fähr 10,000 Menschen anwesend waren, nebst der unvermeidlichenPolizei zu Fuß und zu Pferde; die Rednerbühne war wie jedes-mal mit den Fahnen der Fachvereine geziert, die weithin imschönsten Roth leuchteten. Die Tagesordnung war die Bericht-erstattung der in einer früheren geschlossenen Versammlung ge-wählten Deputation über den Empfang und die Antwort desMinisterpräsidenten. Die Deputation hatte den Auftrag gehabt,die Regierung um Arbeit und Hilfe in der gegenwärtigen arbeit»-losen Zeit zu ersuchen, wurde aber mit den gewöhnlichen Vertrö-stungen und mit mitleidigem Achselzucken abgespeist. Die Ar-bester hätten in den guten Zeiten sparen sollen; im Uebrigenaber solle Alles geschehen, sobald der Reichstag Gelder bewilligefür das, was die Regierung für nützlich und vortheilhaft finde.Zum Schlüsse habe der Minister noch bemerkt, daß die Regie-rung das Wohl aller Klassen im ganzen Lande zu fördern habe,die Deputation repräsentire aber nur einen Bruchtheil der Haupt-städtischen Arbeiter.— Nach diesen Mittheilungen wurde dasoffizielle Antwortschreiben der Regierung verlesen und treffendkritifirt; dann wurde ein von dem Comitö abgefaßtes Erwide-rungSschreiben zur Abstimmung vorgelegt und einstimmig ange-nommen. Jörgen Gaardmond.Sozialpolitische Uebersicht.— In der Reichstagssitzung vom 5. März fand dieDebatte über das sogenannte Stellvertretungsgesetz statt.Tie Minister von Bayern und Württemberg gaben die Erklärungab, daß die von ihnen vertretenen Staaten niemals in dasInstitut der verantwortlichen Reichsministerien willigen würden,da dadurch die Selbstständigkeit der Einzelstaaten vollends ver-nichtet würde; das Zugeständniß, welches sie in der Borlagegemacht, nach welcher ein Vicekanzler und sonstige Stellvertreterfür den Reichskanzler vom Kaiser auf Antrag des Kanzlers er-nannt werden könnten, sei schon ein bedeutender Schritt von demBundesstaat zu einem Einheitsstaat— weiter dürfe man abernicht gehen. Windthorst ist natürlich mit diesen Ansichten ein-verstanden. Der conservative Redner und der fortschrittlichestehen im Wesentlichen auf dem Boden der Vorlage, mährendder nationalliberale Bennigsen dieselbe erweitert haben will.Fürst Bismarck, der sehr schwach ist und während seiner Redesich mehrfach niedersetzt und Wein trinkt, ist kaum verständlich;er vertheidigt die Regierungsvorlage. Im Allgemeinen warenselbst die„Reichsfreunde" nicht besonders zufrieden mit der De-batte. Man beschloß, in die zweite Berathung nicht eher einzu-treten, bis die stenographischen Berichte vorliegen, da die Reichs-boten in ihrer großen Mehrzahl gar nicht verstanden hatten,was Bismarck geredet.— Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt,daß man allgemein im Reichstage der Ansicht ist, daß von Ben-nigsen und von Forckenbeck bald schon in das preußische Mini-sterium eintreten.Genosse Fritzsche ist in die Kommission des Reichstags zurVorberathung der Gewerbegesetz-Novelle gewählt worden.Vorsitzender dieser Kommission ist der nationalliberale Rickert,Stellvertreter desselben der Fortschrittler Bürgers.