richtet sich angeblich gegen die Sozialdemokratie, das sozialistischeGift werde aber von vielen anderen als Sozialdemokraten ver-breitet: von Kathedersozialisten, Staatssozialisten, ja von derFortschrittspartei und dem gesammten Liberalismus, dessen con-sequenter Ausläufer ja blos der Sozialismus sei. Alle dieseRichtungen unbehelligt lassen und die Sozialdemokratie knebelnwollen, das heiße eine Mündung verstopfen, die schädliche Fluthaber durch viele andere Oeffnungen frei ausströmen lassen. Zuseinem Befremden habe er bei Gelegenheit der Debatte überdas Hödelgesetz von einem conservativen Mitglied des Hauses(Graf Bethusy-Huc) die Aeußerung gehört, die Christlich- Sozialenseien mindestens ebenso schlimm, wie die Sozialdemokraten. Dasverrathe eine vollständige Unkenntniß des wahren Sachverhalts:nur durch das Christenthum sei die soziale Frage zu lösen.Nach Reichensperger, der etwa dreiviertel Stunden spricht,geht der deutschconservative Herr von Helldorf auf die Tri-büne, der in halbstündiger Rede den höchst überflüssigen Beweiszu liefern fich abmüht, daß er und seine Gesinnungsgenossenschon vor dem Robiling-Attentat gerade so reaktionär gewesen,wie nach demselben. Außerdem führt er noch, mit vollständigemErfolg, den zweiten Beweis, daß er von ver Sozialdemokratieund deren Geschichte und Inhalt nicht das Mindeste versteht undnicht einmal die Anlagen zu den„Motiven" des„Ausnahmegesetzes" verdaut hat. Zum Schluß bringt Herr von Helldorfnoch einige obligate Tiraden gegen das allgemeine Wahlrecht,das bei der letzten Wahl von— Sozialdemokraten mißbrauchtworden sei, eine Entdeckung, der das Epitheton„genial" nichtversagt werden kann.Bebel erhält nun das Wort; er knüpft zunächst an die Be-merkungen des Vorredners über das Allgemeine Wahlrecht unddie letzten Wahlen an und führt aus, daß der Mißbrauch desAllgemeinen Wahlrechts von den reaktionären Parteien, nichtaber von der Sozialdemokratie verübt worden sei. Dann, indie Sache eintretend, verlangt er die Beweise für die, dem Aus-nahmegesetz zu Grunde liegende Behauptung, daß die AttentäterNobiling und Lehmann-Hödel Sozialdemokraten gewesen seienund als Sozialdemokraten die Attentate begangen hätten. Alsdie Nachricht von dem zweiten Attentat nach Leipzig gelangt sei,habe er(Redner) fich gesagt: Nun, diesen kann man uns dochnicht an die Rockschöße hängen. Und doch ist es geschehen. EineDepesche, welche die Signatur„offiziell" trug, stempelte Nobilingzum Sozialdemokraten und das Attentat zu einem politischen.Nun hat sich aber seitdem ergeben, daß Nobiling vom Momentseiner Gefangennahme bis zu seinem Tod nicht einen Augenblickvernehmungsfähig gewesen ist. Wie erklärt fich dieser Wider-spruch? Wer ist der Urheber jener Depesche, die ein infamesAttentat auf die Sozialdemokratie war. Man schaffe die Proto-kolle. Das Haus hat das nämliche Recht sie zu fordern, wieam Freitag das auf die Katastrophe des„Großen Kurfürst" be-zügliche Material.Redner kommt nun auf die Beziehungen Bismarck's und derpreußischen Regierung zur Sozialdemokratie. Noch ehe Lassalleauftrat, 1862 bot ein gewisser Eichler im Namen Bismarck'seinem Leipziger Arbeitercomite eine bedeutende Geldsumme—bis zu 40,000 Thlr.