.— Die konitzer- Affaire wird noch ein interessantesNachspiel haben. Das Gericht, welches Konitzer verurtheilt hat,will gegen den Vorstand des„Deutschen Vereins"(ProfessorenEndemann und Held) zu Bonn eine Verleumdungsklage an-strengen.— DieFeindederArbeit habt Ihr am 21. Okt. besiegt, jetzt siegtüber Euch selbst!— so möchten wir den schweizerischen Ar-b eitern angesichts ihrer organisatorischen Bestrebungen zurufen.Das in der Urabstimmung angenommene Fabrikgcsetz ist eineErrungenschaft, auf welche die schweizerischen Arbeiter stolz seinkönnen; soll diese Errungenschaft aber auf die Dauer den Ar-beitern zu Gute kommen, soll das Fabrikgesetz kein todtes Mach-Werk bleiben, so tritt an die Arbeiter der Schweiz die Aufgabeheran, mit ganzer Kraft für die strenge Befolgung der Bestim-mungen dieses Gesetzes zu wirken. Aber wie kann das geschehen?Ohne Zweifel nur durch eine gute und geschlossene Organisation.Wohlan! was hindert die in der Schweiz nebeneinander be-stehenden und in der Hauptsache die gleichen Ziel? erstrebendenOrganisationen des Grütlivereins und des Arbeiterbnndes sichdie Hand zu reichen? Sind auf der einen oder der anderenSeite wirklich Bedenken gegen eine Verschmelzung der beidenOrganisationen vorhanden � gegenüber dem, was auf dem Spielesteht, wenn die schweizerischen Arbeiter schlecht organisirt fürihre Interessen kämpfen, müssen diese Bedenken schwinden. Unddatirt denn die Frage der Vereinigung des Grütlivereins unddes Arbeiterbundes etwa von heute? Hat nicht schon der Eon-greß in Neuenburg beschlossen, daß eine von beiden Organi-sationen niedergesetzte Commission ein Programm ausarbeitensoll unter Benutzung der ihr überwiesenen Vorlagen? Wennalso der Wille da ist, warum sollte die That nicht folgen können?Die Kriegstaktik.-„Getrennt marschiren, vereint schlagen", paßtnicht für die Arbeiter. Unsre Stärke liegt in der Vereinigung;sie allein verbürgt den Erfolg! Also organisirt Euch, vereinigtEuch!— Die Bestialität, welche die Russen in dem gegen-wältigen Krieg an den Tag legen, wird durch tausendfältigesZeugniß festgestellt. Bisher pflegte man aber stets beschönigendzu sagen, nicht die regulären russischen Truppen hätten dieseGreuel verübt, sondern die Kosaken oder Bulgaren. Nun— inzahlreichen Fällen ist der Beweis geliefert worden, daß es wirk-lich russische Soldaten waren— was indeß ziemlich gleichgiltig,da das„milde Väterchen" für seine Kosaken und die von ihmaufgehetzten Bulgaren ebenso verantwortlich ist, wie für seineregulären Soldaten. Jetzt liegt nun ein neues Zeugniß vor,das die reguläre russische Armee, und zwar deren Elite, dieGarde, auf das schwerste belastet. Der Kriegs- Correspondentder„Augsburger Allgemeinen Zeitung", ein Mann von aner-kannter Wahrhaftigkeit(wenn wir nicht irren, ein deutscher Of-fizier), welcher dem Kampfe bei Gorni Dubnik beiwohnte, schreibtals Augenzeuge in seinem Bericht über jenes blutige Treffen:„Türkische Cavallerie-Vorposten wurden-- zurückgedrängtund ließen mehre Verwundete auf dem Platze., Diese waren fürmich ein Gegenstand sehr ernster Wahrnehmungen, denn es fielmir vor Allem auf, daß fast alle in derselben Lage, mit demGesicht nach oben und mit ausgestreckten Extremitäten, amBoden lagen. Ich untersuchte die beraubten und thcilweiseentkleideten Leichen näher, und fand sie sämmtlich leicht vcrwundet Dafür war aber an jedem Cadavcr auf der entblößtenBrust in der Herzgegend ein blau