- Correspondenz":Es soll ein„gewerbliches Reservesystem" organisirt und jederMensch angehalten werden— mehrere Handwerke zu lernen,so daß er, wenn das eine schlecht geht, sich mit einem anderenernähren kann. Als Weber hat X keine Arbeit, flugs wird erGoldarbeiter— glückt's auch damit nicht, wirft er sich als Maurerauf den Arbeitsmarkt und sofort. Kein Zweifel, das Mittel ist prak-tisch und unser X, der jetzt einfach als Weber verhunzern muß, kannin Zukunft auch als Goldarbeitcr, Maurer u. f. f. verhungern— wasunzweifelhaft ein großer Vorlheil für ihn ist; des andern Vortheilsgar nicht zu gedenken, daß es den Hunderttausenden, die jetzt nicht dieZeit und Gelegenheit haben, ein Handwerk ordentlich zu lernen natür-lich weder an Zeit noch an Gelegenheit fehlen wird, mehrere Hand-werke zu lernen. O Schlaumeier Viktor! Du hast den Bogel abge-schoflen!— Au! Unser„Viktor" klagt in seiner„Sozial-Correspondenz":„Unserem Titel„Sozial-Correspondenz" wirft man vor, daß er(sollheißen das Wort„sozial", Herr Viktor!) von Unkundigen mit„so-zialistisch" oder„sozialdemokratisch" verwechselt werde. Ist dasnicht ein neuer schlagender Beweis dafür, wie wenig sich noch dieTagesprefle mit diesen Dingen befaßt hat, und wie sehr es noth thut,daß es endlich öfter geschehe."Also nur ein„Unkunviger", weniger höflich ausgedrückt, ein Un-wissender, ein Ignorant kann„sozial" und„sozialdemokratisch" ver-wechseln. Wir kennen einen„Professor", sogar der„Volkswirthschaft",der es sich obendrein zur Lebensaufgabe gemacht hat, die Welt über dieJrrthümer des Sozialismus aufzuklären, und der trotzdem hartnäckig„sozial" für„sozialistisch", die„Herren Sozialen" für die HerrenSozialdemokraten sagt. Der Mann heißt Birnbaum. Wie ihmwohl der, wenn auch unbeabsichtigte Fußtritt seines Freundes Viktorgefallen haben mag?— Einen bösen'Reinfall hat die Dernburg'sche„National-i zeitung" gebracht. In ihrem Feuilleton veröffentlichte sie nämlich voreinigen Tagen einen sehr minutiösen und durchaus ernsthaft gehaltenenBericht über eine Luftfahrt von Amerika nach Frankreich, die binnenrecht erhalten konnten. Bildung ist deshalb das Hauptelement,wodurch die Freiheit erlangt wird.Untersuchen wir nun, in welchem Verhältnisse die in derTürkei geschaffene Constitution zu derselben steht, und betrachtenwir zunächst, welche Bedeutung eine Constttwtton für die Sozialdemokraten hat, wir werden sodann besser in der Lage sein, zubeurtheilen, ob die Türkei den Culturweg in Wirklichkeit be-treten hat.Die constitutionelle Verfassung gilt für uns als Uebergangs-Periode zu einer besseren und rationelleren Staatseinrichtung,die erlangt wird, wenn wir einmal zur vollendeten Freiheit undmithin nach unseren heuttgen Begriffen zum sozialdemokratischenStaate gelangen, der als letzte Consequenz des Fortschritts geltenmuß. Diese Uebergangsperiode kann von längerer oder kürzererDauer sein, muß aber doch mit dem Siege der Freiheit auf-hören, wenn das Volk einmal angefangen hat politisch zu denken;denn das Vernünftige läßt sich nicht wegleugnen und es handeltsich blos darum, daß die Mehrzahl dies begreife: politischeFreiheit und die letzte Folge derselben, der sozialdemokratischeStaat also, muß sodann eintreten, denn er liegt in der Logikder Lehre, die nicht abzustreiten ist, wenn man nicht Alles fürTrug und Wahn auf der Welt hält, wie es die Pfaffen pre-digen, uni das Volk für sich und Andere auszubeuten, was abernicht die Theorie der Sozialdemokraten ist, die wirklichen undeinzigen Vertreter des realen Fortschritts.Allein solch ein allmäliger Verwandlungsprozeß vollzieht sichblos in einem Staate, wo die Constttution nicht oktroyirt, son-dern erkämpft wurde, wo das Volk culturfähig und bereits soweit gebildet ist, um sich politisch entwickeln zu können; in einemLande wie die Türkei kann davon natürlich keine Rede sein.Sollte die hier oktroyirte Constitution eine für das Volk gün-stige Wirkung haben, so müßte Alles, was zu diesem Ziele führt,von den höheren Ständen geschehen, und in erster Reihe müßtedem Volke eine genügende Bildung gegeben werden, womit esur Erkenntniß seiner Rechte gelangen würde; aber abgesehenavon, daß eine von oben consequent durchgeführte Revoluttoneine höchst seltene Erscheinung in der Geschichte sein dürfte, somuß auch dem höheren Stande die Fähigkeit zu solchem Wirkenfür die Dauer der gegenwärtigen Generation durchaus abge-sprachen werden, weil deren Corruptton bereits zu tiefe Wurzelngeschlagen hat.Was hier zur höheren Klasse gehört, befindet sich zum aller-größten Theil im Staatsdienste, der die Corruptionsanstalt ge-nannt werden kann, wo Jeder einen von Hause vielleicht mitge-brachten geraden Sinn binnen kurzer Zeit zu verlieren lernt.Von oben herab wird das Exempel hierzu statuirt und