— Die„unerlaubte Auswanderung" hat nach Berichtenüber das„Heeresergänzungsgeschäft" für das Jahr 1876ungeheure Dimensionen angenommen. Im Bezirk des erstenArmeecorps(Provinzen Ost- und Westpreußen) wurden von derLandbevölkerung 2339, und von der seemännischen 191„Patrioten" verurtheilt; 2300 und resp. 19 Mann befinden sich nochin Untersuchung,— also zusammen das hübsche Sümmchen von4849 Mann in einem einzigen Armeecorps. Im zweiten Armee-corps(Provinz Pommern) waren die entsprechenden Ziffern 1711und 163, resp. 2061 und 161,— somit im Ganzen des 2. Ar-meecorps 4096 Mann. Für das neunte Corps(ProvinzSchleswig Holstein und die beiden Mecklenburg) sind die Ziffern1431 und 326, resp. in Untersuchung 659 und 352, also zu-sammen 2768 Mann. Im vierten Armeccorps(Provinz Sachsen)find wegen„unerlaubter Auswanderung" verurtheilt worden:Die Folgen der czarischen Reformen.Skizzen über die Ausbeutungsfortschritte in Rußland in denletzten Jahren.(Aus der neulich ersck-ienetien russischen sozialistischen Revue„Vorwärts"s�pervilj Bd. V. London.)(Fortsetzung.)IX.Mit Befriedigung konnten die„Reformatoren" auf ihr Werkhinweisen. Ihr sehnsüchtiger Wunsch war erfüllt: Das„freieProletariat", dieses für den Kapitalismus unentbehrliche Elementwar geschaffen. Nunmehr konnten sie die„Früchte der Refor-men" einheimsen.Aber gerade das war nicht so leicht, denn die Produktionmit„freier Arbeit" ging nicht so leicht von Statten. Die Fabrik-industrie entwickelte sich aber langsam und die Landwirthschaftmachte sogar Rückschritte. Ueberall wurden Klagen über die„Ar-bester" laut: unser„freier Proletarier" gab sich nicht in dieHände der Kapitalisten.Die„Reformatoren" bemerkten aar nicht, daß ihr geplantesGebäude nicht im westeuropäischen styl aufgeführt war, dennder Eckstein, auf dem sie ihr Gebäude aufbauen wollten, warnur ein schlaues und geschickt durchdachtes Kompromiß. EinKompromiß aber ist und bleibt immer eine mißliche Sache. Diewesteuropäischen Zustände, die sie nachahmen wollten, waren nichtdurch Kompromisse geschaffen, sie find das Produkt der brutalenGewalt, die sich aber in den heuchlerischen Mantel des„freienVertrags" zu hüllen verstanden hat. Bei uns erwies sichaber, zum großen Entsetzen der„Reformatoren"; der„freieVertrag" für den Kapitalisten als ungenügend. Unser Proleta-rier ist gar nicht der Proletarier, mit welchem es der Westeuro-päische Kapitalist zu thun hat.Dank der„Reform" und den„Beglückungen" est unser Bauerwirklich zum Proletarier gemacht worden, aber er ist Proletarierin seiner eigenen Wirthschaft. Man kann getrost sagen, daß seineLage schlimmer ist, als die des westeuropäischen Proletariers.Gewiß, dieser weiß nicht, was der morgige Tag ihm bringt, aberder heutige gehört ihm. Er kann sicher sein, daß das, was erheute erarbeitet, verdient hatte, ihm ohne Widerspruch gehörtund daß es Niemand wagen würde, ihm seinen Verdienst streitigzu machen. Bei unserm Bauer ist das aber anders, er ist im-mer der Gefahr ausgesetzt, daß der Stanovoi(Kreisrichter) ,w)ieein Mörder über ihn herfallen und ihn berauben kann", ihm Alles,was er mit schwerer Arbeit verdient hat, wegnehmen und sogarihn selbst, zur Deckung der Steuerrückstände, als Knecht verkaufen kann.Und obwohl die„Reform" ihn enterbt und seine Lage hoff-nungsloser und verzweiflungsvoller als die eines echten Prole-� 357 und befanden sich in Untersuchung 244, zusammen 601 Mann.Elsaß- Lothringen liefert nun das stärkste passive Contingeni,nämlich: 3923 verurtheilte und 2317 in Untersuchung befindlicke,zusammen 6420 Mann.