der im Handel Beschäftigten— und der Schwindler weit, weit mehr giebt, als unterkommen können, und daß Buchhalter durchschnittlich billiger zu haben find als gute Handwerker; daß weit mehr Kaufläden auf eine gleich große Volkszahl kommen, als irgendwo anders und durch den Zwischenhandel alle Lebens- bedürfuisse vertheuern; endlich daß Bankrotte so häufig find— meist betrügerische— wie nirgends— wohl neun Zehntel aller kaufmännischen Geschäfte endigen in dieser Weise. Dagegen giebt es kaum noch eine Gelegenheit, ein Handwerk oder ein produk- tives Geschäft gründlich zu lernen. Wer als Privatlehrer sein Glück machen will, muß versprechen und glauben machen, daß er eine fremde Sprache, ein musikalisches Instrument, eine freie Kunst, eine Fachwifienschaft in wenigen Stunden lehren kann; solcher Schwindel hat einen fast unglaublichen Erfolg und lohnt mit raschem Reichwerden. Daneben besteht noch immer in weiter Ausdehnung der Aber- glaube, daß ohne Latein«nd Griechisch keine gelehrte Bildung möglich sei, ganz wie in Europa . Es könnte wunderbar er- scheinen, daß hierzulande über dreihundert Hochschulen bestehen, welche vorgeben zu leisten, was auf deutschen Universitäten ge- leistet wird, mit zusammen ebensoviel Studenten als auf diesen. Aber beiweitem die meisten bestehen blos zu dem Zwecke, um Zeugnisse und Titel ausstellen zu können, mit welchen die Söhne und Töchter der Bourgeoisie sich spreizen können. Auf sehr wenigen dieser Anstalten ist eine Fachausbildung zu erlangen, wie sie in Deutschland gefunden wird, und fast Alle, welche eine solche gründlich erlangen wollen, setzen ihre Studien in Deutsch - land fort. Der Lehrgang auf diesen Anstalten muß kurz und oberflächlich sein, wenn sie Zulauf habm wollen. Es kommt Sliuzu, daß sie— mit ganz wenigen Ausnahmen— nicht öffent- iche Anstalten find, sondern von religiösen Sekten zum Zweck der Propaganda ihrer Kirchen gegründet. Die Lehrer der Wissenschaften müssen also Mucker und Heuchler sein, wenn sie Anstellung finden und behalten wollen, und die Vorsteher sind Geistliche oder deren Werkzeuge. Keine einzige dieser„llniver- fitäten" und Tolleges kann über die Mittel gebieten, welche zur erforderlichen Ausstattung mit Lehrhülfsmitteln gehören(Stern- wartest', anatomische Museen, Kliniken, Laboratorien, Bibliotheken, naturgeschichtliche Sammlungen:c.). Die besieren Lehrhülfs- mittel dieser Art sind weit über das Land verstreut, anstatt an wenigen Mittelpunkten vereinigt zu sein. Die Seminarien(hier Rormalschulen genannt), welche Lehrer für die eigentliche Volksschule bilden, nehmen rasch an Zahl zu, es giebt deren jetzt nahe an 150, und einige von diesen sind in guter Leitung, weil es ein Häuflein wahrer Pädagogen giebt, welche deutsche Muster kennen gelernt haben und nachzuahmen suchen. Der Uebelstand ist hier wieder, daß die Aufnahme Suchenden in großer Mehrzahl eine ganz ungenügende Vor- bildung mitbringen und erst in einer oder zwei Vorbereitungs- klassen besser lesen, schreiben und rechnen lernen müssen, ehe sie die pädagogische Fachbildung erlangen können. Und bei der Ungeduld der Angloamerikaner dauert diesen Schülern die Sache viel zu lange. Wenigstens zwei Drittel von den Schülern gehen lange vor Beendigung des Lehrgangs ab und finden leicht eine Lehrerstelle irgendwo, weil jährlich über 30,000 neue Lehrer ge- braucht, und von den Seminarien zusammen höchstens 3000 als reife Schulamtsbewerber entlassen werden können. Da nämlich die Lehrer, mit Ausnahme der obersten, verhältnißmäßig fast ebenso