der ihm befreundet ist, auf eine bezügliche Anfrage folgenden Brief gerichtet: Caprera  , den 29. Mai 1877. Mein werthester Herr Keller! Nie habe ich aufgehört, Ihre mir werthe Freundschaft hoch- zuschätzen, und der Krieg, den ich 1870 und 71 geführt habe, geschah imDienste der idealen Republik, der ich mein ganzes Leben gewidmet habe. Derselbe wird mir gewiß von den Deut- schen nicht nachgetragen, welche ich als Brüder betrachte. Einen herzlichen Gruß an Ihre Familie von Ihrem ergebenen G. Garibaldi." Der alte Freiheitsheld erklärt hier indirekt, daß er für die französische   Bourgeoisrepublik, für die Republik des Herrn Thiers oder des Herrn Mac Mahon  , für die Republik der Frankfurter Zeitung  " keinen Finger rühren würde. Es märe auch schade darum! Aus der besten der Welten. In derBossischen Zei- tung" vom 3. d. lesen wir unter den Lokalnotizen: Im benachbarten Schöneberg   ist vor einigen Tagen ein alter Mann aus Hunger dem Selbstmorde verfallen. Der- selbe begab sich auf das Amtsbureau und bat um eine Unter- ftützung, da er sehr arm sei und nichts zu essen habe. Der Sekretair bedeutete ihm, daß er sich zunächst bei dem Armen- Vorsteher zu melden habe, welcher ihn mit einer Legitimation versehen würde, worauf er sich zum Bureau zurückvewügen solle. Der Arme befolgte dies, fand aber den Armen-Borsteher nicht zu Hause, worauf er sich in seine Wohnung begab und seinem Leben durch Erhängen ein Enoe machte." Allesganz in der Ordnung". Der Armen-Borsteher hat strikte nach dem Gesetz und nach seiner Instruktion gehandelt. Und daß der Mann es mit dem Essen so voreilig hatte? Ja, warum war er nicht früher gekommen? Er ganz allein trägt die Schuld. Und wer die Schuld hat, der muß auch büßen von Rechtswegen. Die Leipziger   Amtshauptmannschaft scheint hinter Rüder, der in seinem Eifer, die Sozialdemokratie zu vernichten, sogar so weit geht, die jahrelang unbeanstandet gebliebenen frei- willigen Geldsammlungen zu verbieten und den Einzelverkauf derFackel" in Versammlungen nicht zu gestatten scheint, sagen wir, hinter Rüder nicht zurückbleiben zu wollen, denn auch sie greift jetzt zu Ausnahmsmaßregeln, um dersozialistischen Epidemie" Einhalt zu thun. Eine solche Ausnahmsmaßregel ist das Verbot eines Arbeiterfestes, welches im 13. sächsischen Wahlkreise(Reichstagsabgeordneter Temmler) abzuhalten beab- sichtigt war. Daß der Sozialdemokratie mit solchen nachgerade abgebrauchten Mitteln nicht beizukommen, daß ihr überhaupt nicht beizukommen ist, sollten deren Gegner nun doch wohl ein- gesehen haben. Doch das ist Sache unserer Gegner, nicht die unsrige. Daß übrigens dasLeipziger Tageblatt  " die Gelegen- heit nicht vorübergehen lassen konnte, ohne seinen national- liberalen" Standpunkt zu dokumentiren, ist selbstverständlich. Es drückt seine Freude über das Verbot des Festes in folgenden Worten aus:Wir hören jedoch, daß die königliche Amtshaupt- Mannschaft dem Borhaben der sozialistischen   Agitatoren einen Riegel vorgeschoben hat, indem sie die Abhaltung des Festes verbot." Da wir es nun einmal mit demLeipziger Tageblatt  " zu thun haben, so gestatten wir uns hier gleich eine kleine Abschweifung auf das Gebiet der Sittlichkeit, deren eifrige Verfechterin dieses Mastbürgerblatt ist freilich nach seiner Art. Also:Das