vordrangen und unter derGottesgeißel" Attila siebzig Völker, meist slawischen und deutschen   Stammes, in ein Eroberer-Reich vereinigten(um 450). Für die Süd- und West-Slawen wieder- holte sich diese furchtbare Ausbeuterwirthschast, als um 900 ein Tartarensiamm, die Magyaren, in Ungarn   einbrach und mit Hülfe der dortigen Hunnen ein Reich, auf die Knechtschaft und Kriegsfolge vieler Slawenstämme gegründet, errichtete, und als die Türken bald nach 1200 in der heutigen europäischen   Türkei  festen Fuß faßten und die dortigen Slawen theils unterjochten, theils zu steter Kriegsbereitschaft zwangen. Die entsetzlichste Staupe aber kam 1227 über die Russen, als die Mongolen- schaaren des Bot» und Oktai das Land gänzlich eroberten und 250 Jahre lang auf das Unglaublichste aussaugten. Es bleibt zu erklären, wie dies möglich war. Um 862 nach Chr. so erzählt uns der alte Mönch Nestor kamen die russischen Slawen überein, sich die Hülfe der Normannen(Wa- räger, Wäringer, auch Russen genannt) gegen ihre unerträglichen Grenznachbarn, die Mongolen, zu erbitten, angeblich auf den Grund hin, daß sie nicht einig zu sein und sich selbst zu regieren verstünden. Aus der mönchischen Höflingssprache Nestor's in die Wahrheit übersetzt, heißt dies soviel, daß die Slawen aus alt- germanischem Unabhängigkeitstrieb keine staatenbildende Kraft erwerben konnten. Die Normannen, welche seit lange einen ge- winnreichen Handel zwischen Ostsee   und Schwarzem Meere auf dem Wasserwege über die Düna   und den Dniepr betrieben hatten, zeitweilig auch mit Seeraub verbunden, hatten sich seit tausend Jahren in Skandinavien   zum verwegensten aller Eroberervölker ausgebildet. Sie ließen sich nicht zweimal einladen, setzten sich als Kriegerkaste unter den östlichen Slawen fest, denen sie den eignen NamenRussen"(Rvthköpfe) beilegten und vereinigten sie zu einem Reiche, welches seine Grenzen bald auf Kosten der Mongolen ausbreitete und Frieden im Inneren erhielt. Ganz allmählich entwaffneten sie das Volk, welches ohnehin des be- waffneten Friedens müde war, nahmen ihm nach und nach die eine Hälfte alles Landes, das Gemeindeland, zur Erhaltung ihres Lehnsadels hinweg, nöthigten das Volk zum griechischen Christen- thume und mit Hülfe der christlichen Berdummung zum Frohn- dienfte auf dem Lande des Adels und verhinderten die Bildung von Städten, einer Bürgerschaft und der Künste und Wissen- schaften. Handwerke, Handel und Künste durften blos von ge- duldeten Fremdlingen(Tartaren, Armeniern, Griechen, Zigeu- nern:c.) betrieben werden, und die einzigen Festungen außer Moskau   waren die Burgen des Lehnsadels, während die Dörfer nie in dichten Gruppen, sondern in langen Linien von Gehöften angelegt werden mußten. Wir finden genau dieselbe Politik bei den Herrschern aller Slawenstämme wieder, so daß es dahin- gestellt bleiben muß, von wem die Erfindung ausgegangen ist. In Polen   soll nach Wuttke's Forschungen ein medischer Lehns- adel sich dem Volke aufgehalst und die Juden aus den Rhein  - gegenden(welche ebendamals, um 1280, durch grausame Ver- folgungen von dort vertrieben wurden) ins Land eingeladen haben, um das Entstehen eines Städtewesens und Bürgerstandes zu verhüten. In Ostdeutschland   thaten dasselbe die deutschen  Eroberer, bevor die Kaiser die Städtegründung zur Stütze ihrer eignen Macht gegenüber dem Adel betrieben. In Ungarn   thaten dasselbe die herrschenden Magyaren, in der Türkei   die Türken. Als nun der große Mongolenschwarm(1227) über Rußland  hereinbrach, war das Landvolk bereits ganz entmannt, die Nieder- läge der Großfürsten(fie hatten