— für Produktivassoziationen, unter derBedingung, daß die Arbeiter die Bismarck'sche Politik unter-stützten. Natürlich wurde das Anerbieten abgelehnt, und HerrEichler hat seitdem in der Berliner Polizei einen Unterschlupfgefunden. Lassalle trat auf. Bismarck wandte sich auihn(nicht Lassalle an Bismarck). Verschiedene Annäherungs-versuche, bei denen ein königlicher Prinz als erster Vermittlerauftrat, wurden von Lassalle zurückgewiesen, bis dieser endlich.durch positive Concessionen bewogen, sich zu Unterredungen mitHerrn v. Bismarck entschloß. Es fanden zahlreiche Con-ferenzen im Winter 1863 auf 64 statt, in denen sich Bis-marck verpflichtete, das Allgemeine direkte Wahlrecht zu oktroyirenund sein Möglichstes zur Lösung der Arbeiterfrage ,m Sinn desLassalle'schen Borschlages zu thun.Um jene Zeit wurde im Auftrag des Herrn v. Bismarck dieberühmte Schlesische Weberdeputation inscenirt, wobei Hr.v. Wagener eine Hauptrolle spielte. Hr. v. Bismarck versprachder Deputation kräftige Maßregeln zur Hebung des Elends.Der Staat habe die Pflicht, die Lösung der Arbeiterfrage in dieHand zu nehmen; schade nur, daß so wenig Verständniß vor-handen sei.„Meine(Bismarck's) Geheimräthe verstandendurch die Bank nichts von der Arbeiterfrage."Die Deputation hatte eine Audienz beim König, der siegnädigst empfing und Hülfe versprach. Eine Geldsumme zurGründung einer Webergenossenschaft wurde sofort gegeben;die Genossenschaft(in Schlesien) ging bekanntlich zu Grunde,jedoch nicht durch die Schuld der Arbeiter, sondern durch dieIm Staate der„Intelligenz".In einer amtlichen geschichtlichen Darstellung des Verfahrensder preußischen Unterrichtsverwaltung bei Einrichtungvon Volksschulen in Gegenden mit confessionell gemischterBevölkerung wird unter Anderem mitgetheilt, daß an einer evan-gelischen Schule der Provinz Westfalen der ärmlichen Ber>Hältnisse wegen in 26 Jahren 16 Lehrer einander ge-folgt sind und es überhaupt nicht mehr möglich wird, einengeprüften Lehrer zu gewinnen und von einer Schule imRegierungsbezirke Coblenz die Regierung berichtet:„Die Schulebesteht aus zwei Klassen, deren eine von 88 Knaben(!), die an-dere vou 80 Mädchen(!) besucht wird, also aus zwei einklassigenSchulen. Die Schulsäle sind dunkel und für die vorhandeneSchülerzahl nicht geräumig genug. Ein Theil der Knaben sitztauf einer Bank, ohne Pult, weil zu dessen Aufstellung der Raumfehlt. Die Kinder halten ihre Tafeln in der einen Hand, oderlegen sie auf die Kniee oder auf den Sitz, während sie davorknieen." Ueber eine von 32 Kindern besuchte Schule im Re-gierungsbezirk Arnsberg berichtet die Behörde:„Die zur Ent-lassung reifen Kinder haben weder einfache Sätze correct zuschreiben, noch zwei mehrstellige Zahlen richtig zu addiren ver-standen; sie fanden aus der Karte nicht Westfalen, Arnsberg,Münster, die Rheinprovinz. Sie wußten weder den Namenunseres Kaisers, noch etwas von der Errichtung des deutschenKaiserthums." Oft auch bestehen an demselben Orte zwei gleichschlechte Consessionsschulen kümmerlich nebeneinander. Die evan-gelische Schule eines Dorfes im Regierungsbezirk Trier z. B.hat 115 Schüler, welche von einem Lehrer in einem Zimmerunterrichtet werden, welches nur für 60 Kinder ausreichendenRaum hat. Die katholische Schule daselbst bietet ihren 35 Kin-dern ein Zimmer von 29.91 Qu.