sich"nicht entblödet und welche es nicht einmal dann übernehmen durfte, wenn es glaubte, es würde dadurch das Fortbestehen der Monarchie sichern. Es ist traurig, wenn eine Nation sagen muß:Alles ist verloren, nur die Ehre nicht," doch auszurufen: Alles ist gerettet, nur die Ehre nicht," dies ist ein Preis, um welchen ein Mensch von Ehrgefühl, eine Nation, die sich selbst achtet, nicht darf leben wollen. Hat es denn wirklich keine Wahl zwischen dem Leben und der Ehre der österreichisch  -ungarischen Monarchie gegeben? Aber eine solche Alternative hat die Lage Europas   uns nicht einmal gestellt. Doch selbst wenn dies der Fall wäre, mußte Andrassy  wissen, was von Beiden er wählen müßte, um die Nationalitäten der Monarchie zufrieden zu stellen. Angenommen, daß die österreichisch- ungarische Monarchie einem vom Sturme hin und her geschleuderten Schiffe zu vergleichen wäre, welches unter­gehen müßte, wenn es von seiner Last nicht erleichtert wird wie würde die Welt von einem Schiffscapitän urtheilen, der, um seine aus Wolle, Steinkohlen oder Guano bestehende Ladung zu retten, Paffagiere und Schiffsmannschaft über Bord würfe? Wenn die österreichisch- ungarische Regierung ein solches Schiff ist, dann hat Andrassy das Kostbarste über Bord geworfen, um Das zu retten, was demselben an Werth nicht gleich kommt, und er hat dies aus Freundschaft für Rußland   gethan. Jener halboffizielle Wiener   Brief, in welchem das Ministerium am Ballplatze die entrüstete öffentliche Meinung zu beschwichtigen trachtet, indem es sein Miteinstimmen in das vom Berliner  Kabinet bezüglich der angeblich von den Türken an russischen Kriegsgefangenen verübten Grausamkeiten erhobene Veto beschö- nigt, ist ein so elendes Armuthszeugniß, wie gewisse Erklärungen, .welche einem öffentlich Geohrfeigten von seinen Freunden aus- gestellt zu werden pflegen. Als das österreichisch-ungarische Ministerium dem Aufrufe des Berliner   Kabinets sich anzuschließen beeilte, um den Türken ein barsches:nicht erlaubt" zuzurufen, während es bei den von den Russen verübten Schandthatcn stumm blieb, war von derEr- füllung internationaler Pflichten die Rede, welchen sich die öfter- reichisch- ungarische Regierung nicht entziehen durfte, denn die Genfer Convention   vom 22. August 1865 bestimmt die Pflichten der neutralen Parteien mit Bezugnahme auf die Behandlung kriegsgefangener Soldaten." Die österreichisch- ungarische Regierung beruft sich auf diesen einzigen Punkt den Genfer Convention  , als ob nur dieser einzige Punkt der internationalen Abmachungen bindende Kraft besäße, die andern aber als nicht existirend betrachtet iverden dürften. Es ist allerdings wahr, daß jener Punkt der 1865er Genfer Convention   es nicht sagt, welcher Theil der feindlichen Bevölke­rung wirklich als Feind betrachtet werden müßte und daß nur diejenigen dafür zu halten seien, welche mit bewaffneter Hand einander gegenüber stehen; es ist nicht minder wahr, daß in diesem Punkte der Convention nicht gesagt wird, daß die fried- lichen, harmlosen, unbewaffneten Bewohner auch als Feinde an- gesehen werden müßten, noch endlich, daß Kreise, Kranke, Weiber und Kinder, welche zu den Familien der Kriegführenden gehören, während des Krieges wohl die Lasten desselben vermehren, nicht aber die Widerstandskraft, daß es also einerseits ein strategischer Unsinn ist, diese zu ermorden, auszurotten und ihr Eigenthum zu verheeren, andererseits aber ein an der Menschheit begangenes abscheuliches