können nur unsere Anfangsworte wiederholen:Toll gewordene Fortschrittler und Liberale". Selbsterkenntniß. DieVerl  . Volkszeiwng" schreibt in ihrem Wahlfeuilleton wörtlich:Darauf hat die Fortschritts- Partei ein nicht sehr loyales Wahlmanöver verübt, denn es ist darauf zu lesen: Arbeitercandidat Klotz. Da die Männer der Fortschrittspartei stets es abgelehnt haben, eine bestimmte Klaffen- oder Jntereffenvertretung zu übsrnehmen, so ist dies ein wenig Bauernfängerei." Daß der sechste Berliner  Wahlkreis lediglich durch polizeiliche Bedrückungen und durch fortschrittliche Bauernfängerei unserer Partei verloren ge- gangen ist, das wußten wir sofort. Und dabei noch ein Sieges- telegramm an den Kaiser! Das streift ja geradezu an Majestäts- deleidigung. Prächtig abgeblitzt. In der am 2. August in Leipzig  stattgehabten Sitzung des Kreisausschusses, so meldet das .Leipziger Tageblatt  ", kam unter Anderm auch die durch Herrn Hofrath Kleinschmidt vermittelte Petition einer Anzahl Gastwirthe der Umgegend Leipzigs  , welche um Wiedergestattung der Abhal- tung allsonntäglicher Tanzmusik gebeten und gewtssermaßen als Gegenleistung das Anerbieten gethan hatten, dann ,n Zukunft ihre Säle zur Abhaltung sozialdemokratischer Ver- sammlungen nicht mehr hergeben zu wollen, zur Erle- digung- allerdings nicht im Sinne der Petenten. Der Referent der betreffenden Petition wies nämlich ausdrücklich gerade auf dieses Anerbieten hin und erklärte, daß diese Art und Weise, «m Gewährung eines Vortheils zu petitioniren, schwerlich dazu führen werde, das Gesuch zu unterstützen. Man fand, kurz ge- sagt, das Ansinnen doch etwas zu unzart, um darauf eingehen S können, und die Petenten wurden demzufolge abschlägig be- ieden..Unzart" nennt dasTageblatt" das Ansinnen; zu deutsch   würde es heißen: frech! Im Uebrigen war es vorder Wahl gerade dasTageblatt", welches diejenigen Wirthe eines besonderen Lobes für würdig erachtete, welche den Sozialdemo- traten ihre Lokale verweigerten. Somit hat auch dasTage- blatt" durch den Beschluß des Kreisausschuffes eine lehrreiche Lektion für seinunzartes" Benehmen erhalten. Komische Logik. Daß dieVernichtung der Sozial- demokratie" nicht gelungen ist, müssen die Herren Reaktionäre aller Schattirungen sich jetzt seufzend gestehen. Statt nun aber daraus den Schluß zu ziehen, daß derVeruichtungs"-Versuch Blödsinn war, und solchen Blödsinn für die Zukunft zu unter- lassen, sind einige besondersgeniale" Reaktionäre zu dem Schluß gekommen, das allgemeine Wahlrecht sei an dem Wachsthum der Sozialdemokratie schuld, und wenn man das allgemeine Wahl- recht beschränke, das heißt zerstöre(denn beschränktes Wahl- recht ist kein allgemeines mehr), so habe man damit auch die Sozialdemokratie zerstört. Das allgemeine Wahlrecht zeigt Ans einfach, wie der Puls der kranken Gesellschaft schlägt, und der Staatsarzt, der diesen sozialen Gesundheitsmesser zer- bricht, begeht eine ebenso thörichte als gefährliche Handlung. Das ist ungefähr gerade so logisch und vernünftig, als wenn ein Arzt die Uhr, welche den Pulsschlag des Kranken constatirt, als Ursache der Krankheit betrachtete und in Stücke schlagen wollte, um die Ursache der Krankheit zu entfernen und damit die Krankheit selbst zu heben. Wegen ungesetzlicher Handlungen und Mißbrauchs der Amtsgewalt wird