Blatt 95 und 97 erhobenen Einsprüche auf Grund der heute abgehaltenen offentlich-mündlichen Verhandlung das Königl. Bezirksgericht Zwickau für Recht: Daß es bei dem angefochtenen Bescheide, durch welchen Privat- angeklagter Freitag wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 20 Mark, Bezahlung von Untersuchungskosten und Leistung von Privatgenugthuyng verurtheilt worden, auf den von dem Privat- angeklagten erhobenen Einspruch nicht zu lasten, es ist der Privat- angeklagte vielmehr als wodurch sich der Einspruch des Privat- anklägers und die Nichtigkeitsbeschwerde Privatangeklagtens er- ledigt, des ihm Beigemessenen halber straffrei zu sprechen und Privatankläger die Untersuchungskosten erster Instanz abzustatten schuldig. Die durch den Einspruch des Privatankläzers entstandenen Kosten ist dieser zu bezahlen schuldig, während die durch den Einspruch des Privatangeklagten entstandenen gerichtlichen Kosten als eine Last der Gerichtsbarkeit auf die Staatskasse überwiesen werden. Von Rechts Wegen! Zwickau , den 20. Juni 1877. Das Königliche Bezirksgericht U. S. von Wolf zugleich für Hoffmann. Plechsig. Entscheidungsgründe in Denunciationssachen des Kaufmann Julius Motteler wider den Tuchmacher Carl Wilhelm Freitag. Durch die geführte Untersuchung ist erwiesen, daß Privat- angeklagter Carl Wilhelm Freitag als Verfaster des Aufsatzes Blatt 4 die Blatt 2 b gerügten Aeußerungen über den Privat- ankläger Julius Motteler gethan hat. Bei Beurtheilung des vorliegenden Falles ist nun davon auszugehen, daß es bei Gelegenheit einer Wahl den Wählern gestattet sein muß, die Würdigkeit eines aufgestellten Candidaten unter Hervorhebung spezieller Thatsachen öffentlich zu erörtern, und daß bei solcher Gelegenheit gethane Aeußerungen als zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemacht, nach§ 193 des Reichsstrafgesetzbuchs nur insofern strafbar sind, als das Vor- handenscin einer Beleidigung aus der Form der Aeußerungen oder aus den Umständen, unter welchen sie geschehen, hervorgeht, vergl. Oppenhoff's Commentar zu S. 193 des Reichs- strafgesetzbuchs 4. Auszug. S. 353 Note 19 und von Schwarze, Commentar Seite 459. Auch der Privatangeklagte wurde wie er Blatt 12 b versichert hat, und ihm nicht zu widerlegen gewesen, bei Auffassung und Veröffentlichung des hier in Frage kommenden Aufsatzes von dem Gedanken geleitet, als Wähler des 18. sächsischen Wahlkreises seine Mitwähler bei Gelegenheit der bevorstehenden Reichstags- Wahl auf die nach seiner Ansicht vorliegenden Nachtheile einer Wahl des Privatanklägers als Reichstagsabgeordneten aufmerksam zu machen und wollte nur die nach seiner Ansicht unvortheilhafte Wahl des Privatanklägers verhindern, er handelte sonach in Wahrnehmung eines berechtigten Interesses. Unter diesen Um- ständen hatte er sich nur zu fragen, ob aus der Form der ge- rügten Aeußerungen oder aus den Umständen, unter denen sie gethan, das Vorhandensein einer Beleidigung hervorgeht. Allein diese Frage war zu verneinen. Weder die Aeußerung„Schauspieler", noch der Vorwurf, daß Privatankläger„aufhetzende" Reden geführt, noch die übrigen gerügten Worte gehen über das Mag emer erlaubten Kritik der politischen Thäligkeit des Privatanklägers hinaus, und soviel die gerügten Worte in dem fraglichen Aussatze über den Privat. ankläger behaupteten Thatsachen anlangt, ist nirgend ein Anhalt dafür, daß Privatangeklagter die betreffenden Behauptungen wider besseres Wissen aufgestellt, in welchem Falle man allerdings auf eine beleidigende Absicht hätte schließen können. Es ist viel- mehr, zumal nach den Aussagen August Fischer's Blatt 81b, Carl Heinrich Breitengroß Bl. 82 b, Heinrich Eduard Müller's Bl. 83, Gottlieb Lamprecht's Bl. 83b, anzunehmen, daß Privat- angeklagter dasjenige, was er in Bezug auf den Privatankläger behauptet, für wahr gehalten habe. Hiernach allenthalben war dem