-Metern, aber sie ist von einemPräparanden versorgt, und keine der beiden Schulen kann ohneStaatszuschuß weiterbestehen. In den östlichen Provinzenseien ähnliche Verhältnisse noch häufiger. Dabei wird nochmitgetheilt, daß sich seit 1873 die Zahl der vorschriftsmäßig ge-prüften Lehrer zwar um 3488 vermehrt hat, aber noch 4581Stellen im Staate nicht vorschriftsmäßig besetzt,außerdem eine noch größere Zahl von Schulklassen über-füllt sind.ungeschäftsmäßige Verwaltung des überwachenden Landraths,der das schlechteste Rohmaterial beschaffte und die höchsten Preisefür die Waaren ansetzte.Lassalle brach 1864 die Unterhandlungen mit Bismarck ab,weil er ihm die Arbeiterbewegung nicht in die Hand liefernwollte. Nach Lassalle's Tod wurde aber— unter Dammer undSchweitzer— der Allgemeine deutsche Arbeiterverein politischbenutzt und speziell für die Vorbereitung des Krieges von 1866und für die Verwirklichung des preußischen Kleindeutschlandsgebraucht.Folgen dann weitere(bekannte) Details über das BerhältnißSchweitzer's zur preußischen Regi-rung; die Ausstoßung desselbenaus dcm„Allgemeinen deutschen Arbeiterverein"; das AnerbietenBucher's an Marx, das Verhältniß Bucher's zu Bismarck; dieAnerbietungen des Braß an Liebknecht u. s. w.Und dieser Mann verfolgt jetzt die Sozialdemokratie als„staatsgefährlich"?--Wer bürgt den Liberalen dafür, daß Fürst Bismarck nichtwieder einen sozialistischen Rückfall bekommt? Ja, ist nicht seinReichseisenbahn- Projekt, sein Tabaksmonopol- Projekt eminentsozialistisch?Was nun das Ausnahmegesetz selbst angeht, so ist es schondeshalb ein Unding, weil der Begriff„Untergrabung" sich absolutnicht definiren läßt. Wenn ein Mann, wie der AbgeordneteWehrenpfennig, den Normalarbeitstag, der in vielen Staatenbereits gesetzliche Institution ist, für eine sozialistische Forderunghält, die ergo staatsgefährlich ist, was ist da erst von Polizei-beamten zu erwarten, die doch nicht die wissenschaftliche Bil-dung eines Wehrenpfennig haben. Es würde einfach Allesunterdrückt, was der Polizei sozialistisch scheine, und sozialistischwerde ihr Alles scheinen, was ihr nicht gefalle. Uebngens seies unmöglich, die sozialdemokratische Literatur zu vernichten.Wenn es schon vor 1848 nicht gelungen sei, die Verbreitung derOppositionsliteratur zu hindern— wie viel weniger jetzt, wodie Verkehrsmittel sich so ungeheuer vermehrt haben!Und Eins. Man wirft uns vor, wir wollten das Eigenthumzerstören. Der Vorwurf ist nur in sofern begründet, als wirdas Eigenthum an den Produktionsmitteln aufheben wollen.Wie kann uns aber überhaupt ein solcher Vorwurf von Man-nern gemacht werden, die selber das Privateigenthum in sorücksichtsloser Weise zerstören, wie es durch diese Vorlage ge-schieht. Wir haben 16 Genossenschaftsbuchdruckereien mit einemjährlichen Umsatz von über 800.000 Mark. Hunderte vonExistenzen hängen daran. Und das Alles soll mit e nem Feder-strich vernichtet werden! Abgesehen von der Ungerechtigkeit,würde die Zerstörung all dieses Eigenthums und dieser Existenzenmehr Haß und Zorn gegen Staat und Gesellschafterregen, als alle sozialistische Agitation seit 15 Jahren.Es giebt außerdem 26 Gcwerkoerbindungen, die vermuthlichnach Annahme des Gesetzes unterdrückt würden; dieselben habenzusammen 60,000 Mitglieder, mit einer jährlichen Einnahmevon 400,000 Mark und einer jährlichen Ausgabe von 320,000Mark. Dazu kommen Javalldenkassen und sonstige Unterstützungs-kassen. All' diese mühsamen Werke wahrhafter Selbsthilfe derArbeiter sollen das Schicksal unserer Genossenschaften