schlecht als die deutschen besoldet sind, so widmen sich dem Lehrberuf vorzugsweise junge Mädchen(bis zu drei Viertel), well Lehrerinnen sehr als Gattinnen gesucht werden, und zehn der Schule durchschnittlich nach drei Jahren wieder verloren, gerade wenn sie einige Erfahrung und Uebung erlangt haben und mehr Nutzen stiften können. Außerdem werden Leute jedes möglichen Bildungsganges vorübergehend Lehramtsbewerber, wenn sie eben kein anderes Brod finden können, und man kann diese Zugvögel nicht entbehren. Es giebt also keinen Lehrer- stand; es giebt— mit verschwindenden Ausnahmen— keine langjährigen, für den Beruf ausgebildeten, mit ihm verwachsenen, auf Fortbildung des Erziehungsplanes bedachten, für die Ehre und den Vortheil des Berufs wirkenden Lehrer. Die weitere Folge ist, daß es keine sachverständigen Schulvorstände geben kann, sondern fast nur Laien, und zwar aus polittschen Rück- sichten gewählte Oberleiter des Volksschulwesens. Sozialpolitische Uebersicht. — Im deutschen Reichstage fand am vergangenen Dienstag die Debatte über die Abänderungsvorschläge in Bezug Sozial- Conservatives. (Schluß) Die Proletarier, weil sie der günstigen Conjunktur nacheilen können— ein reizendes Bild— find am besten daran und den- noch wird S. 52 wörtlich gesagt: „Unser deutscher Arbeiter endlich, abgelöst von allen sozialen Banden, die ihn an die höheren Klassen vor Zeiten fesselten, bietet das am wenigsten erfreuliche Bild, das ich bei Be- sprechung der Sozialdemokratie näher beleuchten werde." Kommt endlich die böse Sozialdemokratie an die Reihe, in- dem ihr gleich zum Empfang das Prädikat„antihumanistisch" ertheilt wird, wie unserm Gelehrten überhaupt Alles, was nicht feudal ist, gegen die Humanität geht. Es kommt eben darauf an, was man unter Humanität versteht. Sie, werther Freiherr, meinen den idealen Grohjunker, der wie„ein Väter- chen" für seine Knechte sorgt— das ist Ihr und der Aristokratie Idealismus und Humanität. Wir verstehen darunter die Idee der Menschlichkeit und das Streben, diese Welt für alle Menschen zur möglichst besten der Welten zu machen. Den Liberalen gleich thuts der Sozial-conservative im Ber- dächtigen der Sozialisten; der Sozialismus befindet sich nämlich zum Liberalismus in keinem prinzipiellen Gegensatze, weil die Commune Richter, Geistliche und �Äensdarmen erschießen ließ' vor den Thüren der Bank von Frankreich aber Halt machte. Wüßten Sie, Edler von la Mancha, etwas über die Commune, so könnten Sie nicht sagen, diese ließ die Geißeln erschießen, und würden nicht bemerken:„ein tüchtiges Schröpfen(der Bank) war nicht ausgeschlossen." Es war vielleicht der größte Fehler der Commune, daß sie diese Bank sammt ihren 3 Milliarden— nach historischen Beispielen— nicht einfach annettirte und da- durch die Lebensader der Bourgeoisie durchschnitt, sondern mit ihr contrahirte, als wenn es solchen Feinden gegenüber ein Vertrauen gäbe. Ja die Bücherfabrikatton wird jetzt in Deutsch - land mit einer fundamentalen Unwissenheit betrieben und der Clown fitzt über den ernsten Mann der Wissenschaft zu Ge- richt. So wird z. B. das eherne Lohngesetz, wie es Lassalle formulirt hat, folgendermaßen korrumpirt— nein harlekinisirt: „Die jeweilige Volksmenge ist das Resultat des dem Volke inne- wohnenden Idealismus und seiner Produktionskraft." Ja wohl auf das Haftpflichtgesetz statt(die Anträge haben wir ihrem Wortlaute nach schon gebracht). Dr. Max Hirsch langweilte den Reichstag durch allerlei confus- zusammengestelltes Material eine Stunde lang; der