II So läßt sich der„Schwäbische Merkur", die alte politischeWetterfahne im Lande Schwaben, der neuerdings mit Sack undPack ins reaktionäre Lager übergelaufen ist und in Sozialisten-tödterei das Menschenmögliche leistet, aus Hamburg über diePyrrhussiege seiner Partei in Hamburg-Altona- Ottensen folgendesschreiben:„--- Daß die Stadt Ottensen sozialistisch stimmenwürde, wußte man, aber es wirkte doch sehr niederschlagend,daß dieselbe mehr als dreimal so viel Stimmen für den So-zialdemokrat Stöhr als für Beseler abgab. Ebenso muß eseigenthümlich berühren, welche gewaltigen Stimmenmassen inden schönen reichen Landorten zwischen Ottensen und Blankeneseauf den sozialistischen Candidaten fielen. Kurz, in hiesiger Ge-gend ist trotz aller ersochtenen Wahlsiege an ein Zurückdrängender Sozialdemokratie nicht zu denken, es muß vielmehr eineweitere Ausbreitung derlelben noch stets befürchtet werden."Und von ihrem katholischen Standpunkt aus bemerkt die„Ger-mania" über den Wahlsieg Fritzsche's in Berlin mit Recht:„Am10. Januar 1877 hatte Fritzsche 10,769 Stimmen erhalten, heutehat er schon mehr als das Doppelte, und ähnlich ist es mitdem sozialistischen Stimmenzuwachs in allen(protestantischen)Gegenden des ganzen Reiches gegangen." Den malitiösen Zusatz„protestantisch", der seine Spitze anderswohin kehrt, lassen wiruns recht gern gefallen. Der Protestantismus arbeitet unS sogut vor wie der Nationalliberalismus, und, wenn dieser ab-gewirthschaftet hat, der Fortschritt und die bürgerliche Demo-kratie.Viele liberal-reaktionäre Zeitungen können allerdings denSchlag, den ihnen der Sieg Fritzsche's, des mit der größtenStimmenzahl erwählten aller 397 Abgeordneten, verfetzt hat,kaum verwinden. Ihrem verhaltenen Grimm macht beispiels-weise die„Kölnische Zeitung" bei Besprechung des Antisozialisten-gesetzes(Nr. 229 vom 18. August) in folgender GemeinheitLuft:„Der preußische Entwurf richtet sich gegen gewisse„gemein-gefährliche" Vereine und Agitationen, mögen dieselben nun vonKlempnergesellen wie Hödel oder Doktoren wie Nobiling, vonCigarrenmachern oder Hofpredigern betrieben werden." EinFaustschlag ins Gesicht von 22,000 Bürgern, ihren Erwähltenauf gleiche Linie mit einem verworfenen Subjekt wie Hödel zustellen.Ein Leitartikel der„Post" beutet die Wahlerfolge der Sozial-demokratie für das Antisozialtstengesetz aus, indem er denselbendas Gute zuspricht,„daß die von der Opposition(damit sindNationalliberalismus und Fortschritt gemeint) systematisch ver-breitete Ansicht, zur Ueberwindung des Sozialismus bedürfe esnur des ernstlichen Wollens des liberalen Bürgerthums, in seinerganzen Nichtigkeit dargethan werde."Um die Erfolge der Sozialdemokratie in den Stichwahlenzu verkleinern, hat man viel von einem ultramontan-sozial-demokratischen Bündniß gefaselt. Alle Zeitungen waren in denletzten Wochen davon voll; selbst der„Kladderadatsch" geißeltin einem Leitgedicht mit hochtönendem Pathos in wuchtigenTerzinen den schwarz-rothen Pakt.Die sechs sächsischen Sitze und Berlin kommen hierbei garnicht in Betracht; bliebe also nur Elberfeld-Barmen und Breslauübrig. In Elberfeld-Barmen aber haben auf die Aufforderungdes Freiherrn Schorlemer-Alst hin die meisten katholischen Wählerder Wahl sich enthalten und die übrigen getrennt, theils fürHasselmann, theils für Prell gestimmt. In Breslau ist derunerwartete Sieg nur der Rührigkeit und dem Opfermuth unsererGenossen, theilweise auch dem Zerwürfniß der Gegner zu danken.Die vereinte liberal-fortschrittlich conservative Reaktion hätte jabei einigem Zusammenhalten selbst gegen ein ultramontan-sozialdemokratisches Bündniß, falls überhaupt ein solches bestandenhätte, mit leichter Mühe durchdringen können. Dies beweisenfolgende Ziffern aus der ersten Wahl: Molinari(nat.