theilen.Und wie greifen diese Maßregeln in das allgemeine bürgerlicheLeben ein! Es giebt eine vollständige Untergrabung der ge-sammten bürgerlichen Verhältnisse.Und warum? Aus welchem Grunde will man so vorgehen?Wir,„die Sozialdemokraten, erstreben den gemaltsamen Umsturz"! So klagt man uns an. Wo steht es? Womitbeweist man es? In keinem unserer Programme steht es. SeitJahren suchen die Staatsanwälte es zu beweisen, und es ist ihnennicht geglückt. Unsere Ziele sind durchaus humanitäre und ideale.Unsere Partei ist überhaupt die einzige, welche ideale Ziele hat.Redner verliest nun Stellen aus den verschiedenen, den Mo-tiven beigelegten Aktenstücken, welche dies bekräftigen, und beziehtsich auf den letzten Genter Congreß, dessen Majorität sich,den Anschauungen der deutschen Sozialdemokratie gemäß, fürdie organische Entwicklung gegen die gewaltsame Revolutions-und Putschmacherei der sogenannten Anarchisten oder Bakunistenausgesprochen habe.Man mag es verkleiden wie man will, das Ausnahmegesetzmacht eine Million deutscher Männer völlig rechtlos. Will mandas, so sei man wenignens consequent. Die nothwendigeConsequenz des Gesetzes wäre: Di.j-nigen, welchen man ihrestaatsbürgerlichen Rechte raubt, auch ihrer staatsbürgerlichenPflichten zu entbinden: vom Steuerzahlen, Eintritt in dasNiilitär u. s. w. Und damit gelangten wir zur Ungereimtheit,zum Absurden.Das Ausnahmegesetz geht von einer grundfalschen AuffassungDas sind höchst erbauliche Staats- und Gssellschaftszustände,die wahrlich nicht erst„uniergraben" zu werden brauchen!An diefen„vorzüglichen" Stand der Volksschulen reiht sichdie noch„vorzüglichere" Lage der Volksschutlehrer. Die„Schlesische Schulzeitung" redet unv rblümt„von der furcht-baren Lage, in welcher alte, hochbejahrte, in den Ruhestandgetretene Lehrer schmachten" und fuhrt zu dieser„furcht-baren" Anklage gegen die heutige Staats- und Gesellschafts-ordnung folgende Beispiele an:1) Der Emeritus zu Mühlatschütz bei Bernstadt, der nacheiner 53jährigen Dienstzeit, in welcher er zuletzt ein Gehaltvon 810 Mk. bezog, jetzt von einer Pension von 438 Markleben muß.2) Der Emeritus zu Lorenzdorf, Kreis Bunzlau, der nach44jähriger Dienstzeit(zuletzt Gehalt 900 Mk.) eine Pensionvon 343 Mark bezieht.3) Der Emeritus zu Hochkirch bei Liegnitz, der nach 52-jähriger Dienstzeit(zuletzt Gehalt 1350 Mk.) eine Pensionvon 450 Mark bezieht.4) Der Emeritus zu Leipe, Kreis Trebnitz, der nach 50-jähriger Dienstzeit(zuletzt Gehalt 900 Mk.) eine Pension von510 Mark bezieht.5) Der Emeritus zu Ewenthal, Kreis Landshut, der nach34jähriger Dienstzeit(zuletzt Gehalt 510 Mk.) eine Pensionvon 270 Mark bezieht.6) Der Emeritus zu Ellguth, Kreis Neustadt, der nach49jähriger Dienstzeit(zuletzt Gehalt 967 Mk.) eine Pensionvon 322 Mark bezieht.7) Der Emeritus zu Querbach bei Friedberg a. O., der nach38jähriger Dienstzeit(zuletzt Gehalt 810 Mk.) eine Pensionvon 270 Mark bezieht.8) Der Emeritus zu Grabin bei Neustadt, der nach 26-jähriger Dienstzeit(zuletzt Gehalt 642 Mk.) von einerPension von 210 Mar! leben muß.Und dieselbe Gesellschaft, die solche Jammerzustände schafftund duldet, wagt es, sich darüber zu beschweren, daß man dieseZustände„untergraben" will?!Die obigen 8 angeführten Nummern find geeignet, jedempreußischen Staatsbürger, zu denen sich die Herren Ministerdoch auch rechnen, die Rothe der Scham in