"Oer Türke sich in allen Situationen zu helfen. Wo die Russennicht mindestens mit doppelter Zahl auftraten, sind sie bisherregelmäßig geschlagen worden. Und ob es ihnen gelingen wird,die Türken durch Uebermacht zu erdrücken, ist noch sehr dieFrage. Jedenfalls ist das Prestige Rußlands unwiderbringlichhin und kein Bismarck mehr im Stande, den alten Glauben andie großmächtigste der Großmächte wiederherzustellen.Haben die Russen keine Ursache, auf ihre militärischenLeistungen zu pochen, so haben sie noch weniger Ursache, mitihrer„Bildung" und„Humanität" zu prahlen. Der Krieg hatauf russischer Seite das gerade Gegentheil von Bildung undHumanität gezeigt: eine wahrhaft bestialische R�hheit. Hatdoch neuerdings das russische Hauptquartier die Stirne gehabt,zwei offizielle Depeschen zu veröffentlichen, in denen kaltblütigmitgetheilt wird, daß bei Wegnahme von türkischen Redouten dieüberraschten Vertheidiger„niedergemacht" wurden. So han-deln und so schreiben Barbaren, aber keine civilisirten Wen-schen. Also etwas Bescheidenheit ist der Rubelpresse sehr drin-gend zu empfehlen. Im Hinblick auf die Rolle, welche Rußlandin diesem Kriege gespielt hat und noch spielt, haben die Söldnerdes„milden Czaren" nicht den geringsten Grund zu renommiren,wohl aber tausend Gründe, sich auf eigne Rechnung und aufRechnung ihrer Brodgeber recht herzlich zu schämen.— Vom bulgarischen Kriegsschauplatz sind die Nach-richten so verworren und widerspruchsvoll, daß es unmöglich ist,in denselben feste Anhaltspunkte zu finden. Auf die Hoffnung,Plewna werde wie eine gebratene Taube in„Väterchens" Schooßfallen, scheint man im russischen Hauptquartier verzichtet zu haben— wenigstens wird jetzt mitgetheilr, Osman Pascha besitze noch Vor-räthe für 30—40 Tage. Nun— vielleicht macht man gelegentlichnoch andere Entdeckungen.— In Asien ist die russische Machtzum Stehen gekommen; die Schlappe, welche General Heimannvor Erzerum erlitten, muß sehr empfindlich gewesen sein, wiedas aus der amtlichen Depesche der Russen erhellt. Komischer-weise spuken wieder Friedensgerüchte; und eine„ganz zuverlässigeAutorität" hat sogar irgend einen diplomatischen Floh hustenhören, die Pforte habe den deutschen Gesandten in Consta»-tinopel um die Vermittlung— Bismarcks gebeten. Gut fürden„Kladderadatsch". In Constantinopel kennt man den FürstenBismarck sehr gut; dafür haben schon die Engländer gesorgt, die,nebenbei gesagt, neuerdings auf den Herrn Reichskanzler garschlecht zu sprechen sind und kein Blatt vor den Mund nehmen.So erklärte z. B. beim letzten Lordmayorsfest in London derLord Ober-Richter des vornehmsten Gerichtshofs: Fürst Bis-marck habe mit Rußland eine Allianz zur Theilung derTürkei abgeschlossen.— Bei derselben Gelegenheit hielt derenglische Ministerpräsident seine bekannte Rede, in der es eben-falls nicht an ziemlich gereizten Anspielungen auf die Bismarck'schePolitik fehlte.Wie's mit den Friedensaussichten in Wirklichkeit bestellt ist,das erhellt aus folgender Notiz des„Nürnberg-Fürther Sozial-Demokrat" vom 15. d. M.:„Vorgestern Mittag erfolgte vomWürzburger Generalcommando aus nachstehende telegraphischeAnfrage bei dem hiesigen quiesc. Generalarzt Dr. Wigand, vonderen Wortlaut wir durch einen Zufall Kenntniß erhalten haben:„Würzburg 12. 11. 77., 1 U. 30 M. Nachm.,(in Nürnbergexpedirt 2 U. 20 M., Nr. des Telegr. 3374) Herrn GeneralarztWigand Nürnberg. Ersuche umgehend mitzutheilen, obSie pro 1877/78 zur Verwendung im Mobilmachungs-falle als stellvertretender Generalarzt bereit sind?Dr. Müller, Generalarzt."