habe, für den snationalliberalen Candidaten zu stim- men. Als Tabo'r das Wahllokal verließ, wurde er von der wüthenden Menge angegriffen und mißhandelt. Gegen den Schluß des Wahlakts soll der Besitzer der Glashütte, Röhl, seine Arbeiter zum Wahllokal geführt haben und sie durch Darbietung von Getränken ermuntert haben, für Grumbrecht ihre Stimmen abzugeben. Wie dem nun auch sei, genug, die Vermuthung hiervon pflanzte sich rasch fort und erregte heftigen Unwillen auf Seiten der Gegner. Als Röhl sich entfernte, gingen fünf Polizisten zu seinem Schutze mit. Der wüthendc Pöbel kümmerte sich nicht darum, sondern brang auf ihn ein und schlug ihn auf barbarische Art." Wir verurtheilen natürlich solche Thätlichkeiten, wir vervr- theilen alle Rohheiten, von welcher Seite sie auch kommen mögen— aber Eins steht fest:„Die„Liberalen " haben durch ihre Wahlbeeinflussungen einzig und allein die Unruhen hervorgerufen."--- Unser Genosse Steffens aus Harburg schreibt an die Re- daktion des„Hamburg -Altonaer Volksblatt" folgenden Bericht: „Harburg , 18. August. Unsere Stadt gleicht heute einem Heerlager. Anläßlich der gestern stattgehabten Stichwahl zwischen Grumbrecht und dem Grafen Grote hatte sich gestern Abend auf dem Sande eine Anzahl Neugieriger zusammengefunden, man hörte„Hochs" auf Grothe und wäre die Sache vielleicht ruhig verlaufen. Mit einem Male— es war vielleicht 10'/- Uhr— wurde Feuerlärm geblasen, und es strömte Alles nach dem Sande hin. Der Menschcnknäuel wurde noch dichter. Dem liberalen Redakteur Lüdemann wurden die Fenster eingeworfen. Jetzt erschien Militär, zwar nur ein Wachtkommando. denn das hiesige Bataillon ist vor einigen Tugen ausgerückt zum Manöver. Es wurde in der Folge„scharf" geschossen; ein Mann aus der Menge wurde sofort getödtet. Zahlreiche Verwundungen sind vorgekommen. Auf sofortige telegraphische Nachricht ist heute nun das hiesige Bataillon wieder eingerückt und hat dasselbe auf dem Sande Aufstellung genommen. Patrouillen durchstreifen jetzt die Straßen, Warnungsplakate sind angeschlagen, den In- habern von Wirthschaftslokalen ist Ordre ertheilt, heute Abend um 10 Uhr zu schließen. Zahlreiche Verhaftungen haben statt- gefunden und dauern heute noch fort. Von den Verwundeten sind bereits einige heute gestorben. Unsere Genossen sind hieran nicht betheiligt. Steffens." Aus guter Quelle können wir hinzufügen, daß bei den zahl- reichen Verhaftungen, die vorgekommen sind, nur ein einziger Arbeiter, der unserer Partei angehört, verhaftet wurde, jedoch irrthümlicher Weise, da er sofort wieder in Freiheit gesetzt worden ist. Die„Harburger Anzeigen und Nachrichten", an deren Ge- schästslokal die Fensterscheiben eingeworfen sind, faseln aller- dings auch von den„vereinigten Sozialdemokraten und Welsen", die den Skandal gemacht hätten, jedoch setzen dieselben hinzu: »unter Anführung der Leiter der Welfenpartei". Zum Schlüsse spricht das Blatt nur noch von den Welsen. Der Schluß des Berichts der überaus sozialistenfresserischen, national- liberalen, Grumbrecht'schen„Harburger Anzeigen und Nachrichten" lautet nämlich: „Heute Morgen sind zunächst die Hauptführer der Welsen, der Vorsitzende des Wahlcomitös der deutsch -hanno- verschen Partei, Bremann, sowie der Tischler Moritz, welche sich mehr oder minder bei dem Aufruhr