Privatangeklagten die belei- digende Absicht und somit eine strafbare Beleidigung nicht nach- nachzuweisen; es war daher auf Straffreisprechung des Privat- angeklagten zu erkennen und als Folge davon Privatankläger zu Bezahlung der gerichtlichen Kosten erster Instanz, sowie der Bundesgesetz betreffend die Arbeit in den Fabriken. (Vom 23. März 1877.) Die Bundesversammlung der schweizerischen Eid- genossenschaft, mit Hinsicht auf Art. 34 der Bundesverfassung; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 6. Christ- monat 1875, beschließt: I. Allgemeine Bestimmungen. Art. 1. Als Fabrik, auf welche gegenwärtiges Gesetz An- Wendung findet, ist jede industrielle Anstalt zu betrachten, in welcher gleichzeitig und regelmäßig eine Mehrzahl von Arbei- kern außerhalb ihrer Wohnungen in geschlossenen Räumen be- schäftigt wird. Wenn Zweifel waltet, ob eine industrielle Anstalt als Fabrik zu betrachten sei, so steht darüber nach Einholung eines Berichts der Kantonsregierung, der endgültige Entscheid dem Bundes- rathe zu. Art. 2. In jeder Fabrik sind die Arbeitsräume, Maschinen und Werkgerälhschaften so herzustellen und zu unterhalten, daß dadurch Gesundheit und Leben der Arbeiter bestmöglich gesichert werden. Es ist namentlich dafür zu sorgen, daß die Arbeitsräume während der ganzen Arbeitszeit gut beleuchtet, die Lust von Staub möglichst befreit und die Luftveränderung immer eine der Zahl der Arbeiter und der Beleuchtungsapparate, sowie der Ent- Wickelung schädlicher Stoffe entsprechende sei. Diejenigen Maschinentheile und Treibriemen welche eine Ge- fährdung der Arbeiter bilden, sind sorgfältig einzufriedigen. Zum Schutze der Gesundheit unv zur Sicherheit gegen Ber- letzungen sollen überhaupt alle erfahrungsgemäß und durch den jeweiligen Stand der Technik, sowie durch die gegebenen Ver- hältnisse ermöglichten Schutzmittel angewendet werden. Art. 3. Wer eine Fabrik zu errichten und zu betreiben beabsichtigt, oder eine schon bestehende Fabrik umgestalten will, hat der Regierung des Kantons von dieser Absicht, von der Art des beabsichtigten Betriebes Kenntniß zu geben und durch Vor- läge des Planes über Bau und innere Einrichtung den Nachweis zu leisten, daß die Fabrikanlage den gesetzlichen Anforderungen in allen Theilen Genüge leiste. Die Eröffnung der Fabrik, beziehungsweise des neuen Be- durch seinen ungerechtfertigten Einspruch erwachsenen zu ver- urtheilen, während die durch das Rechtsmittel des Privatange- klagten entstandenen gerichtlichen Kosten, da dasselbe Erfolg ge- habt, als Last der Gerichtsbarkeit auf die Staatskasse zu über- weisen waren. An das Königl. Bezirksgericht Zwickau . In Privatanklagesachen Julius Motteler's wider Freitag wende ich gegen das zweitinstanzliche Erkennwiß des Bezirks- gerichts Zwickau im Auftrage Motteler's hiermit Nichtigkeitsbeschwerde ein. So sehr ich und der Privatankläger mit den in den Ent- scheidungsgründen ausgesprochenen Ansichten harmonire, so giebt es doch keine Garantie dafür, daß dieselben Grundsätze auch in anderen Prozessen in Sachsen angewendet werden, so lange nicht der oberste Gerichtshof dieselben theilt. Es könnte sehr leicht vorkommen, daß z. B. in Glauchau , wo der hinlänglich bekannte Professor Birnbaum wegen jeder Bemerkung über seine notorische Betheiligung an verunglückten Gründungen Anklagen erhebt, auch die Angeklagten fernerhin wegen der geringsten an- geblichen Beleidigung mit harten Gefängni'ßstrafen belegt werden, während im 18. Wahlkreise, wo die wahrheitswidrigsten Be- schimpfungen des Reichstagscandidaten, wie in keinem anderen Kreise, das Maß überschritten haben, Straffreisprechung der Beleidiger erfolgt. Ich greife deshalb das Erkenntniß an, 1) weil auf den vorliegenden Fall der Art. 193 des R.-Str.- G.