— Herr Dr. Wigand hat zwar wegenvorgerücktem Alter abgelehnt, allein die Thatsache bleibt bestehen,daß man sich auch in Bayern bereit hält, irgendwohin(vielleichtdem russischen„Väterchen" zu Hilfe?) Heerfolge zu leisten.„DasKaiserreich ist der Friede"!"— Die„Berliner Freie Presse" erfreut sich unausgesetzt derganz besonderen Aufmerksamkeit„unseres" Tessendorff. So hattesich am 13. November der seit Mai d. I. in Haft befindlicherühere Redakteur der„Berl. Fr. Presse", Genosse Dolinski,egen mehrere noch schwebende Anklagen zu verantworten.—'*In demselben Tage wurde der gegenwärttge verantwortliche Re-dakteur, Genosse Finke, wegen einer Anzahl gegen ihn schwe-bender Anklagen in Untersuchungshaft genommen.— Ferner\ hat Redakteur Lossau wegen einer angeblichen Beleidigung derTrierer Regierung eine Vorladung auf den 15. Dezember, undeiner der Disponenten des Verlagsgeschäfts der„Berl. FreienPresse", Genosse Rackow, eine solche wegen einer Verlags-wendet, dieselben Manöver muß der„Menschendarsteller" vonseinem„Pascha der rentirenden Kunst" zum Schaden seinesGeldbeutels erleiden._(Schluß f.)— Ein Jubiläum. Dieser Tage war das viertelhundertjährigeJubiläum de? Cölner Communistenprozejses. Verschiedene libe-rale Blätter benutzen die Gelegenheit zu einen, kurzen tendenziösen Rück-blick. Die bc.den überlebenden der damals Berurtheilten:„der rotheBecker", heut reichstreuer Oberbürgermeister von Cöln und Ex-Herren-Häusler, Bürgers, wohlbestallter Fortschrittler und Reichstagsabgeord-' neter. Von der anderen Seite: Zeuge Hentze, Kassendieb und Selbst«Mörder, Zeuge Mermuth ditto Selbstmörder, der schwörende Stiebermit dem Zipperlein behaftet, aber noch am Leben, in Macht, Reichthum> und Ehren(er ist persönlicher Freund der allerhöchsten Personen).I Man sieht, Herr Stieber ist der einzige dieser Gesellschaft, der bis dato( kein schlechtes Ende genommen hat. Den braven Daniels, der auft der„trockenen Guillotine" eines preußischen Mustergefängnisses sein' Leben lassen mußte, und den unqlücklichcn Nothjung, der Jahrzehnte. lang herumgehetzt ward, bis ihn der Tod zu einem stillen Mann machte,f erwähnt keines der liberalen Blätter in seiner Jubiläumsnotiz. Mirs danken ihnen für diesen Beweis von Schamgefühl.— Die Strafe folgt auf dem Fuße nach. Birchow's Rede inder Naturforscher-Bersammlung in München hat jetzt auch die Anerken-nung des in Zürich erscheinenden„Evangelischen Kirchenblattes" gesunden«— Der„berühmte" Nathan Schlesinger, der intime Freunddes Herrn Max Hirsch und Hugo Polke, der bekannte Sozialistenfresserund Gewerkvereinler, derselbe, welcher als Führer der Gewerkvereinein Berlin durch seine Denunziation unsere Parteigenossen Euks undSchmitz zu einem resp. D/z Jahren Gefängniß verhals, ist jetzt einFührer der conservativ-reaktionä�en Partei in Charlottenburg, wie seine, frühere Freundin, die„Berliner Bolk-zeitung" selbst meldet/ Und wassind wir, wenn wir den braven Nathan als einen unzuverlässigen Pa-tron bezeichneten, von der„Bolkszeitung" und dem„Gewertvereiu"seiner Zeit mit Koth beworfen worden! Und was sind die Festreden,welche Nathan bei den Ortsvcreinssestlichkeiten hielt, von der„Volks-Leitung" und dem„Gewerkverein" bege stert gelobt worden! Und wasist von denselben Organen die Thätigkeit des edlen Nathan, die ergegen die Sozialdemokratie entw ckelt, gelobhudelt worden! Wir wun-verten uns deshalb, daß er nicht mit ül Gera auf dem Antisozialisten-Kongreß war— sollte ihm gar, ihm, dem edlen Nathan, die Gesell-schaft des Hirsch und Consorten nicht gut genug gewesen sein?