Verbrechen, welches dem Zwecke eines Krieges durch- aus nicht förderlich ist. Es ist wahr, daß davon in dem vom österreich   ungarischen Ministerium als Entschuldigung angeführten Punkte nichts gesagt wird, doch ist davon in den anderen Punkten der Genfer   Confention die Rede, welche eben so bindend sind wie jene. Nicht dieser einzige Punkt ist es, welcher die kriegführenden Völker zur Schonung, die neutralen aber zum Protestircn ver- pflichtet, wenn von den Ersteren keine Schonung beobachtet wird. Unter allen Rechten steht das Völkerrecht auf der reinsten ratio- nellen Basis. Es wird auf den Universitäten sammt dem Natur- rechte öffentlich vorgetragen. Eine so absurde Bestimmung der Vernunft aber ist nicht denkbar, welche befiehlt, das eine krieg- führende Macht zu größerer Schonung jener Mitglieder der gegnerischen Partei verpflichtet sei, die sie bewaffnet, in Uniformen und kämpfend in ihre Gewalt bekommt, als diejenigen, die sich friedlich vom Kampfplatze entfernt halten, mithin weder den Willen, noch die Fähigkeit besitzen, um schaden zu können. Als die Convention vom Jahre 1865 das Prinzip aussprach, man müßte den gefangenen Soldaten menschlich behandeln, war es damals schon ein allgemein anerkanntes internationales Gesetz, daß Nichtsoldaten und Solche, denen nicht nachgewiesen werden kann, daß sie feindlich gesinnt sind, weder in Bezug auf ihre Person, noch auf ihr Eigenthum als Feinde zu betrachten sind, sie folglick geschont werden müssen. Noch keine kriegführende Partei außer den einzigen jedes menschliche Gefühl verleugnenden Russen hat es jemals ver- säumt, in ihren Proklamationen die friedfertige Bevölkerung eines bekriegten Landes ihres Schutzes zu versichern und es auszu- sprechen, daß sie gegen ihre gegnerische Armee, nicht aber gegen die Nation einen Krieg führte. Doch der offiziöse Brief sagt auch:Deutschland   und der Graf Andrassy   würden eben so gehandelt haben, wie sie es ge- than, wenn erstens die Russen an den kciegsgefangenen Türken solche Greuel verübten, wie sie es möglicherweise an Unbewaff- neten verübt hatten, zweitens, wenn es so unzweifelhaft bewiesen wäre, wie dies der Bericht eines preußischen Majors über die Niedermetzelung der russischen Kriegsgefangenen durch die Türken zu Kasanlik außer Zweifel stellt." Dies ist ein eines Winkeladvokaten würdiges Plaidoyer. Das österreichich- ungarische Ministerium des Aeußern erniedrigt sich von der Höhe der erhabensten Naturrechtsaxiome zu juristischer Rabulisterei. Weshalb hat hat also das Ministerium des Aeußern dafür nicht gesorgt, daß die Regierung auch im türkischen   Lager ihre amtlichen Organe habe, um in eben so authentischer Form über russische   Grausamkeiten, wenn solche verübt werden, zu be- richten? Es hat deren drei im russischen Lage, im türkischen keinen einzigen. War es aber sein eigener Militärattache, der diesen un- bczweifelbaren Bericht erstattet? Nein. Wozu also die drei Attaches, wenn sie dort nichts thun? Wenn solche Grausamkeiten, wie sie der preußische Major Liegnitz   in seinem Bericht angiebt, von den Türken wirklich begangen wurden, dann muß man die österreichischen Attaches zum Teufel schicken, die nur dahin gehen, um an der Seite ihrer russischen Kameraden zu kämpfen und von Plewna nach Sistowa rennen zu lernen, was sie wohl schon bei Sadowa, Solferino, Magenta und an sehr vielen ungarischen Plätzen gethan haben. Diese haben also nichts berichtet, sondern nur ein preußischer Major. Und diesen Bericht