herrschende Partei eine Menge unabhängiger, ehrlicher Stimm- geber verlieren wird, daß eine andere Parteibildung immer näher rückt. Wie prächtig könnte unsere Partei bei gehöriger Einigkeit dies ausbeuten! Dem Zusammentritt des Congresses am 1. Oktober wird mit Spannung entgegengesehen. Der Ausstände in den Fabriken sind noch immer sehr viele, von denen selten einer erfolgreich ist, theils aus Mangel an Organisation, theils der Geschäftsstille wegen. Viel häufiger ist der Fall von Lohnabzügen, welche die Arbeiter sich ruhig ge- fallen lassen. In vielen Gemeinden des Landes sind auch den Lehrern Lohnabzüge gemacht worden, ohne daß die Betroffenen im mindesten an Organisation und Widerstand dächten freilich sind über drei Viertel aller Lehrer niedrig besoldete Frauen, weshalb auch alle Personen von Willenskraft und Fähigkeiten den Beruf meiden, und die Leistungen der Volksschule mit seltenen Ausnahmen stetig herabgehen. Es ist schon soweit damit gekommen, daß man statistisch nachweisen will, daß ein überwältigend großer Prozentsatz unserer Verbrecher eine Volks- schul-Erziehung genossen habe. Natürlich ist der Beweis er- schlichen; aber der Versuch ihn zu erbringen beweist die wachsende Feindschaft der herrschenden Klasse gegen die Volksschule und spricht nicht eben sehr zu Gunsten der Leistungen derselben. Andere Pröbchen der entschiedenen Feindschaft der Bourgeoisie gegen die Volksschule giebt es sehr viele; es ist immer gut, daß sie dieselbe noch zu verhüllen suchen muß, weil sie noch zu viel Widerstand wittert. Daß die katholische Klerisei hier Ordre hat, die Volksschule durch den Autrag auf Theilung des Schul-Fonds nach der Kopfzahl der Glaubensbekenntnisse zu Grunde zu richten, bekennen einige ihrer Bischöfe ziemlich unverhohlen; daß dies nur eine Minderzahl zu thun wagt, während einzelne aus der Mehrzahl sich offen für die Volksfreischulen erklären, mag eben- sowohl Furcht vor der kirchlichen Lauheit der katholischen Volks- mehrheit bedeuten, als kluge Politik, gemäß welcher immer zuerst blos Einzelne Sturm laufen und die Bresche ersteigen müssen. Dank der Offenheit jener Sturmläufer sammeln sich die vorher flauen Nichtkatholiken wieder mit ziemlichem Eifer um die be- drohte PoMschule; leider aber müssen die deutschen und andre Ungläubigen das verhaßte Bibellesen und Beten darin mit in den Kauf nehmen, wenn sie mit Hülfe der kirchentreuen Pro- testanten den Angriff der Katholikenpartei abwehren wollen. Sozialpolitische Uebersicht. Wir sind oft und eindringlich dafür eingetreten, daß die Haftpflicht bei Unglücksfällen auch auf die Baugewerke ausgedehnt werden müsse; diese Ansicht wird durch die wieder- holten Unglücksfälle, die in München in den letzten Tagen statt- fanden, in sehr eindringlicher Weise unterstützt. Auch hat sich eine dort abgehaltene, zahlreich besuchte Volksversammlung dieser Ansicht angeschlossen und folgende Resolution an den Reichstag angenommen:Die Volksversammlung erklärt, daß der deutsche Reichstag dadurch, daß er die ihm zu wiederholten Malen ein- gereichten und mit Tausenden von Unterschriften versehenen Pe- titionen, die Erweiterung des Haftpflichtgesetzes auf das Bau- gewerbe betreffend, niemals in Berathung gezogen hat, das In- tereffe eines bedeutenden Bruchtheils des arbeitenden Volkes, der Bauarbeiter, nicht wahrgenommen hat. Von den Vertretern Münchens im deutschen Reichstage, Freiherr v. Stauffenberg und geistlicher Rath Dr. West er map er, fordert die Volksver­sammlung nunmehr jedoch, daß dieselben