unterlaufener Fleck zu sehen,durch de» die Kngcl eindrang, welche die Wehrlosen gctödtcthatte. Ich bitte von diesem Akt Notiz zu nehmen; er lieferteinen abermaligen Beweis für die Art und Weise, wie dieserVernichtungskampf geführt wird."Die feigen Mörder können nur russische Gardesoldaten geWesen sein. Daß die, blos etwa 8000 Mann starken Türken sichwie die Löwen schlugen und den in mehr als dreifacher Ueber-zahl angreifenden Russen einen Verlust von mindestens[öOOOMann beibrachten, entschuldigt diese Bestialität nicht, sondernläßt sie nur um so niederträchtiger erscheinen. Der brave Soldatachtet den tapferen Feind, achtet ihn um so mehr, je tapfererer ist!Ob Fürst Bismarck nun eine Humanitätsnote in's russischeHauptquartier schicken wird? Der Vorgang, der ihn zu derfamosen Humanitätsnote an türkische Adresse bestimmte, war beiweitem nicht so scheußlich und bei weitem nicht so klar.bestens vierzehn Tage vorher erklärte Kündigung aufgelöst wer-den, und zwar jeweilen am Zahltag oder am Samstag. Wennnicht besondere Schwierigkeiten entgegenstehen, soll bei Stücklohnjedenfalls die angefangene Arbeit vollendet werden. Innerhalbobiger Frist darf einseitig das Verhältniß von dem Fabrikbesitzernur dann aufgelöst werden, wenn sich der Arbeiter einer ange-fangenen Arbeit unfähig erweist, oder wenn er sich einer bedeu-tenden Verletzung der Fabrikordnung schuldig gemacht hat, undder Arbeiter ist nur dann zu einseitigem sofortigem Austritt be-fugt, wenn der Fabrikbesitzer die bedungene Verpflichtung nichterfüllt oder eine ungesetzliche oder vertragswidrige Behandlungdes Arbeiters verschuldet oder zugelassen hat.Streitigkeiten über die gegenseitige Kündigung und alle übrigenVertragsoerhältnisse entscheidet der zuständige Richter.Art. 10. Die Fabrikbesitzer sind verpflichtet, die Arbeiterspätestens alle zwei Wochen in Baar, in gesetzlichen Münzsortenund in der Fabrik selbst auszuzahlen.Durch besondere Verständigung zwischen Arbeitgeber undArbeitnehmer, oder durch die Fabrikordnung, kann auch monatlicheAuszahlung festgesetzt werden.Am Zahltage darf nicht mehr als der letzte Wochenlohn aus-stehen bleiben. Bei Arbeiten auf Stück werden die Zahlungs-Verhältnisse zwischen den Bcthciligten bis zur Beendigung desStückes ihrer gegenseitigen Vereinbarung überlassen.Ohne gegenseitiges Einverständniß dürfen keine Lohnbetreff-nisse zu Spezialzwecken zurückbehalten werden.Art. 11. Die Dauer der regelmäßigen Arbeit eines Tagesdarf nicht mehr als 11 Stunden, an den Vorabenden von Sonn-und Festtagen nicht mehr als 10 Stunden betragen und muß indie Zeit zwischen 6 Uhr, beziehungsweise in den SommermonatenJuni, Juli und August 5 Uhr Morgens und 8 Uhr Abendsverlegt werden.Die Arbeitsstunden sind nach der öffentlichen Uhr zu richtenund der OrtSbchörde anzuzeigen.Bei gesundheitsschädlichen und auch bei andern Gewerben,bei denen durch bestehende Einrichtungen oder vorkommendesVerfahren Gesundheit und Leben der Arbeiter durch eine täg-liche elfstündige Arbeitszeit gefährdet find, wird der Bundesrathdieselbe nach Bedürfniß reduziren, immerhin nur bis die Besei-tigung der vorhandenen Gesundheitsgefährde nachgewiesen ist.Zu einer ausnahmsweisen oder vorübergehenden Verlänge-rung der Arbeitszeit, welche von Fabriken oder Industrien ver-langt wird, ist, sosern das Verlangen die Zeitdauer von zweiWochen nicht übersteigt, von den zuständigen Bezirksbehörden,— Auf dem europäischen