Centrumsmann v. Hertling stand ficht- lich unter dem Drucke der neuen Wendung der Dinge, er vergaß seine Oppositionsstellung und seine Arbeiterfreundlichkeit und zeigte ein reaktionäres Geficht. Der„Schlotjunker" und Ab- geordnete Stumm wäre besser stumm geblieben, seine Rede war alter aufgewärmter Kohl und ein Loblied auf die aufopferungs- fähigen Fabrikanten, die sich um das Vaterland verdient machten, weil sie in jetziger schlechten Zeit überhaupt noch Arbeiter be- schäftigten. Ein frischer Hauch ging durch das Haus, als Genosse Kapell den Antrag Hasenclever-Kapell in trefflicher Rede vertheidigte. Gegen den Abgeordneten Hirsch gewandt, erklärte er, daß, wenn Letzterer behaupte, daß die Sozialdemokraten durch den Abschnitt 2 ihrer Vorlage weit über das Ziel hinaus- gingen, so habe er diese Anficht nicht motivirt.„Der K 2 des Haftpflichtgesctzes ist nur ein todter Buchstabe für den Arbeiter. Der Arbeiter soll selbst den Nachweis führen, daß seitens des Arbeitgebers Vorsichtsmaßregeln versäumt find. Ja, wenn Zer tobt ist! Für die Hinterbliebenen aber ist es meistens unmög- lich, die Thatbestände zu ergründen, ebenso für den Arbeiter, der besinnungslos von der Unglücksstelle geschafft wird. Die Beweisführung muß also verschoben werden. Der Abg. Hirsch behauptet ferner, unser Antrag sei falsch und einseitig. Ich gebe dieselbe Beschuldigung zurück. Selbst mit der Laterne findet man aus dem Antrag Hirsch nichts heraus. Es soll Alles dem Reichskanzler überlassen bleiben. Der Mann hat mehr zu thun. Wir haben in unserer Vorlage spezialisirt, was der Abg. Hirsch nur unklar angedeutet hat."— Abg. Lasker„vermittelte" wie gewöhnlich.— In der Satzung am Mittwoch, in welcher die Fortsetzung der Berathuug stattfand, sprachen noch der conser- vattve Abg. Heinrich(Borna ), der„Allen zu lieb" sein wollte, und der Antragsteller Hirsch. Genosse Hasenclever, der sich zum Worte gemelvet hatte, wurde durch Schluß der Debatte verhindert, den sozialistischen Antrag weiter zu motiviren. Es folgte nun der Antrag Blos-Most auf Abänderung des Wahlgesetzes, den wir gleichfalls schon mitgetheilt haben. Abg. Blos empfiehlt den Antrag mit Hinweis auf die bei der Wahl des Abg. v. Grävenitz eben zur Sprache gebrachten Uebel- stände. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Beschaffenheit der Stimmzettel seien zu vage, als daß durch sie das Wahlge- heimniß in �Wirklichkeit gewährleistet werde. Er halte für am besten, die Stimmzettel in unbeschriebenen Couverts abzugeben. Um aber im Uebngcn den Willen der Wähler bei den Wahlen richtiger und voller zum Ausdruck zu bringen, sei nöthig, die Wahlen am Sonntag stattfinden zu lassen, wo Jeder eher Zeit habe, sein Wahlrecht auszuüben. In den letzten Jahren seien die Wahlen mehrfach auf einen Sonnabend angesetzt worden, als einem Tage, der den Arbeitern am ungelegensten sei. Na- mentlich auf dem Lande, wo die Wahlkreise oft mehrere Meilen umfassen, sei es dem Arbeiter fast gar nicht möglich, zur Wahl zu gehen, besonders wenn der Wahltag ein Sonnabend sei.— Der Abg. Frankenburger(Fortschritt) empfiehlt den Antrag der Wahlprüfungskommission zu überweisen. Der„schwarz-rothe Schlangentödter" Dernburg begreift gar nicht einmal den Sinn des so einfachen Antrages und ist schon deshalb gegen denselben, während der Abg. Völk ihn theilweise empfiehlt.