angesichts der in Folge leichtsinniger Ballführung in München jüngst stattgehabten schwe- ren Unglücksfälle in der nächsten Session des Reichstages einen Antrag, dahin gehend, stellen, resp. unterstützen, daß die Be- stimmungen des Gesetzes vom 7. Juli 1871 auf die Baugewerbe ausgedehnt, mit entsprechender Abänderung des Titels, also im § 2 des angeführten Gesetzes statt der Worteoder eine Fabrik" die Worteeine Fabrik oder ein Baugewerbe" gesetzt werden. Diese Resolution soll mit ihren Unterschriften den Reichstags- abgeordneten für München und dem Bureau des deutschen Reichs- tags abschriftlich mitgetheilt werden." Daß die sozialistischen Reichstagsabgeordneten diesen Antrag unterstützen werden, ist selbstverständlich. Der Bericht der Münchcn-Gladbacher Handels- kammer, dessen charakteristische Besprechung durch dieNational- liberale Correspondenz" wir früher schon erwähnten, ist so bezeichnend für die heutige Mißwirthschast und deren Trägerin: die Bourgeoisie, daß wir den Hauptinhalt nach dem Resumö der BerlinerNationalzeitung" mittheilen müssen. Gladbach, 17. Juli. Der Jahresbericht der Handelskammer Zur Naturgeschichte der nationalliberalen Jour- nalisten und Reichstagsabgeordneten. Der Prozeß des Vaters derschwarz-rothen Schlange", des Redakteurs der Berliner Nationalzeitung" und Rcichstagsabge- ordneten Fritz Dernburg gegen unseren Parteigenossen Ulrich bietet so interessante Momente, und wirft auf die herrschende politische Moral ein so Helles Licht, daß wir uns nicht versagen können, die Hauptpunkte hervorzuheben. Im Sommer vorigen Jahres(am 11. Juli 1876) brachte die von Ulrich redigirte Neue Offenbacher Zeitung" unter dem Titel:Die deutsche Industrie und ihr Verfall" einen Artikel, in welchem auf die notorische Bestechlichkeit derNationalzeitung" hingewiesen und ' Herr Dernburg als Redakteur dieses Blattes verdientermaßen nicht sehr glimpflich behandelt wurde. Nun hieß es aber in dem betreffenden Satz:der Redakteur dieses Blattes, welcher notorisch bestochen worden ist", und da es Hrn. Dernburg per- fönlich nicht nachgewiesen werden kann, daß er sich hat be- stechen lassen, so lag in diesemwelcher" eine ungerechtfertigte Beschuldigung gegen die Person Dernburg's . Dernburg klagte, wozu er ein vollkommenes Recht hatte, Ulrich wird vorgeladen, und, als die inkriminirte Stelle ihm vorgelegt worden, erkennt er sofort, daß die Klage auf einem Druckfehler beruht, indem ein r an die Stelle eines s gekommen, Herr Dernburg , welcher nicht nachweisbar bestochen, an Stelle des nationalliberalen Hauptorgans, welches nachweisbar bestochen. Ulrich sprach den Argwohn aus, daß ein bestimmtes, von den Nationalliberalen notorisch beeinflußtes Subjekt den Druckfehler absichtlich veran- staltet habe, um Ulrich in eine Falle zu bringen, und erklärte sich sofort bereit, den Druckfehler zu berichtigen und die unab- sichtliche Anklage gegen die Person Dernburgs formell zu wider- rufen, was er auch in der nächsten Nummer derNeuen Offen- bacher Zeitung" that. Dagegen hielt er vor Gericht und im Blatt die Anklage gegen dieNationalzeitung" ihrem ganzen Umfange nach aufrecht, und erklärte sich bereit, den Beweis der Wahrheit anzutreten, zu welchem Behuf er die Herren v. Diest - Daber, Prinz Handjery und Gehlsen als Zeugen vorschlug. Nach gewöhnlichen Begriffen war Hrn. Fritz Dernburg jetzt sein Weg sehr deutlich vorgezeichnet. Die vermeintliche Beleidi- gnng seiner Person hatte sich in nichts aufgelöst, aber wenn auch seine Person direkt nicht mehr engagirt