seitens der sozialdemokratischen Wahlcomitös -gegen den Wahlcommissar im 22. sächsischen Wahlkreis, Amts­hauptmann v. Polentz in Auerbach  (Auer'scher Wahlkreis) und die Bürgermeister von Rötha   und Zwenkau  (13. sächsischer Wahl- kreis) bei der Staatsanwaltschaft Strafantrag gestellt werden. Ein Plakat des Wahlcomitös der Leipziger   Fortschritts- Partei kündigt gegen dasLeipziger Tageblatt  " Stellung eines Strafantrags an, weil dasselbe an der Wahrheitsliebe des fort- fchrittlichen Comitös gezweifelt. Uns nimmt diese Feinhäutig- keit des fortschrittlichen Wahlcomitös gegen einen vergleichsweise milden Angriff Wunder, denn das Wahlcomitö der Fortschritts- Partei hat in seinem Flugblatt für Dr. Heine mit einer so bodenlosen Gemeinheit die sozialdemokratische Partei in Leipzig  angegriffen, daß alle Angriffe desTageblatts" gegen uns und bedingt eine Regierung, die nicht auf die Vorspiegelung eines göttlichen Recht« gegründet ist, sondern auf die Nothwendigkeit; erfordert eine Gesetzgebung, die auf dem Bedürfnisse der Gesell- schaft ruht, über das die Gesammtheit selber urtheilt. Nach diesen volksfreundlichen Begriffen, Formen und Ordnungen des Staats und der Gesellschaft drängt Alles in dieser Zeit in einer Gemeinsamkeit und Unaufhaltsamkeit hin, als ob die Schicksals- gewalten unmittelbar einwirkten, einer geschichtlichen Idee Gestalt and Körper zu geben. Der Kampf dieser Zeiten gilt dem Emporstreben eines vierten Standes. Die große geschichtliche Frage ist, ob dies Bestreben «in vorübergehendes, unter den Vorgriffen menschlicher Willkür verfrühtes sei, oder ob in ihm eine vorsichtliche Schickung er- kennbar wird, der es rathsam ist sich zu beugen. (Fortsetzung folgr.) Die Gesetzeskunde unseres Herrn Reichskanzlers« kann nicht sehr weit her sein, wenn folgende, bis jetzt unwider- Legte,Anekdote", welche ein Kiflinger Kurgast an dieVossische Ztg." schreibt, wahr ist:Am Morgen des Wahltags bildeten sich(in Kissingen  ) auf der Brunnenpromenade zahlreiche Wähler- gruppen, in denen ein Wahl-Aufruf des vereinigten reichstreuen Eomitös des Wahlkreises Neustadt a. d. Saale zur Vertheilung und Besprechung gelangte. Der Wahlaufruf steht auf dem Boden ber vereinigten liberalen Parteien und empfiehlt für die Reichs- tagswahl als Candidaten den Gutsbesitzer Freiherr Carl v. Stein in Bölkenshausen bei Mellrichftadt, ein deutsch national-gesinnter, reichstreuer Ehrenmann. Es wurde im Eonversations-Verfahren der Beschluß gefaßt, sich an der Wahl zu betheiligen und für Herrn v. Stein zu stimmen und dieser Beschluß gelangt sofort zur Ausführung, als bekannt wurde, daß sowohl der Reichs- kanzler Fürst Bismarck  , als auch seine beiden hier weilenden Söhne, die Grafen Wilhelm und Herbert von Bismarck   sich an der Wahl betheiligen und aller Wahrscheinlichkeit nach und wie aus einzelnen Bemerkungen der Letztgeuannten zu schließen fei für den Freiherrn   v. Stein stimmen werden. Der Reichs- Kanzler und seine beiden Söhne, so wie sein sonstiges preußisches Personal wählt übrigens mcht im Wahlkreise Kissingen, sondern «n Wahlbezirk.Klosterhausen", wozu seine Wohnung gehört. Soeben treffe ich mehrere Landsleute aus dem zweiten Berliner  Wahlkreise, die es bedauern, heute nicht ihre Stimme für Herrn Klotz abgeben zu können, die aber sämmtlich für Herrn v. Stein