-liberal)5300, Weinhold(ultr.) 1700, Fuchs(cons.) 4400 gegen Reinders(soz.) 6600 Stimmen. Bei der Stichwahl gewann unser Genossenoch mehr als 3000 Stimmen, ein Beweis von der Lächerlichkeitder gegnerischen Phrase vom letzten Mann, den die Sozial-demokraten aufgeboten.Allein nicht nur nicht verbündet war der Ultramontanismusmit der Sozialdemokratie, er hat sie im Gegentheil bekämpft.Nur mit Hilfe der katholischen Stimmen hat der FreiconservativeMelbck über den seitherigen sozialdemokratischen Vertreter Rüting-hausen in Solingen gesiegt. Und für den Wahlkreis, wo dersog. ultramontan-sozialdemokratische Pakt, denselben einmal zu-gegeben, vielleicht am ehrlichsten von der andern Seite gehaltenwurde, für Offenbach- Dieburg, ist aus einem katholischenWahlbezirk durch Vergleichung der Stimmen bei der ersten undzweiten Wahl von der„Berliner Freien Presse" zur �Evidenzerwiesen worden, daß bei der Stichwahl die katholischen StimmenVon Zürich nach Brüssel.Eine Flüchtlingsbetrachtung von August Kruhl ausHalberstadt.Wie meine nähern Freunde und wohl auch die weiterenLeser des„Vorwärts" durch meine Ausweisungsgeschichte ausSchaffhausen erfahren haben, bin ich im Frühjahr d. I. nachder Schweiz gegangen, um mich einer Gefängnißhaft von 12VzMonat zu entziehen. Ich habe das aus verschiedenen Gründengethan. Einmal weil ich die letzten vier Jahre durch ein sehrmühevolles Leben bedeutend materiell und physisch gelitten, so-dann auf den Rath und das Andringen der verschiedenstenFreunde verschiedenster Lebensstellungen, und endlich— weilmir trotz meiner fünfzig Jahre immer noch ein unverwüstlicherIdealismus anklebte und vorschwebte, der mir es mit rosigenFarben vorspiegelte, auch diese Seite des Lebens, das Flücht-linqsleben, kennen zu lernen. Das darf ich aus innerster Ge-wissenhaftigkeit hier sagen, daß es die Furcht vor dem Ge-fängniß nicht war! H-ut' nun, nachdem ich in die verschie-densten Verhältnisse geblickt, nachdem ich mir alle Seiten diesesLebens betrachtet, heut darf ich mir, sei die Z-it auch kurz, dochwohl zu Anderer Nutzen ein Urtheil erlauben, was dem einenoder dem andern Freunde als ein Fingerzeig auf diesem gefahr-vollen Wege dienen könnte.Zunächst die schweizerischen Verhältnche. Sie sind vollstan-dig andere geworben, als wir 1848er Demokraten und Repu-blikaner sie von ehemals kannten. Uns erwartet, uns Arbeiternämlich, drüben über der Grenze kein liebevolles, politiich-ver-ständnißinniges Entgegenkommen wie den alten Demokraten von1848. Uns erwartet keine Sympathie, die uns den Weg zuoffenen Stellen und Aemtern ebnet, kein Händedruck, kern Einführen in behäbige Cirkel wohlsituirter Bürgerfamilien, kein Zu-ruf und Zuspruch muthiger Ausdauer und dabei betqatigterUnterstützung— nichts von alledem! Stelle du dich, du Ar-beiter, an die Straßenecke, an den Markt des Lebens, geheFabrik aus und ein Arbeit suchend, empfangen und entlassenmit höhnischen, dummstolzen, übermüthigen, frechdreisten Mienenund Geberden, wie sie sich beim Bourgeois in Folge seinesWohlseins, seiner