betheiligt haben sollen, sowie außerdem noch vielleicht 15— 20 Personen verhaftet. Die Vorgänge geben eine würdige Illustration der Partei, welche den Wahlspruch:„Für Wahrheit, Freiheit und Recht" auf ihr Panier geschrieben hat und sich unter dem Schutz der Geistlichkeit so gern mit christlichem Sinn brüstet." Der Sozialisten, die auch thatsächlich bei der ganzen Affaire nicht betheiligt waren, wird also nicht weiter gedacht; trotzdem sucht die„liberale" Presse in Deutschland dieselben mitverant- wortlich zu machen, damit die Bedenken gegen das Ausnahme- gesetz mehr und mehr schwinden sollen. Deshalb wird der ganze Krawall auch noch phantastisch auf- gebauscht. Ob die Soldaten recht gehandelt haben, gleich mit scharfen Patronen zu schießen und eine Menschenschlächterei in Scene zu setzen, das wird die Untersuchung erst noch feststellen. Bis jetzt steht fest, daß die Soldaten gar nicht von ihren ordentlichen Führern zum Schießen commandirt worden sind —„liberale" Reserveoffiziere außer Dienst sollen die Com- mandos abgegeben haben. Also die Bourgeoisie gegen die„Canaille", und wenn die „Canaille" auch nicht einmal roth, sondern nur gelb- weiß ist!!!--- Die„Kaiserlichen" haben Wahlbeeinflussungen, Wahl- fälschungen verübt, die„Royalisten" haben deshalb die„Kai- serlichen" geprügelt und ihnen die Fenster eingeworfen— das ist die einzige Ursache der Harburger Unruhen. und große Schonung nicht für wissenschaftliche Pflicht hielt. Die Operationen der napoleomschen Generale in der Lombardei ge» hören beispielsweise in diese Kategorie; er hat manches unlieb- same Wort darüber geschrieben. Wir erwähnen ferner aus Rüstow's Feder„Die Lehre vom neuen Festungskriege", eine Epoche machende Arbeit, in welcher sich der einstige Genieoffizier von der vortheilhaftesten Seite zeigt, dann„Die Lehre vom kleinen Kriege", eine deutsche Aus- gäbe des Cäsar von Napoleon III. mit kritischen Commentaren, ein Compendium des Kriegsrechts,— und können nicht versichern, ob die lange Reihe nicht doch noch unvollständig ist. Nicht ver- gesscn dürfen wir auch, daß Rüstow das Milizwescn wiederholt in beredter Weise gerechtfertigt hat. Hinsichtlich seiner Stellung zu der großen Frage„Krieg und Frieden" sei erwähnt, daß er kein Anwalt der humanitären Bestrebungen innerhalb des Kriegs- wesenS war, sondern von möglichst rücksichtsloser Kriegführung S?* pes ganzen Kriegshandwerkes erhoffte. Auch Remlmscenz mag im Augenblicke Beachtung ver- nri-nhiliiriWtt an' ,m Hinblick auf gründliche Erledigung der KV Eine ungebundene Natur und ein freier Geist, huldigte Rüstow dem politischen Radikalismus, ohne daß er sich gerade zu einem bestimmten Parteiprogramm bekannte. Ju sehr freundschaftlichen Beziehungen stand er, wie man sich erinnert, zu Lassalle. In der fatalen Duellaffaire rieth er demselben freilich erfolglos. sich vorher einzuichießen, um dem Gegner gewachsen zu sein, und sekundirte ihm. Nun ist er dem Unglücklichen nachgefolgt, viel- leicht selbst em Unglücklicher, wenn die erste betrübende Kunde Recht behält. Erwarten wir die Aufklärung. Aber wie diese bei einem Manne, der sich an den realen Härten des Lebens oft gestoßen haben mag, auch laute, so viel ist sicher: mit Wilhelm Rüstow , welchem zwei Brüder, ebenfalls ausgezeichnete Offiziere und Militärschriftsteller, in den Tod vorausgegangen, erlischt der letzte Stern aus einem berühmten Dreigestirn am literarischen Himmel, und ein Mann von großem Talente und großer Ar- deitskraft hat sich zur Ruhe gelegt.