obendrein das Land unter sich getheilt) vollständig; die dritthalbhundcrtjährige Ausbeutung durch den Mongolen-Tribut und die vielköpfige Großsürsten-Erpressung vollendete die Leibeigenschaft der Bauern und die Erniedrigung des Volksgeistes, und die Erlösung vom Landesfeinde konnte lediglich dadurch zu Stande kommen, daß die Großfürsten einander metzelten und beraubten, bis ein einziger ganz unbeschränkter, sklavisch anzubetender Gewaltherrscher übrig blieb. Da die Deutschen   im Mittelalter ganz ebensosehr die Leib- eigenschaft und das Faustrecht nnter sich einreißen ließen, so haben sie den Slawen, welche weit schlimmer daran waren, in dieser Hinsicht nichts vorzuwerfen, und sie verdanken es noch zu erklä- rcnden Ursachen, daß sie die Gräuelwirthschaft des Mittelalters viel früher abschüttelten, welche in den ostslawischen Ländern bei steter Andauer der Ursachen bis heute das Landvolk in unwür- digen Fesseln und im Elend erhält. Es steht fest, daß die Sla- wen noch gerade genug germanischen Jreiheitsgeist im Blute ererben, um allen Kulturvölkern nachzueilen. Es bedarf nur eines genügenden Anstoßes, um den vielhundertjährigen Alpdruck der Entmuthigung und Verdummung abzuwerfen und jenen ent- setzlichen Fanatismus der Rache zu entfesseln, durch welchen die Kosaken(dieFreien", geflüchtete russische   und polnische Leib- eigene der südrussischen Steppe) und die Czechen in den Hussiten- kriegen, sowie am Ende des vorigen Jahrhunderts die Serben der Türkei  , und ganz neuerdings Monteneginer und Bulgaren  sich furchtbar für ihre Unterdrücker gemacht haben, von zahlreichen kleineren Erweisen ähnlicher Art gar nicht zu redeu. Wir wissen genau, was wir sagen, wenn wir eine Wiederauferstehung des Freiheitsgeistes und darauf folgende Kulturblüthe unter allen Slawen als ganz nahe bevorstehend verkünden. Und Europa  wird sie so wenig zu fürchten haben, daß vielmehr für es ein neuer Völkerftühling davon zu erwarten ist. Wettstreit und Gleichheit. Die neu erschienene Monatsschrift:Die neue Gesellschaft" enthält einen Artikel aus der Feder von Dr. A. Schaffte über die natürliche Zuchtwahl in der menschlichen Gesellschaft, in dem ausgeführt ist,daß es ein hoffnungsloses Unterfangen wäre, den Streit aus dem Spiel der sozialen Wechselwirkungen völlig auszuschließen, die Aufgabe der zukünftigen Gesellschaft wäre nur, diesen Streit moralisch zu machen." Ein solcher Gedanke hat auf den ersten Blick viel Bestechendes. Wissen wir doch, daß dem Wettstreit der Völker und der einzel- nen Individuen die schnelle Entwicklung der Industrie zu danken ist, und wissen wir doch, daß die Kulturentwicklung von der rohen Bethätigung des Faustrechts bis zurfteien Konkurrenz" die Tci.denz zeigt, den Kämpf der Menschen moralischer zu ge- stalten, und so kommt man leicht in den Gedankengang des Hrn. Dr. Schaffte: Statt der unter der freien Konkurrenz sich fühlbar machenden Kapital-Aristokratie:die�Aristokratie der persönlichen Tüchtigkeit anzuerkennen" und den Satz:Wer der Gesellschaft mehr leistet, soll mehr von ihr empfangen, mehr geehrt werden, soll herrschen" zu unterschreiben. Und doch kann die Sozialdemokratie sich mit diesem Ziele durchaus nicht befriedigt erklären. Was den Gedanken so ver- lockend erscheinen läßt, ist eben der Umstand, daß in der That ein Fortschritt gegen die bestehenden Verhältnisse darin nicht zu verkennen ist; aber wir, die wir die völlige Befreiung und Gleichheit aller Menschen auf unsere Fahne geschrieben haben, wir müssen wohl prüfen, ob i ir durch sorgloses Anerkennen der Aristokratie der persönlichen Tüchtigkeit