— Abg. Most bemerkt als Mitantragsteller, daß fast alle Parteien schon über die Nothwendigkeit eines solchen Antrages einig seien. Eine Commisfion, wenn sie sonst den guten Willen dazu habe, könne sehr bald conkrete Vorschläge machen. Mache sie wirkliche Ler- besserungen, so seien die Sozialdemokraten die Letzten, die da- gegen stimmen werden. Redner bestreitet die Ausübung eines Terrorismus, wie der Abg. Frankenburgex seiner Partei vorge- morsen. Aber die befitzende Klasse übe einen Terrorismus gegen die von ihnen abhängigen niederen Stände bei den Wahlen aus. Redner weist auf einige Vorkommnisse derart hin, wo die Ar- beitgeber aufgepaßt haben, ob die Arbeiter auch die ihnen ein- gehändigten Zettel an der Urne abgaben. An den Wahltischen säßen die Oberbeamten der Fabriken und die Buchhalter, und übten eine scharfe Controle über die Arbeiter ihrer Fabrik bei der Wahl aus. Viele seien schon wegen bloßen Verbreitens sozialdemokratischer Flugblätter aus ihrer Arbeit entlassen wor- den. Daß die Couverts wieder mehr Ausgaben verursachten, sei ja selbstredend; aber in einem Staate, wo der Moloch„Mi- litarismus" so viele Millionen verschlingt, könne es auf eine Kleinigkeit für Couverts nicht ankommen.— An dem Sonntage habe allerdings die sozialdemokratische Partei das höchste In- Produktionskraft; und ist die Zabl der Ochsen— um bei den Säugethieren zu bleiben— nicht auch das Produtt des den Ochsen innewohnenden Idealismus? Wo wir Hinsehen oder hin- fassen, was wir greifen und fühlen, Alles ist bei Ihnen ideal, d. h. Idee— Dunst— Gehirnnebel. Noch ein Beispiel, wie Sie die Werththeorie über den Haufen, oder richtiger in den Haufen werfen!„Der Werth des Produtts besteht») aus dem Lebensbedürfniß jener bei Erzeugung der Produtte nöthigen Ar- bester; d) dem Unternehmergewinn." Diese Theorie gefiel mir so gut, daß ich sie gleich ins Praktische übertragen wollte; ich brauchte gerade einen neuen Rock, ging zu einem Schneider und, nachdem ich ausgeforscht, wie viel Lebensbedürfnisse ich ihm für einen Rock zu vergüten habe, ent- richtete ich dieselben, schlug den Unternehmergewinn dazu, den ich natürlich in meine eigene Tasche steckte, und— warte heute noch auf meinen Rock, trotzdem ich genau nach Ihrer An- Weisung gehandelt hatte. Ja es ist schlimm, sehr schlimm, wenn man gar nichts von Oekonomie weiß und dennoch„Ideen" hat. Schlagen wir das erste beste gebräuchliche bourgeoiswirth- schaftliche Handbuch auf, Z- I- St. Mill(Prinzipien der politischen Oekonomie, Kap. VI). „Wir sehen, daß dieselben(die Erfordernisse der Produttion) sich auf drei zurückführen lassen: Arbeit, Kapital, Stoffe und die bewegende Kraft, welche die Natur hergiebt," oder W. Roscher(„System der Bolkswirthschast",§ 46): „Zu einer wirthschastlichen Produktion wird in der Regel das Zusammenwirken aller drei Faktoren: Natur, Arbeit und Kapital erfordert u. A. m." Sie sehen, Herr Professor, daß Sst schon über die liberalen Oekonomen stolpern, wie wird es Ihnen gehen, wenn wir mit den sozialistischen auf Sie losrücken, da werden Sie mit Ihrem zweibeinigen Werthsystem nicht weit laufen.— Der sozialistische Reattionär wird noch„kühner" und unwahrer in einer anscheinend harmlosen Stelle, wo er über den sozialistischen Zwang(vergl. damit feudale Freiheit!) faselt: „Alle Hülfe, welche die Sozialisten den Arbeitern vielleicht geben könnten, hätte daher als letzte und nothwendige Consequenz den Zwang zur Folge, der eine Weltlage benöthigte, wie sie jedenfalls mit Freiheit und Gleichheit nicht denkbar ist, und darum sind die Sozialisten schließlich die Feinde der Humanitäts- bewegung des 18. Jahrhunderts."