— Also in fünf Armeecorps 18,384Renitenten. Das deutsche RUch besitzt 15 Armeecorps; ist dasVerhältniß in den übrigen dasselbe, so erhalten wir die respektableSumme von 55,000 jungen Männern, die„mit Gott für Königund Baterland" dem„herrlichen Kriegsheer" den Rücken zuwenden.— Aus der französischen„Republik". In Nr. 24meldeten wir, daß man in Marseille anstatt des verstorbenenDeputirten Raspail den im Gefängniß zu Clermont schmachtendenalten und edlen Sozialisten Blanqui als Candidaten aufstellenwürde. Selbst wir dachten, daß die Ehrwürdigkeit und daslange Leiden dieses Mannes die Bourgeoisrepublikaner bestimmenwürde, den Arbeitern und der Sozialdemokratie diese kleineGenugthuung zu gewähren. Doch wir hatten uns bei den Auch-Republikanern verrechnet; Blanqui ist dieser Gesellschaft zurevolutionär. Deshalb haben die„Republikaner" einen HerrnClovis Hugues, einen unbedemenden Menschen, aufgestellt. Unddie revolutionären Arbeiter von Marseille? Sie werden denedlen Blanqui doch wählen! Vergebene Hoffnung— man hatdie französischen Arbeiter, und leider unter der Zustimmung auchverschiedener Sozialisten, mit dem„republikanischen" Zuckerwasserbei den letzten Wahlen derartig aufgepäppelt, daß sie alle Energieverloren zu haben scheinen und auch jetzt mit den Auch-Repu-blikanern stimmen werden. Das hat man nun von dem Bündnißmit der Bourgeoisie, das sind die Früchte der letzten Wahlen.Eine Amnestie ist nicht erfolgt, Blanqui stirbt im Kerker— istdenn nun wirklich der geringste Unterschied vorhanden zwischendieser Republik der Herren Dufaure und Gambetta uno einerrein Mac Mahonnistischen oder dem Regiment des Herrn Lulu?Mac Mahon hat sich unterworfen— ist es dadurch für dieFreiheit irgend besser geworden? Gambetta ist allerdings außerVerfolgung gesetzt, aber Blanqui bleibt im Kerker. Und fürdiese„Republik" hat man die französischen Arbester zur Wahl-urne gelockt, damit sie ihre eigenen Interessen vergessen sollten!Und zu diesem infamen Spiel der französischen Bourgeoisie habenseiner Zeit selbst Sozialisten Beifall gerufen!Aus zioutceau au lea Mines(Saone et Loire) meldetman, daß bei einer Massenkundgebung, als die versammeltenBergleute die Sttikenden hochleben ließen, das Militär auf dasVolk geschossen und 5 Personen verwundet hat. Wiederum einZeichen, wie human die„Republik" gegen die Arbeiter vorgeht.Doch einen Fortschritt können wir verzeichnen— und wir thunes den„Republikanern" zu Liebe sehr gerne. Wie der„Reveil"nämlich mittheilt, erhalten die Deportirten in Neucaledonienkeine Stockschläge mehr, sondern nur Peitschenhiebe.— Eslebe die„Republik"!— General Cluseret, früher französischer Offizier, dannGeneral in amerikanischen Diensten, später einer der Befehls-Haber der Commune und zuletzt türkischer Generalstabs-Major,ist nach dem in Marseille erscheinenden„Petit Meridionel" vonden Russen gefangen genommen und erschossen worden.— Dieübrigen gefangenen türkischen Offiziere werden leidlich in derGefangenschaft behandelt. Wenn die Nachricht überhaupt wahrist, so drängt sich die Frage auf, ob die russische Armeeleitungden französischen Bourgeoisrepublikanern durch die ErschießungCluseret's einen besonderen Gefallen erweisen wollte?— Das in Mailand erscheinende sozialistische Blatt„Plebe"meldet aus Cairo, daß dort eine sozialistische Partei be-steht, die recht regsam agittrt und die Prinzipien des Sozialismusverbreitet.