die Wangen zuder sozialpolitischen Bewegungsgesetze aus. Seine Urheber habennicht begriffen, daß die sozialdemokratische Bewegung nicht vonder Wissenschaft, nicht von der ganzen politischen undwirthschaftlichen Entwicklung zu trennen ist.Eine gute Regierung— das hat schon Welcker in seinemStaatslexikon ausgeführt— macht durch vernünftige Reformenjede Revolution, jeden gewaltsamen Umsturz unmöglich.Nachdem Redner noch des Gründungsschwtndels, der Roth-läge und der verkehrten Mrthschaftspolitik der Reichsregierungkurz erwähnt, schließt er:„Wie immer die Entscheidung aus-falle, die Zustände, gegen welche sich unsere Bewegung richtet,werden auf die eine oder andere Weise beseitigt werden; dasSozialistengesetz kann nur an der Art und Weise der Beseitigungetwas ändern."Bebel, der im Ganzen fünf Biertelstunden sprach, wurdedurchaus mit größter Aufmerksamkeit angehört; nur die HerrenConservativen, denen namentlich die Enthüllungen über die zartenVerhältnisse Bcsmarck's zur Sozialdemokratie sehr unbequemwaren, machten mehrmals Störungsversuche durch Murren rc.Eulenburg junior erhebt sich nun, um„auf die gestelltenFragen zu antworten". Die Protokolle des Nobiling-Prozesseskönne er nicht vorlegen, das sei Sache des Gerichts. Wahr seiaber, daß Nobiling einmal vernommen worden sei(wohl nachseiner Verwundung, als er fich gerade die Kugel in den Kopfgejagt hatte?) und damals erklärt ha�e, daß er sozialdemokratischen Versammlungen beigewohnt und daß die dort entwickeltenGrundsätze ihm gefallen hätten.(Angenommen, Nobiling habedies in zurechnungsfähigem Zustande gesagt, so wäre dadurchgerade bewiesen, daß Nobiling nicht Sozialdemokrat war, dennals solcher würde er sich direkt zur Sozialdemokratie bekannthaben.) Uebrigens habe er(Eulenburg) niemals behauptet, dieSozialdemokraten seien direkt schuld an den Attentaten; dieAttentate seien aber aus den allgemeinen Anschauungen derSozialdemokratie hervorgegangen. Dies werde bestärkt durch dieHaltung der deutschen sozialdemokratischen Presse gegenüber denAttentaten. Sie haben dieselben entweder als Resultate derheutigen Gesellschaftszustände, oder als die Thaten unzurech-nungsfähiger Individuen hingestellt. Die auswärtige sozial-demokratische Presse sei offener gewesen und habe unverholenHödel und Nobiling als Sozialdemokraten anerkannt und ihreVerbrechen gebilligt, was auch der letzte Jurasser Congreß(Anarchisten- Conventikel). in der Schweiz gethan habe. Es seirichtig, dies seien anarchistische Kundgebungen, für welche diedeutsche Sozialdemokratie nicht direkt verantwortlich zu machen;allein die Grundanschauung sei doch die gleiche, und„kraftdes Gesetzes der Schwere werde die anarchistische Richtung,als die energischere, mit der Zeit unfehlbar die Marxistischeüberwiegen"(nach dem„Gesetz der Schwere" hat bekanntlich inWirklichkeit das genaue Gegentheil stattgehabt). Man sehealso in den Anarchisten die künftige Sozialdemokratie. Jndcßhätte auch Marx sich für den gewaltsamen Umsturz erklärt(folgt ein Schuster'sches Citat), und Bebel habe sich in dieserHinsicht direkt einverstanden erklärt(ditto Schuster). Die Be-Ziehungen Bismarck's zur Sozialdemokratie seien ihm unbekannt;er könne nichts Authentisches sagen. Wenn aber auch Alleswahr sei, was Vorredner behauptet, so sei damit blos bewiesen,daß Bismarck mit der sozialistischen Bewegung Fühlung