hat und bestehen wird, muß Jeder sich in dem Sinne selbst unter-halten, daß er seine Unterhaltsmittel selbst verzehrt. Nehmenwir an, Hr. Dühring habe sich ökonomisch und präcis ausge-drückt, so heißt obiger Satz entweder gar nichts, oder er heißt:Der Werth einer Waare wird bestimmt durch die in ihr ver-körperte Arbeitszeit, und der Werth dieser Arbeitszeit durch diezur Erhaltung des Arbeiters für diese Zeit erforderuchen Lebens-mittel. Und das heißt für die heutige Gesellschaft: der W.-rtheiner Waare wird bestimmt durch den in ihr enthaltenen Ar-b e i t s l o h n.Hiermit sind wir endlich angekommen bei dem, was HerrDühring eigentlich sagen will. Der Werth einer Waare bestimmtsich, nach vulgärökonomischer Redeweise, durch die Herstellungs-kosten; wogegen Carey„die Wahrheit hervorhob, daß nicht dieProduktionskosten, sondern die Reproduktionskosten den Werthbestimmen"(Krit. Gesch. S. 401). Was es mit diesen Her-stellungs- oder Wiederherstellungskosten auf sich hat, davon später;hier nur dies, daß sie bekanntlich bestehn aus Arbeitslohn undKapitalprofit. Der Arbeitslohn stellt dar den in der Waareverkörperten„Kraftaufwaud", den Produktionswerth. Der Profitstellt dar den vom Kapitalisten kraft seines Monopols, seinesDegens in der Hand erzwungenen Zoll oder Preisaufschlag, denVertheilungswerth. Und so löst sich die ganze Widerspruchs-volle Verwirrung der Dühring'schen Werththeorie schließlich aufin die schönste harmonische Klarheit.Die Bestimmung des Waarcnwerthes durch den Arbeitslohn,die bei Adam Smith noch häufig mit der Bestimmung desWerths durch die Arbeitszeit durcheinanderläuft, ist seit Ricardoaus der wissenschaftlichen Oekonomie verbannt und treibt heut-zutage ihr Wesen nur noch in der Vulgärökonomie. Es sindgrade die allerplattsten Sykophanten der bestehenden kapitalisti-scheu Gesellschaftsordnung, die die Werthbestimmung durch denArbeitslohn predigen, und dabei gleichzeitig den Profit desKapitalisten ebenfalls als eine höhere Art von Arbeitslohn, alsEntsagungslohn(dafür daß der Kapitalist sein Kapital nicht ver-jubelt hat), als Risicoprämie, als Geschäftsführungslohn u. s. w.ausgeben. Herr Dühring unterscheidet sich von ihnen nur dadurch,daß er den Profit für Raub erklärt. Mit andern Worten, HerrDühring begründet seinen Sozialismus direkt auf die Lehren derschlechtesten Sorte Vulgärökonomie. Soviel an dieser Vulgär-ökonomie, genau soviel ist an seinem Sozialismus. Beide stehnund fallen mit einander.Es ist doch klar: was ein Arbeiter leistet und was er kostet,sind ebenso verschiedene Dinge wie was eine Maschine leistet undwas sie kostet. Der Werth, den ein Arbeiter in einem Arbeits-tage von zwölf Stunden schafft, hat gar nichts gemein mit demWerth der Lebensmittel, die er in diesem Arbeitstage und derdazugehörenden Ruhepause verzehrt. In diesen Lebensmittelnmag eine drei-, vier-, siebenstündige Arbeitszeit verkörpert sein,je nach dem Entwicklungsgrad der Ergiebigkeit der Arbeit. Nehmenwir an, es seien sieben Arbeitsstunden zu ihrer Herstellung nöthiggewesen, so besagt die von Herrn Dühring angenommene vulgär-ökonomische Werththeorie, daß das Produkt von zwölf Arbeits-stunden den Werth des Produkts von sieben Arbeitsstunden hat,daß zwölf Arbeitsstunden gleich sind sieben Arbeitsstunden, oderdaß 12-7. Um noch deutlicher zu sprechen: Ein Arbeiter aufdem Lande, gleichviel unter welchen gesellschaftlichen Verhältnissen,produzirt eine Getreidesumme meinetwegen von zwanzig Hekto-litcr Weizen in, Jahr. Er verbraucht während dieser Zeit eineSumme von Werthen, die sich in einer Summe von fünfzehnH.ktoliter