—„Pack schlägt sich, Pack verträgt sich"— diesschöne deutsche Sprüchwort findet folgende herrliche Illustration.Seine kaiserliche Majestät der Sultan hat am 3. März folgendesTelegramm an den russischen Kaiser gerichtet:„Bei Gelegenheittariers gemacht hat, dennoch hat sie ihn nicht zu dem gemacht,wozu er im Interesse Entwickelung des Kapitalismus hätte ge-macht werden sollen. Zu ihrem Gedeihen braucht die Bourgeoisie einProletariat mit noch ganz anderen Eigenschaften. Ein solchesProletariat muß wirklich„frei" sein, es muß seine Arbeitskrastnach Belieben hier und dort feilbieten dürfen, je nach den An-forderungen des Arbeitsmarktes. Mit einem Worte, seine Ar-beitskraft muß zur„Waare" werden. Unser Bauer ist dochwenigstens noch im geringen Maße„Herr" seines StückchenLandes geblieben. Er ist innigst mit seinem Stückchen Land ver-Kunden, sowohl ökonomisch als auch mit seinem gai»en Fühlenund Denken; ver- und gebunden durch ein ganzes System vonpolizeilichen und fiskalischen Maßregeln. Es hält sehr schwer,ihn durch„freien Vertrag" und andere schönen Phrasen ausseiner Wirthschaft heranzulocken. Stoisch wird er unter der Lastdes„Gottesfluches" und der Strafe für die Sünden seiner Elternseufzen; hoffnunglos wird er seinen„Antheil" bebauen, seineLebensbedürfnisse bis auf ein unglaubliches Minimum reduziren;er wird sogar seine Rückstände, für deren Auftreibung die nichtsweniger als humane Landesverwaltung ganze Birkenhaine(alsPrügelstoff!) auf Kosten des Bauern vernichten kann, sich an-häufen lassen— aber in die Arbeit zum„Herrn" oder Kulakwird er doch nicht gehen und zum Knecht wird er sich frei-willig nicht hergeben. Um diesen Halsstarrigen in den kapita-listischen Entwickelungsprozeß hineinzuziehen, muß man ganzandere Mittel anwenden— nämlich: Gewalt, Betrug, Prellerei.Wir meinen gar nicht die Gewalt und den Betrug, die in jedemsografgesetzbuch verpönt sind. In Rußland ist dieses Mittel dasSt Kulakenthum(Kulake soviel wie Halsabschneider, Wucherer,Aufkäufer), das eine russische nationale Eigenschaft ist. UnserKulakenthum— das ist der westeuropäische„freie Vertrag"; inletzter Zeit ist das ganze ökonomische Leben in Rußland tief undbreit von diesem Kulakenthum durchdrungen. Diese im russischenLeben alte Plage ist in ihrer erneuten Form eine ganz originelleErscheinung. Und da diese Plage in Rußland die Form derwesteuropäischen kapitalisttschen Wirthschaft vorstellt, so wollenwir sie näher beleuchten. Wir werden hier nur vom Kulaken-thum in der Landwirthschaft sprechen.Das Kulakenthum herrscht in Rußland schon lange. Aberzwischen dem alten und modernen Kulakenthum ist eine unüber-brückbare Kluft. Die früheren Kulaki waren sozusagen Frei-willige im Rauben, wirkten vereinzelt, �aus eigener Initiative,auf eigenes Risiko, ohne System und Solidarität. Sie retru-Arten sich größtentheils aus reichgewordenen Bauern und kleinenHandelsleuten. Die öffentliche Verachtung verfolgte diese Aus-würfe der Gesellschaft. Jetzt wird das Kulakenthum aber nur alseine„Verirrung" betrachtet, das Vorurtheil ist gebrochen. Sobalddie ehrenwerthen Landwirthe einsahen, daß es nicht so leicht sei,„freie Arbeist' zu bekommen, machten sie sich an das Kulaken-Handwerk. Der„hohe" Adelige, der früher den Kulak nur mitder Feier der Thronbesteigung Eurer Majestät bringe ich meineGratulation mit dem Wunsche dar, unsere freundschaftlichen Be-Ziehungen zu erneuern."