-B. angewendet und ausgesprochen worden ist, daß Aeußerungen, die bei einer Wahl von Wählern ausgesprochen werden, als zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemacht anzusehen seien, 2) weil ausgesprochen worden ist, daß die Aeußerung„Schau- spieler", noch der Borwurf, daß der Privatankläger„aufhetzende" Reden geführt, noch die übrigen gerügten Worte über das Maß einer erlaubten Kritik der politischen Thätigkeit des Privat- anklägers hinausgehen und weil 3) unter Anwendnng dieser Grundsätze der Privatangeklagte freigesprochen worden ist. Hochachtungsvoll und ergebenst Leipzig , 6. Juli 1877. Rechtsanwalt Freytag. In Sachen Julius Motteler's , Privatanklägers, wider Carl Wilhelm Freitag, Privatangeklagter, erkennt auf die von ersterem gegen das Bl. 125 flg. der vor dem Königl. Gerichtsamte Crim- mitschau ergangenen Atten unter Rep. IIa. Lit. Nr. 19 er- sichtliche Erkenntniß nach Blatt 130 eingewendete Nichtigkeits- beschwerde das Königlich Sächsische Oberappellationsgericht unter Theilnahme folgender Mitglieder Otto, Edelmann, Neidthardt, Groß, Trummlen, und nach Gehör des Staats- anwaltes für Recht: Daß diese Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen, Privatankläger auch die durch dieselbe erwachsenen Kosten abzustatten verbunden. Von Rechts Wegen! Dresden , den 23. Juni 1877. Königl. Sächs. Oberappellationsgericht. I. 8. Otto. Peglow. Entscheidungsgründe in Privatanklagesachen 2. Carl Wilhelm Freitag gegen 1. Julius Motteler . Die vorliegende Nichtigkeitsbeschwerde, welche auf der Be- hauptung beruht, daß der in zweiter Instanz erfolgten Straf- freisprechung des Privatangeklagten eine unrichtige Anwendung des§ 193 des Reichsstrafgesetzbuchs unterliege, hat nicht für begründet erachtet werden können. Es ist nämlich einestheils in dem Erkenntnisse thatsächlich festgestellt, daß der Angeklagte bei Abfassung und Veröffentlichung des den Gegenstand der Anklage bildenden Zeitungsaufsatzes in Wahrnehmung eines berechtigten Interesses gehandelt habe; Bl. 12 d, und anderntheils kann die dieser Feststellung zu Grunde liegende Rechtsansicht, daß ein Wähler, welcher bei Gelegenheit einer bevorstehenden Wahl die Würdigkeit eines aufgestellten Candidaten unter Hervorhebung spezieller Thatsachen öffentlich erörtert, um seine Mitwähler auf die nach seiner Ansicht vor- liegenden Nachtheile einer Wahl dieses Candidaten aufmerksam triebes, darf erst auf ausdrückliche Ermächtigung der Regierung hin stattfinden, welche bei Fabrikanlagen, deren Betrieb ihrer Natnr nach mit besonderen Gefahren für Gesundheit und Leben der Arbeiter und der Bevölkerung der Umgebung verbunden ist, die Bewilligung an angemessene Vorbehalte zu knüpfen hat. Erzeigen sich beim Betriebe Uebelstände, welche die Gesund- heit und das Leben der Arbeiter und der umgebenden Bevölke- rung gefährden, so soll die Behörde unter Ansehung einer perem- torischen Frist, oder je nach Umständen unter Suspendirung der Betriebsbewilligung, die Abstellung der Uebelstände verfügen. Ueber Anstände zwischen der Kantonsregierung und Fabrik- inhabern entscheidet der Bundesrath. Der Bundesrath erläßt die zur einheitlichen Ausführung dieses Artikels erforderlichen allgemeinen Vorschriften und Spe- zialreglemente. In Bezug auf die Baupolizei bleiben, immer- hin unter Beobachtung obiger gesetzlicher Borschriften, die kanto- nalen Gesetze in Kraft. Art. 4. Der Fabrikbesitzer ist verpflichtet, von jeder in seiner Fabrik vorgekommenen erheblichen Körperverletzung oder Tödtung sofort der competenten Lokatbehörde Anzeige zu machen. Diese hat über die Ursachen und Folgen des Unfalles eine amtliche Untersuchung einzuleiten und der Kantonsregierung davon Kennt- niß zu geben. Art. 5. Ueber die Haftpflicht aus Fabrikbetrieb wird ein Bundesgesetz das Erforderliche verfügen. In der Zwischenzeit gelten immerhin für den urtheilenden Richter nachfolgende Grundsätze: a. Der Fabrikant haftet für den entstandenen Schaden, wenn ein Mandatar, Repräsentant, Leiter