Weizen ausdrückt. Dann haben die zwanzig HekroliterWeizen denselben Werth wie die fünfzehn, und das auf demselbenMarkt und unter sonst sich vollständig gleichbleibenden Umständen,mit andern Worten, 20 sind gleich 15. Und das nennt sichOekonomie!Alle Entwicklung der menschlichen Gesellschaft über die Stufethierischer Wildheit hinaus fängt an von dem Tage, wo die Arbeitder Familie mehr Produkte schuf, als zu ihrem Unterhalt noth-wendig waren, von dem Tage, wo ein Theil der Arbeit auf dieErzeugung nicht mehr von bloßen Lebensmitteln, sondern vonProduktionsmitteln verwandt werden konnte. Ein Ueberschuß desArbeitsprodukts über die Unterhaltungskosten der Arbeit, und dieBildung und Vermehrung eines gesellschaftlichen Produktions- undReservefonds aus diesem Ueberschuß, war und ist die Grundlagealler gesellschaftlichen, politischen und intellektuellen Fortentwick-lung. In der bisherigen Geschichte war dieser Fond das Besitz-thum einer bevorzugten Klasse, der mit diesem Besitzthum auchdie politische Herrschaft und die geistige Führung zufielen. Diebevorstehende soziale Umwälzung wird diesen gesellschaftlichenProduktions- und Reservefond, d. h. die Gesammtinasse der Roh-stoffe, Produktionsinstrumente und Lebensmittel, erst wirklich zueinem gesellschaftlichen machen, indem sie ihn der Verfügungjener bevorzugten Klasse entzieht, und ihn der ganzen Gesellschaftals Gemeingut überweist.Von zwei Dingen eins. Entweder bestimmt sich der Werthder Waaren durch die Unterhaltskosten der zu ihrer Herstellungnöthigen Arbeit, d. h. in der heutigen Gesellschaft durch denArbeitslohn. Dann erhält jeder Arbeiter in seinem Lohn denWerth seines Arbeitsprodukts, dann ist eine Ausbeutungder Klasse der Lohnarbeiter durch die Klasse der Kapitalisten eineUnmöglichkeit. Gesetzt, die Unterhaltungskosten eines Arbeitersseien in einer gegebenen Gesellschaft durch die Summe von dreiMark täglich ausgedrückt. Dann hat das Tagesprodukt desArbeiters nach der obigen vulgärökonomischen Theorie den Werthvon drei Mark. Nehmen wir nun an, der Kapitalist, der diesenArbeiter beschäftigt, schlage auf dies Produft einen Profit, eineBezollung von einer Mark und verkaufe es für vier Mark.Dasselbe thun die andern Kapitalisten. Alsdann aber kann derArbeiter seinen täglichen Unterhalt nicht mehr mit drei Markbestreiten, sondern braucht dazu ebenfalls vier Mark. Da alleandern Umstände als gleichbleibend vorausgesetzt sind, so mußder in Lebensmitteln ausgedrückte Arbeitslohn derselbe bleiben,der in Geld ausgedrückte Arbeitslohn muß also steigen und zwarvon drei auf vier Mark täglich. Was die Kapitalisten in derGestalt von Profit der Arbeiterklasse entziehen, müssen sie ihr in derGestalt von Lohn wiedergeben. Wir sind genau soweit wie amAnfang: wenn der Arbeitslohn den Werth bestimmt, ist keineAusbeutung des Arbeiters durch den Kapitalisten möglich. Esist aber auch die Bildung eines Ueberschusses von Produktenunmöglich, denn die Arbeiter verzehren nach unsrer Voraussetzunggenau soviel Werth wie sie erzeugen. Und da die Kapitalistenkeinen Werth erzeugen, ist sogar nicht einmal abzusehen wovonsie leben wollen. Und wenn nun ein solcher Ueberschuß derProduktion über die Konsumtion, ein solcher Produftions- undReservefond dennoch besteht und zwar in den Händen der Kapita-listen, so bleibt keine andere Erklärung möglich, als daß dieArbeiter blos den Werth der Waaren zu ihrer Selbstunter-Haltung verzehrt, die Waaren selbst aber den Kapitalisten zumweitern Gebrauch überlasten haben.Oder aber: wenn dieser Produftions- und Reservefond in denHänden der Kapitalistenklasse thatsächlich