(Franks. Ztg.) Sozialpolitische Uebersicht. — Wir machen die Parteigenossen nochmals darauf aufmerksam, daß Wahlproteste spätestens 19 Tage nach Eröffnung des Reichstags sich in den Händen des Reichstagspräsidiums befinden müssen. — Die Nationalliberalen suchen der Regierung zu be- weisen, daß sie ihr unentbehrlich seien, und erbieten sich natürlich zu allen möglichen Liebesdiensten. Die Hiebe, die ihnen die junkerliche Hetzpeitsche während der Wahlcampagne versetzt, sind rasch vergessen. Natürlich ist es das Sozialistengesetz, das ihnen Gelegenheit geben soll, sich unentbehrlich zu zeigen. Wie ein Theil der„Partei" in dieser Beziehung denkt, erhellt aus fol- gendem Passus einer Rede, die Herr v. Bennigsen am 18. d. in einer Braunschweiger Wählerversammlung zu Gunsten Stauffen- berg's gehalten: „Zunächst wird dem Reichstage der Gesetzentwurf wegen Be- kämpfung der sozialistischen Umtriebe zugehen. So viel haben Sie jedenfalls aus den Zeitungen ersehen, wie recht der letzte Reichstag hatte, das damalige Sozialistengesetz abzulehnen, das in fünf Tagen über Hals und Kopf zusammengestellt war und welches eine Versammlung von Diplomaten und hohen Staats- beamten, den Bundesrath mit der polizeilichen Executive gegen die Sozialdemokraten beauftragen und den Reichstag zur Appellationsinstanz machen wollte. Jetzt ist es genau so ge- kommen, wie ich es im Frühjahr dem Minister Grafen Eulen- bürg sagte: der Reichstag wird im Herbst znsammenberufen, um ein sorgsam ausgearbeitetes Gesetz zu berathen. Als ich vor einiger Zeit in Berlin einen höheren Beamten fragte, warum man denn nicht den Reichstag sofort noch vor dem Congreß einberufen habe zur Berathung des Sozialistengesetzes, er- widerte dieser, das sei ja ganz unmöglichge Wesen, dennum das Gesetz auszuarbeiten, hätte man ja Wochen und Monate bedurft. Und zu dem vom Reichstage abgelehnten Entwurf hatte man nur fünf Tage verwandt! Jetzt wird man also ein sorgsamer vorbereitetes Gesetz vorlegen; über dasselbe sich schon jetzt aus- zusprechen, wäre verfrüht, weil es ja noch der Prüfung des Bundesrathes unterliegt. Aber eine Verständigung zwischen Regierung und Reichstag muß gelingen, um den gefähr- lichen Agitationen der Sozialdemokraten gegen die festesten Grundlagen des Staats und der Gesellschaft wirksam entgegen zu treten. Dazu wird es eines großen Maßes von Selbst- beherrschung auf allen Seiten bedürfen. Ich hoffe, daß die Verständigung gelingt, jedenfalls werden Herr v. Stauffenberg und ich uns redlich dafür bemühen, daß die Ordnung gesichert und doch dabei die Freiheit nicht mehr als nöthig be- schränkt wird. Das war immer das Streben der national- liberalen Partei und dafür ist sie abwechselnd von rechts und links getadelt worden, daß sie Ordnung und Freiheit mit ein- ander im Einklang halten. Mitunter müssen die Forderungen der Ordnung die der Freiheit überwiegen, mitunter umgekehrt, wenn auch den Aengstlichen die Ordnung dadurch anfangs ge- fährdet erscheint." Also Herr v. Bennigsen hält eine„Verständigung mit der Regierung" für nothwendig. Es fragt sich nur, welchen Preis er dafür zahlen wird, und