Leipziger Tageblatt  " und die Sittlichkeit." Auszug aus der dritten Beilage der Nummer 189 vom 9. Juli des Leipziger Tageblatt  ":Eine in schweres Unglück gerathene junge Wittwe bittet zu ihrer Rettung edle Menschenfreunde um ein kleines Darlehn gegen innigen Dank und pünktliche Rück- zahlunz. Adr. unterGott   hilft" in der Expedition dieses Blattes."Eine gebildete Witwe, Anfang 30r, bittet edel- denkende Menschen um ein Darlehn von 30 Mark. Adressen unter I- 77 durch die Expedition dieses Blattes."Eine junge Frau sucht gegen Sicherheit ein Darlehn von 30 Mark. Adressen erbeten in der Expedition dieses Blattes unter II. 81." Eine feingebildete Dame, hier fremd, bittet herzlich edel- denkende Menschen um ein Darlehn von 350 Mark. Suchende würde es mit großem Danke binnen vier Monaten zurücker- statten, wäre aber auch gern bereit, dafür Placement anzunehmen. Gef. Offerten unter 1�. R. 420. Exped. dieses Blattes erbeten."Ein alleinstehendes Mädchen sucht lOTHlr. zu leihen. Bitte Adressen unter Ai. G. 20 in der Filiale d. Bl., Katharinenstraße 18, niederzulegen."Eine j. Frau, welche d. Schicksalssch. hart getroffen, bittet edle Menschen um ein Dar- lehn v. 20 Thlr. gegen pünktl. monatl. Abzahlung. Gef. Off. unter E.+ III durch die Exped. d. Bl." So nimmt sich das sittlicheLeipziger Tageblatt  " aus! Es sollte uns nicht wundern, wenn die Leipziger   Staatsanwaltschaft, dem Beispiele ' Berlins   folgend, dem sauberenTageblatt"einen Riegel vor- ! schiebt" und es zur Verantwortung zieht wegen Vorschubleiftung der Prostitution, denn darauf und auf nichts Anderes laufen die i oben citirten Annoncen hinaus. Obige Zeilen waren bereits gesetzt, als wir von bestunter- !richteter Seite erfuhren, daß nicht das obenerwähnte Fest, wohl aber der Aufzug verboten worden sei. DasLeipziger Tage- blatt" wird daher gut thun, den Riegel, den es in seiner Herzens- ; freude dem Versammlungsrecht bereits vorgeschoben wähnte, wieder zurückzuschieben, seinLiberalismus" erlaubt ihm das hoffentlich. Im Musterbourgeotsstaat Belgien   erfolgte vor Kurzem die Ausweisung Jourde's, des Finanzministers der Pariser Commune  , aus Belgien  , weil er ein die Commune ver- theidigendes Buch herausgegeben hat. Auf eine Interpellation des Brüsseler Deputtrten Janson hin kam die Angelegenheit in der Brüsseler Kammer zur Verhandlung, und erklärte sich dieselbe mit 78 gegen 14 Stimmen(17 Kammermitglieder ent- hielten sich der Abstimmung) für die Ausweisung. Zu verwundern wäre es nicht, wenn die Bourgeoisrepublik Frankreich   der Bourgeoismonarchie Belgien   ihren Dank votirte für diesen an einem verhaßten Communard verübten Gewaltstreich. Die Sozialistenhetze in Italien   dauert mit unge- schwächter Kraft fort. Ein neues Florentiner sozialistisches Ta- geblatt, dieMiseria"(das Elend), wurde nach kaum ein- monatlichem Bestände vor den Assisen zu 6 Monaten Gefängniß und 300 Lire Geldstrafe verurtheilt; derRisvcglio"(anar- chistisch) wurde ganz unterdrückt. Natürlich lassen sich die So- zialisten dadurch nicht einschüchtern, sondern verdoppeln ihren Eifer und ihre Anstrengungen. An Stelle desRisveglio" wird demnächst ein anderes Organ erscheinen; der republikanisch- sozialistischePopolo" zu Genua   ist bedeutend vergrößert worden und veranstaltet