war, so war sie zu München-Gladbach pro 1876 bemerkt über die hiesigen Arbeiter- Verhältnisse während des verflossenen Jahres, daß die Geschäfts- läge in den Nachbardistrikten durchgängig eine noch schlim- mere gewesen sei, die Einwanderung von Arbeitern aus den- selben dauernden Fortgang genommen habe und, wenn auch keine wesentliche(?) Ermäßigung der Löhne, doch zur Folge hatte, daß der frühere Mangel an Arbeitskräften aufhörte; höch- stens fehlte es noch einigermaßen an gutgelernten Leuten, während im Ganzen kein Mangel an Arbeitern war. Diese Aenderung der Verhältnisse habe für die Leistungsfähigkeit der Industrie das Gute gehabt, daß von dem Arbeiter wieder die Pflicht- gemäße Erfüllung billiger Anforderungen in den Leistungen verlangt und durchgesetzt werden kann. Es trete jetzt immer deutlicher hervor, wie nachtheilig die durch die früher starke Nachfrage nach Arbeitskräften gelockerte Disziplin für beide Theile, Arbeiter und Arbeitgeber, gewirkt habe durch die stets zunehmende Schwierigkeit, eine gutgearbeitete Waare preis- würdig herzustellen. Denn nichts sei mehr geeignet, den Eon- sum zu verringern, als mangelhafte und dabei theure Waare; am meisten müsse dabei aber die Ausfuhr leiden, wenn derartige Zustände im concurrirenden Auslande weniger vorherrschen und die inländische Industrie in der Concurrenzfähigkeit dann sichtlich zurückbleibe. Bei dem bleibenden Zuzug von Arbeitern in den hiesigen Bezirk und dem schlechten Geschäftsgange seien die Löhne nicht weiter gestiegen(sehr merkwürdig!), aber auch mit Ausnahme für einige wenige(?) Manipulationen und dann nur in einzelnen(?) Etablissements nicht gefallen, so daß sie heute noch durchschnittlich um 25 Proz. höher sind als im Jahre 1872, 30 Proz. höher als 1871 und 35 Proz. höher als 1869/70. Es sei indeß nicht zu erwarten, daß sie sich auf dieser Höhe er- halten werden." Genug. In wie weit die Angaben der Handelskammer über die Lohnverhältniffe auf Wahrheit beruhen, das können wir nicht entscheiden. Der eine oder andere unserer dortigen Parteigenossen wird wohl so gut sein, diesen Theil des Handelskammerberichts einer Beleuchtung zu unterziehen. Desto sicherer über jeden Zweifel erhaben ist die Schluß- andeutung, daß eine weitere und zwar allgemeine Reduktion der Löhne zu erwarten sei. Die Lohnsklaven werden diesen Wink mit der Peitsche nach dem Brodkorb hoffentlich verstehn und das Kapital ihrer Kräfte möglichst bald im Dienst und zur Be- reicherung ihrer Herren von Geldsacks-Gnaden aufbrauchen. Dann wird nicht blos diesen geholfen an der eigenen Bereicherung liegt den wackeren Patrioten ja bekanntermaßen sehr wenig sondern auch der nationalen Industrie. Deutschland wird die Scharte von Philadelphia wieder aus- wetzen und die zerknirschten Sünder von Arbeiter, die durch ihre gotteslästerliche Ueppigkeit in denfetten Jahren" die Geschäfts- krisis und durch die Anfertigungmangelhafter und doch th eurer Waare"(der einfältige Ignorant Reuleaux nannte die Waare billig und schlecht" aber wie konnte die Waare denn billig" geliefert werden, sintemalen die Löhne doch notorisch zu hoch waren?) den Rückgang der deutschen Industrie verschuldet haben sie werden bei hochgehängtem Brodkorb Buße thun in Sack und Asche, und anbetend niedersinken vor dem goldenen Kalb. Doch genug. Auf eine nähere Kritik des Machwerks uns einzulassen, fällt uns nicht ein. Jeder unserer Leser ist in der Lage, dasselbe richtig zu beurtheilen. Unser Zweck war, die colossale Unwissenheit und geistige Verrohung(die