was er unter„Forderungen der Ord- nung" versteht. Die„Ruhe des Kirchhofs" und russische Poli- zeiwirthschaft? oder eine auf gerechte Gesetze sich gründende Staats- und Gesellschaftsordnung? Die Herren Ordnungsmänner haben das schöne Wort„Ordnung" so schmählich mißbraucht, daß es entweder nichts mehr bedeutet, oder nur die Karrikatur seiner selbst. Und was speziell die„Ordnung" der Herren Na- tionalliberalen betrifft, so haben wir sie zur Genüge kennen ge- lernt, um uns über die reaktionären Ordnungsliebhabereien des Herrn v. Bennigsen zu täuschen. — Die„Germania ", das bekannte Berliner Organ des Centrums bereitet seine Leser schon auf Neuwahlen vor und richtet bei dieser Gelegenheit an die katholische Partei folgende „Bitte": „Falls Herr Dr. Jörg auch in Zukunft nicht in der Lage ist, ein Mandat für den Reichstag anzunehmen, so dürfen dann dem Ccntrum mindestens nicht drei andere Namen fehlen: Mou- fang, Jäger und Rudolph Meyer. Letzterer ist Protestant, steht aber vollständig auf dem Boden des Centrums. Ein Strafantrag des Fürsten Bismarck veranlaßte ihn äugen- blicklich, jenseits der deutschen Grenzpfähle sein Domizil aufzu- schlagen; wir hoffen aber, daß er in nicht allzuferner Zeit wie- derkehren und dann dem Centrum eine Stütze sein wird in den hochwichtigen Fragen, welche nunmehr vielleicht auf Jahrzehnte hinaus auf sozialem Gebiet an den deut- schen Reichstag herantreten werden." Das Centrum will also ernstlich in„sozialer Frage" machen. In welchem Sinne, das besagt der Name des Herrn Rudolph Meyer, welcher ja eine Art von Programm ist.— — In Breslau löste ein Polizeikommissar eine Versamm- lung deshalb auf, weil Genosse Kräcker den preußischen Gesetz- entwurf gegen die Sozialisten scharf kritifirte. Der gesetzeskun- dige Polizeioffiziant erklärte, daß ein Gesetz nicht kritisirt wer- den dürfe; ganz abgesehen davon, daß ein solcher Auflösungs- grund vor dem Gesetze nicht stichhaltig ist, scheint der Herr Kommissar von dem Wahn befangen, daß der famose preu- ßische Polizeientwurf schon Gesetzeskraft erlangt habe. Sein Vorgesetzter, an welchen die Beschwerde gerichtet ist, wird dem gesetzeskundigen Commissarius wohl einige Jnstruktionsstun- den ertheilen lassen. — Komische Rache. Unsere Gegner haben eine sonder- bare Manier, sich für Niederlagen zu revanchiren. In Breslau von Reinders geklopft, sagten sie Reinders todt; in Berlin von Fritzsche geschlagen, lassen sie Fritzsche wegen Majestäts- beleidigung ins Gefängniß wandern— natürlich bloß auf dem Papier. — Gensdarmen und Polizisten haben bei den letzten Reichstagswahlen manchen conservativen Abgeordneten„machen" helfen. Untersteht sich aber ein armes Schulmeisterlein einmal, eine gelinde Agitation für einen Fortschrittler oder Clericalen oder auch nur für einen zahmen Laster zu betreiben, so ist fol- ches„Verfahren mit den Geschäften eines mittelbaren Staatsbe- amten nicht in Einklang zu bringen" und der Schullehrer wird disciplinirt. Mehrere derartige Vorfälle werden jetzt mitgetheilt. — Reichsfeindlicher Laster, reichsfeindlicher Bennigsen!