neigt wäre, Zwecks Anbahnung engerer Beziehungen mit einem Herrn in gesetzten Jahren zu correspondiren, würde gebeten, ihre Briefe zu richten unter Lit. X. B. 99 postlagernd nach Mainz ." Für ältere Herren. Eine hübsche, gebildete junge Dame, häuslich erzogen, wünscht behufs baldiger Berehelichung die Be- kanntschaft eines gebildeten, gut situirten, wenn auch ganz alten Herrn zu machen, welcher sich mit Liebe ihrer und ihrer Kinder annehmen würde. Selbige würde ihm dagegen durch treue Liebe und Hingebung ein glückliches Alter bereiten. Ernstgemeinte Of- ferten unter H 41477 postlagernd Köln erbeten." Sollten die Herren Tessendorff und seine Collegen, statt Sozialisten zu verdonnern und einsperren lassen, nicht eine für das Wohl des Vaterlandes heilsame Thätigkeit ausüben, wenn sie sich für die Unterdrückung von dergleichen Schand-Annoncen und für die Unschädlichmachung jenerGumm'.waaren-Fabri- kanten" ernstlich bemühten? Wahrlich, ein Mensch, ein Kauf- mann, eine Industrie, müssen weit heruntergekommen sein, wenn sie, um den Leuten das Geld aus den Taschen zu holen, zu so schamlosen Mitteln greifen müssen, als den Vertrieb vonmänn- lichen und weiblichen Geschlechtstheilen von Gummi". Es ist dies einer der tausendfach variirenden Auswüchse des Kapitalismus . Denn daß diese Artikel keineBedarfsartikel" für denarbeitenden Mann" find, sondern wohl mehr vonKa- pitalisten" und von denbesitzenden Klassen" consumirt werden, geht schon aus dem hohen Preise von 28 Mark perStück" her- vor. Ein Arbeiter kann sich dergleichennoble Passionen", der- glerchenJux- und Scherzartikel(nur für Herren) sehr amü- sant, interessant, pikant, überraschend, dem Naturell täuschend ähnlich" nicht bezahlen. Ich sollte meinen, in diesem Schlamm gemeinen Schachers hätten die Herren Staatsanwälte doch auch ein wenig ihre für Sozialistenriecherei so feinen Nasen zu stecken. Vielleicht regen Sie die Sache imVorwärts" resp. im Reichstag an? Ersteres ist hiermit geschehen, letzteres werden wir versuchen. Jedem Hrn. Staatsanwalt, der die Sache ernsthaft in die Hand nehmen will, stellen wir das in unseren Händen befindliche Ma- terial zur Verfügung. Zum Arbeiterelend. Die Gesammtzahl der Fabrik- arbeiter in Berlin hat sich während des vergangenen Jahres um 9458 vermindert. Während 1875 in 2155 Fabriken Ber - lins 66,892 Arbeiter beschäftigt waren, wurden im vorigen Jahr 2119 Fabriken mit 57,434 Arbeitern betrieben. Man kann hieraus nur den Schluß ziehen, daß jene neuntausend Arbeiter eben brodlos sind und im größten Elende leben. Das stehende Heer ist nach Moltke bekanntlich eine Pflaitzstätte für Bildung und.Gesittung. Den Beweis für diese seinerzeit aufgestellte Behauptung ist dergroße Schweiger" bis heute aber nicht nur schuldig geblieben, erjuuß zum Ueberfluß auch noch die Erfahrung machen, daß die Thatsachen das grade Gegentheil von dem feststellen, was er behauptete. So berichtet z. B. dieFrankfurter Zeitung " unterm 24. November aus Darmstadt , daß in der dortigen Artllleriekaserne des Morgens ein Soldat in seinem Bette todt vorgefunden wurde. Die über den unerwarteten Todesfall eingeleitete Untersuchung ergab, daß drei Unteroffiziere den Artilleristen, der betrunken von der Kirchweihe heimgekehrt war, so mißhandelt hatten, daß in Folge der Verletzungen der Tod eintrat. Dieser Tage wurden die Unteroffiziere zur Degradation und zu Festungsstrafen verurtyeilt. In einem andern Falle, der sich in Breslau zutrug, fühlte sich ein Offizier berufen, Proben seiner Bildung und Gesittung an den Tag zu legen. Derselbe ließ nämlich eine Anzahl Per- soncn verhaften und unter den entehrendsten Nebenumständen auf die Wache transportiren, weil sie sich erdreistet hatten, wäh- rend der Exerzitien den Exerzierplatz zu betreten einBer- brechen", auf welches nach den Instruktionen