nicht eine neue Ungerech- tigkeit sanktioniren. Solche Ungerechtigkeiten schleichen sich stets als eine ersire- benswerth erscheinende Errungenschaft ein; der Uebergang vom Tödten der Kriegsgefangenen zur Benutzung derselben als Sklaven wurde von diesen nicht minder ftoh begrüßt, als der Uebergang von der Leibeigenschaft zurfreien" Arbeit von denfreien" Arbeitern, welche sich willig den Kapital- Aristokraten, ihren Brot- ebern, unterordneten; heute haben wir die bittere Erfahrung inter   uns, bis zu welchem Druck eine ursprünglich als Fort- schritt begrüßte mildere Suprematie empfunden werden kann. Auch giebt Schäffle selbst zu, daß mit der neuen Gesellschaft unter der Aristokratie der persönlichen Tüchtigkeit nur eine neue Etappe in der Entwicklung gewonnen sein würde, und, wenn das der Fall ist, nun so liegt die Frage nahe, wozu mit offnen Augen in einen neuen Kampf gehen, den wir vermeiden können, warum nicht das Glück aller Menschen direkt und sofort anstreben? Ist es also, fragen wir, wirklich ein hoffnungsloses Unter- fangen,den Streit aus dem Spiele der sozialen Wechselwirkun- gen auszuschließen"? Und, nein können wir, nein müssen wir antworten, wenn wir die Frage in ökonomischer Hinsicht vom radikal- sozialdemokra- tischen Standpunkte beantworten wollen. Nicht der ökonomische Anreiz der persönlichen Tüchtigkeit, mehr von der Gesellschaft zu empfangen", als Andere, soll die Basis der neuen Gesellschaft sein, sondern einzig und allein der Ehrgeiz des Pflichtbewußtseins!, ihr mit aller Kraft nütz- lich zu sein und die Freude, ihr viel genutzt zu haben, ohne dafür mehr zu empfangen. Die persönliche Tüchtigkeit wollen wir gern ehren, aber sie zu einer neuen ökonomischen Aristokratie zu machen, das sei ferne von uns, das ist nicht nöthig! Sehen wir uns das Streben eines jungen Mannes an, der in den bürgerlichen Beruf tritt, so werden wir nur eine Ten- denz in seinem Handeln sehen, die des Ehrgeizes, des Pflicht- bewußtscins. Bon Allen, die ihn kennen, alstüchtiger Mensch" gekannt zu werden, ist sein nächstes Ziel und obgleich er sieht, wie heutzutage Zufall und Unglück oft die tüchtigsten Kräfte im Kampfe unterliegen lassen; obgleich er durchschaut, daß durch- aus nicht das Pflichtbewußtsein es ist, das ihm eine Gewähr für ! seine Zukunft geben kann, so strebt er doch, diese Eigenschaften zu erringen, damit man von ihm sage, er seiein tüchtiger pflichtbewußter Mensch." Wenn nun gar diese Eigenschaften die Basis der neuen Ge- sellschaft sind, so wird die seiner Zeit herrschende Moral eben den ehren, der den Ehrgeiz hat, pflichtbewußt und ohne Selbst- sucht zu sein und die Erkenntniß, daß dieses Streben das Glück der Welt begründet, wird es dem Einzelnen zu größter Herzensfreude machen, im Sinne dieser Moral zu leben. Das war auch der Grundgedanke, der durch das reine selbst- lose, empfindungsselige Christenthum   hindurchklingt: das Streben nach Selbstzufriedenheit ist das höchste Glück, höher als der ganze Bettel, selbst einer Milliarde von Dotation! Es ist eben keine zum Nachtheile für die Gesammtheit wer- dende Vergewaltigung des Starken, wenn ihm ökonomisch die Gelegenheit genommen wird, aus seiner Tüchtigkeit Kapital zu schlagen: dieselbe moralische Erkennwiß, welche die rohe Gewalt als Faktor aus dem Streit ausschließt, rechtfertigt auch den Aus- schluß der Suprematie der persönlichen Tüchtigkeit, und die Aengst- lichkeit, mit der wir uns vor einer neuen Aristokratie schützen, wird uns von dem höchsten Gebot, von dem der Gleichheit vor- geschrieben und von der Selbsterhaltungsrücksicht des angestrebten