täglich zwei Ausgaben; die MailänderPlebe" gewinnt einen immer größeren Anhängerkreis. Eine gute Neuig- keit ist die Meldung von der erfolgten Freilassung der so lange eingekerkerten Palermitaner Sozialisten: die Redakteure des Povero" und derLince", Jngegueros und Lualdi, und mehrer Anderer. So ist der Kampf gegen den Sozialismus allenthalben ein ebenso brutaler wie aussichtsloser. Wo aber die Brutalität und Gewalt das Rüstzeug waren, mit welchem man Ideen bekämpfte, da ist der Sieg der verfolgten Idee noch immer das Resultat des Ringens gewesen, und so ist auch dem gewaltthätig bekämpften Sozialismus, der sich die Erlösung der ausgebeuteten und unterdrückten Menschheit zum Ziele gesteckt hat, die Zukunft sicher. Unsere Nachricht in voriger Nummer, daß die Belage- rung von Kars   aufgehoben sei, ist nur zum Theil wahr. An drei Seiten(nach Süden, Osten und Westen) ist Kars   frei und nur an der Nordseite steht noch das russische   Heer. Die Ent- scheidungsschlacht, welche die Russen so gern bei Erzerum ge- schlagen hätten, wird jetzt dicht an der russischen Grenze statt- finden und wehe den Russen, wenn sie dort geschlagen werden; hinter sich die siegenden Türken und vor sich die aufständischen Tscherkcssen. An der Donau   haben die Russen einige offene bulgarische Städte besetzt und einige kleine Festungen erobert und allerlei Grausamkeiten ausgeübt. Den Russen fehlt aber der Proviant die Armeelieferanten haben sich als ächte ruf- fische Spitzbuben gezeigt so daß die Armee keinen Schritt vorrücken kann. Wenn eine Proviantcolonne ankommt, beladen mit Spiritus, Taback und Talg, so erhebt der betreffende Truppentheil ein wahres Freudengeheul. Durch die schlechte Verpflegung aber fallen die halbcivilisirten, unreinlichen armen Soldaten aber den Krankheiten zum Opfer, so daß alle russi- schen Spitäler überfüllt sind. Hält sich die Türkei   noch zwei Monate lang, so kannVäterchen" mit seinen humanenKin- deichen" wider gen Norden ziehen, ohne daß es ihm gelungen, ; das alte Byzanz in Blut zu ersäufen. s 2843 Prozesse! Unser Frankfurter   Parteiorgan shat sich der sehr verdienstlichen Mühe unterzogen, eine sozialdemo- kratische Prozeß- resp. Verurtheilungsstatistik herzustellen. Doch hören wir denFrankfurter Volksfreund" selbst: Mit vieler Mühe ist es uns gelungen, eine sozialdemokra- ttsche Prozeß- resp. Verurtheilungsstatistik für Deutschland   an- zufertigen. Dieselbe umfaßt einen Zeitraum von 14 Jahren: vom Auftreten Ferdinand Lassalle's   und der Gründung des all- gemeinen deutschen Arbeitervereins im Jahre 1863 bis jetzt. Wohl glauben wir von vornherein behaupten zu dürfen, daß unsere Arbeit auf ziemliche Genauigkeit Anspruch machen kann, indem wir dabei hauptsächlich uns stützten auf die betreffenden Ausweise in den verschiedenen Jahrgängen unserer Parteiblütter, sowie auf Notizen, die wir über die einzelnen Fälle uns zur Zeit gemacht. Doch schreiten wir ohne jede weitere Vorbemer- kung zur Veröffentlichung der bedeutungsvollen Zahlen: Es wurden in der angegebenen Zeit gegen Sozialisten, wegen der verschiedensten sogenannten politischen Vergehen, anhängig ge- macht 2343 Prozesse! Davon entfallen auf Preußen allein 2065; Sachsen   weist 418 auf; die übrigen vertheilen sich auf Bayern  , Württemberg, Baden u. f. w. Dabei ist nun aber zu bemerken, daß seit dem Jahre 1871 eine enorme Steigerung der Prozesse sich geltend machte, nahezu Vs der Gesammtsumme muß verrechnet werden auf die Jahre 1371 bis jetzt. Es wurden anhängig gemacht wegen: Hochverrath.......... 