stimmen werden. Uebrigens wird es schwer halten, den Reichs- wahrlich auch gegen die Fortschrittspartei dadurch in Schatten gestellt wurden. Leichtfertiges Urtheil. Unter diesem Titel schreibt unser Züricher   Parteiorgan: DasZüricher   Volksblatt" bringt ein Avis eines sozialdemokratischen Blattes in Deutschland  , daß die Genossen Alles, was ihnen jetzt von den Herren vorgelegt werde, unterschreiben sollen, da solche durch die Hungerfolter erzwungene Versprechungen doch keine moralisch bindende Gel- tung haben könnten. Dazu bemerkt das genannte Blatt, daß sich auf solche Weise die Sozialdemokratenin der Achtung aller Ehrenhaften herab- würdigen". Wirklich, es ist sehr leicht, ein solches Urtheil in die Welt hinauszuschreibcn, wenn man selbst sicher sitzt und dasEhren- Haft sein" durch keine Versuchung gefährdet ist. Man beweist aber damit auf's Deutlichste, daß man von dem, über was man schreibt, gar keine Kenntniß hat. Wissen Sie, Herr Volksblatt-Redakteur, was es auf sich hat, wenn ein paar Hunderttausend Arbeiter, wenn sie nicht unter­schreiben, entlassen werden? Entweder muß eine Partei dann für ihre derart Gemaßregelten genug Geldmittel zum Unterhalt derselben in den Händen haben oder sie hat zu gewärtigen, daß die zur Verzweiflung Getriebenen zu blutigen Ausschreitungen greifen, wodurch gegenwärtig am allersicher- sten die Reaktion einen vollständigen Sieg erlangen würde.(Das wäre unzweifelhaft Wasser auf die Mühle unserer Mordspatrioten gewesen. R. d.  B.") Es ist nun schwerlich zu vermuthen, daß die Redaktion des Zürcher Volksblatt" der Sozialdemokratie Deutschlands   die Geldmittel zur Verfügung stellen könnte oder wollte, um die Maßregelung über ihre Genossen wirkungslos zu machen, da- gegen ist um so mehr vorauszusehen, daß diese Redaktion im Falle von Putschen, ebenso wie andere Blätter über die zur Verzweiflung Getriebenen herfallen würde. Die deutsche Sozial- demokratie hat daher ganz wohl gethan, auf die sehr Wandel- bare und in keinem Falle Beistand leistendeAchtung aller Ehrenhaften" zu verzichten und sich über solche Kurzsichtigkeiten hinwegzusetzen. Wenn das genanntedemokratische" Blatt kein Wort der Entrüstung über die schmähliche Sozialistenhetze hat und nur vornehm über die Gehetzten abspricht, dann muß es sich nicht wundern, wenn die schweizerischen Sozialdemokraten auf eine solche GattungDemokratie" nichts mehr geben." So dieTagwacht". Es giebt auch in Deutschland   Leutchen, die sich das hinter die Ohren schreiben mögen. Parteigenossen! Es ist eine allseitig feststehende That- fache, daß bei den letzten Reichstagswahlen die Liberalen aller Schattirungen, ebenso wie die Conservativen sich die schlimmsten Wahlbeeinflussungen haben zu Schulden kommen lassen. Ebenso steht es fest, daß vielfach die Behörden, namentlich die Polizei- organe die Gesetze verletzt haben, schon deshalb, weil man bei uns verboten und hintertrieben hat, was man den Gegnern er- laubte. Es ist nothwendig, daß alle Vorkommnisse dieser Art sofort genau festgestellt werden, daß man für die einzelnen Fälle möglichst viele und glaubwürdige Zeugen zu gewinnen sucht, um die stattgehabten Unregelmäßigkeiten im Falle einer gerichtlichen Untersuchung beweisen zu können. Ort, Namen und nähere Um- stände müssen also überall wahrheitsgemäß festgestellt