ganz ausdrücklich nur eine Zurechtweisung alsStrafe" zulässig ist. Wir könnten das Register über die Bildungsproben der Moltke'schen Zöglinge mit Leichtigkeit vervollständigen, wir unterlassen dies aber, weil ohnedies feststeht, daß das Kriegshandwerk, wie es burch die stehenden Heere geübt wird, wohl verroht und ver- wildert, aber nie Bildung und Gesittung verbreitet. Sozialdemokratische Partei in der Schweiz . Sonntag den 25. November sand in Bern eine zweite Conferenz statt, an welcher theilnahmen: Gräub, Vonbergen, Hägler, Manz (vom Centralcomitä des Grütlivereins), Fischer, Kocher, Pfau, Warum sind wir arm! Der Dichter Karl Beck , der alt und so arm geworden ist, daß man zu milden Sammlungen jetzt für ihn auffordert, hat in seinen bessern Tagen unter der Ueberschrift:Warum find wir arm!" nachstehendes Gedicht geschrieben: Ihr sitzet im Glanz und in Ehren geboren, Und spielt mit Dukaten und Louisdoren; Wir scheuern die Wappen an Euem Thoren. In Hunger und in Harm. In Hunger und in Harm. Wir werben um Ketten und nennen's Erwerben. Ha, trinkt und schlagt die Gläser in Scherben! Ha, laßt uns sterben und laßt uns verderben Denn warum sind wir arm? Denn warum sind wir arm? Ihr Seligen könnt Euch pflegen und mästen. Wir spähen für Euch nach Kohlen und Aesten, Wir frieren und hacken vor Euern Palästen, Doch Euch ist wohl und warm. Doch Euch ist wohl und warm. Ihr habet Orden und Aemter und Pfründen. Wir leben, um Euer Lob zu verkünden. Wir schmeicheln Euern Launen und Sünden, Denn warum sind wir arm? Denn warum sind wir arm? Wenn unsere Töchter um's Glück sich raufen, Euch in die lüsternen Arme zu laufen, Wenn die Mütter die eigne Brut verkaufen, Daß Gott , daß Gott erbarm, Daß Gott , daß Gott erbarm: Dann fürchtet nimmer der Väter Rache, Verloren und faul ist unsere Sache. Schlagt auf die weithin schallende Lache! Denn warum sind wir arm? Denn warum sind wir arm? Schröder(vom Bundescomitä des Arbeiterbundes), Greulich (Red. d.Tagw."), Wolf. Zweifel, Mäder(vom Grütliverein Bern), Moor, Hofer und Wegmüller(von der Arbeiter-Union B�rn). In dieser Conferenz wurde nach reiflicher Berathung und Auseinandersetzung in Bezug auf die vorläufige gemeinsame Parteitbätigkeit einstimmig Folgendes vereinbart: 1. Das Centralcomite des Grütlivereins steht mit dem Bundes- comitö des Arbeiterbundes in Correspondenz; bei wichtigeren Fragen bilden beide Comitäs durch Delegirte eine gemeinsame Commission, die im Namen der Sozialdemokratischen Partei handelt. 2. Mit der Vorberathung von Spezialfragen, die an die Hand genommen werden sollen, werden die beidseitigen Sektionen ein- zelner Orte oder Kanton: beauftragt. 3. Die Sektionen des Grütlivereins und Arbeiterbundes werden aufgefordert, gemeinsame Bezirks- und Kantonaloerbände behufs gemeinsamer politisch-sozialer Wirksamkeit zu bilden. 4. Die weitere Regelung der Pcogrammfrage und gemein- samen Parteithätigkeit bleibt den Delezirtenversammlungen(Eon- gressen) und Urabstimmungen beider Organisationen überlassen. Daß die Krisis in Frankreich auch auf die geschäft- lichen Verhältnisse drückend einwirkt, ist allgemein bekannt. Einen trefflichen Ausdruck gab dieser Erkenntnis der Senator Germain, indem er sagte: Was sehen wir? Aus der einen Seite eine ungeheure Menge Kapitals unbeschäftigt, auf der anderen geschlossene Fabriken und Werkstätten ohne Arbeit. Woher kommt dieser seltsame Wider- sprach? Warum diese Ueberfülle der Kapitalien, welche den Wohl- stand der Industrie ausmachen sollten, und zu gleicher Zeit die geschlossenen Werkstätten, welche Trostlosigkeit unter den Arbei- beitern verbreiten? Sie kommt von der Unsicherheit des nächsten Tages, und die Unsicherheit des nächsten Tages ist das Ergeb- niß des Conflicts, welcher zwischen der Regierung und dem Willen des Landes ausgebrochen