Freude über das Elend unter den Arbeitern) der Menschen, die diesen Bericht verfaßt, und der Menschen, in deren Auftrag er verfaßt worden, an den Pranger zu stellen, und dieser Zweck ist durch die ein- fache Wiedergabe des Hauptinhalts, der sich selbst richtet, voll­ständig erfüllt. Zum Kapitel der Beeinflussung. Der Bergisch- Märkische Anzeiger", welcher zu Barmen erscheint, hat vor einigen Tagen ein interessantes Schreiben des Elberfelder Ober- Prokurators, Lützeler heißt die Persönlichkeit, womit derselbe sämmtliche Gerichtsvollzieher seines Sprengels bedacht hat, ver- öffentlicht. Dasselbe lautet: Nach einer mir gewordenen Mittheilung sollen die Gerichts- Vollzieher häufig Blätter von staats- und regierungsfeindlicher Tendenz zu amtlichen Bekanntmachungen benutzen. Es ist dies nach einem Justiz-Ministerial-Reskript vom 2. Januar 1875 prinzipiell zu vermeiden, wenn es nicht ausnahmsweise im In- tereffe einer Partei geboten erscheint, oder von dieser berechtigter Weise verlangt wird. Ich spreche die Erwartung aus, daß Sie, meine Herren, dies künftig beachten werden, würde aber ge- nöthigt sein, disziplinarisch einzuschreiten, wenn durch regel- es doch indirekt. Gegen dieNationalzeitung" war die denk- bar schwerste Beschuldigung erhoben; der Ankläger hatte sich be- reit erklärt, die Beschuldigung zu substantiiren der Redak- teur derNationalzeitung" war verpflichtet, die Ehre des von ihm vertretenen Blattes und damit seine eigene zu verthei- digen, und das konnte nur durch Ermittelung und Veröffent- lichung der Wahrheit geschehen. Stellte es sich heraus, daß die Anklage unbegründet war, gut, dann hatte er die Ehre seiner Zeitung, und damit die eigene gerettet, und für seine Partei einen moralischen Sieg erkämpft. Stellte es sich heraus, daß die Anklage begründet war, so war das Hauptorgan der natio- nalliberalen Partei allerdings moralisch todt, die nationalliberale Partei hatte einen wuchtigen Schlag empfangen, aber Fritz Dern- bürg hatte seine Pflicht gethan, jr konnte sich voller Verach- tung von dem Blatt abwenden, dessen Corruption er selbst im Interesse der öffentlichen Sittlichkeit hatte an's Licht ziehen helfen. Fritz Dernburg betrat diesen so deutlich vorgezeichncten Weg nicht. Er klammerte sich krampfhaft an den Buchstaben r; ein Druckfehler würde stets in der nächsten Nummer berichtigt(! I aus unserer vieljährigen Redaktionspraxis können wir versichern, daß Druckfehler, die nicht bei der Revision entdeckt werden, mitunter Jahre lang unentdeckl bleiben, bis irgend ein Zufall sie verräth. Herr Fritz Dernburg scheint den Unfehlbarkeitsbegriff sehr weit ausgedehnt zu haben), er glaube, daß Ulrich ihn habe belei- digen wollen, und besteht darum auf der Beleidigungsklage. Umsonst macht Ulrich geltend, daß eine Beleidigungs - klage ja gar keinen Sinn habe; ob Druckfehler oder nicht, in dem inkriminirten Passus sei eine schwere Anklage erhoben, und von dieser Anklage könne Herr Fritz Dernburg sich nur durch einen Verläumdungsprozeß, der den Wahrheitsbeweis be- dinge, reinigen, nicht aber durch einen Beleidigungsprozeß, der den Wahrheitsbeweis ausschließe, und die ganze Sache, um die es sich handele und durch welche Fritz Dernburg angeb- lich seine Ehre geschädigt hatte, vollständig unberührt lasse. Um- sonst. Ulrich wiederholt in den schärfsten Ausdrücken die An- klagen gegen dieNationalzeitung", sucht durch moralische Peitschenhiebe die Berläumdungsklage zu erzwingen um- sonst. Fritz Dernburg zuckt keine Wimper, er bleibt bei der