— Seine kaiserliche Majestät der Czarhat folgendermaßen geantwortet:„Ich danke Eurer Majestätfür die ausgedrückten Glückwünsche. Ich erhielt dieselben gleich-zeitig mit der Nachricht von der Unterzeichnung des Friedensund ersehe in diesem Zusammenfallen ein Vorzeichen dauerhafterguter Beziehungen zwischen uns."— So die kaiserlichen Herren— bluttriefend noch durch die gegenseitige Rauferei bringen siesich Gratulationen dar!— Der Uebermuth der Russen kennt keine Grenzen.General Jznatieff soll in San Stephano sich folgendermaßengeäußert haben:„Die Türken werden uns Alles, was wirftipulirt haben, bezahlen müssen. Wir haben mehr Gebiet inAsien, als wir brauchen. Air wollen eine Flotte und Geld.Die Pforte mag sich arrangiren, so gut sie kann; das ist ihreSache; aber sie muß sich exekutiren. Bor Oesterreich fürchtenwir uns nicht; Kaiser Wilhelm hält seine Pferde ge-sattelt, um ihm auf den Nacken zu stürzen, wenn e»Streit mit uns anfängt; und was England betrifft, je mehrEhikanen es uns bereitet, desto anspruchsvoller werden wir auf-treten. Es mag nur kommen, uns von hier zu verjagen."—Ob diese Aeußerungen nun wörtlich wahr sind, oder nicht—sie sind aber ganz in russischem Geiste wiedergegeben. Auchmag die russenfreundliche Rede des Herrn von Bismarck bei derOrientdebatte nicht unwesentlich dazu beigetragen haben, denRussen den Kamm schwellen zu lassen.�— Unser Parteigenosse Bruck in Gotha ist in Untersuchungs-hast genommen worden. Als Hauptgrund wird angegeben, daß„er sich nicht mit Andern bereden soll". Doch hat der Staats-anwalt auch als weiteren Grund angegeben, daß die Fluchtanderer sozialdemokratischer Redakteure ihm Beran-lassung zu dem Haftbefehl gegeben habe.Wir machen hierauf besonders deshalb aufmerksam, weil ver-schiedene unserer Parteigenossen die Tragweite derarttger Haft-entziehungen durch die Flucht seitens sozialdemokratischer Redak-teure gar nicht zu kennen scheinen.— Parteigenosse Kruhl,Redakteur der„Halberstädter Freien Presse", ist am 1. Märzin zweiter Instanz zu elf Monaten Gefängniß verurtheilt worden.Der frühere Redakteur Voigt hat vor einigen Tagen die Auf-forderung zum Haftantritt(neun Monate Gefängniß) erhalten.Aus Böhmen.Haslau, 1. März.Die Folgen der kapitalistischen Produktionsweise werden—wie überall— auch in unserer Gegend sehr schmerzlich empfun-den. Der Großbetrieb verdrängte die Handweberei und brachteHunderte von„selbstständigen" Webern entweder an den Bettel-stab, oder machte sie— was fast noch schlimmer ist— zu Fabrikssklaven. Da unsere Gegend sehr bevölkert ist, ist auch das An-gebot von„Händen" groß und find die Fabrikanten in dw Lageversetzt, die Arbeitskraft recht billig zu kaufen. Nach Einfüh-rung der mechanischen Webestühle wurden meist Frauen undKinder, denen ein wahrer Hungerlohn gezahlt wird, eingestellt.Daß bei einem solchen Vorgehen die Fabrikanten reich, sehr reichwurden, ist selbstverständlich; in dem Maße aber als der Reichthumder„Herren" sich anhäufte, stieg auch die Roth des Volkes.Wie überall, haben auch hier die Ausbeuter nur ihren Geldsackim Auge und drücken die Löhne derart herab, daß sie zur Be-schaffung des Allernothwendigsten nicht mehr ausreichen. Wollensich die Arbeiter eine derartige unmenschliche Ausbeutung nichtmehr gefallen lassen, wollen sie nicht ruhig verhungern, lehnensie sich gegen ihre Unterdrücker auf. dann hat man ein Univer-salmittel, welches sich gegen die Unzufriedenen bis� dato stetsbewährt hat: man hat Soldaten und— Gefängnisse.Die in unserer Gegend herrschende Roth spottet thaffächlichVerachtung ansah, sah sich genöthigt, bei Herannahen der neuenAera beim„Kulak" in die Schule zu gehen. Das Kulakenthumist in ein System gebracht worden.