werden. Die so gewonnenen Thatsachen sind zu einem Bericht zu- sammen zu stellen und sofort nach dem Zusammentritt des Reichstags dem Bureau desselben zu übersenden. Wahlproteste, die später, als zehn Tage nach dem Zusammentritt des Reichstags bei dem Bureau ein- gehen, bleiben unberücksichtigt. Auch ist es nothwendig, daß unsere Vertreter von den eingesandten Protesten Nachricht erhalten. Parteigenossen seid auf dem Posten. Parteigenosse Rödiger in Halle ist am 1. August ohne Angabe des Grundes plötzlich verhaftet worden. Genosse Tauscher wurde in Nürnberg  , wo er für die Wahl Grillen- berger's thätig war, auf Requisition der Augsburger   Behörden wegen Fluchtverdacht am 28. Juli verhaftet. Derselbe war kanzler zur Wahlurne schreiten zu sehen, er ist fast unsichtbar und weicht den Kurgästen auf jede nur denkbare Weise aus, um ihrer Besichtigung zu entgehen. Zum Schluß(der Brief muß schnell zur Bahn, um den Berliner   Zug zu erreichen), daß die heutige Wahl auf jeden Fall wegen Zulassung der Kurgäste an- gefochten werden wird." Allerdings ist es ungesetzlich, daß ein Gast an dem Orte, wo er nicht in die Wählerliste eingetragen ist, seine Stimme abgiebt. Daß Fürst Bismarck   diese allbekannte Bestimmung des von ihm selbst entworfenen Wahlgesetzes nicht kennen sollte, ist in der That kaum zu begreifen. Im Frankfurter  Jntelligenz-Blatt" vom 1. August ist folgendes Inserat zu lesen: Anfrage. Sollte sick in ganz Frankfurt   und Sachsenhausen   nicht ein einziger Mensch finden, der einem durch die Zeitverhältnisse zurückgekommenen Familienvater von 6 Kindern zu irgend welcher Beschäftigung verhilft? Derselbe war 25 Jahre in einem Geschäft, theils als Reisender und Comptoirist thätig, spricht gel. französisch und befitzt alle kauim. Kenntnisse. Jede Art Beschäftigung drin- gend erwünscht. Nähere Adresse in der Exped. ds. Blattes zu erfahren." Diese neun Zeilen starke Anfrage redet lauter und verständ- licher als eine ganze sozialdemokratische Versammlung und läufr trotzdem keine Gefahr,aufgelöst" zu werden. So kann der denkende Mensch täglich, stündlich mit eigenen Augen sehen, mit Händen fühlen, wie herrlich weit wir es einestheils schon gebracht, anderentheils noch bringen können, wenn nicht bald und endgültig Recht und Vernunft ans Ruder kommen. o Noch nicht dagewesen! Für den liberalen Abgeord- neten in Stuttgart  , Herrn Hölder, hat man vor der Wahl in der sinnigsten Weise fagitirt. So finden wir nachträglich fol- gende Annonce im Stuttgarter  Neuen Tageblatt": Wählerversammlung. Am Sonntag den 28. d., Mittags 3 Uhr, findet im Herzog Karl, Hackh'scher Gartensaal, eine große Volksversammlung statt, in welcher Herr Fabrikant Äürkle von Großheppach als Redner auftreten wird. Die Zwischenzeit wird mit Piano ausgefüllt. Entrö 20 Pfennige." Also ist Hölder gusisimit Pauken und Trompeten" in den Reichstag   gebracht worden. zu 8 Tagen Haft wegen Beleidigung verurtheilt worden. Zwei Tage vor der Wahl und wegen 8 Tage fluchtverdächtig! Merkt Ihr etwas? Unser Genosse Dietzgen ist vom Zucht- Polizeigericht zu Köln   freigesprochen worden. Auf Antrag des Staatsanwalts, welcher Appellation einlegte, wurde unser Freund jedoch in Haft gehalten. Parteigenosse Schröder in Stuttgart   wurde wegen Religionsbeschimpfungunter den er- schwerenden Umständen", wie