hält das österreichisch-ungarische Ministerum für glaubwürdiger, als den von 20 unparteiischen französischen, englischen, deutschen und ungarischen Augenzeugen unterzeich- neten. Mit einem Worte, der Graf Andrassy   ist nichts als ein Satellit des Fürsten Bismarck. Es hat es ja schon offen ein- gestanden, als er den Delegationen berichtete, er reisetemit ge- bundener Marschroute"; ja wohl, an Händen und Füßen ge- Kunden und in den Bock gespannt. Er thut, was ihm aus Berlin   befohlen wird. Und hierbei verfährt er höchst consequent. Vorerst hat er Ungarn   zur Provinz Oesterreichs   gemacht, dann die österreichisch-ungarische Monarchie zur Provinz Preußens und wenn er an Bismarck's   Stelle sich befände, würde er trachten, Deutschland   zur russischen Provinz zu machen. Dies ist der Mann, der es der Türkei   zu verdanken hat, daß er einst nicht gehenkt*) worden ist. Die Gnade der Mächte, welchen zu Liebe er sich selber in solcher Weise abthut, würde ihn vor einem so schmachvollen Tode nicht geschützt haben. EorreZposdbÄM Aerkin, 3. September.  (Was die Statistik lehrt.) Wie einem Theile der Leser bekannt sein wird, tauchte vor einigen Tagen zuerst imBerliner Tageblatt", sodann in allen übrigen Zeitungen eine Nachricht auf, wonach der hiesige Magistrat von Herrn Regierungsrath Boekh, dem Chef des städtischen stati- stischen Amts, ein Gutachten darüber eingefordert habe, wieviel täglich zum auskömmlichen Lebensunterhalt für eine Arbeiter- familie gehöre. Herr Boekh, so hieß es weiter, habe unter Zu- ratheziehung erfahrener Aerzte und zuverlässiger Vertrauens- Personen sein Gutachten dahin abgegeben, daß für einen Arbeiter 1 Mark, für eine einzelne Frau 70 Pfg., für ein Ehepaar jedoch *) Andrassy wurde in efiigie gehenkt, während er im Jahre 1849 in der Türkei   eine Freistätte erhielt. ein. Ob Gambetta   das wohl Herrn Dr. Liepmannconfidenticll" mitgetheilt haben mag? Das Organ für Jnseratenwesen, Spezialität Kuppelei und Rubelannahme,Berliner Tageblatt", nennt die Franzosen dünkelhafte Patrone, Hans Dampf in allen Gassen:c., hält uns zwar nicht ohne Weiteres für Narren, findet aber, daß unsere Weisheit kindischer Unverstand sei. Es wäre doch ein zu herbes Geschick, wenn wir Ehren-Mosse's(heißt eigentlich Moses  ) Gefallen erregt hätten... DieNationalzeitung" macht den Vorschlag, fest zu Kaiser und Reich zu halten und fortgesetzt an der Förderung der Volks- bewaffnung zu arbeiten.Bei den Zeiten" gewiß sehr zweck- mäßig; wir haben's ja dazu-- gehabt. DieBürgerzeitung" hält den Sedantag für so ungeheuer wichtig, daß sie bereit wäre, ihn gegen einen weniger wichtigen Feiertag einzutauschen. Ist vielleicht der Büß- und Bettag gemeint? Uebrigens kann ich nicht umhin, zu bemerken, daß genannte Zeitung neulich in einem Leitartikel ganz klipp und klar bewies, wie die Russen eigentlich sehr viel, beinah zu viel Freiheiten hätten. Unter demVermischten" befand sich die rührende Notiz, daß der Kaiser(d. h. der unsere) geweint habe, als ihm der Ausgang der Schlacht von Plewna gemeldet wurde, und noch drei Tage lang tief traurig war. Der Rubel auf Reisen! Der Börsen- Demokrat, wollte sagen-Courier, weiß nicht recht, was er will. Anfangs heißt es: Nimmer soll es den Sozialisten und Mömlingen   gelingen u. s. w., und am Schluß heißt es: Aber wir sind krank, und Kranke dürfen keme Feste seiern. Im lokalen Theil wird constatirt, daß der Sedantag an der Bevölkerung spurlos vorübergegangen sei. Auf der Börs' schwankte