— Ein Ps-udo- Communard. Im April 1872 ließ sich einlunger Mann, der sich schon mehrere Tage in der Gegend hatte sehenlassen, vor den Generalpcoknraior von Montauban führen und erklärte,an dem Commune-Aufstand thätigen Antheil genommen zu häbcn.; angelegenheit gleichfalls auf den 15. Dezember zugeschickt erhalten.— Die Strafkammer des Stadtgerichts in Frankfurt a. Mverurtheilte am 10. November den früheren verantwortlichenRedakteur des„Frankf. Volksfr.", H. Schäfer und Herrn Kalb-fleisch von Bornheim wegen Beleidigung des HauptlehrersAnckel zu 2 bezw. 3 Wochen Gefängniß.— Der„Nürnberg-Führter Sozialdemokrat" ist wegen achtStrom er beleidigungen— der Bürgermeister von Nürnbergführt bekanntlich den romantischen Namen Stromer— vor dasmittelfränkische Schwurgericht verwiesen worden.— Die am 15. November ausgegebene Nr. 4 der„Zukunft"enthält: Joh. Most. Die Stellung der Gelehrten zur Sozial-demokratte. C. Schramm. Die Werthvorstellung des isolirtenMenschen. Zur Gewerbehygiene. Notizen.—„Die Neue Gesellschaft", Monatsschrift für Sozialwissen-schaft. Herausgegeben von Dr. F. Wiede. Das zweite Heftenthält: Die Strömung in der Gesellschaft wider den Sozialis-mus von Dr. A- Dulk(Schluß von II.)— Ueber die natür-liche Zuchtwahl in der menschlichen Gesellschaft von Dr. A.Schäffle.(Scyluß.)— Die medizinische Wissenschaft und dieSozialreform von Dr. Aug. Theod. Stamm.(Fortsetzung undSchluß.)— Plato's Staat von C. Lübeck.(I.)— Von derUeberproduktion von Dr. F. Wiede.(l.)— Rezensionen undBesprechungen neuer Schriften.Die Freiheit der Wissenschast.Unter dieser Ueberschrift veröffentlicht Herr Eduard Bertz,früher ein begeisterter Anhänger des Hrn. Dr. Dühring, der-selbe, der das in Nr. 78 des„Vorwärts" abgedruckte Gedichtan Dr. Dühring verfaßt hat, in der„Berliner Freien Presse"folgenden Artikel., den wir hier ohne weitere Bemerkungen zurKenntniß unserer Leser bringen:So lange über die Wahrheit noch nicht in letzter Instanzentschieden ist, so lange gebietet es die Gerechtigkeit, zur Wür-digung eines Forschers vor Allem seine unverkennbare Gesin-nung maßgeblich sein zu lassen. Man wird dem ehrlichenSchriftsteller, selbst wenn man ihm in mancher Beziehung wioer-sprechen muß, sogar eine gewisse Ausschließlichkeit, einen tyran-nischen Zug nicht verübeln, weil diese mit vermeintlicher Herr-schaft über eine„besitz-untheilbare, absolute uud souveräneWahrheit" stets in natürlicher Verbindung sind. Aber man wirdzweifeln, ob ein solcher Monarch in der Wissenschaft Bürgschaftfür freie Pflege derselben gewähren kann; denn ihre Freiheitbesteht in der Möglichkeit, für jeden wissenschaftlichen Satz mitden schon vorhandenen in freie, öffentliche Concurrenz zu treten;die Probleme müssen unter sich kämpfen; nicht ein Dogma darfsich die Entscheidung anmaßen.Gegen diese Forderungen hat sich Virchow aufgelehnt, wie-wohl er wissen sollte, daß nicht Einzelne, sondern nur dieMenschheit Probleme höchster Art lösen kann, weil der Einzelnezu jeder Zeit einseitig ist. Er hat damit die Bestrebungen seinerKäste bezeichnet, zu deren Domäne er das Forschungsgebiet wie-der machen möchte; aus engherziger Scheu vor dem wahrenFortschritt, welchen der Sozialismus repräsenttrt, hat er dasSignal zum Rückschritt gegeben.Sticht aus dem nämlichen Grunde, nicht einmal wissentlich,aber doch thatsächlich tritt nun auch Dühring einer wahren Frei-heit der Wissenschaft entgegen. In den betheiligten Kreisen istes bekannt, wie ich mich zu seinem hohen, edlen Idealismus ge-stellt, wie ich im Kampf um das Prinzip der Freiheit für ihngezeugt habe. Aber seine Stellung zu diesem Prinzip