so gutbefolgt, daß man wohl sagen kann, daß ein ehrlicher Beamterzu den seltensten Erscheinungen in der Türkei gehört. Privat-interessen gehen dem Beamten über Alles, und wenn er seinSäckchen auf Unkosten des Staates füllen kann, so ist er fürJedermann zu jedem Dienst erbötig.Daß durch diesen Umstand Rußland immer Mittel und Wegefindet, di�Türkei durch die Türken selbst zu ruiniren, wird mandeshalb leicht erklärlich finden. Wäre bei diesen Umständennicht der Glaube an den Islam, der in seiner fanatisch-dummenForm im ganzen Volke tief wurzelt und dasselbe zusainmenhält,sowie die Eifersucht einiger europäischen Staaten, die nicht darübereinig werden können, wie die Türkei zerstückelt werden soll,so hätte dieser faule Staat schon längst aufhören müssen zuexistiren.Ein Staat, der moralisch so verkommen ist, wird gewiß dieSache des Volkes nie begünstigen; er wird vielmehr immerdanach streben, seinen egoistischen Gelüsten auf Unkosten desVolkes Genüge zu verschaffen, und eine von da ausgehende Be-wegung wird niemals zum Ziele führen, die von oben angeregteConstitution ist mithin bereits faul von Hause aus.In der Türkei sind Reformen schon öfters angeregt worden,ohne jedoch wirklich bessere Zustände für das Volk geschaffenzu haben. Man erinnere sich nur an die Reorganisationsver-suche Mahmud's II., der bereits einmal eine Ständeversammlungder Provinzen in Constantinopel zusammenberufen ließ, diejedenfalls auftichtiger gemeint war, als die jetzige Constitution;man denke auch zurück an den Hattischerif, von Abdul Medjidim Jahre 1839 erlassen— alles große Momente in der modernentürkischen Geschichte, die leider durch Verderbtheit der Nach-kommen ohne merkliche Folgen geblieben sind.2 Tagen in einem lenkfähigen Ballon bewerkstelligt worden sein sollte.Der aufmerksame, mit den Schwierigkeiten der Luftschifffahrt Bertraute,mußte sofort entdecken, daß der ganze Bericht erdichlet und die Re-daklion der„Nationalzeitung", die sich auf ihre Wissenschafllichkeit soviel zu Gute thut, das Opfer eines boshaften Spaßvogels gewordenwar. Statt dies nun einzusehen, macht sie die Sache noch schlimmer,indem sie, von verschiedenen ihrer entrüsteten Leser zur Rede gestellt,erklärt,„kein Charlatan habe sie getäuscht", sie habe„das vortrefflichePhantasiestück" mit sehenden Augen, und wissend, daß es ein Phantasie-stück sei, aufgenommen; sie könne sich nur wundern, daß es„unterihren Lesern eine solche Anzahl höchst ehrenwerther Briefschreiber geben kann,die nie eine Zeile von Edgar Poe oder Jules Berne gelesen". Durchdiesen Versuch, die redaktionelle Unfehlbarkeit zu wahren, wird dieSache nur schlimmer gemacht. Die Phantasiestücke Poe's und Verne'ssind ganz anderer Art; es sind eben Phantasiestücke. Hier aber habenwir es mit einer Mystification zu thun, und höchstens kann es sichfragen: wer mystificirt worden ist? Ist die„Nationalzeitung", nnesie behauptet, wirklich nicht mystificirt worden, so hat sie ihre Lesermystificirt oder mystificiren wollen. Wenn sie letzteres für daskleinere Uebel hält, so möge sie sich mit ihren Lesern abfinden, die vonder schulmeisterlichen Abkanzlung gerade nicht sehr erbaut fem dürften.— Das kommt davon. Ein Berliner Blatt(das„Tageblatt")erzählt, Herr Teisendorfs werde auf all' seinen privaten Wein- undKaffee-Wanderungen in geheimnißvoller Weise von„einigen namhafterenRepräsentanten" der Sozialdemokratie begleitet, die ihn nicht au? denAugen ließen.„Ganz ohne" ist die Sache nicht. Nur, daß die ge-heimnißvollen Begleiter blos in der Phantasie des Herrn T-ffendorffexistiren, die allerdings ziemlich aufgeregt ist. So ist uns ,. B. be-kannt, daß Herr Tessendorff ein Weinlokal, in welchem er sich besonders„mollig" fühlte, deshalb nicht mehr besucht, weil er„beobachtet werde",eine Annahme, von deren vollständiger Unbegründetheit der Wirth ihnnicht zu überzeugen vermochte. Wir möchten Herrn Tessendorff, dessenunschätzbare Mitarbeiterschast wir nicht verlieren möchten, den wohlgemeinten Rath geben, einmal seinen Hausarzt zu consultiren.� Zu der„merkwürdigen Geschichte". Kurz vor dem Druckeder vorigen Nummer des„Vorwärts" erhielt Genosse Hasenclever einenweiteren Brief und zwar von dem Vater des Briefschreibers, welchersein Bedauern über den Brief mit der Bitte aussprach, denselben nichtzum Abdruck gelangen zu lassen. Dies war nun nicht mehr möglich,doch wurde an drei Stellen der Name des Briefschreibers, der zuerstmit veröffentlicht werden sollte, fortgelassen, sodaß wir glauben, dadurchim Wesentlichen dem Wunsche des Vaters nachgekommen zu sein. Wirbemerken übrigens, daß in dem ersten Briefe keinerlei Andeutungenenthalten waren, aus denen geschlossen werden konnte, daß man esnicht mit dem Hausbesitzer, sondern nur mit seinem Sohne zu thun habe