Staats geradezu diktirt. Wenn rein demokratische Verfassungen die Wiederwahl selbst des tüchtigsten Präsidenten verbieten, so liegt unter Umständen darin sogar eine Schädigung der Gesammtheit, wenn ein minder Befähigter auf den Präsidentenstuhl berufen werden muß. Aber doch ist das Gesetz gut, um den Uebergang zu despotischen Ueber- griffen zu verhindern. Ist doch, wie Cicero sagt, jedes Gesetz so lange gut, bis es in schlechte Hände kommt. So würden wir, selbst den bestrittenen Nachlheft für die Staaisleitung aus der ungelohnten größeren persönlichen Tüchtigkeit zugegeben uns im höheren Interesse lieber diesen kleinen Nachtheilen fügen, als einen neuen aristokratischen Keim zu schaffen, der schlechten d. h. zu egoistffchen Händen den Dolch tn die Hand geben könnte, den hohen Gleichheitsgedanken wenn einst durchgedrungen wieder zu meucheln. 8. I-. Vermischtes. Die nordamerikanischen Schuhfabriken. Die nord amerikanische   Schuhindustrie, deren hohe Entwicklung die Auf- merksamkeit aller Fachkreise seit Jahren auf sich zieht, ist der Gegenstand einer ausführlichen, beachtenswerthen Darstellung in einem Buche von H. A. Schneider, betitelt:Die Schuhmacherei auf der Weltausstellung in Philadelphia 1876"(Weimar   be: B. F. Voigt), dem wir folgende Mittheilung von allgemeinerem Interesse entnehmen. Der nordamerikanische Gewerbefleiß hat sich seit Jahren, ge- zwungen von dem hohen Preise menschlicher Arbeit und unter- stützt durch ein treffliches Patentgesetz, die Erzeugung neuer Maschinen zur Erleichterung der Schuhfabrikation, und zwar mit bestem Erfolge, angelegen sein lassen. In Folge davon sind die Hausindustrie und der Kleinbetrieb in der Schuhmacherei in den Vereinigten Staaten   schon längst durch den Großbetrieb ver- drängt, der zahlreiche Maschinen und Motoren beschäftigt. Die amerikanische   Schuhindustrie stützt sich vorwiegend auf das Kapital, erst in zweiter Linie auf die Arbeit,(?) und liefert mit den mächtigen Mitteln, die ihr zu Gebote stehen, auch in technischer Hinsicht das Vollendetste. Der Umfang dieses Industriezweiges ist sehr beträchtlich. Nach den Angaben des Census vom Jahre 1850 wurden in den Bereinigten Staaten 11,300 Betriebe für Fertigung von Schuhen und Stiefeln gezählt; darin waren 72,305 männliche und 32,498 weibliche Personen, zusammen 104,803 Personen beschäftigt. Bis 1860 hatte die Zahl der Betriebe nicht erheblich zugenommen; sie war nur bis auf 12,500 gestiegen; dagegen hatte eine ansehn- liche Erweiterung der bestehenden Etablissements stattgefunden, und waren die inzwischen neugegründeten meist im großartigsten Stile angelegt. Der in den scchsziger Jahren tobende Bürger- krieg, der manchen andern Industriezweig schwer heimsuchte, hatte die Schuhindustrie nicht nur nicht geschädigt, sondern sogar in wirksamer Weise gefördert. So wurden denn bei dem Census vom Jahre 1870, dem letzten allgemeinen, 26,977 Betriebe für Schuh- und Stiefelwaren(einschl. der für Schuhmacher-Wcrkzcuge) gezählt, worin im Ganzen 231,552 Personen(186,218 männ- liche, 38,875 weibliche, 6459 Kinder) beschäftigt wurden. Im Jahre 1870 wurden über 80 Millionen Paar Schuhe und Stiefel erzeugt, die fast sämmtlich im Jnnlande verbraucht wurden, da die Ausfuhr sehr unbedeutend ist. Die Neu-England  -Staaten, mit Massachusetts   an der Spitze, sind die Hauptsitze der Schuhindustrie. Massachusetts   allein pro- duzirt etwa zwei Dritthcile aller in den Vereinigten Staaten  verbrauchten Schuhwaren. Die Stadt Boston   hat, neben starker eigener Produktion, fast das gesammte Commissions- und Handels- geschäft der