hat jetztandere Formen angenommen, und obwohl ich heute, wie immer,seine überzeugungstreue Gesinnung ehre, muß ich mich für dieFreiheit jetzt gegen ihn wenden. Ich habe ihm das schon impersönlichen Gespräche gesagt und denke, daß er dem ehrlichenGegner verzeihen wird, was dieser für seine Pflicht hält.Dühring's geplanter Verein sollte die Tendenz haben, für Frei-heit der Wiffenschaft zu kämpfen; das war meine Auffassung,als Dühring selbst mich brieflich zur Theilnahme einlud; ich er-wartete von ihm jene siegesgewisse Toleranz, welche einen freienWettstteit der Geister nicht fürchtet, weil sie auf die Macht derVernunft vertraut. Da eröffnete mir Dühring:„Wenn Siemich kennen, so kennen Sie auch den Verein; meine Persön-Er gab vor, Louis Thomas zu heißen, in Lille von unbekannten Elterngeboren und durch eine Reihe von Schicksalen in den Kirchenstaat ver-schlagen worden zu sein. Im Frühjahr 1871 nach Frankreich zurück-gekehrt, um Arbeit zu suchen, hatte er sich wider Willen in den Com-mune-Aufstand verwickelt gesehen, Anfang Mai aber aus Paris glücklichentkommen können, von wo er sich nach Genua begab, hier von Kameraden bestohlen und so zum Bagabondiren gezwungen wurde. Vordem Kriegsgericht in Versailles wiederholte das Individuum dieselbenAngaben und da in der That ein Louis Thomas auf der Liste derCommune Kämpfer stand, denen nachgespürt wurde, verhängte das Ge-richt trotz einiger nicht unerheblicher Widersprüche zwischen seinen Aus-sagen und den über den Louis Thomas bekannten Einzelheiten die ein-fache Deportation über ihn. Im Mai 1873 ging er an Bord der„Orne" mit anderen Sträflingen nach Neu-Caledonien und verhielt sichda zwei Jahre lang ganz ruhig, dann aber richtete der vermeintlicheLouis Thomas an den Marineminister ein Schreiben, in dem er aus-führte, daß sein wahrer Name Jean Joseph Elvi Bizor, daß er vonCahors gebürtig, Sohn eines rechtschaffenen Schulmeisters sei, zweiJahre als päpstlicher Zuave und dann im deutsch- französischen Kriegeals Freiwilliger im 8. Jägerbataillon gedient habe, mit welchem er am4. Dezember in deutsche Gefangenschaft gerieth. So viel aus seinenGeständnissen hervorgeht, war er nach wie vor ein unruhiger Kopf, deres nirgends lange aushielt. Er war der Reserve zugetheilt worden;als er aber Anfang 1872 einberufen wurde, kümmerte er sich nicht umsein Corps und trieb sich in Pars herum, bis er verhastet und vonBrigade zu Brigade nach Cahors geschafft wurde, wo eine einmonat-liche Gefängnißstrafe seiner harrte. Kaum angelangt, riß er wieder aus,allein die Furcht vor den Folgen seines Schrittes ängstigte ihn der-maßen, daß er sich entschloß, den bisherigen Menschen abzustreifen undlieber als Insurgent denn als Deserteur vor einem Kriegs»gerichte zu erscheinen. Vielleicht malte ihm auch sein abenteuerlicherSinn das Leben in Neu- Caledonien in verlockenden Farben aus undbewoz ihn, das Märchen, das er erfunden, auch dann noch aufrecht zueihaiien, als die Richter Miene machten, ihn für die Sünden cimsLouiS Thomas, von dessen Dasein er keine Ahnung gehabt, büßen zulassen. So ließ er sich verurtheilen und deportiren; aber das Lebenin der Strafcolonie behagte«hm so wenig, daß er schließlich mit derWahrheil herausrückte. Nachdem die angestellten Untersuchungen dieRichtigkeit seiner Angaben darqethan hatten, wurde Bizor nach Frank-reich zurückgebracht und am 7. November erschien er vor dem 3. PariserKriegsgericht. Seine Mutter, Schwester und ein Oheim waren vonCahors herbeschieden worden und erkannten ihn sogleich als den seilfünf Jahren Verschollenen, worauf das Gericht seine Identität mit JeanJoseph Elvi Bizor feststellte. Auf freien Fuß konnte er noch nicht ge-setzt werden, da zuerst das irrthümliche Erkenntniß der Revision unter-zogen werden muß.