der Staatsanwalt hervorhob,daß der Beschuldigte Sozialdemokrat sei", zu 4 Monaten Gefängniß verurtheilt worden. In Remscheid   ist die Wahlagitations- nummer desVorwärts", die überall unbeanstandet geblieben ist, consfiscirt worden. Der Colporteur wurde verhaftet, aber bald darauf schon wieder entlassen. Der§ 131 des Straf- gesetzes, Schmähung von Staatseinrichtungen, soll die Beran- laffung gewesen sein. Wie derWahrheit" aus Wien   berichtet wird, ist der frühere Redakteur derselben, Karl Keller, welcher durch die Flucht sich einer über ihn verhängten Gefängnißstrafe entzogen hat, auf Requisition der hiesigen Staatsanwaltschast am 31. Juli früvzeitig aus dem Bett verhaftet und in das Wiener Polizei- gefängniß, einem der schrecklichsten Jnternirungsorte, eingeliefert worden. Am 1. d. Mls. ist er dem Landesgericht überwiesen worden. Da politische Verbrecher von Oesterreich nicht ausge- liefert werden, ist es noch fraglich, ob Keller nach Preußen transportirt wird. Correspondenzen» Wien  , 27. Juli. Die österreichischen Staatsretter suchen in ihrer Thätigkeit die Deutschen   womöglich noch zu übertreffen; für uns existirt das Vereins- und Versammlungsgesetz schon seit längerer Zeit nicht mehr. Unter den geringfügigsten Ursachen werden Vereine gewerblicher und politischer Natur aufgelöst. Man weiß gar nicht mehr, was politischer Verein heißt. Ebenso hat sich unsere Presse einer ungeheuren Aufmerksamkeit zu er- freuen, derSozialist" erscheint fast immer in zweiter Auflage. Die in Reichenbach   in Böhmen   erscheinendeRundschau" bringt es oft zu zwei bis drei Auflagen und dann find die Spalten auch oft genug noch leer. Man will uns auf diese Art zu Tode Hetzen und es ist zu verwundern, daß es trotzdem noch so ruhig fortgeht, aber beständiger Druck erzeugt Gegendruck und so glaube ich, daß man auch trotzdem in Oesterreich   die Sozial- demokratie nicht gänzlich vernichten kann. Der Prozeß Schwar- zinger's, über den Sie schon berichteten, beweist wiederum aufs Eklatanteste unsere Widerstandsfähigkeit und zeigt, mit welcher Begeisterung Einzelne für ihre Uebcrzeugung in die Schranken treten. Genossen! nehmt Euch ein Beispiel daran und schaart Euch fest und fester um unser Banner, wenn auch der Sieg un- serer Sache noch weit vor uns liegt. I. G. St. Iranüfurl a. M., Ende Juli. In X. wurde Anfangs dieses Monats ein Parteigenosse ausgewiesen, den man zum Polizei- Präsidenten vorgeladen und dem man dort, nach Feststellung seiner Personalien, einfach mitgetheilt hatte, daß man seine Aus- Weisung aus den preußischen Staaten bei der Regierung in W. beantragen werde. Kurze Zeit darauf wurde derselbe Genosse auch schon wegen Verdachts, mit HöSel in Verbindung gestanden zu haben, verhastet. Nach vierzehntägiger Haft wurde der Ge- nosse entlassen, nach einigen Tagen indeß wiederum zum Polizei- rath bestellt, worauf ihm gesagt wurde, daß er aus polizeilichen Gründen ausgewiesen werde. Auf die Frage nach diesen Gründen hieß es, darnach habe er nichts zu fragen. Hierauf in's Ge- fängniß zurückgeführt, holte man den Genossen nach zwei Tagen abermals zum Verhör und theilte ihm mit, daß er in ändert- halb Stunden per Schub fortgeschafft werde. Das Gesuch des Gefangenen, seine Schulden bezahlen und sich mit Geld und Wäsche versehen zu dürfen, wurde abschläglich