gesuchtund sich bemüht habe, sie in staatsfreundliche Geleise zu bringen.Er habe darin als echter Staatsmann gehandelt, und was ergetdan. sei nickt eine Pflichtverletzung, sondern eine Pflicht-erfüllung. Nachdem es mißlungen, mußten natürlich andereWege eingeschlagen werden. Beiläufig habe zur Zeit jener Unter-Handlungen Lassalle gelebt, der auf nationalem Boden ge-standen und nicht mit den Umstürzlern zu verwechseln sei, dieheute das Ruder der deutschen Sozialdemokratie in Händeuhätten.An Eulenburg juvior reiht sich würdig der Held vonKirchheimbolanden an, der„vom Platz" redet. Die Weis-heit Bamberger's gipfelt in den Worten:„Ich glaube nichtan die Zukunft der Sozialdemokratie. Wer daran glaubt, derhat es allerdings schwerer, für ein Ausnahmegesetz zu stimmen."Sehr pfiffig: wer an die Zukunft des Sozialismus glaubt,d. h. überzeugt ist, daß der Sozialismus nicht todtgeschlagenwerden kann, wird nicht den lächerlichen Versuch machen, dasNichttodtzuschlagende todtschlagen zu wollen. Herr Bambergerglaubt vermuthlich deshalb an die Möglichkeit der Todtschlagungder Sozialdemokratie, weil es ihm nach 1848 so leicht ge-worden, in sich selber die nicht soziale Demokratie todtzu-schlagen.Sonst entzieht die Rede fich jeder Berichterstattung. Einparlamentarischer Echternacher macht auf jeden Schritt vorwärtstreiben, sie sind geeignet, die Regierung aufzurütteln, solche un-erhörten, Deuischland vor dem gesammten civilifirten Ausländeverhöhnenden Zustände so schnell als möglich zu beseitigen. Unddennoch! Die einzige Antwort auf solche furchtbare Anklagenwird sein: Ausnahmegesetze gegen die Sozialdemokraten undgegen alle Diejenigen, welche es wagen, solche Zustände deröffentlichen Beurtheilung preiszugeben!Das ist der Rechtsstaat, das ist der Staat der„Intelligenz"!—„Die Conservativen sind Shells Ochsen vonGeburt, theils Ochsen aus Prinzip", klagte bekanntlichder einstige Hauptführer der conservaliven Partei, GeheimeJustizrath Wagner, wenn seine Parteigenossen ihn durch ihreHandlungen in Verlegenheit setzten. Wenn Wagner steht, mitwelcher Wuth sich die conservative Heerde gegenwärtig auf denvorg haltenen rothen Lappen des Ausnahmegesetzes stürzt undsich darin mit verwickelten Hörnern fängt, dann wird er gewißauch nicht einen Buchstaben von obigem„geflügelten Worte"zurückzunehmen in der Lage sein können.— Bismarck soll nach den Aeußerungen seines jüngstenInterviewers von Blowitz ein sehr gutmüthiger Mann sein; nurDiejenigen soll er hassen und bekämpfen, welche seinen welt-geschichtlichen Ruf zu verkleinern oder zu schädigen suche».Wenn die Ansicht des Herrn von Blowitz auf richtiger Beurthei-lung beruht, dann müßte Herr von Bismarck seinen größtenZorn auf— sich selbst werfen.— Eine schreckliche Scene spielte sich vor Kurzem imGrand-Theater zu Bordeaux ab. Eine hübsche Tänzerin, FräuleinDelas, strauchelte und fiel gegen eine Gasflamme; sofort fingendie Kleider Feuer, und erst nach längeren Bemühungen wurdedas Feuer am Körper der Halbverbrannten gelöscht. Der ganzeVorfall spielte sich vor den Augen des Publikums ab, welchesnach Beendigung des Zwischenfalles das Stück mit voller Ge-müthlichkeit bis zu Ende genoß.„Man sollte es kaum glauben",schreiben dazu deutsche liberale Zeitungen. Wir aber haben dieUeberzeugung, daß die„gefühlvolle" deutsche Bourgeoisie genaueben so handeln würde.