ist. Wenn wir uns in einer normalen Lag: befänden, wenn die Kammer ein ihr Vertrauen verdienendes Kabinet vor sich hätte, so würde es leicht sein, auf der Stelle wieder das Leben und den Wohlstand m die Unter­nehmungen zu bringen, deren Arbeiten fast überall zum großen Schaden der Bevölkerungen eingestellt sind. Und dann würde nicht allein eine halbe Milliarde in Umlauf gesetzt werden, son- dern eine große Anzahl von jetzt geschlossenen Werkstätten könnte wieder eröffnet und die Kapitalien benutzt werden, die jetzt in der Bank von Frankreich schlafen. Der neue Finanzminister und Präsident des Berwaltungsrathes derBanque de Paris" weiß besser als ich, daß sich in den Kassen dieser Anstalt gegenwärtig zwei Milliarden, die nichts produziren, befinden, und diese zwei Milliarden sftid weit davon entfernt, die ganze verfügbare Er- sparniß Frankreichs zu bilden. Es hängt also von einer natio- nalen Regierung ab, den öffentlichen Arbeiten einen kräftigen Anstoß zu gebm, unser« Lande den durch den Akt vom 16. Mai so grausam vernichteten Wohlstand zurückzugeben." Wir wollen dem noch hinzufügen, daß der Krieg im Orient gleichfalls dazu beiträgt, daß nicht nur in Frankreich , sondern auch in Deutschland Handel und Wandel schwer darniederliegen, daß aber vor allen Dingen und das sollten die Herren Se- uatoren und Gesetzgeber erst einsehen lernen die kapitalistische Ausbeutung die Krisen und den Nothftand erz-uzt und daß ohne eine Radicalcur auf sozialem Gebiete selbst ver ewige innere und äußere Frieden in den Culturländern keinen dauernden, allgemeinen Wohlstand erzeugen kann. Die englische Arbeiterbewegung lenkt mehr und mehr in das sozialistische Fahrwasser ein, und es ist nicht zuviel behauptet, wenn wir sagen, daß der völlige Anschluß an die Sozialdemokratie seitens des englischen Proletariats nur noch eme Frage der allernächsten Zeit ist. Das gilt nicht nur von den Fabrikarbeitern, auch die Landarbeiter haben, wie aus Nachfolgendem hervorgeht, ihre völlige Reife für den So zialismus b-kundet. So hat z. B. dieNationale Landarbeiter- Bereinigung" in voriger Woche große Versammlungen abge- halten in Colchcster, Kelvedon und Maldon, in denen fol- gende Resolution einhellig angenommen wurde: Die Petitwnircnden, im Hinblick darauf, daß die Bevölke- rung dieses Landes so zugenommen hat, daß der beschränkte Boden des vereinigten Königreichs nur bei steigender Cultioirung dieselbe ernähren kann, bitten, es möge ein Gesetz vorgelegt werden, wonach alles kultivirbare Land einer besonderen repräsentativen Körperschaft überwiesen wird, die gegen- Wir sind's; dafür ein Fluch den Alten, Die uns gelehrt die Hände falten: Wer nur den lieben Gott läßt walten, Der ist erlöst von Harm. Der ist erlöst von Harm." Wir borgen und sorgen, Ihr häufet die Gulden, Wir füllen die Kirchen und beten und dulden. Dies Dulden ist unser unendlich Verschulden, Und darum sind wir arm. Und darum sind wir ann. Jadies Dulden ist unser unendlich Verschulden"! Und warum ist Karl Beck arm und elend geworden? Weil die heu- tige Gesellschaft Kunst und Wissenschaft in die Banden des Mammons geschlagen hat, weil sie die Künstler, Dichter und Gelehrten nicht achtet und ehrt, sondern dem Egoismus, der Habgier und dem goldenen Kalbe fröhnt. Daß das Volk eine derartige Mißwirthschaft duldet, daß es sich nicht längst schon erhoben hat zu männlicher Kraft, um das veredelnde Prinzip der Arbeit und der Wissenschaft an Stelle der Herrschaft des Geldsacks zu setzen, das ist sein unendlich Verschulden, und ein Hohn ist es noch dazu, daß der arme alte Dichter gezwungen ist, von solcher Geldsacksgesellschaft Almosen anzunehmen. Das Hastpflichtgesetz betreffend, ist neuerdings eine beachtenswerthe Entscheidung ge- fällt worden. Der Techniker S. war bei der Bedienung der in der Ziegelei des