es gewiß wieder einmal und Bendavid ließ daher auch seine Sedangeschichten schwanken. Merkwürdig kühl läßt sich dieVossische Zeitung" aus. sie ist zunächst der Ansicht, daß das Sedanfest völlig seines imli- tänschen Beiwerks entkleidet werden müsse, um ein Nationalsest werden zu können. Dann fährt der Artikel fort, indem er be- tont, Preußens Hauptaufgabe sei es, mit allen Kräften das Eni- stehen eines russischen Uebergewichts zu verhindern, damit wir nicht im Osten einen scheelsüchtigeren Nachbarn wohnen haben, als dies ini Westen jetzt der Fall ist. Der Artikel schließt mit der Hoffnung, daß Kaiser Wilhelm  , der jetzt, umgeben von einem Glänze sonder Gleichen, am Rheine   weile, am nächsten Sedan- tage, wie er verheißen, als ein Mehrer des Reichs in den Künsten des Friedens dastehen möge. Mit der Nichtbeschickung der Pariser Weltausstellung ist ja schon der Anfang dazu geniacht. Zum Schluß muß ich noch unsere Hauptfreundin, die Staatsbürgerzeitung", anführen. Man dürfe nicht nach der blasirten Stimmung der Hauptstadt fragen, in welcher die Apathie der Arbeiterbevölkerung in unerquicklichem Gegensatz zu der beflissenen Liebedienerei der Hoflieferanten stehe. Das Sedanfest sei durch- aus nöthig, und wenn sie, dieStaatsbürgerzeitung", auch in früherer Zeit gegen die Wahl des Tages geeifert habe, so sei sie doch viel zu vernünftig, um aus bloßer Rechthaberei die Güte der für den Tag sprechenden Gründe noch länger anzu- zweifeln. Da Herr Mehring keine Gründe zu wissen scheint seinen Lesern wenigstens verschweigt er dieselben so kann ich ihm vielleicht ein wenig auf die Sprünge helfen. DieStaats- bürgerzeitung" hat nämlich im Ganzen etwa noch 5000 Abon- nenten, deren Zahl sich jedoch von Monat zu Monat verringert. Kein billig denkender Mensch, der die Neigungen dieses Herrn kennt, wird demselben verargen, daß er den Schauplatz seiner Thaten wieder einmal wechselt und sich in den rechten Flügel zu lanciren sucht. Neidlos und von christlicher Feindesliebe er- füllt, mache ich alle dauernd zahlungsfähigen russischen oder deutschen   Reptilienblätter, aber auch nur solche, auf diese schätzbare Acquisition aufmerksam. Herr Mehring ist in allen Branchen" der Politik zu Huuse, er schreibt rechts, er schreibt links, tief, brillant und genialisch. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich durch vorstehende Empfehlung unserem Staatsbürger- Schmock ein vortheilhaftes Engagement verschafft hätte. Das wäre die Revue der Tagespresse am Sedantage. Doch den Sänger vermiss' ich, den Bringer der Lust!" Auch hierfür ist Rath. DieStaatsbürgerzeitung" sowohl als dieTante" enthalten zwei sehr schöne neüe Lieder von H. Grieben und A. Rheinisch. Da ich aber ein Sonntagskind bin, so weiß ich, daß die Gedichte nicht von den vorgenannten Personen her- rühren, und durch den Schleier der Pseudonymität erblicke ich den wirklichen Verfasser. Dieser ist kein Geringerer als unser berühmterOriginaldichter" Queva, der Sänger der erhebenden LiederAujust sollst mal runter kommen" undImmer rin in de Kiepe". Der Schalk, sich so zu verstellen. Uebrigens warne ich hierdurch Jedermann, die obigen Gedichte, angeblich von H. G. und A. R., hinter einander zu lesen, da sonst sehr leicht Seekrankheit eintreten könnte. Mit dieser Warnung schließe ich für heute; wird's ge- wünscht*), plaudere ich ein andermal weiter. D. *) Gewiß! R. d.  