Kriegsschaupatz keine Er-eignisse von Belang; die Operationen der Türken zum„Entsatz"von Plewna werden natürlich möglichst geheim gehalten. DieRussen„sollen" sich„zuverlässigen Mittheilungen zufolge" mitdem Plan eines zweiten Zugs über den Balkan tragen. Nun—die Russen werden ihre Pläne den Herrn Zeitungsschreibern� wohl schwerlich auf die Nase binden; und was speziell den an-; geblich beabsichtigten Zug über den Balkan betrifft, so ist dererste ihnen so schlecht bekommen, daß sie sich so leicht nicht zueinem zweiten entschließen werden. Der Winter ist ein Faktor,mit dem jetzt wohl oder übel gerechnet werden muß; das„Väterchen" soll zwar neulich beim Champagner auf den bestenBundesgenossen der Russen, den Winter getoastet haben, alleinwir können dem genannten Herrn, auch wenn wir den Cham-pagner in Rechnung bringen, eine solche an Blödsinn grenzendeDummheit nicht zutrauen, und halten die Anekdote für die Er-findung eines hungrigen Reporters. Die Russen, welche in ihrerHeimath den Winter hindurch in backofenartig geheizten Stubenleben, sind notorisch gegen die Kälte empfindlicher als die Süd-länder. wie sich sogar in dem Feldzug von 1811/12 gezeigt hat.Der Vortheil der Russen war damals, daß sie im eigenen Landwaren und Mittel hatten, sich gegen die Kälte zu schützen, wäh-rend die Franzosen weder Obdach noch Winterkleider hatten.—In Asien hat Mukthar Pascha in der Nähe von Erzerum eineabermalige Schlappe erlitten, deren Tragweite sich noch nichtabschätzen läßt. Da die russischen Berichte nichts von Gefangenenmelden, so scheinen die Türken ihren Rückzug in guter Ordnungbewerkstelligt zu haben.— Die Redaktion der„Egalitö" in Paris veröffentlichtfolgenden Prospektus, der offenbar von Guesde geschrieben, wiewir aus dem, unseren Anschauungen nicht entsprechenden Passusüber die republikanische Staatsform schließen:„Die„Egalitö"(Gleichheit), republikanisch- sozialistischesJournal, wird vom 10. November an alle Sonnabende unterder Chefrcdaktion von Jules Guesde erscheinen. Die Haupt-sächlichsten Mitarbeiter an demselben werden sein: in Frankreich:G. Deville, P. Gerbier, E. Massard, E. Oudin, ehemalige Re-dakteure der„Droits de l'homme", A. Montbel u. A.; in Deusch-land: Bebel und Liebknecht; in Belgien: Dr. Cesar de Paepe;in Italien: Gnocchi-Viani, Redakteur des„Plebe" und TitoZanardelli, ehemaliger Leiter des„Agitators".„Die„Egalitä" wird republikanisch sein, weil die Republikdas letzte Wort der rein politischen oder gouvernementalen Ent-Wickelung ist, und nur noch einer ökonomischen oder sozialenUmgestaltung Raum läßt, welche die nominelle Rechtsgleichheitdurch die wirkliche Gleichheit der Dinge ersetzt.„Aber die„Egalitö" wird vor allen Dingen sozialistisch sein;denn die ökonomische Umgestaltung ist ihr einziger Zweck.„Sie wird zeigen, daß die Ergebnisse der Wissenschaft inUebereinstimmung mit der Gerechtigkeit verlangen, daß der Grundund Boden und die anderen Produktionsmittel der Gesammtheit zu-fallen, derart, daß Alle verbunden sein sollen, zu arbeiten, dafüraber auch den vollen Ertrag ihrer Arbeit zugesichert erhalten(natürlich innerhalb des Rahmens der sozialistischen Produktion.R. d. V.)— sie wird dies zeigen, um auf diese Weise die Bil-dung einer großen Partei vorzubereiten, welche, wenn der Augen-blick gekommen, ihr Recht zu erkämpfen wissen wird.