Gutsbesitzers L. verwendeten Dampfmaschine durch Ausströmen heißen Wassers derart�verbrannt worden, daß er nach kurzer Zeit verstarb. Obwohl S. bei llebernahme des Betriebes die Untersuchung der bereits mehrfach reparirten Dampfmaschine verlangt, und L. auch die zuletzt vorgenommene Reparatur als eine an sich gefahrdrohende erkannt hatte, so lei- stete er doch dem Verlangen des S. keine Folge. Nach dem Tode des S. klagte die Wittwe desselben für sich und ihre Kinder auf Grund des Reichshaftpflichtgesetzes und der bezüglichen Be- simtmung des Allg. preußischen Landrechts gegen L. auf Ent- schädigung. Die Klägerin wurde vom Appellationsgericht zu Paderborn abgewiesen. Auf die von ihr eingelegte Revifions- bcschwerde vernichtete das Reichsoberhandelsgericht durch Er- kcnntniß vom 22. September c. das vorinstanzliche Urtheil und wältigen Eigenthümer entschädigt, die Wälder und Parks einge- schränkt werden, die Jagd künftighin nur auf Vögel oder in Gehäzen gehaltene Thiere beschränkt bleiben soll, die Jagdgesetz: aufgehoben werden, das Gemeindeland erhaltm, armes Weide- land, das zum Pflügen geeignet ist. umackert wird, dem Bauer die Privilegien und Sicherheiten gewährt werden, welch: zu einer hohen Cultivirung nöthig sind und durch alles Das so- wohl lohnende Beschäftigung für die Arbeit im Ueberfluß als auch billige Nahrung für's Volk geschaffen werden. Die Petitionirenden bitten sodann, da sie glauben, daß das Recht, Vertreter in's Parlament zu wählen, ebenso gut den Landbewohnern zukommt, wie den Städten, und da si: sehen, daß die Ersteren weder das Einkommen noch die soziale Siel- 1 lung wie die Letzteren besitzen, daß schleunigst eine Bill zum Gesetz erhoben werde, wonach das flache Land dieselben Rechte genießen soll, wie die Städte, damit die arbeitende Klasse in den Äckerbauvistrikten ihre Stimme laut werden lassen kann, um die Ursachen ihrer Armuth und Niedrigkeit zu entfernen." Das ist jedenfalls deutlich gesprochen. Wenn die englisch :« Landarbeiter die im Parlament sitzenden Bourgeois und Junkerbitten", ihren Wünschen gerecht zu werden, so werden sie durch die Verhältnisse sehr bald belehrt werden, daß sie sich da an die falsche Adresse gewandt haben; dann aber ist auch die Zeit zu bitten vorüber, dann werden die englischen Land- arbeiter fordern. Der Prozeß Diest -Daber, (Schluß.) Staatsanwalt Feige: Es sei ihm genau bekannt, daß Herr v. Diest keinerlei Beziehungen zu dem Fürsten gehabt und niemals in seinem Hause gewesen sei. Der Staatsanwalt verlas zum Beweise dessen etn(!) an ihn ergangenes Schrei- den worin allerdings seine(des Staatsanwalts) Be- hauptungen bestätigt wurden. Der Angeklagte repro- duzirte mehrere Briefe und berief sich auf mehrere Zeugen, daß er wohl sehr enge Beziehungen zum Fürsten Bismarck gehabt und mehrfach viele Stunden lang unter vier Augen mit ihm konferirt habe. Er werde, wie es einem Eh-! renmanne gezieme, öffentlich das beweisen, was der Fürst jetzt in Abrede stelle. Lertheidiger Rechtsanwalt Munkel verlangte ebenfalls die, persönliche Vorladung des Filrsten v. Bismarck. Die j oohe Stellung des Fürsten entbinde ihn von der Zeugenpflicht! keineswegs. Solle dem schon so lange geführten Streit ein de- finitives Ende gemacht werden, dann sei es das Beste, wenn! Bismarck selbst als Zeuge erscheine. Das von dem Herrn Staats- anwalt hier verlesene Schreiben könne auf gerichtliche Glaub- Würdigkeit keinen Anspruch machen. Zum mindesten müsse aber der Fürst darüber vernommen werden, wann ihm die inkrimi- nirten Aeußerungen zu Ohren gekommen. Wenn man alle in vertrauten Kreisen geführten Aeußerungen unter den Staatsan- j walt stellen wolle, dann empfehle es sich, dem Strafgesetzbuch als Anhang eine kleine Sammlung vonGesprächen am häuslichen Heerde" beizufügen.