5 Prozesse Majestätsbeleidigung....... 193 Bismarckbeleidigung....... 211 Aufreizung ec.......... 326 Schmähung und Verhöhnung von Staats- einrichwngen, Gotteslästerung:c... 298 Widerstand gegen die Staatsgewalt.. 277 Beamten- und sonstige Beleidigungen.. 619 Uebertretung der Bereinsgesetze, resp. Ver- stoßes gegen dieselben und wegen ähn- licherVerbrechen....... 909 Etwa die Hälfte all' dieser Prozesse kommt auf Rechnung der sozialdemokratischen Presse. Die enorme Höhe der Prozesse wegen Beleidigung und besonders wegen Verstoßes gegen die Vereinsgesetze haben uns die letzten Jahre gebracht. Tessendorf hat zur Erreichung der Ziffer 909 das Meiste gethan! Nur in etwa 400, meist untergeordneten Fällen erfolgte Freisprechung; über 2300 Prozesse endeten mit Verurtheilung der Angeklagten. Erkannt wurde im Ganzen auf 173 Jahre, 6 Monate, 3 Wochen 70,486 Tage Gefängniß. Die meisten dieser Strafen" variiren zwischen 3 Monaten und 1 Jahr. Bon den außerordentlich hohen Strafen aus der neuesten Zeit ist zu ver- rechnen diejenige, welche den Genossen Bahlteich in Chemnitz  jüngst betroffen, nämlich 1 Jahr 6 Monate Gefängniß wegen Majestäts- und Richterbeleidigung". An Geldstrafen wurden verhängt weit über 40,000 Mark. Rechnen wir dazu an Prozeß- und Haftkosten ec. weitere 40,000 Mark, was sehr niedrig ge- griffen ist, so erhalten wir die anständige Summe von 80,000 Mark!" Mit den Erfolgen wachsen die Verfolgungen aber auch umgekehrt! Das mögen sich die Herren von der Polizei, von der Staatsanwaltschaft und von den Gerichten merken. Aus Bayern  . Am 3. Juli bestätigte das Appellations- gericht in Augsburg   das gegen die dorttge Genossenschafts- buchdruckerei von der ersten Instanz gefällte Urtheil, welches die Auflösung der Genossenschaft und Verurtheilung eines jeden Borstandsmitgliedes zu 30 Mark Geldstrafe und in die Kosten des Verfahrens ausspricht. In der Augsburger Genossenschafts- buchdruckerei wird bekanntlich der Augsburger  Volkswille" ge- druckt ein Blatt, welches den Herren Gegnern der Sozial- demokratie schon lange ein Dorn im Auge ist. Da es nun bisher trotz allerlei Chikanen nicht gelingen wollte, das unbe- queme Blatt aus der Welt zu schaffen, so soll jetzt dasRecht" herhalten, um dem Blatte den Lebensodem auszublasen, denn auf etwas Anderes ist es mit der Schließung der Genossenschaft im WegeRechtens" nicht abgesehen. Ob der Streich gelingen wird wir bezweifeln es. Genosse Wolf aus Mühlheim   wurde von dem Appell- Hof in Darmstadt   in zweiter Instanz wegen Bismarckbeleidi- gung zu sechs Monaten Gefängniß verurtheilt. Zweifel. Da sind, lebenswahr gestaltet, die ehrlichen, über- zeugungstreuen Beamten, die mit idealistischer Schwärmerei glauben, aus dem Zusammenbruche einer Gesellschaft, aus dem sozialen Schutt, aus den Ruinen des Staates eine neue, glück- liche, allen Träumen Erfüllung bringende Welt aufbauen zu können. Sie sind vermengt mit den eigentlich krittschen Geistern, die. ohne ein Ideal in der Seele zu tragen, auf dem Wege der mißverstandenen