„Das ist die doppelte Aufgabe, welche sich die Leiter desBlattes gesetzt haben und die sie bis ans Ende erfüllen wer-den, ohne Prahlerei und ohne Schwäche.Die„Egalitö" wird regelmäßig jede Woche in einer Nummervon 8 Zeiten erscheinen und gesammelt jedes Jahr einen hübschenQuart Band bilden.„Jede Nummer wird eine Anzahl Artikel über Sozialökonomieenthalten, Correspondenzen über die Arbeiterbewegung in Deutsch-land, Belgien, Italien, England und Amerika, eine politischeUebersicht, welche kurz die Ereignisse der Woche darstellt, historischeund biographische Aufsätze über die Vertreter des Sozialismusund die sozialistische Sache, eine kritische Würdigung aller fran-zösischen oder auswärtigen Werke, welche die Leser interessirenkönnen u. s. w.„Mit einem Worte, die„Egalits" wird sich bemühen, derSozialdemokratie in Frankreich ein gleichzeitig wissenschaftlichesund agitatorisches Organ abzugeben, das ihr bis heute ge-fehlt hat."oder wo solche nicht bestehen, von den Ortsbehörden, sonst abervon der Kantonsregierung die Bewilligung einzuholen.Für das Mittagessen ist um die Mitte der Arbeitszeit we-nigstens eine Stunde frei zu geben. Arbeitern, welche ihr Mit-tagsmahl mitbringen, oder dasselbe sich bringen lassen, sollenaußerhalb der gewohnten Arbeitsräume angemessene, im Wintergeheizte Lokalitäten zur Verfügung gestellt werden.Art. 12. Die Bestimmungen des Artikels 11 finden keineAnwendung auf Arbeiten, welche der eigentlichen Fabrikation alsHilfsarbciten vor oder nachgehen müssen und die von männlichenArbeitern oder unverheiratheten Frauenspersonen über 18 Iah-ren verrichtet werden.(Schluß folgt.)— Bekanntlich ist Fürst Bismarck in seiner Heimath Schön-hausen nicht allzu beliebt; man hat ihn schon mehrere Male bei denWahlen zum Kreistage durchfallen lassen und spricht auch ziemlich un-verblümt aus, daß die fortwährenden Reklamationen des Fürsten beider Steuerabschätzung gerade nicht bei der Mehrzahl der Bewohner be-sonderes Wohlgefallen erregen. Der Prophet im eigenen Lande wirdnicht immer anerkannt— mit diesem Spruche wird sich Bismarcktrösten.— Aber auch in Barzin scheint der Herr von Bismarck per-sön liche Feinde zu haben, denn sonst würde ihm sein berühmter„Sultan" nichi lürzl-.ch dort erschlagen worden sein. Die national-liberalen Zeitungen allerdings versuchen den Glauben zu erwecken, daßein Kullmaun gedungen worden sei, um den treuen„Reichshund" zutödten. Seien wir vernünftiger, und betrachten die That als einen ganzgewöhnlichen Racheakt gegen den Bewohner von Barzin,— Nun hörenwir aber auch noch, daß es in der dritten Bismarck'schen Besitzung,in Lauenburg, ganz bedenklich spukt. Die lauenburgische Ritter-und Landschaft ist nämlich mit dem Fürsten Bismarck in Streit undverhandelte dieser Tage darüber in Ratzeburg. Der Conflikt ist wegender Ansprüche de? Landes-Communal-Berbandes an den vom FürstenBismarck in Besitz genommenen Werder im Viert entstanden.Zur Vorberathung dieses Gegenstandes war eine Commission ernanntworden, deren Referent, Abg. Oberamtsrichter Sachau, u. A. mittheilte,daß Dr. jur. Crome in Lübeck, dessen Gutachten der Commission vorge-legen hat, sich auf Seiten des Landschasts-Collegium» stelle und daß essich jetzt frage, ob auf Grund dieses Materials Rckter- und Landschaftgegen den Fürsten in den Prozeß treten soll. Nach eingehender, theil-weise für den Fürsten nicht sehr schmeichelhafter Debatteward beschlossen, mit demselben Bergleichsverhandiunzen anzuknüpfen.