(Fortsetzung folgt.)— Aus der„Gartenlaube" erfahren wir, daß Fürst Bismarck imJahre 1873 den früheren Revolulinär Lothar Bucher„eine wahrePerle" genannt habe. Der Artikelschreiber, Mor-tz Busch, nennt Bucherbei der Gelegenheit dm„gesinnun gsvoUsten" umer den GehilfenBismarck-. Wenn also der Renegat Bucher der„gesinnungsvollste"wirklich ist, was wir nicht bezweifeln wollen, dann möchten wir aber-erst die andern Bismarck'schen Perlen kennen lernen.— Ein brutaler Religionslehrer. Wie steiermäriische Blätterberichten, fand am 7. Febr. vor dem Bezirksgericht Rann in Untersteiereine Strafoerhandlung gegen den Caplan und Katecheten Sdolschek ausBidim und den Wundarzt Nunclc statt und endete mit einer Berur-theilung beider Angeklagten zu Geldstrafen. Der genannte ReligionS-lehrer hat nämlich einen epileptischen Knaben, w-il derselbe die„Eigen-schaften Gottes" nicht herzusagen wußte, in der Schule so lange mitdem Stocke über das Rückgrat geschlagen, bis der Stock zerbrach.Wundarzt Nuncic halte zum Caplan, vbwoist er den in Folge der er-littenen Verletzungen erkrankten Schulknaben ärztlich behandelte, ge-äußert:„Sie haben zu viel geschlagen, wenn Sie die Mutter nur nichtanzeigt." Er selbst hatte jedoch aus Freundschaft für den Caplan nichtnur die ihm obliegende Anzeige an das Gericht zu erstatten unterlassen,sondern sich sogar wiederhol: geweigert, ein ärztliches Zeugniß überdie Verletzungen des Knaben auszustellen.— Für Patrioten. Die„Fackel" erhält folgende Zuschrift: DieZeiten sind schlecht, das weiß wogl Jeder, und wenn man einmal soein Bourgeois- Leib- und Magcnblatt zur Hand nimmt und liest vonden„Greuelthaten" der„herumlungernden Strolche" so muß man bei-beinahe glauben, die Weit sei zur reinen Wildniß geworden. Ich selbsthabe mich überzeugt, daß eS auch wirklich nicht ganz„geheuer" ist,denn gestern sah ich unter den vielen Bettlern und Herbergslosen, diedie Polizei tagtäglich nach dem Gcorgenhause hin- und hertranSportirt,einen der durch seffe kräftige Gestalt, aber noch mehr durch schlechteKleidung sich auszeichnete. Ich bettachtete mir den Armen genauer.Aber denken Sie sich mein Erstaunen: es war einer, der von allenPattioten und Bourgeois gefeierten Ritter des eisernen KreuzeS!— Ein Wort von Pater Secchi. Wie Christus, als ihm dieVersucher das Bild auf der Münze zeigten, sich mit kluger Antworthalf:„Gebet dem Kaiser, was des Kaisers und Gott, waS Gottes ist",so hat der unlängst verstorbene berühmte Astronom und— Jesuit, PaterSecchi, einmal den Jesuiten geantwortet, als sie ihn, vielleicht um demBruder eine Falle zu stellen, fragten, wie er die Wissenschaft undReligion vereinigen könne. Secchi, so erzählt die„Daily News", sagte:„In der Wissenschaft folge ich der Natur, in der Religiondem Papste". Natur und Papst freilich kommen so oft in Conflictwie Gott und Kaiser. Was Darwin wohl antworten würde, wennman ihm die nämliche Frage vorlegte?