-- teresse, denn in der Woche komme es dem Arbeiter, selbst in Berlin , sehr schwer an, zur Wahlurne zu gehen. Wie könne z. B. ein Arbeiter, im 6. Wahlkreise Berlins wohnend, wenn er am Kreuzberge arbeite, den Bau verlassen und zur Wahl Sehen! Im ultramontan -durchseuchten Frankreich habe man die öahl am Sonntage; und wenn man am Sonntage Tanzmusiken gestatte, werde eine Wahl dem Seelenheil der Wähler auch nicht schaden. In Frankreich sei es den Geistlichen sogar lieb, daß am Sonntage gewählt werde; denn sie benutzten die Gelegenheit gleich zu einer großen Wahlpredigt. Er empfehle auch den Li- beralen, durch Annahme seines Antrages sich einen Schutz für die Zukunft zu verschaffen, denn es könne doch vorkommen, daß die liberale Partei nach und nach ganz an die Wand gedrückt werden solle.— Der Antrag wird hierauf der WahlprüfungS- commisfion überwiesen. Hierauf folgt der Antrag Bracke und Genossen: Folgende« Gesetze die Zustimmung zu ertheilen:„Einziger Arttkel: Die durch die Verordnung vom 22. Dezember 1868 für bestimmte Militärpersonen eingeführte Befteiung von Kommunalabgaben wird aufgehoben; diese Personen sind fortan in derselben Weise wie andere Gemeindeangehörige zu den Kommunallasten heran- zuziehen". Bracke findet die gegenwärtigen Bestimmungen auf diesem Gebiete ganz unhaltbar. Sie involvirten ein Privilegium für einzelne Klassen oder führten ein solches ein, wo es noch nicht bestanden habe, während es doch jetzt mehr denn je geboten er- scheine, volle Gleichheit vor dem Gesetze zu schaffen und Standes- Privilegien zu beseitigen. Es sei zu verwundern, daß heute noch solche Privilegien existirten, nachdem schon durch Editt vom 23. Äpri� 1773 die Rechtsgleichheit für Alle, welche des Staate? gleichen Schutz genießen, ausgesprochen sei. Eine Befreiung be- sitzender Stände von der Steuer reize mehr auf als alle sozial- demokratischen Agitationen, denn die darin liegende Ungerechtig- keit sei so in die Augen springend, daß auch der blödeste Ber - stand es sofort erkennen müsse. Wenn Graf Moltke neulich gesagt habe, man könne doch von dem geringbesoldeten Lieutenant nicht noch Kommunalsteuer verlangen, so sei eS doch einfach gerecht, dem armen Lieutenant von Staats wegen mehr Sold zu geben. Die Kommunen würden sich ganz bedeutend besser stehen und Berlin z. B. wahrscheinlich eine halbe Million Mark an Kommunalsteuern mehr einnehmen, wenn alle hier restirenden hohen Chargen Steuer zahlten. Petttionen in dieser Richtung seien schon mehrfach an die legislativen Körperschaften gerichtet. Redner verliest hier Theile einer Petition aus Oldenburg , die am 28. Mai 1863 im Preuß. Abgeordneteuhause zur Berhand- lung kam und die Bekämpfung des Kriegsministers v. Roon und des Abg. Moltke aus ganz unhaltbaren Gründen erfahren habe. Die Ungerechtigkeit und Ungleichheit bestehe für alle Ortschaften des Reiches, weshalb er um Annahme des Antrages bitte. Wenn man etwa einwende, daß ja das Militär auch kein Wahlrecht habe, so sei dem gegenüberzuhalten, daß ja in jeder Commune sehr viele Einwohner kein Wahlrecht hätten und doch Steuern bezahlen müßten. Wenn man sage, das Militär habe ja auch auf dem Schlachtfelde geblutet und bringe sein Leben dar, so sei er der Letzte, der das nicht anerkenne, aber auch von den anderen Staatsangehörigen bringen viele den Verhältnissen ihr Leben zum Opfer, jetzt z. B. raffe in vielen Gegenden der Hunger: phus Hunderte von Arbeitern hinweg, und ihnen werde nicht der Ruhm für die Nachwelt zu Theil, dem man dem ge- sallenen Militär angedeihen lasse. Auch werde der Nutzen kom- munalcr Einrichtungen gerade dem Militär