Machtfülle herausbilden, aber erhoffe nie einWort der Theilnahme, der Ermunterung, des Entgegenkommens.s Herrn Wasserburg nicht Herrn Liebknecht, sondern Herrnernburg zugefallen sind, der denn auch mit einer winzigenMajorität den Sieg davongetragen hat und bei Herrn Windthorstfür sein Reichstagsmandat sich bedanken mag.Wir haben sicherlich den Ultramontanen nichts zu Dank zuwissen: im Gegentheil, des Teufels Dank haben wir von vielender Herren Clericalen geerntet dafür, daß wir in Mainz undMünchen ihren Candidaten zum Sieg verholfen haben.Die Sozialdemokratie ist in diesem schweren Kampfe ganzauf sich selbst gestanden. Jede Stimme, die für den sozial-demokratischen Candidaten abgegeben wurde, muß als die Stimmeeines erklärten, ausgesprochenen, überzeugungstreuen Sozial-demokraten angesehen werden, und das ist es, was den 450,000sozialdemokratischen Stimmen ihre hohe Bedeutung verleiht.Allein mit diesen 450,000 ist die Zahl der sozialdemokratischenStimmen noch keineswegs erschöpft. Wie viele Tausende sozial-demokratischer Stimmen mögen in den 7000 Stimmen des HerrnSonnemann in Erlangen-Fürth, in den 9000 des Herrn Laskerin Meiningen II, wie viele Tausende noch in den Stimmenultramontaner Abgeordneter stecken, die in den oberschlesischenund rheinisch- westfälischen Jnduftriedistrikten unter christlich-(katholisch) sozialer Flagge(wie Herr Stötzel in Essen) ins Cen-trum sich wählen ließen?In Württemberg besonders wurde der Rückgang der sozial-demokratischen Stimmen von den gegnerischen Organen mitschmunzelnder Befriedigung hervorgehoben. Abgesehen davon,daß uns eine ziemlich nahe stehende Partei, die Volkspartei,in den ausfichtsvollsten Bezirken Concurrenz machte, mit dieserConcurreuz aber nur dem Regierungscandidaten zum Sieg ver-half(z. B. im I. Wahlkreis Stuttgart, im V. Eßlingen, im X.Göppingen), so lähmte vielleicht nirgends anderswo so sehr wiein Schwaben der Druck von oben alle unsere Bewegungen. DieChikanen, die den Stuttgarter Genossen bereitet wurden, hat der„Vorwärts" schon berichtet. Der Regierungsapparat wurde bisin die kleinsten Details gegen uns in Scene gesetzt undarbeitete mit solchem Hochdruck, daß Manteuffel und Eulen-bürg I und II ihre Freude hätten daran haben können. Erlässedes katholischen Kirchenraths an die Dekanatämter zur Jnftruirungder Geistlichen und Lehrer, Erlässe des Confistoriums an dieSchulinspektoren, vertrauliche Mittheilungen der Postdirektion andie Postämter zur Beaufsichtigung ihrer Untergebenen, Be-sprechungen der Oberamtleute mit ihren Schulzen, Weisungenderselben an die Landjäger und Polizeidiener, kurz alles arbeitetezusammen, um die verhaßten„Demokraten" todt zu machen.Unter den Oberamtleuten zeichnete sich besonders der vom Stutt-garter Amt aus— er führt den bezeichnenden Namen Drescher— der den preußischen Landrath noch übertrumpfte und hart anden türkischen Pascha streifte. Die Regierung darf auch mitvoller Befriedigung auf ihre Arbeit blicken. Von 17 Abgeord-neten gingen gleich im ersten Wahlgang 12 erklärte Jasager ausder Wahlurne hervor.Einen wahrhast komischen Eindruck mußte es daher auf denKenner der Verhältnisse machen, wie der württembergische Mo-niteur, der„Staatsanzeiger", die ernsten Anschuldigungen, dieneulich im„Vorwärts" gegen die württembergische Regierungerhoben waren, in nichtssagenden Phrasen mit einer trivialenWitzelei kurzer Hand abfertigte.Chikane von