oder Aufscher der Fabrik durch ein Verschulden in Ausübung der Dienstver- richtung Verletzung oder Tod eines Angestellten oder Ar beiters herbeiführt. b. Der Fabrikant haftet gleichfalls, wenn, auch ohne ein solches spezielles Verschulden, durch den Betrieb der Fabrik Körperverletzung oder Tod eines Arbeiters oder Angestellten herbeigeführt wird, sobald er nicht beweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder eigenes Verschulden des Ver- letzten oder Getödteten erfolgt ist. Fällt dem Verletzten oder Getödteten eine Mitschuld zur Last, so wird dadurch die Ersatzpflicht des Fabrikanten angemessen reduzirt. o. Obige Ersatzansprüche verjähren in zwei Jahren von dem Tage an, an welchem die Verletzung oder Tödtung statt- gefunden hat. ä. Der Bundesrath wird übrigens diejenigen Industrien be- zu machen und die vermeintlich unvortheilhafte Wahl desselben zu verhindern, in Wahrnehmung berechtigter Interessen handelt und demnach etwaige hierbei über den Gegencandidaten gethane tadelnde Aeußerungen an sich nach Z 193 des Reichsstrafgesetzbuchs straflos seien, nicht für eine irrthümliche angesehen werden. Soweit Privatankläger auch die Richtigkeit des Ausspruches des Erkenntnisses, daß die in dem inkriminirten Zeitungsaufsatze über ihn gethanen Aeußerungen über das Maß einer erlaubten Kritik seiner polittschen Thätigkeit nicht hinausgingen, Blatt 127 angegriffen hat und hiernach behaupten zu wollen scheint, daß diese Aeußerungen schon ihrer Form nach beleidigend seien und daher uus denselben das Vorhandensein einer Beleidigung sich ergeben, so ist diese Behauptung zweifellos unbegründet, da unter Aeußerungen dieser Art nur solche zu verstehen sind, welche in einer absolut injuriösen Form ausgesprochen werden, und der fragliche Aufsatz Aeußerungen dieser Art offenbar nicht enthält. Es war deshalb die eingewendete Nichtigkeitsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen und demzufolge Privatankläger auch zu Bezahlung der durch sie veranlaßten Kosten zu verurtheilen. Sozialpolitische Ueberstcht. — Der deutsche Reichstag soll erst Mitte Februar näch- sten Jahres zusammentreten, um sein Buagetpensum, welches den 1. April geliefert sein muß, recht rasch abzuhaspeln. Prä- sident Forckenbcck ist ja dazu der Mann, und kann er's nicht allein fertig bringen, so hilft ihm der Valentin.(Nach Redak- tionsschluß finden wir ein offiziöses Dementt.) — Eugen Richter , der schon bei dem Reichsbankgesetze eine besondere Stellung in der Fortschrittspartei einnahm, näm- lich die, daß er den Privatbanken größtmögliche Vortheile einräumen wollte, und der die Nützlichkeit solcher Auffassung für gute Bezahlung auch in der der Fortschrittspartei gegne- rischen„Nationalzeitung" in längeren Artikeln darzuthun ver- suchte, hat in der Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses vom 2. November wieder zu Gunsten der Prioatunterneh- mer gegen die Staatseisenbahnen plaidirt, daß man wohl in die Ver>uchung kommen kann, an einen intimeren Verkehr des Abgeordneten mit Privatbanq uiers und Privatunter- nchmern zu glauben. Selbst die dem Abgeordneten Richter so sehr befreundete„Bolkszeitung" kann nicht umhin, dem hoch- edlen Kämpfer für den Privatkapitalismus und die Pri- vatausbeutung folgende Lection zu ertheilen: „Wenn der Abgeordnete Richter es nicht unterlassen konnte, gemäß seiner von ihm allerdings stets consequent festgehaltenen staatsw:rthschaftlichen Ansicht, eigentlich fast jede positive Förde- rung der Landeswohlfahrt, namentlich durch Eisenbahnbauten u. s. w., als verwerfliche Vermehrung der von ihm bekämpften Staatsindustrie hinzustellen, so setzt er sich damit, wie ihm dies der Handelsminister auch mit Glück entgegenhielt nicht nur mit dem gegentheiligen Verhalten vieler seiner Parteigenossen aus den letzten Jahren, sondern auch mit den Traditionen der Partei aus den