Branche in der Hand. Von dort aus wurden nach Plätzen außerhalb der Neu-England  -Staaten 1870 1,250,000, 1873 1,336,000 und 1876 1,521,000 Kisten mit Schuhwerk ver- sandt, von denen jede entweder 2 Dutzend Paar Herrenstiefel oder 5 bezw. 12 Dutzend Paar Damen  - bezw. Kinderstiefel faßt. Diese Zahlen deuten auf eine sehr große Produktion, die aber außerdem noch den eigenen Verbrauch, der bei 3'/- Millionen Einwohnern nicht unbedeutend sein kann, befriedigt. Hauptplätze der Fabrikation find neben Boston   die Orte Lynn, Haverhill, Wuster, Danvers, Brocton u. a. m. Bei den immer weiter gehenden Anstrengungen, die Leistungs- fähigkeit der Fabriken zu vergrößern, ist gegenwärtig die Mög- lichkeit hergestellt, dem Bedarfe in jeder Höhe zu genügen. Dem gegenüber ist jedoch die Nachfrage auf dem heimischen Markte nicht gestiegen, sondern herabgegangen, so daß für die amerika  - nische Schuhfabrckation der auswärtige, überseeische Absatz eine wichtige Frage wird. Bis jetzt hat sich gezeigt, daß die nord- amerikanische Schuhindustrie wohl auf ihrem eigenen Markte lebensfähig ist und hier jeder Concurrenz die Stirne zu bieten vermag, daß sie aber z. Z. noch nicht exportiren kann. Wie gering thatsächlich die Ausfuhr ist, geht daraus hervor, daß aus dem Hafen von New-Jork, der für den Export von Schuh  - waren fast ausschließlich in Betracht kommt, im Jahre 1875 nur 2721 Kisten mit Schuhen und Stieseln im Werthe von 188,058 Dollars und im Jahre 1876 sogar nur 2585 Kisten im Werthe von 129,654 Dollars nach auswärtigen Hafenplätzen versandt wurden; dieser geringe Export erreicht nicht annährend den Import englischer und französischer Waaren, wovon allein zwei Händler in Boston  , nach deren eigenen Angaben, jährlich für 95- 110,000 Dollars verkaufen. Aus obigen Angaben kann man aber ersehen, wie auch in den Zweigen der Industrie, die bislang mehr noch in den Händen des Kleinbetriebs sich be- fanden ein fortwährendes Ringen sich kundgibt, dieselben voll- ständig der Großindustrie zu unterwerfen. Die Londoner   Polizei. Aus dem Bericht des Chefs der Londoner   Polizei, des Obersten Henderson, an den Minister des Innern pro 1876 geht hervor, daß die Gesammtstärke der zum Schutze der öffentlicben Sicherheit eingesetzten Macht 10,268 Mann betrug, eine wunderbar kleine Zahl für eine Einwohner- fchast, die jene des ganzen Königreiche Sachsen   noch überragt. Von diesen 10,268 waren 674 in den Docks und Militär-Sta- tionen beschäftigt, 562 in verschiedenen öffentlichen Verwaltungs- zweigen, Eisenbahnen und Instituten und 9032 in der eigent- lichen Hauptstadt. Die Polizeigewalt der Metropole entfiel in 21 Oberbeamte, 224 Inspektoren, 907 Sergeanten und 7859 Konstabler. Das Gebiet wird in 21 Distrikte getheilt, mit Ein- schluß der Themse   von Walton bis Enth. Verhastet wurden in dem Jahre 76,214 Personen. Die Zahl der Verhafteten zeigt gegen das Vorjahr eine Zunahme von 3608, und zwar fast durchweg im Gebiete der Betrunkenheit, denn im Jahre 1875 gab es 36,539, im Jahre 1876 aber 38,748 wegen Trunkenheit und Ordnungsstörung Verhaftete. Alle anderen Anklagen zu- sammen zeigten eine Zunahme von 1623, bei einer reißend zu- nehmenden Bevölkerung; die Anklagen schwererer Statur, wie z. B. Raubversuche, zeigen sogar eine Abnahme gegen das Jahr 1875, welches sich unter zehn Jahren durch die geringe Anzahl ernst- licher Verbrechen auszeichnete. Der Bericht konstatirt ferner, daß während der letzten 10 Jahre in den Straßen Londons   1135 Personen durch Ueberfahren getödtet und 21,827 verwundet wur- den; daß die Polizei während des Jahres 18,881 herrenlose Hunde aufgriff, daß 11,805 Personen, darunter 8531 Kinder im Alter unter 10 Jahren, der Polizei als verloren oder vermißt gemeldet wurden. Von den Vermißten wurden 5129 Kinder und 779 Erwachsene von der Polizei gefunden und ihren Angehöri- gen wiedergegeben. 