oben, Bornirtheit und Dummheit von unten,Gemeinheit und Bosheit von allen Seiten— das waren dieMächte, mit denen wir in den letzten Monaten im Kampfe lagen,aus dem wir aber neugestählt und frisch gekräfttgt hervorgegangensind.Und sollte uns noch Schwereres und Härteres bevorstehen,ja sollte der ungeheuerliche preußische Entwurf des Antisozialisten-gesetzes wirklich ins Leben treten und in seinem Gefolge Hunger,Kerker, Verbannung und Tod in unsere Reihen tragen— ausder eigenen Asche steigt ein neuer Phönix, der Sozialismus zuneuem Leben empor:„Lxoriare aliquis nostris ex ossibus ultor!"Sozialpolitische Ueberstcht.— Daß bei den„Harburger Unruhen" es lediglichdie Männer des Autoritätsglaubens, die„Kaiserlichen" unddie„Königlichen" gewesen sind, welche sich gegenseitig dieKöpfe eingeschlagen haben, dies ist jetzt vollständig erwiesen.Die„Hamburger Reform", welche zuerst den Sozial-demokratenden ganzen Skandal zuschieben wollte, schreibt jetzt, da sie ihrefrüheren Lügen ihrem Lesepublikum gegenüber, welches den Sach-verhalt kennt, nicht mehr anstecht erhalten darf, vom 21. AugustFolgendes:Unsere wenigen politischen Freunde aus dem Arbeiterstand, dieDeutschen nämlich, alle Achtung vor ihnen! Sie möchtenhelfen, wenn sie könnten! Zudem wird der geborene Schweizer,sei er Fabrikant, sei er Arbeiter, von Tage zu Tage mehr miß-trauischer gegen die immer mehr zunehmende Ausbreitung desdeutschen Elementes, ich meine des reindeutschen. Er sieht dieDeutschen wohl überhaupt gern kommen als Touristen in denHotels, er sieht sie gern kommen mit gefüllten Börsen oder sichniederlassen in Villen an den Seen und Bergen; aber solche,die Arbeit suchen wollen?-- sendet die Schweiz doch jähr-lich selbst tausende von Bettelkindern hinaus nach Schwaben,die sich als Hütekinder und Aehrenleser die Sommerzeit ihrStückchen Brod verdienen müssen, und sind mir doch selbst aufmeinen Kreuz- und Querwanderungen in Fluren und WäldernJammergestalten begegnet, wie wir sie trauriger, dürftiger aufden ärmsten Fleckchen des schlesischen Riesengebirges oder desHarzes nicht zu sehen gewohnt sind.� Armuth und Elend all-überall. Armuth und Elend und ein wüstes Verprassen undVerlottern von Seiten der„Auserkorenen"— auch in der Re-publik. Hat es doch die Rasfinirtheit schon so weit gebracht,daß in den Luxushotels die Kellner mit Glacsehandschuhen ser-vieren müssen.Und zudem noch ein Element. Was wir durch energischesKämpfen uns erst erringen müssen, was wir mit mühsamenOpfern erst schaffen wollen, das zeigt und bietet die Natur inihrer Einfachheit längst. Ist doch immer die genialste, ideellsteLeistung höchstentwickelter Kunst oft nur eine dürstige Nachbildunglängst vorhandener Formen und einfacher Verrichtungen desNaturlebens. Was wir am Deutschen erst schaffen wollen, dieOrganisation der Arbeiter, der Massen, das haben die Jta-liener in der Schweiz längst, längst ganz unbewußt in ihrerEigenthümlichkeit, in ihrer Einfachheit und der Beweglichkeitihres Charakters. Wo ein Loch im Erdreich gemacht wird, woein Graben gezogen wird, wo ein Fundament gemacht wird, woSchmutz, Steine, Geröll, wo Berge in Thäler zu versetzen find,da sind diese geschäftigen Italiener, allüberall und nirgends.Heut sah ich die ankommenden Züge auf dem Bahnhof ZürichHunderte, ich möchte sagen Tausende dieser Gestalten ausspeien,voll Furcht, wo all diese Männer wieder unterkommen werden,und schon morgen