(Heiterkeit.) Daß man sich mit der eidlichen Aussage des Herrn v. Bleichröder nicht be- gnügen könne, gehe aus einem Jnjurienprozesse des Herrn von Bethmann-Hollweg contra Diest und Genossen hervor, in welchem Herr v. Bleichröder eidlich bekundete, daß er nicht genau wisse, ob dem Fürsten für etwa verkaufte Aktien die Coursdifferenz ausgezahlt worden sei. Er habe sich im übrigen um die Ge- schäftSführung der Central-Bodenkredit-Aktiengesellschaft nicht sehr gekümmert, sondern dies dem Direktor der Diskontogeseilschast, Herrn v. Hansemann, überlassen. Außerdem beantrage er(Ver-! i theidiger) die Herren v. Scheele, v. Hansemann, Miguel und Wagener zu laden und endlich die Bücher der Diskontogesellschaft vorzulegen und sie durch einen gerichtlichen Bücherrevisor unter- suchen zu lassen. Er(Vertheidiger) beantrage prinzipaliter die Freisprechung, event. eine Geldstrafe von 10 Mark. Der Angeklagte beantragte, noch den Bruder und Neffen des Fürsten als Zeugen zu laden. Rechtsanwalt Munkel con- statirte, daß das vom Herrn Staatsanwalt verlesene Schreiben ohne Unterschrift sei. Staatsanwalt Feige bemerkte darauf, daß ihm das ver-s lesene Schreiben von einer so hohen Seite(Bismarck!) zugegangen sei, daß er dessen Glaubwürdigkeit ver- bürge. Gegen 5Vj Uhr Nachmittags zog sich der Gerichtshof zur Berathung zurück. wies die Sache zur Beweisaufnahme, besonders ob der verun- glückte S. bei Uebernahme des Betriebs die Untersuchung der Dampfmaschine verlangt habe, und anderweiten Entscheidung in die zweite Instanz zurück.Das Gesetz vom 3. Mai 1872, den Betrieb der Dampfkessel betreffend", führt das Erkenntniß des Reichsoberhandelsgerichts aus,bestimmt in§ 1, daß die Besitzer von Dampfkeffelanlagen oder die an ihrer Statt zur Leitung des Betriebes bestellten Vertreter, so wie die mit der Bewartung von Dampfkesseln beauftragten Arbeiter verpflichtet seien, dafür Sorge zu tragen, daß während des Betriebs die�bn Genehmigung der Anlage oder allgemein vorgeschriebenen Sicherheitsoorrichtungen bestimmungsmäßig benutzt und Kessel, die sich nicht in gefahr- losem Zustande befinden, nicht im Betriebe erhallen." Es be- droht sooann im§ 2 Zuwiderhandlungen gegen diese Verpflich- tungen mit Strafen. Aus dem hierzu erlassenen Regulativ vom 24. Juni 1872(Ministerialblatt für innere Verwaltung I. 183), insbesondere aus Ztz 2 und 9 geht hervor, daß sich jenes Gesetz nicht blos auf die Beobachtung der vorgeschriebenen Sicherheits« Vorrichtungen beschränkt, sondern allgemein auf Unregelmäßig- keiten im Betriebe sich bezieht und allen Mängeln, welche eine Gefahr herbeiführen können, entgegenwirken will. Nun wird zwar neben dem Besitzer der Dampfkesselanlage auch der mit der Bewartung beauftragte Arbeiter zur Sorgfalt verpflichtet, und es kann im vorliegenden Falle ohne Weiteres angenommen werden, daß S. als Techniker die Obliegenheit hatte den Ver« klagten auf den gefahrdrohenden Zustand der Maschine auf- merksam zu machen, daß denselben mithin ein eigenes Verschulden trifft, wenn er dies unterließ. Allein die Kläger haben bebauptet und den Beweis gestellt, daß S. bei Uebernahme des Betriebs die Untersuchung der Dampfmaschine verlangt habe und überdies die durch den Kesselschmied G. von Hannover am 1. Juli 1875 i vorgenommene Reparatur schon an sich eine gefahrdrohende ge- wesen sei. War dies der Fall, so muß Verklagter für den frag- lichen Unfall aufkommen, wenn er ungeachtet jenes Verlangens abseiten des S. oder trotz seiner Kenntniß von dem gefahr- drohenden Zustande der Maschine den S. mit der Fortsetzung des Betriebes beauftragte. Dieses gerichtliche Urtheil muß uns freilich als selbstverständlich erscheinen. Aber bei den steter Versuchen der Fabrikanten, sich der Haftpflicht zu entziehen, ist es doch wesentlich, daß in bündiger Weise die höchste richterliche Instanz die Sache festgestellt hat.