— Die Regierungen aber fordern im Gegensatz die Schullehrer auf, in sozialdemokratischen Versammlungen als unsere Gegner aufzutreten und sich die übliche Niederlage zu holen, welche gewöhnlich das Ansehen des Lehrers bei der Schuljugend nicht besonders höht. er- — Der pfiffige Andrassy ist glücklich in einen offi- ziösen Krieg mit der Türkei bineingetappt, der möglicher- weise sehr bald zu einem offiziellen Krieg werden kann. Der offiziöse ist aber schon schlimm genug. Die Bosnier wehren sich fo verzweifelt gegen die„Rettung" durch das civilisirende Oesterreich, und Christen und Muhamedaner halten so brüder- lich zusammen, daß die Oestreicher jeden Fuß breit Landes mit Blut erkaufen müssen und, obgleich sie erst am Anfang ihrer Aufgabe stehen, schon so viel Verluste erlitten haben, wie in einer ganzen regulären Campagne. Und dabei die Erfolge gleich null! I» puncto der Dummheit trauten wir zwar von jeher den österreichischen Staatsmännern das Menschenmöglichste zu, aber diese neueste Leistung hat uns doch überrascht. Vor einem Jahr als Oesterreich das Schwert nur zu zücken brauchte, um die Russen aus der Türkei zu jagen, blieb Oesterreich unthätig stehn; jetzt, wo Rußland froh ist;, halbheiler Haut aus der Türkei herauszukommen, setzt Oesterreich sich auf einmal in Be- wegung und erzeigt Rußland den doppelten Dienst: sich selbst zu ruiniren und für Rußland die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Wir bezweifeln, ob eine ähnliche Betise je von einem Staatsmann verübt worden, auch die„genialen" mit einge- rechnet.— — Montag, den 9. September, beginnt der elfte JahreScongreß der Englischen Gewerkschaften; derselbe wird im Athenäum zu Bristol tagen. Einen der Hauptgegen- stände der Diskussion wird die Haftpflichtfrage bilden. — Reaktionäre Logik und russische Wirthschaft. Im russischen Polizeistaat, der jede freiheitliche Richtung außerhalb des Gesetzes gestellt hat, wird der Polizeiminister Mesenzow erstochen, und die, welche es gethan, erklären ausdrücklich, sie hätten die Handlung blos deshalb verübt, weil kein gesetzliches Mittel vorhanden sei, einen Verbrecher wie Mesenzow zur Strafe zu bringen. Jeder Mensch mit gesundem Menschenverstand muß aus diesem Vorkommniß den Schluß ziehen, daß die russische Wirthschaft, die solche blutige Akte der Selbsthülfe und Lynch- justiz hervorbringt, nichts taugt, und im Interesse einer gesunden Staatsentwicklung beseitigt werden muß. Ganz umgekehrt schließt das Berliner Oberreptil, die„Norddeutsche Allgemeine Zeitung". Sie findet, die Erstechung Mesenzow's sei die Frucht der— zu großen„Milde des Czaren"; und um ähnlichen Fatalitäten vor- zubeugen, müßte die Regierung des Czaren„jegliche Schwäche ablegen"— kurz die bekannten„straffen Zügel". Als ob sie m Rußland nicht schon so„straff" wären, wie möglich� Die sonst auch für„straffe Zügel" schwärmende„Magdeburgische Zeitung" muß sogar der widersinnigen Auffassung des„Nord- deutschen" Oberreptils entgegen treten.„In keinem Staat, so bemerkt sie, ist die Polizeiherrschaft bisher stärker und energischer gehandhabt worden, und nirgends sind strengere und durch- greifendere Mittel zur Anwendung gebracht. Trotzdem hat die nihilistische Bewegung nicht erstickt werden können." Wenn die „Magdeburgische Zeitung" gesagt hätte:„gerade deswegen" anstatt„trotzdem", dann hätte sie näher ans Schwarze getroffen. Genug, sie sieht wenigstens ein, daß die Regierung des Czaren durch ihre verkehrte äußere und innere Politik die gegenwärtige Zerrüttung und den Parteifanatismus erzeugt hat, und daß die russische Regierung nur„durch große umfassende Reformen auf allen Gebieten der Verwaltung, durch Hebung des Volksunter- richts, Einschränkung der Polizeiherrslhaft, Verbesserung des Beamtenthums:c. im Stande sein wird, die Revolution zu bannen, welche jetzt überall drohend ihr Haupt erhebt."