in bevorzugtem Maße zu Theil. Abgeordneter Richter, den es ärgerte, daß ein sozialdemo- kratiicher Abgeordneter einen Antrag eingebracht und über- zeugend begründet hatte, den die Fortschrittspartei eigentlich längst hätte einbringen müssen, machte, da er Bracke's Aus- führungen nicht widerlegen konnte, seinem Aerger dadurch Lust, daß er Bracke zum Schein lobte, und dann als Plagiator der Fortschrittspartei hinstellte, der er den Antrag gestohlen habe. Schade nur, daß Bracke den Antrag so schlecht formulirt; übri- gens sei der gemäßigte Ton, in dem er gesprochen, anzuerkennen; die Sozialdemokratie scheine also doch zu begreifen, daß der heutige Staat nicht so schlecht sei, als sie früher gemeint. Und nun fing Herr Richter aus der bekannten Liebknecht'schcn Rede „über die politische Stellung der Sozialdemokratie"(1869 i» Berlin gehalten) �an, einige Stellen vorzulesen, die beweisen sollten, daß die Sozialdemokratie im Allgemeinen und Liebknecht im Besonderen ihren„politischen Standpunkt" gewechselt hatten- Dieser freche Angriff, den das Präsidium, obgleich die Richter'- „Und dieser Zwang wird, wenn auch noch nicht in der so- zialistischen Theorie, so doch in der Praxis schon überall geübt; er wendet sich gegen die Kapitalisten, Arbeitsgeber einerseits, und auch folgerichtig gegen die Bedürfnißlosigkeit andererseits, steinigt die Chinesen, weil sie sich von schlechtem Fleische nähre», greift mit Messern die Meister an, die mehr als zwei Geselle» halten, vertreibt mit Schaufeln die Polen von den Bauplätze», weil sie mit Schnaps und Kartoffeln zufrieden find, zündet Fabriken, Bahnhöfe an rc." Der metaphysische Bonapartist nimmt in Folge seiner Idealität die Ausschreitungen Einzelner für eine Bethätigung des Prin- zips. Wenn wir nun sagen würden: weil ein Theil des Adels dem Strauchritterthum entsproßt, ist das Prinzip des Adels, die Idee des Strauchritterthums? Die Jammerbilder von Un- wissenheit und Verlogenheit, die jetzt den Büchermarkt unsicher machen, werden den Arbeitern deuttich zeigen, waS sie von de» „Gebildeten", von den liberalen und conservativen Sozialiste» zu erwarten haben. Und eine Buchhandlung für„Rechts- und Staatswissenschaft" verlegt noch solchen Schund, der kaum für die„Münchener Bilderbogen " zu gebrauchen wäre. Denn ist es nicht zum Lachen, wenn man diesen„rechts- und staatswisse»' schastlichen" Knalleffekt liest: Die Sozialisten können auf dem eingeschlagenen Wege nicht vorwärts kommen, denn wollen sie eine Quote am Unter- nehmergewinn, so wird das Kapital des Unternehmers kleiner, respektive dessen Verzinsung wird niedriger, und den Kapitalisten kann man unter der Herrschaft von A»' gebot und Nachfrage nicht verbieten, sich seinen Zinsfnd zu wählen; aber„wenn wir Sozialisten mit oder ohne ZwanS das Kapital nähmen, so hätten wir es doch gewiß."—„Wäf� dies wirklich so gewiß? Ist dem Kapital nicht blos d>' Idee an die Fortdauer der heutigen wirthschaftlichet Zustände?" Das Kapital eine„Idee", ho, ho, ho, und er? war doch die Arbeitskrast ein Kapital, und nun ist es eine Jd� also ist die Arbeitskraft auch eine? Und wenn sich, Herr Frc'' Herr, Ihre Gutleute schinden und placken für wenige Grosche»' sind deren Arbeitsprodukte für Sie auch eine Idee?»»' ist Ihre Latifundie auch eine? und wie leicht ließe sich die! Idee zum Allgemeingut machen! Ja, das wäre ec» Idee. j, Kapital, Arbeitskraft, Regierungiform, die Hose, das W zum Rock, Alles ist eine Idee.
Ausgabe
3 (17.4.1878) 45
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