besteht, wenn er that-sächlich durch Aufhäufung von Profit entstanden ist(die Boden-rente lassen wir hier einstweilen aus dem Spiel): so besteht ernothwendig aus dem aufgehäuften Ueberschuß des der Kapitalisten-klaffe von der Arbeiterklasse gelieferten Arbeitsprodukts über dieder Arbeiterklasse von der Kapitalistenklasse gezahlte SummeArbeitslohn. Dann bestimmt sich aber der Werth nicht durch denArbeitslohn, sondern durch die Arbeitsmenge selbst; dann liefertdie Arbeiterklasse der Kapitalistenklasse im Arbeitsprodukt einegrößere Werthmenge als sie von ihr im Arbeitslohn bezahlt er-hält, und dann erklärt sich der Kapitalprofit, wie alle andernFormen der Aneignung fremden, unbezahlten Arbeitsprodukts, alsbloßer Bestandtheil dieses von Marx entdeckten Mehrwerths.Beiläufig. Von der großen Entdeckung, mit der Ricardosein Hauptwerk eröffnet:„Daß der Werth einer Waare abhängtvon der zu ihrer Herstellung nöthigen Arbeitsmenge, nicht abervon der für diese Arbeit gezahlten höheren oder niedrigeren Ver-gütung"— von dieser epochemachenden Entdeckung ist im ganzenKursus der Oekonomie nirgends die Rede. In der„Krit. Geschichte"wird sie mit der orakelhaften Phrase abgefertigt:„Es wird(vonRicardo) nicht bedacht, daß ein größeres oder geringeres Ver-hältniß, in welchem der Lohn eine Anweisung auf die Lebens-bedürfniffe sein kann(l), auch eine verschiedenartige Gestaltungder Werthverhältnisse... mit sich bringen muß!" Eine Phrasewobei sich der Leser denken kann was er will, und wobei er amsichersten geht, wenn er sich gar nichts dabei denkt.Und nun möge der Leser sich von den fünf Sorten Werth,mit denen Herr Dühring uns aufwartet, selber diejenige aussuchen,die ihm am besten gefällt: den Produftionswerth, der von Naturkommt, oder den Vertheilungswerth, den die Schlechtigkeit derMenschen geschaffen hat und der sich dadurch auszeichnet, daß ernach dem Kraftaufwand gemessen wird, der nicht in ihm steckt;oder drittens den Werth der durch die Arbeitszeit gemessen wird,oder viertens den der durch die Reproduktionskosten, oder endlichden, der durch den Arbeitslohn gemessen wird. Die Auswahlist reichlich, die Konfunon vollkommen, und es bleibt uns nurnoch übrig, mit Herrn Dühring auszurufen:„Die Lehre vomWerth ist der Probirstein der Gediegenheit ökonomischer Systeme!"Zur Kulturgeschichte der Menschheit.i.Wenn man mit ziemlicher Gewißheit weiß, wie ein Volk dasgeworden ist, was es ist, so läßt sich erschließen, was es nochwerden wtll. Und wie den einzelnen Menschen Selbsterkenntnißnoth thut, um aus ihrer vergangenen Entwicklung ihre zukünf-tige Bestimmung zu folgern, so mit ganzen Völkern. Nun istzwar noch Manches dunkel, was betreffs der Urgeschichte derDeutschen zu wissen wichtig wäre; wir denken aber, daß nach-stehender gedrängter Ueber icht derselben keine beweisbaren Irr-thümer werden vorgeworfen werden.Lassen wir die gewiß berechtigte Annahme gelten, daß dieweiße Rasse am Südablmnge des Himalaya aus einem Gemischgelber Völkerstämme entsprungen, zum Ackerbau, zur Veredlungder Nahrungspflanzen und Hausthiere, zur planmäßigen Ver-cdlung der eignen Rasse durch Gatten- und Nahrungsauswahl,durch körperliches und geistiges Turnen, und durch das stolzeBewußtsein ihrer Bestimmung zur Weltherrschast mächtig ge-worden sei, und von da nach Nordwesten hin— der einzigen,noch nicht stark bevölkerten erreichbaren Erdgegend— theilserobernd sich verbreitet habe, theils durch die viel zahlreicherenMongolen weiter und weiter verdrängt worden sei. Die semi-tischen Völker(Egvpter, Juden, Araber und alle alten VölkerVorderasiens) müssen die