B." nur 1 M. 50 und für jedes Kind 30 Pfg. pro Tag als zum Unterhalt ausreichende Verpflegungssätze anzusehen seien. In Folge dieser Nachricht begab sich Genosse Paul G rottkau am Sonnabend persönlich zu Herrn Boekh, um ihn über jene un- geheuerlichen Angaben um nähere Auskunft zu bitten. Der ge- nannte Herr empfing Grottkau   sehr freundlich und theilte ihm mit, daß erstens jene Angaben desTageblatt" nur durch Ver- letzung des Amtsgeheimnisses in dessen Besitz gelangt, und daß dieselben überdies total gefälscht seien. Die Herren scheinen, so sagte Herr Boekh, nur Dasjenige genommen zu haben, was ihnen für ihre Interessen tauglich erschien, denn thatsächlich ist dem Magistrat folgende Aufstellung zugegangen: Ein Arbeiter- Ehepaar braucht zur Anschaffung der nöthigen Nahrugsmittel allein täglich 1 M. 70 Pfg., für jedes Kind unter 5 Jahren 30 Pf., über 5 Jahren 40 Pfg., wenn die Familie gesund und die Eltern arbeitsfähig bleiben sollen. Hiernach braucht eine Familie mit 3 Kindern, davon eins über 5 Jahre alt, täglich 2 M. 70 Pf., also jährlich.... M. 985,50 Dazu muß man aber noch rechnen: Miethe. 200,00 Bekleidung w.:c........... 150,00 Feuerung und Licht........ 72,00 Krankenkassenbeiträge........ 18,00 Einkommen-, Gewerbe-, Klassensteuer.. 24,00 Für Handwerkszeug........ 36,00 Bücher, Lehrmittel, Schulgeld..... 18,00 im Ganzen M. 1503,50. Zieht man nun von den 365 Tagen des Jahres 57 Sonn- und Festtage ab, so bleiben noch 308 Arbeitstage; um nun das oben angeführte Jahreseinkommen zu erarbeiten, welches nach amtlicher Auskunft des königl. Regierungsraths Boekh zu ge- nügender Ernährung und Unterhaltung unumgänglich noth- wendig ist, müßte der Arbeiter einen täglichen Lohn von 4 Mark 72 Pf. gezahlt erhalten. Einen Arbeiter jedoch, der diesen Tagelohn bezöge, findet man heute in unseren, lieben Vaterlande nirgend. Die an der Berliner   Kanalisation beschäf- tigten Arbeiter erhalten aber nur einen Tagelohn von 2 M. 25 Pfg., an der Ramme gar nur 2 M., haben Familie und leben auch(?). Herr Regierungsrath Boekh überhebt mich der Lösung dieses Räthsels. Der genannte Herr erklärte nämlich Grottkau gegenüber, daß, weil die Arbeiter nirgend den zu ihrem Unterhalt nöthigen Lohn erhielten, auch ihre Ernährung unzureichend sei, daß wiederum in dieser völlig unzureichenden Ernährungsweise der einzige und wahre Grund für die schreckliche Sterblichkeit der Arbeiterkinder zu suchen sei, und daß schließlich bei Fortdauer jener Hungerlöhne eine völlige Degeneration der Arbeiterklasse stattfinden müsse. So weit Herr Boekh, der also genau diejenigen Ausfüh- rungen bestätigt, die Ferdinand Lassalle   vor 14 Jahren im Frankfurter   Saalbau über den allmäligen Hungertod und die immer mehr zunehmende körperliche und geistige Verkrüppelung des Arbeiterstandes machte. Damals erhob sich die ganze Meute liberaler Zeitungskläffer gegen diese von der Wissenschaft längst festgestellten Thatsachen und nannte den Verkündiger derselben einen Halbwisser, Abenteurer, Charlatan, Anwalt der Tagediebe und was derlei Ehrentitel mehr waren. Und Tausende von Arbeitern glaubten den Verleumdern und glauben ihnen heute uoch. Wann endlich werden alle deutschen   Arbeiter einsehen, wo sie ihre wahren Freunde zu suchen haben? Bei der Partei derliberalen" Zeitungen gewiß nicht. Denn daß jene gestoh- lenen und gefälschten Nachrichten desTageblatt" doch nur den Zweck hatten, den Fabrikanten den Rath zu geben, die Arbeits- löhne noch tiefer herunterzudrücken, wird wohl auch dem blö- besten Auge klar sein. Darum mögen sich die deutschen   Ar- bester, ehe