--- Ganz richtig. Schade nur, daß die Logik der„Magdeburgischen Zeitung" blos für Rußland existirt und— wohl in Folge der strengen Grenzsperre— nicht nach Deutschland gelangen kann. Die„liberale" Magdeburgerin schwärmt nämlich für das Bis- marckssche Ausnahmegesetz.— (In unserer letzten Nummer ist der Vorgänger Mesenzow's das Opfer eines Druckfehlers geworden. Der Mann heißt Potapoff, nicht Potozoff.) — Dr. Aug. Theod. Stamm hat an seine Wähler ein vom Bierwaldstädter See in der Schweiz datirteS AnerkennungS- schreiben gerichtet, welchem wir folgende bemerkenswerthe Stelle entnehmen:„Man entfernt sich in Deutschland leider immer mehr von den Bahnen der modernen Kulturstaaten.— Die erste Be- dingung für die friedliche Entwickelung eines modernen Kultur- staates ist jedenfalls die Richtbehinderung des Ausdrucks der öffentlichen Meinung.— Di- Freiheit der öffentlichen Meinung ist die Sicherheitsklappe gegen alle Revolutionen. — So lange man in Deutschland die freie Entwickelung der öffentlichen Meinung nicht gestattet und statt dessen durch eine bezahlte Reptilienprefle, durch Polizeimaßregeln, durch polizeiliche Auf- ficht bei friedlichen Versammlungen u. f. w. die öffentliche Mei- nung unterdrücken will, so lange werden wir nicht zu wahrhafter innerer Ruhe und Freude kommen und kaum dürfte es für diesen Fall an desparaten Elementen fehlen, die endlich an einer ruhigen Entwickelung Deutschlands auf der geregelten Bahn moderner Kulturstaaten gänzlich verzweifeln." Leider hat Dr. Stamm mit seinen Ausführungen nur zu sehr Recht. Aerkin, 17. August. Stöcker ist in tausend Aengsten, Alles will von ihm für die bankerotte„christlich-soziale Arbeiterpartei Geld haben. Der Redakteur der selig entschlafenen„Volkswacht M. Berendt, der von seinem„Chef" und„Verleger" Grüne- berg sein Gehalt nicht vollständig bekommen haben soll, klagt gegen Stöcker. die Drucker des„schönen" Blättchcns die Herren Jhriug und Fahrenholtz, klagen gegen Stocker auf Schadenersatz. — Herr Stöcker aber schreibt ellenlange Briefe, daß er kern Geld habe und daß er auch gar nicht im Vorstande sitze und deshalb auch keinerlei Verantwortung trage. Angesichts dieser Thatsachen und der Bitten Stöcker's, seine„freunde" möchten ihn doch nicht so fürchterlich anbetteln, da kein Geld mehr, vor- banden sei, ist wohl die Frage am Platze, wo denn die Tausende von Tbalern hingekommen sind, mit welchen Stöcker-Grüneberg immer prahlten? Und was ist aus dem Arbeiter-Jnvalidenhaus mit seinem angesammelten Grundkapital von 3000 Thalern ge- worden? Darüber werden wohl die irregeführten Arbeiter im Unklaren bleiben xder nicht? Mraunschweig, 15. August. Es handelt sich nicht, wie Sie berichteten, um die Gründung eines eigenen Arbeiterorgans, sondern um die Vertheilung der Böhmert'schen„Sozial- Correspon- denz" bei den Bahnhofs-Werkstättenarbeitern. Auf diese Weise
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3 (25.8.1878) 100
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