- lichkeit wird die Signatur desselben sein; meinen Standpunktzu vertreten, ist seine Bestimmung, Anarchie dulde ichnicht." Und so kam ich zu der Ueberzeugung, daß hier nunund nimmer die unabhängige Wissenschaft gepflegt, sondern viel-mehr eine Schule von gläubigen Dühringianern erzogen werdensoll, die bestimmt sind, den Ruhm ihres Meisters zu verbreiten.Und dieser Absolutismus wurde mir noch klarer an dem Haupt-Paragraphen der Statuten, daß„zünftige" Elemente, also Pro-fessoren und Docenten, ausgeschlossen sein sollen. Bekämpft manuniversitäre Mißstände, so bekämpft man die staatliche Bevor-mundung der Wissenschaft; nimmt man aber Männern, die durchihren Beitritt zu dem Verein ihren Unabhängigkeitssinn beweisenwürden, die Möglichkeit dieser Bethätigung einer tüchtigen Ge-sinnung, so streitet man gegen Personen, anstatt gegen ein Prin-. zip und macht sich dadurch der Ungerechtigkeit schuldig.Die Sozialdemokratie soll sich dessen bewußt sein: daß ihrKampf vor Allem gegen das Prinzip geistiger Unterdrückung,welches die Systeme der Regierung leitet, gerichtet werden muß.Diesen Kampf schlägt sie mit Hilfe der Wissenschaft und dieWissenschast steht in ihrem Dienste; denn die Sozialdemokratieist Sache der Menschheit und die Wissenschaft hat den Beruf,das Leben der Menschheit zu veredeln. Geistige und sozialeFreiheit fördern sich gegenseitig: keine kann von der andern un-abhängig sein.— Herr Dr. Dühring veröffentlicht in gegnerischen BlätternfolgendeErklärung.Im Publikum und in mehreren Zeitungen sind in diesenTagen unrichtige Mittheilungen ungefähr des Inhalts verbreitetworden, daß ich mich von der Sozialdemokratie losgesagt hätte.Dies kann einfach schon deswegen nicht der Fall sein, weil ichnoch nie einer politischen oder wirthschaftlichen Parteiund daher auch nicht der sozialdemokratischen angehörthabe. Wie ich meine übrige Unabhängigkeit, also die von Kirche,Staat und Gelehrtenzunft, stets gewahrt und sie mit schwerenOpfern durch mein ganzes wissenschaftliches Leben hindurch biszu diesem Augenblick behauptet habe, so ist es mir auch nie:nden Sinn gekommen, mein selbstständiges Forschen und Denkenvon den Rücksichten auf eine Partei abhängig werden zu lassen.Schon seit Jahren sind es grade die Professoren gewesen, diemich mit Vorliebe für einen sozialdemokratischen Agitator aus-gaben und ausgeben ließen, weil sie hierin das auf der Unioer-sität zugkräftigste Mittel zu finden glaubten, mir die Zuhörerabspenstig zu machen. In früherer Zeit hatten sie mit derParole, ich wäre als Lehrer unpraktisch und für die Studentenzu hoch, auszukommen versucht. Als dies aber durch die Thatdementirt war, malten sie die Sozialdemokratie an dieWand. Bei Gelegenheit meiner Vertreibung von derUniversität kam das an die Wand Gemalte nun wirklich.Die Studentenbewegung war freilich ohnedies entstanden undim Gange; aber eben deswegen griff ein Theil der Sozial-Demokratie zu, um die Angelegenheit nach ihrer Auf-fassung und nicht etwa nach der meinigen, weniger fürdie Freiheit der Wissenschaft, als für die politischenAgitationszwecke der Partei zu benutzen. Ueberdies warder Augenblick für die Sozialdemokratie und noch mehrfür die zu ihr gehörige Halbwelt von Personen günstig,die bei dieser Gelegenheit sich wichtig zu machen und zum Theiltauch zu profitiren gedachten. Es hatte nämlich ein Reicher odergar Millionär bedeutende