ältesten Auswanderer gewesen sein,weil sie die älteste urkundliche Geschichte und die am weitestenvon allen Sprachen der Weißen abgewichenen Sprachen entwickelthaben. Von den arischen Weißen, welche Jahrtausende späterauswanderten, muß geschlossen werden, daß sie ein so mildesKlima und einen so üppigen Boden als möglich gesucht habenwerden; daß die frühest Gekommenen sich also die besten Länderzur Heimath gewählt und da sich rasch vermehrt und höher ge-bildet haben müssen, so daß die in den rauheren Himmelsstrichenund auf weniger fruchtbarem Boden Gefundenen auch die zuletztAusgewanderten gewesen sein müssen und erst viel später dieBildung. Volksmenge und Staatengründung erlangt haben können,um ihren vorangegangenen Verwandten den Besitz der besserenLänder streitig zu machen. Diesem denkrichtigen Schlüsse ent-sprechen die geschichtlichen Urkunden, welche das Dasein derhellenisch-italischen Völker in Südosteuropa ein Jahrtausend frühernachweisen, als die nordeuropäischen nur insoweit erwähnt werden,daß man ungefähr unsere Vorfahren in ihnen erkennen kann.Und die Sprachforschung widerspricht dem nicht. Es ist leichteinzusehn, daß ein Volk, welches seinen Heimathboden nichtverläßt, seine Sprache langsamer umbilden wird, als ein vonLand zu Land wanderndes; denn die Sprache ändert sich imMaße, wie neue Eindrücke auf den Volksgeist einwirken, Völker-Mischungen und größerer Verkehr eintreten. Unter den Töchter-sprachen einer gemeinsamen Muttersprache werden also diejenigendie alterthümlichste Form, das ursprünglichste Gepräge aufzeigen,welche von den zuletzt ausgewanderten Stämmen gesprochenwurden. Wenn diese Folgerung schwerlich anfechtbar ist, so sinddie deutschen und nächstverwandten Völker, nach ihrer altgothischenSprache zu urtheilen, später vom Himalaya ausgewandert alsdiejenigen, welche wir als alte Griechen und Römer kennen; vorihnen die Perser, zuletzt die Hindu, deren Auswanderungszeit um1500—500 v. Chr. Geb. wahrscheinlich ist. Dann wären die altenPerser vielleicht um 2000, die Griechen und Jtaler vielleicht um1500, die Germanen vielleicht um 1000 v. Chr. ausgewandert,.und alle jetzt in Europa wohnenden Weißen müßten, bevor sieansprechende noch dünnbevölkerte Wohnsitze fanden, mehrmalsihren dauernden Aufenthalt gewechselt haben.Die deutschen(besser germanischen) Völker fanden, als dieNesthäckchen, die ganze Welt vergeben. Nur in dem Lande, welches,heute Turkestan heißt, gab es eine dünne mongolische Hirtenbcvölkerung, welche sich verdrängen ließ. Das Land war aberdazumal noch nicht so sehr über das Meer erhoben, noch nichtso ausgedörrt als heute; es gab noch Baumwuchs und Acker-boden, wo heute Steppe, Steppe, wo heute Wüste herrscht. DieGermanen mußten sich also zu demselben Leben, welches die gelbenUreinwohner geführt hatten, bequemen, ein Reiler- und Hirten-Volk mit nur mäßiger Ausdehnung des Ackerbaus werden. Undin dem Maße, wie sie sich vermehrten, mußten sie sich weiternordwestlich ausbreiten, wo es nur dünngesäcte Mongolen-Stämmegab. So füllten sie, über den Kaukasus vordringend, mit ihremNachwuchs das heutige Südrußland— ebenfalls eine Steppe—und alles Land, welches heute Ungarn, Rumänien und Bulga-rien heißt, ja— seit 500 v. Chr. Geb. Thrazien, Mazedonienund Jllyrien. Die Griechen erwähnen sie jetzt zuerst unter demNamen der Skythen(die Bedeutung ist vielleicht Schützen),da sie aber daneben noch die Sarmaten nennen, in welchenwir die Slawen wiedererkennen, so war schon damals eineStammes- und Sprachenspaltung der Germanen eingetreten, undzwar in die Littauer, welche sich bis an die