sah ich sie beschäftigt da und dort, hier und„Aus Anlaß der am letzten Sonnabend stattgehabten trau-rigen Vorfälle traf gestern der Landdrost in Begleitung höhererBeamten aus Lüneburg in Harburg ein, um sich an Ort undStelle über�das Geschehene zu informiren. Die Herren besich-tigten den Schauplatz, auf welchem sich die Exzesse abgespielt,und werden gewißlich die Ueberzeugung gewonnen haben, daßvon nun an die Regierung den feindlichen Bestrebungen derWelfenpartei mit schärferen Mitteln und auf anderen Wegengegenüber treten muß, als bisher. Von den mehr als 20 Ver-hafteten, unter denen sich, soviel wir in Erfahrung bringenkonnten, Sozialdemokraten nicht befinden, find gester»Vormittag 13 Mann, unter ihnen die Mitglieder des Central-Wahlcomites der deutsch- hannoverschen Partei des 17. Wahl-kreises, Kaufmann C. Bremann und Tischlermeister Moritz, nachLüneburg transportirt worden, um dort ihrem weitern Schicksalentgegenzugehen."Auch die„Germania", das Organ der Klerikalen und Welsen,nimmt die„Schuld", wenn man die Nothwehr des Volks gegendie nationalliberalen Anmaßungen und Bedrückungen eine Schuldnennen darf, für ihre Partei allein in Anspruch. Nur der jam-mervolle„Gewerkverein", das Organ des Dr. Max Hirsch, suchtdie„Schuld" noch immer der sozialdemokratischen Partei aufzu-bürden, indem das saubere Blatt schreibt:„Uebrigens hat die Wahlbewegung mit einer grellen Dissonanzabgeschlossen. Menschenblut ist geflossen. In Harburg ist es zueiner Emeute gekommen. Die verbündeten Sozialdemokratenund Welsen fanden für ihren Jubel über den vermeintlich er-rungenen Sieg keinen besseren Ausdruck, als daß sie dem Can-didaten der Nationalliberalen, Oberbürgermeister Grumbrecht,und dem Redakteur des liberalen„Harburger Anzeiger" mitgroßen Steinen das Haus bombardirten, nachdem sie vorherschon einige Bürger barbarisch gemißhandelt hatten. Die Po-lizei rückte mit blanker Waffe, die Feuerwehr mit Spritzen undFackeln gegen die Ruhestörer vor, vermochte aber nicht Herrderselben zu werden. Erst als die wenigen zur Zeit anwesendenSoldaten mehrmals scharf geschossen, gelang es den vereintenBemühungen, die Tumulwanten zu zerstreuen, Ein Aufrührerwurde sofort getödtet, mehrere wurden schwer verwundet. Einsauberes Gedenkblatt in der sozialdemokratischenMensch enbefreiungs- Geschichte."Geradezu wunderbar erscheint uns nach solchen Infamien,daß unsere Parteigenossen in Berlin bei einer etwaigen Auf-stellung des Dr. Max Hirsch als Reichstagscandidat für denersten Berliner Wahlkreis, falls eine Stichwahl stattfindet, fürdas ehrenwcrthe Schimpf- Mäxchen stimmen wollen.Noch sei erwähnt, daß die Nationalliberalen in ihrer Angstund ihrem Hasse sgegen die Sozialdemokraten in Harburg amMorgen nach den Unruhen aussprengten, die Hamburger Ge-nossen würden 500 Mann stark ihren Harburger Brüdern zuHilfe eilen. Unser Hamburger Parteiorgan erklärt aber, daßdie Nachricht in dieser Form erfunden sei; die Hamburger Ge-nossen hätten vielmehr vorgehabt, die auf der Elbe schwimmendesozialdemokratische Panzerslotte auszurüsten und Harburg zu er-obern, doch seien die Unruhen zu stüh erstickt worden. DasHamburger„Fremdenblatt" aber bemerkt ganz naiv, daß anbeiden Nachrichten kein wahres Wort sei.Daß die Nationalliberalen sich jetzt brüsten,„daß ihr Thunund Lassen niemals mit Blut besudelt worden sei", ist allzu-heiter. Die bekannte Aufseß-Affaire, bei der liberale Professoreneinen vermeintlichen Franzosen, der sich aber als deutscherGelehrter entpuppte, todtgeschlagen haben, die MerseburgerKnüppelei, die blutige Schlägerei in der Leipziger Centrathalleund zuletzt noch der Mord eines sozialistisch gesinnten Arbeitersin Friedberg(Hessen) durch einen verhetzten Nationalliberalenillustriren dies.Und da wollen diese„Mordbuben" noch mit Steinen aufandere Menschen werfen und merken nicht, daß sie im Glashausesitzen?!