Beleidigungsklage; das Gericht ist genöthigt, den Wahr- heitsbeweis, als die Thatsache der formellen Beleidigung nicht ' mäßige und vorzugsweise Benutzung derartiger Blätter die oppo- sitionelle und staatsfeindliche Presse unterstützt werden sollte. Als Blätter der fraglichen Tendenz müssen von den dort er­scheinenden derGeneral-Anzeiger", dieBergische Volksstimme",! dieWupperthaler Volksblätter" und in neuerer Zeit auch die! Barmer Zeitung" bezeichnet werden. Diesen Blättern gegen-! über empfehle ich Ihnen namentlich denBarmer Anzeiger",! welcher zugleich amtliches Kreisblatt ist und auch von mir zu meinen Bekanntmachungen benutzt wird. Das Fortbestehen des fraglichen Blattes ist aber nur dadurch möglich, das recht viele Bekanntmachungen, für welche Zahlung geleistet wird, ihm zuge- wandt werden und wäre es mir daher sehr erwünscht, wenn vorzugsweise derBarmer Anzeiger" zu Verkaufsanzeigen von Ihnen benutzt würde. Elberfeld , den 13. Januar 1877. Der Ober-Prokurator Lützeler." Von den angeführten Blättern gehören eines der Sozial- demokratie und zwei der Fortschrittspartei an. Herr Lützeler hat sich vermittelst einer Haussuchung in den Besitz des frag- lichen Manuscriptes gesetzt, dann aber, da er hieraus nicht die gehofste Information zu schöpfen vermochte, den Redakteur des Bergisch-Märkischcn Anzeigers" über den Einsender vernehmen lassen. Der Redakteur hat nun einstweilen seine Aussage ver- weigert und zwar so lange, bis er wisse, gegen wen das Ver- fahren gerichtet sei; er will also durchaus correct nur Zeugniß in einer Untersuchung ablegen, nicht aber durch eine Denuncia- tion das Material dazu liefern. Ob die Angelegenheit mit dem so beliebten Zeugnißzwang enden wird, bleibt abzuwarten. Dasheilige" Rußland führt den Kampf für die Humanität" nicht nur in Bulgarien , sondern auch im eigenen Lande in bezeichnender Weise. Ein großer Politischer Prozeß wird einmal wieder in Scene gesetzt. 198 Personen sind an- geklagt, sich anrevolutionären Umtrieben" betheiligt zu haben; 40 befinden sich in der Peter-Pauls-Festung zu Petersburg , 90 in verschiedenen Civilgefängnissen, die übrigen sind noch auf freiem Fuße. 472 Zeugen sollen in den Verhandlungen, die im Oktober stattfinden, vernommen werden wie viele rubili- sirte Zeugen darunter sind, weiß man noch nicht.Väter- chen", welches sich in Biela in Bulgarien befindet, istin tiefe Melancholie versunken, die durch nichts zu verscheuchen ist" so melden selbst russische Zeitungen. Uns scheint die Melancholie ein gelinderKatzenjammer" zu sein, der auf den Sieges- und Champagnerrausch der letzten Zeit gefolgt sein dürfte. Man spricht auch davon, daß die Nervenaffektion des Czaren so stark! sei(Delirium?), daß er fortwährend von seinenwirklich gut- müthigen Kosaken" gemordete und geschändete türkische Kinder und Frauen als Spuk vor seinen Augen tanzen sähe. Daß, die kosakischen Greuelthaten von dem Czaren selbst gebil- ligt worden sind, das geht aus den für diesen Krieg besonders verfaßten und amtlich vertheilten Kriegsliedern hervor, worin; es unter anderm heißt:Ohne Zaudern vorwärts und gestürmt! Und keine Gefangenen gemacht von dem ganzen verdammten! Türkenstamm! Sie haben geschunden, gepfählt und lebendig! verbrannt, sie verdienen keinen Pardon!" Ein Corrcspondent! derKölnischen Zeitung " versichert, daß dieses Kriegslied aus-! drücklich die Genehmigung des Großfürsten- Oberbefehlshabers erhalten hat, und führt zur Bekräftigung an, daß diese Kriegs- lieber im amtlichenWittlaer Boten" erschienen