Conflictsjahren in Widerspruch. Wir erinnern an die damals so einschneidend wirkenden schriftlichen Berichte der Budgetcommisfion, welche gerade das Verhalten der dama- ligen Regierung, die gegenüber den Militärausgaben all« und jede produktive Anlage der Staatsgelder aus dem Budget ent- fernt hatte, einer vernichtenden Kritik unterzogen. Unmöglich kann sich daher heute die Fortschrittspartei solchen Aufgaben gegenüber, schon ihrer eigenen Vergangenheit gemäß, rein nega- tiv verhalten. Aber auch im Hinblick einer richtigen Würdigung unserer geschichtlichen Entwicklung und der gegenwärtigen poli- tischen Lage muß sie sich vor einem so verhängnißvollen Fehler hüten. Grade der Absolutismus hat in Preußen durch positive Einwirkung der Staatsgewalt auf die wirthschaftliche Entwick- lung und die Förderung der allgemeinen Wohlfahrt unendlich viel gethan— dem Verfassungsstaat hier alle und jede Wirk- samkeit versagen oder für ihn doch die allgemeinen Wohlfahrts- zwecke auf ein Minimum reduziren wollen, hieße geradezu das Volksgemüth ihm völlig entfremden und dasselbe den Ausbeute- künsten der Conseroativen auf der einen und der Sozialdemo- dcmokraten auf der anderen Seite überliefern." Diese Rathschläge werden der„Volkszeitung" nichts helfen; sie wird den Herrn Richter nicht von dem betretenen Pfade ab- bringen, wenn sie ihm nicht den„intimen" Umgang mit ver- schiedenen Privatkapitalisten untersagen oder eine gut dotirte Stellung im Handels- oder Finanzministerium verschaffen kaen. zeichnen, die erwiesenermaßen und ausschließlich bestimmte gefährliche Krankheiten erzeugen, auf welche die Haftpflicht auszudehnen ist. Im Uebrigen urtheilt, bis nach Erlaß des eingangserwähn- ten Gesetzes, der competente Richter über die Schadenersatzfrage, unter Würdigung aller Verhältnisse, nach freiem Ermessen. Art 6. Die Fabrikbesitzer haben über die in ihren Anstalten beschäftigten Arbeiter ein Verzeichniß nach einem vom Bundes- rath aufzustellenden Formular zu führen. Art. 7. Der Fabrikbesitzer ist verpflichtet, über die gesammte Arbeitsordnung, die Fabrikpolizei, die Bedingungen des Ein- und Austritts und die Ausbezahlung des Lohnes eine Fabrik- ordnung zu erlassen. Wenn in einer Fabrikordnung Bußen angedroht werden, so dürfen dieselben die Hälfte des Taglohnes des Gebüßten nicht übersteigen. Die verhängten Büsten find im Interesse der Arbeiter, na- mmtlich für Unterstützungskassen, zu verwenden. Lohnabzüge für mangelhafte Arbeit oder verdorbene Stoffe fallen nicht unter den Begriff„Bußen". Die Fabrikbesitzer sollen im Weiteren auch wachen über die guten Sitten und den öffentlichen Anstand unter den Arbeitern und Arbeiterinnen in der Anstalt. Art. 8. Die Fabrikordnungen, sowie deren Abänderungen sind der Genehmigung der Regierung des betreffenden Kantons zu unterstellen. Diese wird die Genehmigung nur ertheilen, wenn dieselben nichts enthalten, was gegen die gesetzlichen Bestim- mungen verstößt. Bevor die Genehmigung crtheilt wird, soll den Arbeitern Gelegenheit gegeben worden sein, sich über die sie betreffende Verordnung auszusprechen. Die genehmigte Fabr.kordnung ist für den Fabrikbesitzer und die Arbeiter verbindlich. Zuwiderhandlungen seitens des Ersteren fallen unter Art. 19 des Gesetzes. Wenn sich bei der Anwendung der Fabrikordnung Uebelstände herausstellen, so kann die Kantonsregierung die Revision der- selben anordnen. Die Fabrikordnung ist, mit der Genehmigung der Kantons- regierung versehen, in großem Druck und an ausfälliger Stelle in der Fabrik anzuschlagen und jedem Arbester bei seinem Dienst- antritt besonders zu behändigen. Art. 9. Wo nicht durch schriftliche Uebereinkunft etwas An- deres bestimmt wird, kann das Verhältniß zwischen dem Fabrik- besitzer und Arbeiter durch eine, jedem Theile freistehende, min-
Ausgabe
2 (11.11.1877) 133
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten