Verwaltung ein gutes Theil Arbeit ab. Sie führen die Sta­tistik ihrer Gewerke bis in die Einzelheiten durch; sie führen unter Vertrag mit der Legislatur und der Executiv- Gewalt, welche aus deren Mitte hervorgeht, die öffentlichen Arbeiten aus; sie bestellen ihre eigenen Gewerbsgerichte; sie besorgen unter einander den Großhandel(der Kleinhandel fällt allmälig hin- weg) und die Waaren- und Gesundheits- und Bau-Polizei; sie leiten das Transport- und Marktwesen und verwalten die Berg- werke, Salinen und Forsten; sie erkennen den ausgedienten Ar- beitern da» Recht zu Ruhegehältern zu; sie sind in allen Er- ziehungsbehörden vertreten; sie betreiben die Waffenübuugen aller dazu fähigen jungen Bürger kurz vermöge der allge­meinen Durchführung des Gewerkschaftswesens in allen gelehrten und mechanischen Berufen sind sie im Stande, unentgeltlich und wirksam die Gesetze auszuführen. Der Staat hat aufgehört, eine Regierungsmaschinerie von oben herab zu sein, und keine zu- fällige Majorität kann länger der Minorität ihre Gewalt fühlen lassen. Alle Revolution ist zu Ende. Daneben muß man sich vergegenwärtigen, daß die Gemeinde- Verwaltung dem Gesammtstaate ein weiteres Theil Arbeit er- spart. Alles, was die Gemeinde allein angeht, hat sie für sich zu beschließen und verwalten. Alles, was eine Land- schaft allein angeht, fällt nun in deren ausschließlichen Berwaltungsbereich, und dem Gesammtstaate bleibt nur über dasjenige zu verfügen, was zwischen den kleineren Berwaltungs- kreisen streitig, sowie über das, was allgemeine Angelegenheit ist. Wie schon gesagt, bedienen sich alle politischen Berwaltungs- kreise der Gewerkschaften bei Ausführung ihrer Maßregeln, so- weit immer möglich, oder lassen sich von ihnen für jedes poli- tische Amt eine Anzahl Bewerber zur Auswahl empfehlen. Da die nsthwendige tägliche Arbeitszeit eines Jeden auf acht, später noch weniger Stunden beschränkt ist, so bleibt jedem Bürger Zeit genug, um sich gewerkschaftlichen und politischen Geschäften zu widmen und darin zu üben; auch sorgt das Erziehungswesen dafür, daß jederMKrger dazu befähigt werde. Da der Staat eine respublica, eine Angelegenheit Aller geworden ist. und die Gesetze vereinfacht werden, fehlt es nicht an dem Gemeinsinn und der Opferwilligkeit für öffentliche Zwecke, und da alle Ver- Handlungen aller Gewerkschaften und ihrer Parlamente veröffent- licht werden, bildet sich im Volke ein Sachverständnis in vielen Berufs- und politischen Angelegenheiten aus. Vernünftige Gründe herrschen, wo vorher die rohe Gewalt oder die gesetz- liche Uebermacht geschaltet hatte. Es gibt tausend Gelegenheiten für jeden Bürger sich auszuzeichnen, ohne daß der Ehrgeiz mit Gewinnsucht oder Herrschsucht sich erquicken könnte. Die Frei- heit ist in immer wachsenden Maße verbürgt, die Dummheit, das Philisterthum, die Rohheit sind sicher auszusterben. Natürlich gehört der politischen Verwaltung und Gesetzgebung die Oberaufsicht über die Pflichterfüllung aller untergeordneten Kreise, aller Einzelbürger und die Vertretung des Staates nach außen. Diese Verwaltung kann aber nach allem Vorausge- setzten nur wenig kosten. Staatsschulden und stehende Heere gibt es nicht, die Staatseinnahmen können dem Erziehungswesen im weitesten Wortsinn und der Lebens-, Alters- und Armen- Versorgung gewidmet werden. Der Staat ist die emzige Ber- sicherungSgcsellschaft für alle Unfälle, und er kann sie nicht nur billiger herstellen, als sie je vorher war, sondern auch auf alle Diejenigen ausdehnen, welche bisher sich nicht selbst versichern konnten. Die Gemeinde befördert die gemeinschaftliche Consumtion. Sie wird zu einer großen Familie, welche in Gruppen zerfällt. welche gemeinsam wirthschaften. um die wahre Sparsamkeit zu erzielen. Denn diese besteht darin, daß aus jedem wirthschaft- lichem Gute der größtmögliche Nutzen gewonnen, und daß jeder Verwüstung gesteuert wird. Die Gemeinde stellt Muster-Haus- wirthschaften her. in welchen mit einem gegebenen Maße von Waaren der größte denkbare Genuß erreicht wird, und betreibt den allmäligen Umbau der Städte und Dörfer, zu dem Zwecke, daß das edelste Familienleben durch gruppenweises Zusammen- Wirthschaften erleichtert werde. Wissenschaftlicher und künstle- rischer Beirath feiten der Gewerkschaften geht ihr dabei zur Hand. Wir gehn in unsrer Schilderung nicht weiter, bevor eine Besprechung der Einzelheiten gewünscht wird. Wir haben uns blos noch mit dem Einwurfe zu beschäftigen, daß der Plan sehr schwer oder gar nicht ausführbar sei. Dieser Einwand wird aber überhaupt allen Plänen der Sozialdemokratie gemacht und Ueberstcht der Volksbewegungen im 19. Jahr- hnndert. (Forlsetzung.) in. Stärke der Bewegung. Ihre instinktive Natur. Die Bewegungen der Zeit sind von dem Instinkte der Massen getragen. Denn es gehört zu dem wesentlich Charakteristischen unserer Zeitgeschichte, daß der große Einfluß Einzelner, Regenten oder Privaten, in ihr kaum zum Borschein kommt. Seit Na- poleon ist kein wahrhaft vorragender Geist aufgetreten, der die Aufmerksamkeit der Mitlebenden vorzugsweise auf sich hätte lenken können, kein wahrhaft großer Charakter, der die Geschicke eines Volkes in seine Hände genommen hätte oder der Vertreter einer ganzen Zeitbestrebung geworden wäre. Die Geschichte hat von einigen Feldherrn zu erzählen, die gewisse Eigenthümlichkeiten Bonaparte'S angenommen hatten, aber das Unnachahmliche in ihm ist unnachgeahmt geblieben. Die großen Staatsmänner der nächsten Vergangenheit sind selbst in England und Amerika aus- gestorben, und der Nachtrieb ist von bedeutend geringerem Wüchse. In Literatur und Wissenschaft haben einige große Geister in diese Zeit hereingelebt, ihre Geburt und Bildung aber gehört der vorhergegangenen an. Im Technischen ist die Ausbeutung und Anwendung der Dampfkraft ein eigenthümliches Verdienst dieser Zeit, der erste und Hauptanstoß dazu ist aber in der vorhergegangenen Periode gemacht worden; die schaffenden Kräfte sind gering, ungeheuer an Zahl und Erfolg sind die, die aus dem Geschaffenen forterzeugen. Daher mangelt all der größere Zug, der durch ausgezeichnete Menschen in die Geschichte kommt, der Geschichte der Gegenwart. Den vielen kleinen Bewegungen entgeht der schreckliche Reiz, den die starken, mit einander rm- genden Kräfte der ersten französischen Umwälzung verleihen. In den mancherlei Kriegsereignissen ist kaum Eine merkwürdige Schlacht geschlagen, kaum Ein Talent aufgetaucht, das ein größeres Interesse hätte erregen können. Gegen die Napoleonische Zeit gehalten macht die unsere trotz der vielen einzelnen Er- Hebungen den Eindruck einer tiefen und allgemeinen Erschöpfung und Ermüdung, die die natürliche Folge der vorhergegangenen übermäßigen Anstrengungen und Erschütterungen scheint. Und auch mit den Zeiten des 18. Jahrhunderts vor der französischen Revolution verglichen, erscheinen die unseren arm an bedeutenden Menschen. Das Reizvolle der Erzählung von dem Leben und darf uns nicht abschrecken. Wir stellen die Grundzüge eines idealen Staates auf und suchen die Massen dafür zu erwärmen und darüber nachdenken zu machen. Wir bestellen das Feld und streuen die Aussaat: dem Naturfaktor überlassen wir, von der unsausbleiblichen geschichtlichen Entwicklung, die wir nicht beherrschen können, erwarten wir die R-ifung der Saat. Solange wir nicht durch Gründe widerlegt werden, bestehen wir auf der Vernünftigkeit der Sache und auf der Allmacht der Vernunft. Die Kritik der bestehenden Verhältnisse lehrt uns, wie wir es nicht angreifen dürfen, um die Menschheit auf immer höhere Stufen zu heben. Sie lehrt uns, daß die herrschenden Zustände sich selbst abschaffen und in nicht fernerer Zeit sich ab- schaffen müssen. Dafür, wie dies zu erfolgen habe, brauchen wir nicht zu sorgen, wohl aber dafür, daß, wenn der Um- schwung eintritt, eine insoweit disciplinirte und denkreifc Be- völkerung vorhanden sei, und daß der kapitalistische Geist in den Völkern durch einen brüderlichen möglichst ersetzt sei. Die Gegner unsrer Ansichten vergessen regelmäßig, daß wir den Zukunftsstaat gar nicht aufbauen können, bevor wir eine Mehrheit von Menschen haben, welche den Wahlspruch:Jeder für sich, und Gott für uns Alle" bereits gegen den anderen Alle für Jeden, und Jeder für Alle" vertauscht haben. Falls diese Bekehrung rascher vor sich gehn sollte, als bisher glaublich war, so würden nur unsere Gegner durch die vernunftwidrige Kampfesweise, welche sie gegen uns anwenden, daran schuld sein. In bewegten Zeiten lernen die Massen erstaunlich rasch denken und Vernunft annehmen. Die Beweggründe, welche heut- zutage fast jeden Menschen bestimmen selbstsüchtige und fanatische, kurzsichtige und abergläubische, weichen nicht blos all- mälig einer vernünftigen Erziehung, sondern oft genug auch plötzlich großen, erschütternden Sch cksalen. Auf den Adel der Menschennatur bauen wir die sicherste aller Grundlagen. Wenn es erst soweit gekommen ist, daß es im alten Schlendrian nicht mehr fortgehen kann, dann wird Jeder bis zu einem ge- wissen Grade ein anderer Mensch und fortschrittsfähig. Und mit fast jeder einzelnen der von uns vorgeschlagenen Einrichtungen ist bereits in der Weltgeschichte gelungene Probe gemacht worden. Die Zünfte des Mittelalters waren eine solche für ihre Zeit gelungene Probe, die heutigen Gewerkschaften der Lohnarbeiter und die Wanderversammlungen der Gelehrten und Techniker zeigen, wonach die Neuzeit strebt. Die Sclbstregierung in Gemeinden und die Entkleidung des Staates von Biel- regiererei haben viele Proben bestanden. Zur gemeinsamen Con- sumtion und Lebensweise überhaupt sind zahllose gelungene An- sätze gemacht worden. Und alle diese Fortschritte wären längst in ein Ganzes zusammengefaßt und zu wahrhaften Freistaaten ausgebildet worden, wäre nicht der ganze Geist unsers Zeitalters, der das Extrem des schlechten Individualismus bis in seine letzten Folgerungen auszubilden verurtheilt ist, jedem Versuch einer großen Gesammlprobe mit dem Zukunftsstaate abhold. Schließlich kommt wenig darauf an, daß wir unsre grund- sätzlichen Gegner von der Möglichkeit und Nothwendigke'it des Zukunftsstaates überzeugen. Wenn nur möglichst viele Derjenigen davon überzeugt sind, welche sich nach Erlösung von der alten Welt und ihrer Gesellschaft sehnen. Und deren Zahl ist Legion und wächst lawinenartig. Sozialpolitische Ueberstcht. Zur W ilhelmsspende. DieS eigenthümliche csnserva- tive Wahlmauöver hat auch in Bezug auf die erhoffte Summe und auf die Größe der Betheiligung Schiffbruch erlitten. Kaum 3 Millionen Mark sind zusammengebracht worden, kaum ein Drittel der Bevölkerung des deutschen Reiches hat sich an der Spende betheiligt. Und auf welche Weise ist die Summe zu- sammengekommen? Durch Drohungen mit Arbeitsentlassung, durch ausdrückliche Erklärung, daß Jeder, der sich nicht bethei- lige, ein Sozialdemokrat, ein Förderer des Kaisermordes sei! Das Volk hat aus solche Niederträchtigkeiten die richtige Antwort gegeben es hat sich in seiner großen Mehrheit an jenem Wahlmanöver nicht betheiligt! Am kläglichsten ist die Spende in Halle(circa<10,000 Einwohner) ausgefallen; in Halle, wo man die Reichsfeinde, die Sozialdemokraten, mit Stumpf und Stiel auszurotten versucht. An der Spitze der Sozialistenfcinde befindet sich der Staatsanwalt in Halle, ein Herr Woytasch, der schon gerade so viele Redakteure eingesperrt hat, als Nummern des dortigen sozialistischen Blattes(5) erschienen sind; obendrein Wirken so vieler ausgezeichneter und eigenthümlicher Persönlich- leiten, Fürsten , Staatemänner, Krieger, Schriftsteller, wie sie das 18. Jahrhundert besitzt, entgeht unserer Zeitgeschichte ganz. Aber eben das, was ihren Inhalt von dieser Seite gering macht, macht ihn von der anderen Seite desto bedeutender. Den Reiz der Geschichte jener anderen Zeiten erkauft man um den nieder- schlagenden Preis, daß die Völker neben jenen großen Ein- zelnen ganz unthätig waren, daß sie nur den Stoff abgaben, in dem die leitenden Männer des Tags nach Gutdünken wirkten. Dagegen in unserer Gegenwart bewegen sich wie im 16. Jahr- hundert die Völker selbst in Massen, und in allen ihren Theilen und Schichten. Und dies ist die eigenthümliche Größe dieser Zeit. Der hervorragende Rang der großen Begabung ist' in Abnahme, aber die Zahl der mittleren Begabungen ist in desto größerer Zunahme begriffen; nicht die Qualität, nicht die Höhe der Bildung der Einzelnen macht den Ruhm dieser Zeit aus, sondern die Quantität, die Weite, die Ausbreitung der Bildung unter den Vielen; es ist im Einzelnen nichts Großes und Er- habenes geschehen, aber im Ganzen ist dies wahrhaft eine große und erhabene Wendung in der Gestalt des öffentlichen Lebens, daß die Geschichte dieser Zeit nicht blos Biographien und Fürstengeschichten zu erzählen hat, sondern Völkergeschichte. Die Bewegung in diesen großen Massen des ganzen Welttheils ist getheilt und langsam, und der Fortschritt unterbrochen und gehemmt, eben weil es große und ungleichartige Massen find; aber die Vorbereitung reicht weit; und wenn die Erfolge noch der Art find, daß sie den Raschlebigen und Ungeduldigen auf Augenblicke entmuthigen, so sind doch die Versprechungen dieser Zeit so groß und verlässig, daß sie auch selbst den Muthlosesten mit dem Gefühle aufrichten: es sei dies eine Zeit, in der es sich lohne, gelebt zu haben. Ist es nicht eine Zeit tiefgehender, den inneren Menschen bildender Cultur, so ist es dagegen eine Zeit weitreichender, die äußere Lage der Menschheit fördernder Civili- sation. Was die praktischen Wissenschaften und technischen Künste, aus Vieler zusammengeschossenen Kräften und Erfahrungen, in diesen Zeiten Außerordentliches erzeugen, wirkt wie einst die großen Ereignisse und Erfindungen im 15. und 16. Jahrhundert vus das Hereinziehen immer größerer Massen in die Kreise der Bildung und des Wohlergehens. Die sichere Begründung der Naturkenntniß von Himmel und Erde schließt Aberglauben und Unwissenheit, wie einst die Reformation, in immer engere Räume; die Dampfmaschinen, Eisenbahnen und Telegraphen bringen, wie einst die Druckerkunft und die erweiterte Schifffahrt, eine Be- schleunigung, eine Verbreitung, eine Gemeinsamkeit aller einzelnen ist auch noch der Hauptführer derKaisermörder", Hugo Nödi- ger, neuerdings wieder verhastet worden und dennoch das kläg- liche Resultat bei der Wilhclmspende. Es haben nämlich 19,081 Personen 5364 M. 80 Pf. beigetragen. In den Volksschulen haben 2920 Kinder 41 M. 20 Pf. gesammelt, jedes also sich mit 12 Pf. betheiligt; in den städtischen Bürgerschulen haben 2463 Kinder 164 M. 38 Pf. gespendet. Also 19,000 Personen von 60,000; darunter circa 5500 Kinder in den Schulen! Und da nennt sich Halle eine reichstreue Stadt. Aber auch in Berlin , und selbst in Leipzig ist die Spende nicht reichlich aus- gefallen. Wenn es also nach der Meinung der Herren Reichs- freunden ginge, so bestände die deutsche Nation zu zwei Dritt- theilen aus Reichsfeinden! Auf dem Wege nach Canossa ! Ueber Kissingen führt auch geographisch der Weg von Berlin nach Italien . Die dortige Zusammenkunft Bismarcks mit dem päpstlichen Nuntius Masella, welche den Büßgang nach Canossa , das heißt das Nach- geben des deutschen Reiches in demCulturkampfe" gegen die römische Kirche einleiten soll, scheint von Erfolg in dieser Be- ziehunz zu sein. Der klassische Boden, auf welchem Kullmann auf denHeros des Jahrhunderts" schoß, ist allerdings für die b-worstehenve Demüthigung sehr geeignet. Die Anhänger Bismarcks glauben noch gar, daß der Fürst aus den Unterhand- lungen siegreich hervorgehe. Dem entgegen aber möge man be- denken, daß noch Niemand, der mit Rom unterhandelt hat, Sieger geblieben ist. Das tausendjährige Reich des Fürsten Bismarck ist nahe. Wie aus einer uns vorliegenden Statistik der Attentats- Majestätsbeleidigungen erhellt, waren bis Mitte der vorigen Woche achthundertundelf Jahre elf Monate und vier- zehn Tage an Gefängnißstrafen über 521 Majestätsbeleidiger, darunter 31 Frauen und etwa ein Dutzend Kinder verhängt worden. Nur in 42 Fällen hatten die Gerichte auf Freisprechung erkannt. Fünf der Verurtheilten haben sich in Folge ihrer V�r- urtheilung selbst entleibt. Diejenigen Städte, welche am meisten Majestätsbeleidigunzen geliefert, sind in alphabetischer Ordnung: Berlin , Breslau , Bonn . Bochum , Danzig , Duisburg , Elberfeld , Görlitz , Halle und Lobsens, d. h. überwiegend mon- archistische und unsozialistische Städte(7 unter 10). Man muß gestehen, unser genialer Herr Reichskanzler hat esherrlich weit gebracht". Ein wirklicher Patriot. Den patriotischen Beklem- mungen einzelner Mitglieder der Kriegervereine leistet der Vor- sitzende desVereins der ehemaligen Division Kummer", die sich bekanntlich gerade im letzten Feldzuge außerordentlich hervorthat, energischen Widerstand; derselbe, C. Sievert ist sein Name, erklärte nämlich von Berlin in derBerliner Freie Presse" unter dem 22. d. M., daß er es fürunstatthaft und ungesetzlich hält, daß deutsche Krieger-Vereine sich in corpore mit Politik befassen." Außerdem erklärt er aber auch, daß die in einem Flugblatt: An die Conservativen der Hauptstadt" vorhandene Unterschrift C. Sievert, Baumstraße, Vorsitzender des Vereins der ehemall- gen Division Kummer", nicht von ihm herrührt." Zwei ehemalige Zuchthäusler, so schreibt der Bürger- und Bauernfreund" aus Jnsterburg, waren die Agita- toren für die Wahl des Oberstaatsanwalts Saro. Die- selben erhielten pro Tag 3 Mark. Zu dieser Nachricht haben wir kein Wort hinzuzufügen. Toll gewordene Fortschrittler und Liberale. Wir