Theorie und der unverdauten Lektüre dazu ge- langten, die politischen und sozialen Gestaltungen der Gegen- wart unbedingt und allseitig zu verwerfen. Es fehlt nicht an den Verbitterten, die ein unerbittliches Geschick immer und im- mer wieder zwang, den Kelch der Leiden bis auf die Neige zu leeren, und wir begegnen auch den Unzufriedenen, die das Un- behagen, welches ihnen ihre individuelle Lage einflößt, auf das Allgemeine übertragen. Ihnen gesellen sich die verlorenen Posten der Gesellschaft, die überall zu finden und auch immer bereit sind, dem Bestehenden den Krieg zu niachen, weil sie nur so hoffen dürfen, Besitz, Stellung und äußere Ehre zu erlangen, die sie nie besaßen, oder bereits längst verloren hatten. Und endlich mangeln uns auch die Frauen nicht, welche sich dem Nihilismus in die Arme geworfen, weil sie die Emancipation ihres Geschlechtes auf ihre Fahnen geschrieben oder weil sie ihrer nach echt weiblicher Hingebung durstenden Seele irgendwie und um jeden Preis Befriedigung verschaffen wollen. Turzenjeff macht kein Geheimniß daraus, daß der NihiliS- mus in Rußland   nicht an einzelne Individuen geknüpft sei, son- dern alle Schichten, alle Kreise und jedes Alter in sich fasse. Ernste, bedächtig gewordene Männer, deren Haupt bereits im weißen Schmuck des Alters prangt, stehen dicht neben dem un- reifen Jüngling, der sich rühmt,die Theorie der Leidenschaften von Fourier vervollständigt zu haben«, und der auch versichert, daß er der Erste sei, der endlichfesten Boden" gefunden, und s m.°bne eine Spur hinter sich gelassen zu haben, aus 'cbeiden werde. Zweiundzwanzigjährig, hat er bereits alle Fragen der Welt und der Wissenschaft gelöst, und er zwei- fett auch nicht, daß er eine Umwälzung Rußlands   zu Stande �r�J0« Sprossen der ältesten Familien sind ebenso von nihitiflychen Anschauungen durchdrungen, wie die Söhne der untersten Klassen Damen der sogenannten guten Gesellschaft, m ych jeden Fehltritt erlauben, weil er ihnen in französischen  Romanen im schönsten Lichte erschien, sind nicht weniger nihili- stlsch, als jene armen, gedrückten Weiber, die dem dunkelsten Schöße der großen Masse entstammen und denen jede Bildung versagt blieb, welche es gestattet, einen Fehltritt mit einer geist- vollen Phrase aus den Werken Balzac   s oder der Sand gutzu- machen. Selbst das so allmächtige russische Beamtenthum konnte sich den Einwirkungen des Nihilismus nicht entziehen, und wenn es heute noch mit einer gewissen Vorsicht den Spuren desselben folgt, so geschieht dies nur, weil es ihm noch nicht gelungen ist, eine bureaukratischen Handhabe für ihn zu finden. Und endlich sind auch zahllose Glieder der Armee bereit, im geeigueten Augenblick ihren Fahneneid gegen die noch immer nicht klar ge- faßten Grundsätze des Nihilismus einzutauschen. (Schluß folgt.) Infam! Unser Parteiblatt, dieBergische Volksstimme", schreibt aus Barmen vom 6. Juli:Als sich heule Nachmittag die Nachricht in der Stadt verbreitete, daß am Viadukte der Rheinischen Eisenbahn ein Arbeiter seinen Tod gefunden habe, saßen in einemfeinen" Restaurant gerade zweinoble" Herren bei einem Glase Wein zusam- men. Als dem einen von Beiden das Unglück mitgetheilt wurde, leerte er schmunzelnd sein Glas mit den Worten:Bravo  ! da hat ja bei der nächsten Wahl Hasselmann wieder einen Wähler weniger!" Wir schließen die Notiz mit dem Worte, welches wir zu Anfang nieder­setzten: Infam! Jetzt wissen wir's! Die Frage: Wer ist ein Sozialist? wird vomCottbuser Anzeiger" in folgender kostbarer Weise wahrscheinlich durch ein P fäfflein beantwortet: 1) Der Sozialfanatiker, Sozialrevolutionär, mit Knüttel, Hieb- und Schußwaffe und Petroleumkanne, nennt sich Sozialist und wird von un- wissenden Menschen so genannt. 