— Ein Attentat scheußlichster Art ist am 18. d. M.in Fried berg, Großh. Hessen, verübt worden. Ein junger,als friedfertig bekannter Mann wurde am Abend des genanntenTages von einem Individuum meuchlerisch überfallen und mitzwei Dolchstichen verwundet. Das Opfer dieses fluchwürdigenAttentats, Schuhmachergeselle Rödler, wird schwerlich mit demLeben davonkommen. Der Meuchler, der sich durch die währendder That ausgestoßenen Worte:„Die Sozialdemokratenwollen wir vernichten!" als Ordnungsbandit legitimirte, istleider entsprungen. Wir haben hier eine Frucht der infamenHetzerei, welche seit Mitte Mai von reichstreuer Seite systema-tisch betrieben worden sind. Wir fordern die Behörden auf,da. Und war's nicht hier, so gewiß, wenn ich morgen den Seeentlang ging bis Küsnacht, wo das Wetter von der ersten Juni-woche so schreckliche Verheerungen angerichtet. Und immerhinein bis an den Hals ins Wasser, in Schmutz und Koth ohneCommando, ohne Scheltworte, pfiffig, schnell, gewandt, diese oftso intelligenten Gestalten und prächtigen Gesichter! Und wenndie Züge auf allen Bahnhöfen immer neue Massen dieser Ge-stalten ausspucken— morgen find sie alle untergebracht ohneOrganisation— und doch wieder nur durch Organisation! Siefind in und durch die Natur organisirt wie die Biene, dieAmeise, deren keine unnütz zum Ganzen, zum Bau gehört! Unddiese Massen Italiener, die drücken du Lohn- und Handarbeiteranderer Nationalität zurück in andere Branchen und so weiter,bis ein Drängen, ein Schieben, ein Kampf der Einzelnen, einKampf Aller gegen Alle entsteht.Und darum— wo einer unserer Genossen Arbeit in der„freien" Schweiz zu finden hoffte, außer seiner angelerntenBerufsweise, wenn er sich in der Lage sieht, ohne diese durch-kommen zu müssen, der wird sich vollständig enttäuscht finden.Zudem ist Zürich, wo ich mich gegen 14 Wochen mühsam, oftunter den undenkbarsten Entbehrungen gehalten, denn doch nichteine Stadt, die der Beschäftigungen tausenderlei zu bieten ver-möchte, wie irgend die Haupt- oder Großstadt eines andernLandes. Zürich ist mehr Billenstadt und der Fabrikbetrieb drehtsich mehr um Seiden-, Baumwollen- und Papieranfertigung, zudem ja so sehr billige Kräfte, die weiblichen, zu haben find.Aus diesen und mancherlei andern Gründen entschloß ichmich endlich, nach Deutschland zurückzukehren*) und nach über-standener Haft wieder ein Glied in der Kette des Ganzen zusein. Ich habe gesehn und fühlen gelernt: Jeder muß aufseinem Posten bleiben und sei derselbe noch so schwer! In un-!verstandenem Interesse sind nach 1848 Tausende braver Deutschenach Amerika gewandert aus Furcht vor der„Reaktion", diedamals im Vergleich zu der gegenwärtigen eigentlich keine war.Und sie alle sind gestorben oder verdorben oder— haben demdemokratischen Namen wenig Ehre gemacht. Ich habe mirgesagt: Hat einBlanqui die beste Zeit seines Lebens im K-rkerverbüßt, müssen Tausende die trockene Guillotine auf Neucale'*) Bravo! Red. d.„B."