103 Erwachsene verübten Selbstmord, und 8 Kinder und 140 Erwachsene verschwanden spurlos; die Uebri- gen wurden entweder von ihren Angehörigen gesunden oder kehr- ten aus freien Stücken nach ihrer Behausung zurück. Die Einnahmen an Zöllen und gemeinschaft- lichen Verbrauchssteuern haben im deutschen Reiche für die Zeit vom 1. April 1877 bis zum Schlüsse des Monats Septem- ber 1877(im Vergleich mit der Einnahme in demselben Zeit- räume des Vorjahres) betragen: Zölle 52,510,410 Mark( 7.650,957 M.), Rübenzuckerstcuer 3,734,976 M.(ft- 1,216.304 M.), Salzsteuer 15,679,145 M.(-s- 1.000.603 M.), Tabaks- steuer 346,395 M.( 13,269 M.), Branntweinsteuer 9,548,552 M.( 961,058 M.), Uebergangsabgaben von.Branntwein 47,069 M.( 9824 M.), Bransteuer 7,588,352 M.( 175,459 M.), Uebergangsabgaben von Bier 416,901 M.(-ft 1571 M.): Summa 82,401,848 M.( 6,592,089 M.) DieNadel der Kleopatra  ". Der unter diesem Na- men bekannte, seiner Zeit von Mehemed Ali der englischen   Re- gierung geschenkte Obelisk, war bekanntlich vor einigen Wochen, nachdem er Jahrhunderte lang in einiger Entfernung von der Küste halb versunken im Erdreich gelegen, von englischen In- genieuren gehoben und zum Transport nach England zu Wasser gebracht. Man hatte zu diesem Zwecke um den Obelisken herum, während er noch auf dem Lande lag, einen großen hohlen, nach beiden Enden spitz zulaufenden eisernen Cylinder gebaut, dessen Größe so berechnet war, daß er den steinernen Koloß im Wasser zu tragen vermochte und noch weit genug aus dem Wasser her- vorragte, um auf einem im oberen Theile des Cylinders ange- brachten kleinen Deck einigen mit dem Manövriren dieses neu- artigen Fahrzeuges beauftragten Leuten einen einigermaßen sicheren Aufenthalt zu gewähren. Nachdem der Cylinder unter mehrfacheil Schwierigkeiten glücklich zu Wasser gebracht, hatte man ihn im Dock zu Alexandria   an beiden Seiten mit einer Art falschen Kiels versehen, um der voraussichtlichen Neigung desselben, im Seegange zu rollen, thunlichst entgegenzuwirken, und war dann das ganze Ungethüm Mitte vorigen Monats im Schlepptau des Liverpooler DampfersOlga" von Alexandrien   nach England in See gegangen. Nach einer zwar langsamen, aber bis dahin glücklichen Reise wurde dieOlga" in der Nacht von Sonntag auf Montag unweit Cap Finisterre   von einem schweren Sturme aus SW. überfallen, infolge dessen die am Bord des Cylinders befindlichen Leute sich gezwungen sahen, um Hilfe zu signalisiren. DieOlga" setzte ein Boot mit ihrem zweiten Offizier und 5 Mann aus, um die gedachten Leute aufzunehmen, doch kenterte das Boot, und die darin Befindlichen fanden ihren Tod in den Wellen. Am folgenden Morgen machte ein anderes Boot der Olga" einen zweiten Versuch zur Bergung der auf dem Cylin- der befindlichen Mannschaften, der glücklicherweise gelang, worauf dieOlga" bei fortwährend zunehmendem Sturm den Obeliskeu in 44° 53' n. Br., 7° 52' w. L. loswerfen mußte. Die Befürch- tungen, daß der Obelisk damit auf Nimmerwiedersehen verloren sei, scheint sich jedoch nicht zu bewahrheiten, denn wie ein bei Lloyds eingegangenes Telegramm aus Ferro  ! meldet, ist der- selbe von dem englischen DampferFitzmaurice" 90 Mellen nördlich von Ferrol   angetroffen und ins Schlepptau genommen worden. Druck und Verlag der Gcnossenschaftsbuchdruckerei in Leipzig  .