2) Der Sozialpolitiker, mit Stimmzettel und politischer Agitation, wird auch unrichtig Sozialist genannt, da zum wirklichen Sozialisten noch mehr gehört, als blos politisches Leben und Treiben. Wenn- Männer, die sich religionslos, Materialisten, Atheisten nennen, sich, oe- rufen glauben, den sozialistischen   Staat zu gründen, so bestnd.in sie sich ; in einem schweren Jrrthum...... 3) Der Sozialreligiöse oder Religiössz'zjale, der Humanist, der den Sozialismus, d. h. den für die Gesam'mtheit der Staatsbürger organisirten Humanismus, im Gegensatz von. Egoismus, Bestialismus, Kapitalismus  , Mammonismus, des zweite� oder praktischen Theils der l Bernunftreligion betrachtet, ist der Noirkliche Sozialist." Bravo! Nun sehen wir endlich klar% dieser schwierigen Frage. Schamlosigkeiten in der Gesellschaft. In derKölnischen Zeitung  " vom 28. Jui,, finder sich folgende Anzeige: Dame, veuye, de bonne famille,(jducation soijfnec belle femme, voixs plendide, ayant eu des revers desire quitter son pays et etre la compagne d'un celibataire distingue. Lettres auft'rauch, sub Ch. P. poste rcstante Ems(Nassau  )." Zu Deutsch  : Eine Dame, Wittwe, aus feiner Familie, welche eine sorgfältige Erziehung genossen, schöne Frau ist und eine prächtige Stimme besitzt, wünscht ihre Heimath zu verlassen und die Maitreffe eines vornehmen Junggesellen zu werden. Briefe u. s. w." Heiliger Madai von Berlin  , weshalb verfolgst du die Prostituirten, wenn sie sich auf der Straße feilbieten, wenn sich in liberalen Welt- blättern diese Dirnen öffentlich anbieten dürfen? Babylonisches. Nebukadnezar  , Exkönig von Babel, Dinirt und soupirt ohne Messer und Gabel; Denn in der Gesellschaft von Ochsen und Stieren Beißt er in's Gras und wandelt auf Bieren. Du grimmer Jehovah," brüllt der Exkönig, Wie ist mein jetziges Leben eintönig! Die Weide dient mir zur Tafel, zum Lager; Das Lager wie hart, die Tafel wie mager! Jehova, die Kost ist zu miserabel. Viehsutter für einen König von Babel! O, hört ich doch wieder das holde Geklirre Bon meinem goldenen Tafelgeichirre!" Da ruft's auS den Wolken'Du Ungeheuer! Sieben Jahre bleibst du Wiederkäuer Und zählst das Rindvieh zu Tischgenossen. Der dich verochs'te, hat es beschlösse"." Und als die sieben Jahre vergangen, Sitzt der entochs'te König voll Prangen Beim üppigen Mahl in stolzem Glänze, Umgeben von seinem Hofgeschranze. Da murmelt der König:Wahrlich diese Kost ist viel besser als auf der Wiese; Doch will die Gesellschaft in diesen Hallen Mir kaum besser als die auf der Wiese gefallen." Ludwig Kalisch.  *) *) Mit Genehmigung des Verfassers aus dessen im vorigen Jahre bei Braun und Schneider in München   erschienenen humoristischen und sehr empsehlenswerthen Mixedpickles(Plural! Herr Hoftath Gottschall.) Gebundenes und Ungebundenes" abgedruckt.