beschieden; er wurde mit Ketten gefesselt und so durch die Straßen geführt. Gewiß ein bezeichnendes Merkmal für unsere herrlichen deutschen  Zustände. Von hier ging's nach H.; am andern Tage, immer mit Gendarmenbegleitung, über mehrere preußische Orte zu Fuß bis in's Bayerische hinein. In Brückenau   wollte man ihn, da er keine Reisemittel und ebenso wenig Legitimationspapiere be- saß, per Schub weiter befördern. Da er jedoch erklärte, erst an die österreichische Gesandtschaft nach München   schreiben zu wollen, ließ man ihn, mit einem Zwangspaß versehen, allein weiter reisen. Das nennt man nun Gerechtigkeit im deutschen Reiche: einen unbescholtenen Menschen, dem durchaus nichts nachzuweisen ist, darum, weil er Ausländer und einer radikalen Anschauung huldigt, einfach auszuweisen und wie den gemeinsten Verbrecher auf der Landstraße herumzuschleifen. O Deutschland, was ist aus dir geworden! Aranüfurt a. M., 31. Juli. Es dürfte von weitergehendem Interesse sein, über die hiesige Wahlschlacht einige Mitthei- lungen zu machen. Das Wahlresultat muß, wenn auch Ihren Lesern schon vollständig bekannt, hier nochmals angeführt werden. Von 19,300 abgegebenen Stimmen(gegen 15.128 1877) er- hielten: Demokrat Sonuemann 6867, Nationalliberaler Dr. Var- rentrapp 4583, Sozialist Döll 4080, Fortschrittler Dr. Ebner 2526, Centrumsmann Janssen 368, Deutschconservativer Heyden 213.(1877: Holthof 4922, Varrentrapp 4648, Frohme 3448, Flinsch 1491, Janffen 819.) Es hat demnach eine Stichwahl zwischen dem Demokraten Leopold Sonnemann   und dem Natio- nalliberalen Geheimen Gesundheitsrath Varrentrapp stattzufinden. Wie aus vorstehender Zusammenstellung ersichtlich, erhielten von den gegen 1877 mehr abgegebenen 4000 Stimmen die National- liberalen nicht nur keine einzige, sondern sie mußten sich noch mit einem Minus von 59 zuftieden geben! Und man kann ihnen doch wahrlich nicht nachsagen, daß sie Geld gescheut oder Ehrabschneiderei gefürchtet hätten! Daß die Herren vomWahl- verein" keine öffentliche Wählerversammlung einberiefen, haben verleumderische Zungen gleich übel ausgelegt; ich bin nicht so pessimistisch, sondern glaube, daß sich die Herren vor weiter weiter nichts als einer Auflösung gefürchtet haben jetzt, wo ja die Auflösungen die Regel bilden! Was hier m den letzten Wochen allesaufgelöst" wurde, das kann ich Ihnen nicht mehr angeben; es mag deshalb hier nur der Auflösungs- Kalender aus allerneuester Zeit folgen. Am Samstag wurde in Sachsen  - hausen eine von den Sozialisten einberufene Wählerversammlung und am Montag eine solche hier aufgelöst,wegen Ueberfüllung des Lokales"! Als in letzterem Falle nach Ansicht des Herrn Comm-ssärs die Räumung zu langsam von Statten ging, gab er dem mitüberwachenden Schutzmann Befehl:Holen Sie mi- litärische Hilfe; wenn man Ihnen nicht Platz macht, hauen Sie mit dem Säbel drein!" Als später Herr Döll in einer gleich- zeitig tagenden Sitzung des demokratischen Vereins diese Auflösungsgeschichte erzählte, wurden auch die Demokraten auf- gelöst, weil man höre, aber staune nicht der Herr Polizei- Commissär in dieser Versammlung eine Fortsetzung der eben aufgelösten erblicken zu müssen erklärte! Eine am Sonntag stattgehabte Versammlung der Centrumspartei wollte am Schluß ein Hoch ausbringen, was aber man staune abermals nicht