sie und ihre Familien der oben geschilderten Aus- beutung und Vernichtung ganz zum Opfer gefallen sind, sich ermannen und in den Reihen der sozialdemokratischen Partei ihren Platz einnehmen. Diese Partei allein ist es, die, durch die Vereinigung der Proletarier gewaltig erstarkend, sehr bald im Besitz aller Machtmittel sein wird, um ihren Angehörigen den unverkümmerten Genuß der sozialen und politischen Freiheit zu gewährleisten. D. Merlin, 5. September. Die meisten hiesigen Blätter widmen dem todten Thiers schmerzcrfüllte Nachrufe und singen seinen Ruhm in allen Tonarten. Es ist sehr charakteristtsch für die Bourgeoisie, daß sie diesen kalten Bösewicht in ihr Pantheon Ludwig Würkert's   letztes Gedicht. Nun öffnet sich dennoch der Kerker, und zwischen Gilter und Schloß, Da wird der Alte sitzen, auf Mildensteins Felsenkoloß; Da wird durch seine Seele wohl zieh'n ein klagender Schrei, Aber dennoch bleibet dem Greise das Auge des Geistes frei. Er blick, auf Galilei  , blickt auf eine große Schaar Und ruft mit diesen Geistern:Die Wahrheit bleibt ewig doch wahr!" Und wirft man die Bücher in Ketten, und wirft man Propheten in'S Joch; Propheten und Bücher verkünden:Und sie bewegt sich doch!" So wird der Alte zwar denken und rufen, doch Taufende klagen ihm zu: O Mann Du alter. Du armer, bald legt Dich der Tod wohl zur Ruh- Warum denn so nah vor dem Grabe fetzt man in den Kerker Dich ein?" Laßt geh'n doch spricht still er durch's Gitter das wird ja ein Ostertag sein!" Und doch die Tausende klagen, weil Sachsenlands Söhne sie sind; Und der alte Gefangne muß darben, ein altes Sachsenkind. Und weil man im Lande der Sachsen   das Licht einst hatte so lieb; Und jetzt gesangen ein Dichter, weil er ein Osterlied schrieb! Die anständigeren liberalen Zeitungen erzählen, daß der S ed ans- tag immer mehr seines kriegerischen Beigeschmacks entkleidet würde, daß an ihm jetzt schon lediglich eine friedliche Feier stattfinde zum Gedächtniß der wiedererstandenen deutschen   Einheit. Wenn wir nun auch nicht viel auf diese Einheit ohne Freiheit geben, so würden auch wir es mit Freuden begrüßen, wenn die betreffenden liberalen Zeitungen Recht hätten, daß der Sedanstag von feiner chauvinistischen Gehässigkeit ent- kleidet würde oder gar schon wäre. Daß dem aber nicht so ist, zeigt uns schon dieSedanspoesie", von der wir in der vorigen Nummer einige Proben mittheilten. In der widerwärtigsten Weise wird ein großes Nachbarvolk, dem wir in freiheitlicher Beziehung so viel zu danken haben, verunglimpft. Diedeutschen   Hiebe" und derdeutsche Gott" werden besungen,der deutsche Gott, der uns den Sieg verlieh" was der spanische Gott an dem Tage gemacht hat. wird uns nicht mitgetheilt. Wenn es einer Anzahl von liberalen Zeitungen aber Ernst ist damit, daß der Sedanstag nicht mehr als Herausforderung einer anderen Nation und als Persiflage der ge- sunden Vernunft dienen soll, dann müssen gerade sie auch dem an diesem Tage cultivirten Blödsinn entgegentreten thun sie dies nicht, dann ist ihr sonstiges ftiedliches Gebühren nur Phrase. In derKölnischen Zeitung  " finden wir folgende Annonce: Einen kräftigen Sedaner zeigen hiermit sehr erfreut an H. A. Froitz- beim, Constanze, geb. Eschbach. Cöln  , den 2. September 1377." Nette Elternliebe das, die den Sohn bei der Geburt schon dem Kriegs- moloch zum Opfer weiht! Oder sollten sich die Leutchen nichts bei dem Inserat gedacht haben? Auch möglich der Sedansdusel verkleister ja so manches Gehirn.