Summen der Sozialdemokratie zurVerfügung gestellt und zwar zunächst für eine Zeitschrift, dannaber auch das zur Gründung einer sogenannten freien Univer-sität Erforderliche angeboten. Aus diesem Topfe dachtm auchschon Manche zu schöpfen, die gar nicht offen zur Partei, janicht einmal zu ihren zuverlässigen Hülfselementen gehören.Indessen fehlte bei Alledem zu dem Millionär desGeldes der Kapitalist des Geistes. Auf meine Sacheund meinen Namen sollte das Geschäft in Gang ge-bracht werden. Ich habe aber von vornherein jede Bethei-ligunz, sei es mit Zeitschriftsartikeln oder mit Vorträgen, ab-gelehnt. Ich mußte dies thun, sowohl um die Freiheit meinerivisscnschaftlichen Ansichten zu wahren, als auch, weil ich wußte,daß bei den in Frage kommenden Personen und auchbei einzelnen Hauptinhabern der Leitung der Sozial-demokratie nicht die geringste Theilnahme für meinwissenschaftliches Streben vorhanden war. Alles warsichtlich darauf angelegt, mich blos auszunutzen. Dazu kamnoch, daß grade die Professoren selbst darauf hingearbeitet undin dem Sinne geschürt hatten, daß meine Sache sozialdemokratischeParteiangelegenheit werden sollte. So nämlich gedachten sie vorihrem Publikum gegen mich einen Scheingrund mehr zur Ber-fügung zu haben. Wie aber die Sozialdemokratie oder vielmehreinzelne ihrer Führer und einzelne zu ihrer Halbw elt ge-hörige Personen, die mir alle jene Anträge gemacht hatten, inWahrheit gegen mich gesonnen gewesen sind, hat sich nunmehrauch handgreiflich für das Publikum erwiesen. Anstatt michineinen eigenen Weg gehen zu lassen, sind diese Leute bei derBildung meiner wissenschaftlichen Bereinigung, zu der ich nurdie Freunde meiner Bestrebungen öffentlich eingeladen hatte,feindlich und zwar mit falschen Unterstellungen gegen michin der Absicht aufgetreten, die Unternehmung womöglich zu hinter-treiben. Sie haben mir despotische Ansprüche insinuirt, währendich das grade Gegentheil vertrete, uämlich die Freiheit derWissenschast in jeder Beziehung, also auch diejenige von denZumuthungen jeglicher Partei und von den zugehörigen advoka-torischen Fälschungen. Gleichzeitig mit den Sozialdemokratenhatten sich auch Leiter schutzzöllnerischer Organe gemeldet, ummich für ihren Parteidienst zu gewinnen. Ich habe beides ab-gelehnt. Wenn ich nun in sozialdemokratischen und in schütz-zöllnerischen Organen beschimpft werde, so ist dies nur eben soein Zeugniß für meine Unabhängigkeit wie mein sonstiges Ein-treten für die Verbesserung der Wissenschast und Bildung.Berlin, 13. November 1377. C. Dühring.Wir haben zu diesem Schriftstück, das uns nicht überraschthat und das wahrhaftig keines Commentars bedarf, nur eineklarstellende Bemerkung zu machen. Herr Dr. Dühring spricht voneinem„Geschäft", das aus dem„Topfe" eines„Millionärs desGeldes" begründet werden sollte, und zu dem man ihn(Dr. Düh-ring) als„Kapitalist des Geistes" habe gebrauchen wollen.„Auf meine Sache und meinen Namen sollte das Geschäft inGang gebracht werden." Falls Herr Dühring, in dessen KopfMenschen und Dinge sich gar wundersam abspiegeln, unter ftag-lichem„Geschäft" etwa die„Zukunft" verstanden haben sollte,10 hätten wir dem gegenüber zu erklären, daß die Befürchtungendes Herrn Dr. Dühring durchaus unbegründete waren, was bei-läufig Herr Dr. Dühring sich selbst hätte sagen können, da ja„bei den in Frage kommenden Personen und auch bei einzelnenHauptinhabern der Leitung der Sozialdemokratie nicht die geringsteTheilnahme" für sein(Dr. Dührings)„wissenschaftliches Strebenvorhanden" war. Wir können versichern, daß niemals irgend