lesen in derBerliner Volkszeitung":Nachdem das Wahl- resultat im sechsten Berliner Wahlkreise am Dienstag Abend endgiltig festgestellt war, wurde dasselbe von dem Vorstande deS Wahlvereins unverzüglich dem in Deplitz weilenden Kaiser tele- graphisch mitgetheilr und gleichzeitig im Namen der anwesenden, nach Tausenden reichstreuen Bürger der freudigen Genugthuung Ausdruck gegeben, daß es gelungen sei, den Wahlkceis von den Sozialdemokraten zurückzuerobern." Aus Chemnitz meldet dasselbe Blatt, daß ein Telegramm an den Kaiser folgenden Inhalts von den Liberalen abgesandt worden ist:Die Liebe zn ihrem Kaiser hat dm Reichstreuen im 16. sächsischen Wahlkreise einen glänzenden Sieg erringen helfen. Die Hochburg der So- zialdemokratie ist gefallen. Gott schütze Ew. Majestät." Wir Fortschritte hervor, die zum Vortheile der allgemeinen Civilisation selbst die Zeiten und Räume besiegt. Nie ist der Zusammenhang aller Erdthecke vollständiger, die Mittel der Verbindung viel- fältiger, der Verkehr rascher und allgemeiner, die Kenntnisse ausgedehnter, die Bildungsmittel zugänglicher, die Allfertigkeit der Menschen zu jeder Thätigkeit größer, Wohlstand, Behaglich- keit, Genuß und Leichtigkeit des Lebens allgemeiner v.rbreitet, nie aber auch allgemeiner begehrt und angestrebt gewesen, als heute. Die Regsamkeit in allen Richtungen des häuslichen Lebens hat sich auch in dem öffentlichen Leben geltend gemacht. Und auch hier sind es die Massen, die die Politik zu machen beginnen. Mit der Sicherheit, die dem Instinkte der Menge eigen ist, sor- muliren sie ihre Forderungen, unverblüfft von dem Besserwissen der Doktrin, genau nach ihrem Vortheil und Bedürfniß, und bestehen auf ihnen mit der einfachen Folgerichtigkeit des wohl- verstandenen Interesses, unerschreckt von dem Widerstand und den zeitweisen Siegen der Gegner. Ihre Forderungen aber gehen dahin, daß der Staat das Wohl der Vielen endlich seine Sorge sein lasse, und nicht das der Wenigen und Einzelnen. Und sie stützen sich, dies- Forderungen, täglich mehr auf einen den Klarsichtigen einleuchtenden, den Verblendeten drohenden Grund, den schon die ersten Calvinistischen Staatslehrer warnend gepredigt hatten: daß es Staaten gebe ohne Fürsten , aber nicht ohne Volk. Diese Forderungen sind den Völkern gemeinsam, das Ziel ihrer Bewegungen ist ein gleichartiges. Nicht daß sie nothwendig auf eine einzige gleiche StaaUform hinausgehen müßten, aber sie gehen alle von einem gleichartigen Staatsbegriffe aus. Der strenge Staatsbegriff des Alterthums ist angesichts des neueren Staatsideals in Amerika unmöglich geworden. Niemand wird für glaublich halten, daß die straffen Ordnungen Englands Aus- ficht hätten aus das Festland überzugehen, Jedermann für unaus- bleiblich, daß die demokratischen Ideen, die die Well bewegen, vielmehr allmählig nach England überdringen. Der Jndividua- lismus, das Selbstgefühl der Persönlichkeit, ist zu stark in dem Menschen geworden, als daß er die Staatsbegriffe und Ord- nungen nicht lockern, die geschlossenen Körperschaften, die Staaten im Staate, nicht auflösen, allen Kasten- und Standesunterschied nicht ausgleichen sollte. Denn das Streben nach der Gleichheit aller Verhältnisse, nach der Freiheit von Mensch zu Mensch, ist in diesem Selbstgefühle der Persönlichkeit nothwendig begründet. Die politische Gleichheit aber, wenn sie nicht der Ausdruck der gleichen Unterdrückung unter der Despotie ist, verlangt die Herr- scbaft des Volkswillens nach der Entscheidung der Mehrheit;