—Daß es auch manchmal in der Wilhetmsstraße zu Berlin, in demvierten Heim des Fürsten, recht stürmisch zugeht, ist ja auch allgemeinbekannt.— Herr Tessendorf hat in jüngster Zeit entschiedenesPech. Am Mittwoch wurde der Verlagshandlung der„BerlinerFreien Presse" die polizeiliche Mittheilung, daß die neueste Eon-fiskation der„Neuen Welt" gerichtlicherseits aufgehobenworden ist.— Die Ungiltigkeitserklärung der Wahl Brätter'sist auf so erbärmliche Gründe hin erfolgt, daß jeder anständigeMann, von welcher Partei er auch sei, mit Entrüstung erfülltsein muß. An der Identität Brätter's— und darauf alleinkommt es an— konnte kein Zweifel sein; Brätter hat seitfrühester Jugend seinen eigentlichen Familiennamen Goßlernicht geführt; er ist nur unter dem Namen Brätter bekannt;er gehört nur als Brätter der Oeffentlichkeit an, hat unbean-standet als Brätter bei der Feuerwehr gedient, die Redaktioneiner Zeitung geführt u. s. w. Kurz, Jedermann wußte, werder für die Landtagswahl als Candioat aufgestellte Brätter war,und die acht Ehrenmärner, welche die Wahl kassirten, wußtenes so gut wie jeder Andere. Und jeder anständige Mann weiß,was er von diesen acht Ehrenmännern zu halten hat.Wie wir aus dem„Geraer Tageblatt" ersehen, mißbilligtdie Fortschrittspartei in Gera das Vorgehen gegenBrätter; sie hat vieAbsicht, keinen Candidaten aufzustellen, und wird einedahin lautende Erklärung erlassen. Das ist ehrenhaft ge-handelt und beweist, daß es in Deutschland noch Männer giebt,welche die Anwendung der Privatmoral auf das politische Lebennicht für einen„überwundenen Standpunkt" halten.So viel steht fest, wer bei der bevorstehenden Neuwahl sichals Candidat gegen Brätter aufstellen läßt und gegen ihn stimmt,weiß nicht, was Ehre und Anstand ist.— An die Parteigenossen! Unser Stuttgarter Partei-organ macht Folgendes bekannt:„Den Parteigenossen die Nach-richt, daß sich Redakteur Holzwarth durch Flucht seiner Strafeentzogen hat. Das Landesagitations-Comitö."— Wir wollenhierzu nur bemerken, daß Herr Holzwarth ganze sechs MonateGefängniß abzusitzen hatte. Wegen solcher Lappalie die Flucht�n ergreifen, ist geradezu erbärmlich. Außerdem ist für denHerrn Holzwarth, der wahrscheinlich in Wien bei Muttern steckt,und dessen Vater sehr wohlhabend sein soll, von der Parteieine Caution von 2000 Mark gestellt worden. Diese Cautionwird die Partei verlieren, wenn Herr Holzwarth sich bei denWürtembergischen Gerichten nicht wieder meldet.Correspondenzen»Aerkin, 4. November.(Wenn Jemand eine Reise thut,so kann er was erzählen.) Auf einer, allerdings nicht vonStange's Reisebureau improvisirten, vierwöchigen Rundreise hatteich, theils aus freier Entschließung, theils mit Hartnäckigkeit dazugepreßt, Gelegenheit, in mehreren Volks-, Arbeiter- und sozia-listischen Vereinsversammlungen zu sprechen. Zunächst sprach ichin Offenbach, dann in Hanau, Frankfurt a. M., Mannheim,Speyer, Heidelberg, Lahr, Basel, Bern, Genf, Zug und Stutt-gart. Aus den mannigfachen Erlebnissen, welche das wechselvolleLeben eines Agitators bei solchen Anlässen bietet, und die auchmir im reichsten Maße bescheert wurden, will ich für diesmal zuNutz und Frommen all' Derer, die da milzsüchtig sind, nur dieheiteren mittheilen.In Heidelberg, der reizendsten Perle des NeckarthaleS, fandeine Volksversammlung im„Gasthof zum Faulpelz" statt. Fastwar ich versucht, die Wahl gerade dieses Lokals für einen freund-schaftlichen Rippenstoß zu erachten, aber man versicherte