sind. DasWiener Tageblatt" meldet wieder neue Türken- Metzeleien, welche die Russen in Bulgarien verübt haben. Ein russischer Oberst soll ausdrücklich zu den Greuelthaten aufgefor- dert haben. In Tirnowa sind die Kosaken mit Frauen- und Kinderköpfen, an ihre Lanzen gespießt, durch die Stadt geritten. Weitere Greuel wurden bei Naldzikor verübt, wo eine Karavane Emigranten, welche von Sistowo flüchteten und im dortigen Walde Nachtrast gehalten hatten, ohne daß ein Flintenschuß abgefeuert wurde, niedergemetzelt wurden. Frauen und Mädchen wurden, ehe man sie mit Lanzenstichen oder Säbelhieben tödtete, entehrt, selbst Kinder von 7 bis 8 Jahren wurden von diesen Bestien in Menschengestalt geschändet; fünf Personen entkamen von der über 200 Personen zählenden Karavane und! brachten die Schrcckcnskunde in's türkische Lager. In Anudlar, wurden elf Frauen und zehn Kinder von den Kosaken ermordet das alles bekundet so recht diegütige Natur" der ruf- fischen Soldaten, von welcher jetzt, nachdem der Czar und der Großfürst ihm schmeicheln, der englische Oberst Wellesley faselt,! der früher aus dem russischen Hauptquartier ganz andere Dinge berichtete. alterirend, zurückzuweisen, und Ulrich wurde, da unzweifelhaft! eine formelle Beleidigung Dernburg's vorliegt, auchvon rechtswegen" verurtheilt. Die öffentliche Gerichtsverhandlung, welche am 21. Juli zu Darmstadt statthatte, war für Hrn. Fritz Dernburg, der sich per- sönlich eingefunden hatte, sicherlich kein Vergnügen. Wir geben einige Auszüge aus dem Bericht derNeuen Offenbacher Zeitung":Ulrich hält seine Behauptung, nicht vor der Untersuchung von diesem Druckfehler unterrichtet gewesen zu sein, aufrecht, und erklärt auf die Äeußerung des Gerichtspräfi- deuten, daß er doch anderen Tages auf den Fehler aufmerksam hätte werden müssen, er habe den Fehler nicht bemerkt, indeß sei seine Berichtigung noch kurz vor der Wahl erschienen, wo durch schon von vornherein die absichtliche Entstellung der Wahr- heit undenkbar sei. Uebrigens sei es traurig, daß ein Journa- list, statt das direkt für Journalisten geltende Preßgesetz und den eigens auf vorliegenden Fall anzuwendenden K 11 desselben zu benützen, sich hinter die Gerichte flüchte. Wenn er, Ange- klagter, in der Lage des Herrn Cheftedakteur derNationalzei- tung" gewesen wäre, so würde er unzweifelhaft den§ 11 des Preßgesetzes zu Hilfe gerufen haben, nicht aber die Gerichte, denn er betrachte seine Ehre nicht wie ein Kleid, das man ihm rauben könne, und halte es zum mindesten zweifelhaft, ob durch seine Verurtheilung wegen Beleidigung des Anklägers dessen Ehre reingewaschen werde, denn Thatsache sei ein- für allemal, daß dieNational-Zeitung" für faule Gründungen Reklame ge- macht habe, wodurch dem Volke das Geld aus der Tasche gc- stöhlen wurde. Anläßlich der Möglichkeit des fraglichen Druck- fehlers ließ der Angeklagte durch den Vorsitzenden des Gerichts den Herrn Dernburg ftagen, ob er die Thatsache anerkenne, daß in seiner Zeitung im vorigen Jahr durch einen Druckfehler eine gravirendc Majestätsbeleidigung verübt wurde. Herr Dernburg mußte diese Thatsache zugeben, ebenso, daß er von Anderen auf diesen Fehler aufmerksam gemacht wurde und ihn dann be- richtigte. Ulrich wiederholt, daß dieNational-Zeitung" bestochen wurde und fügt hinzu, daß sogar der Redakteur des Handels- blattes derNational-Zeitung" durch die Zeitungen der mehr- fachen Fälschung seines Namens in einem Berichte über eine Generalversammlung einer Aftiengesellschaft beschuldigt sei, ohne