Ostsee, zwischenOder und Peipussee, verbreiteten, in die Slawen, welche Mittel-Ruhland, damals dichtbewaldet, innehatten, und in die Deut-schen, die südlichsten Stämme. Diese frühzeitige Trennungnächstverwandter Völker, welche nie dazu gekommen sind, dasBedürfniß einer nationalen Vereinigung in einem Gesammtstaatezu fühlen, wie es alle ihre übrigen Verwandten gefühlt haben,bedarf einer naturgesetzlichen Erklärung.Wir können diese germanische Eigenthümlichkeit nur durcheine Raturthatsache, durch diese aber auch vollständig erklären.Es fehlte dieser Völkerfamilie in ihrer gesammten Geschichte aneiner natürlichen Grenze gegen alle andern Völker. Nur dieschwer wegsamen Gebirge, die Wüsten und die größeren Meerebilden natürliche Völkergrenzen, bewirken eine Abschließung naheverwandter Stämme in sich zu einem sprachlichen und nationalenGanzen. Dies gilt in ähnlicher Weise von Pflanzen und Thieren.Unter den Völkern sind die schlagendsten Beispiele die Chinesen,Koreaner und Japanesen, die amerikanischen Indianer, die Araber,Abessinier, und in geringerem Grade die Bewohner der euro-päischen Halbinseln. Die germanischen Völker aber hatten seitihrer Auswanderung aus der Urheimath nie eine nur einiger-maßen abgeschlossene Grenze, außer nach Süden hin— hier aberfanden sie jederzeit Nationen vor, welche staatlich geeinigt undmächtig waren und ihnen durch Eroberungsoersuch: ihr Gebietstreitig machten. Sie wohnten auf der breiten offenen Heerstraßeder Völkerwanderung, auf einem Boden, welcher keine dichte Be-völkerung erlaubte, während alle benachbarten Völker entwedergeschlossene Nationen bildeten, oder durch Naturfestungen undzahlreiche Bevölkerung ihnen überlegen waren und sie in steterKampfbereitschaft erhielten. Waren sie weniger kriegstüchtig undunbändig gewesen, so würden sie spurlos unter den Eroberer-Völkern verschwunden sein. Als die am längsten in der Urheimathhochgezüchtete Völkersippe aber entwickelten sie. langsam vor derUebermacht zurückweichend, welche sie im Süden(das persische,makedonische und römische Weltreich) und im Osten und Nord-osten(die wilden Mongolenscharen) bedrängte, eine mit der stei-genden Bedrängniß sich steigernde Spannkraft. Sie wurden Mannfür Mann lebende Urbilder des von Schiller im„Tell" ausge-sprochenen Grundsatzes: Der Starke steht am besten allein. Eswohnte jeder Hausvater auf seinem Landantheile abgesondert;sie haßten die Dörfer und Städte und bildeten Verbindungenblos zu vorübergehenden bestimmten Zwecken, indem Jeder sichauf die eigene Kraft verließ, selbst die Frauen stark in allenKnusten des Kriegs geübt, und die jüngeren Söhne, welche nichtsals Waffen erbten, genöthigt wurden, den steten Grenzkrieg zuführen, oder als erobernde Abenteurerschaaren westwärts eineneue Heimath zu suchen. So ist es denn kein Wunder, daß eineMenge germanischer Volksstämme vom großen Stamme abge-trennt worden sind, welche blos noch durch Besonderheiten desKörperbaus, der Sprache und Sitten ihre Abstammung verrathen;daß andere Stämme, von den Mongolen unterworfen und mitdiesen zu neuen Völkern, den Tartarm(Türken, Finnen, Ugrier,Bulgaren, Tscherkessen zc.) verwachsen sind, welche eine lichteHautfarbe und Sprachen mit mongolischen Wortstämmen, aberarischem Satzbau aufweisen; daß noch andere mit den Griechenund deren Verwandten verschwommen sind und heute die Alba-nesen in der Türkei bilden: daß die Slawen und Littauer, unterein anderes Klima und auf einen dichtbewaldeten Boden versetzt,von den Deutschen sich immer verschiedener entwickelt und sich inmancherlei abweichende Stämme z-rsplitlert haben; daß die