mich(oder mir? Hier liegen ja wohl Accusativ und Dativ auch beigelehrten Herren im Streite), ein anderes Lokal sei nicht aufzu-treiben gewesen und es habe schon mancher unserer flinksten undunermüdlichsten Heißsporne in demselben ein Brillantfeuer illüstrerReden abgebrannt, ich könne also mein hausbackenes Sprühten-felchen getrost anzünden und brauche durchaus nicht zu denken:„Komm Spitz, sie sticheln." Das gab mir meine Seelenruhewieder und so haspelte ich denn mein Gespinnst ab, als könneselbst eine Windsbraut die linden Wellen meines Gemüths nichtkräuseln machen. Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ewigerBund zu flechten! Mein Geschick ereilte mich hier in Gestalteines Privatdocenten an der Alma mater Heidelbergensis. Nachdem derselbe eine nicht mißzuverstehende Denunziation, wie dasja derzeit so Sitte in der besseren Gesellschaft ist, an dieAdresse der anwesenden Sicherheitswächter gerichtet hatte, be-dauerte er, der Doktor Scheerer, daß er mich nicht unge-scharen lassen könne, da er als guter Patriot wünschen müsse,wir Sozialisten möchten uns zum Teufel scheeren, damit dienationalliberal-conservative Schweifwedelpartei ihr Schäfchen imTrocknen scheeren könne, und trieb seine Scheererei so weit,an der Fabrikation der Gußstahl-Scheeren den Niedergang derdeutschen Industrie zu deduciren. Als aber trotz alledem dieverstockten Zuhörer säumten, seiner Weisheit Beifall zu spenden,that er verzweiflungsvoll noch einen mächtigen Griff in seinenScheerbeutel und gab ungefähr Folgendes zum Besten:„M. H.!Lassen Sie sich von den sozialistischen Agitatoren nur keine Flau-sen vormachen, die Staatshilfe taugt absolut nichts,„Ich", alsLehrer der Staatswissenschaften muß das wissen! Als solcheraber will ich Ihnen ein unfehlbares Mittel vorschlagen, das ichbisher vor aller Welt geheim gehalten: In China besteht einGesetz, wonach alle Privatunternehmungen, sobald sieeinen derartigen Umfang annehmen, daß hundert undmehr Personen darin thätig sind, von GesetzeswcgenCooperativ-Assoziationen werden müssen.*) Ein solch'Gesetz des Reichs der Mitte probatum est für's Reich derSitte!"Mir summte es bei dieser Charlatanerie in den Ohren wie:Wenn das nicht gut für die W..... ist, dann weiß ich nicht,was besser ist. und nachdem ich mir erlaubt hatte, des Doktorsangebliche Kritik meiner Rede einer wirklichen Kritik zu unter-ziehen, nahm ich auch sein Arcanum(Geheimmittel) in denDestilirkolben einer logischen Kritik, was den gelehrten Doktorder Staatswissenschaften in einen gelinden Fieberschauer versetzte,wobei sich seine vorher so lustig plappernde Sprechspalte zueinem stereotypen Lächeln verzerrte und er mit dem Kopfewackelte, wie eine indische Pagode. Am Schluß meiner Ausein-andersetzungen sagte ich ungefähr folgendes:„Die von mir demHrn. Doctor der Staatswissenschaften nachgewiesenen Jrrthümerdürfen Sie, meine Herren, demselben nicht allzuhoch anrechnen,er hat es eben gemacht, wie der größte Theil seiner.HerrenConfratres, die in Medicin machen, er hat sich an das Siech-beit unserer kranken Zeit gesetzt, ihr an den Puls gefühlt umdie Diagnose ihres Gebrestes(Erkenntniß der Krankheit an ihrenMerkmalen) festzustellen und dabei die Symptome(Merkmale,Erscheinungen) für die Ursache genommen. Darauf räuspert ersich: hm! hm! legt die Stirn in krause gelehrte Falten und ver-*) Dieser gesperrt gedruckte Satz ist fast wörtlich wieder wieder-gegeben.