beut-schen Abenteurerbanden rm Westen Europas schon früh dieschwachen mongolischen, dunkleren und Mischoölklcin zu keltischen(gälischen, welschen) Mischvölkern umgebildet haben und schon400 v. Chr. G. den Römern als Eroberer gefährlich wurden,mit Sprachen, Körperbau und Sitten, in welchen das Deutschebald mehr, bald weniger hervortritt; daß zuletzt, noch v. Chr.G.,ein Theil der deutschen Stämme Schweden, Norwegen und Däne- imark einnahm und sich in diesen schwerer zugänglichen Länderneigentbümlich als Nationen weiter entwickelte, während der Restdieser Stämme das heutige Deutschland besiedelte, die Nieder-lande und Schweiz eingeschlossen. Aber auch von diesen alt-deutschen Stämmen ging die Hälfte verloren durch Eroberungdes weströmischen Reiches, in dessen einzelnen Provinzen sie neueMischnationen bildeten. Es sind also wohl neun Zehntel desdeutschen Völkerstammes verloren und nur ein Zehntel Deutschegeblieben. Die übrigen sind verbraucht worden, um abgestorbeneVölker oder Kulturen neuzubeleben oder neue Nationen zu bilden.!Aber in der neuen deutschen Heimath fehlte es erst recgt aneiner allseitig abgeschlossenen Grenze. Eine solche giebt es blos zim Süden an den Alpen. Im Osten strömten also eine Mengeslawischer Völker, von den Mongolen und Tartaren bedrängt,herein, um die Plätze zu füllen, welche die ins Römerreich aus-gewanderten deutschen Stämme leergelassen hatten. Diese Slawenwurden nach langem friedlichen Nebeneinanderleben von denDeutschen bezwungen und gewaltsam deutsch gemacht; ebenso einTheil der Littauer(die Kassuben, Preußen, Samgallen undLetten). Und dies war, nächst dem Christenthum und dem römi-schen Rechte, das größte Unglück für das Deutschthum. Dennauf diesem slawischen Boden allein konnte sich ein Oesterreich undPreußen entwickeln, und infolge dessen die Zersplitternng, poli-tische Ohnmacht, der dreißigjährige Krieg mit seinen verderblichenFolgen und die Knechtseligkeit der Deutschen, wie später erklärtwerden wird. Die Alpen aber sind für ein kriegstüchtiges Volkkein unwegsames Gebirge, und so kam es, daß die SchicksaleDeutschlands und Italiens in einer für beide Theile höchst unheil-vollen Weise verkettet, daß beide durcheinander an der Entwicklung eines geschlossenen Volksthums und einer Nationalität ver-hindert wurden, wie ebenfalls noch weiter zu erklären ist.Vermischtes.— Statistisches. Dr. Mayr, Vorsteher des bayrischenstatistischen Bureaus gibt in seinem trefflichen Werke über dieVerbreitung der Blinden, Taubstummen ec. die Zahl der Blindenm Deutschland auf 38 000 an oder 88 auf 100,000 Einwohner.Die meisten Blinden sind im Osten(90—120), in ganz Europaund Amerika gibt es 215,000 oder 87 auf 100,000 Einwohner.In Amerika und Australien ist das Verhältnis nur 52 und inden englischen Colonien 38. In Europa haben sehr wenig dieNiederlande(44) und Oesterreich(55), viel England(98), Jta-lien(101), Spanien(112), Ungarn(120) und Norwegen(136),Finnland hat gar(224). Zur Heilung der Augenkrankheitenund Verhütung derselben mag dies manchen Wink geben. Taub-stumme gibt es weniger(152,000 für beide genannte Welttheile).Auch hier ist Amerika mit 42 im Vortheil gegen Europa(78),und Holland(33) steht mit Belgien(43) am günstigsten. Dieschlimmsten Verhältnisse zeigt wieder der Osten(Preußen, Posen)mit(120—178 und die Schweiz(wegen ihrer Kretinen) mit(245).Die Zahl der Blödsinnigen ist ziemlich groß: 140 in Deutschland,Frankreich nur 114. Bei den Irrsinnigen(40-60) fällt zunächstdie hohe Quote der städtischen und industriellen Bezirke auf.Druck und Verlag der Genossenschaftsbuchdruckerei in Leipzig.