seine übrigen Auslassungen werde er die Beweise herbeizuschaffensuchen. Auch habe er nicht gesagt, Fritzsche als Vicepräsidentdes Allgemeinen deutschen Arbeitervereins habe den Auftrag ge-habt, die Versammlungsberichte direkt an den Fürsten Bismarckzu schicken, sondern Dr. Dammer habe das Präsivium an Fritzschemit der Aufforderung abgegeben, er solle derartige Berichte direktan den Fürsten Bismarck schicken. Redner wendet sich hieraufgegen mehrere Ausführungen v. Kleist's, in denen dieser ihnmißverstanden habe, und bezeichnet es als einen Jrrthum seiner-seits, wenn er die Auslassungen des Reichskanzlers anders auf-gefaßt, als sie gesprochen waren.Fritzsche erwidert auf die ihm von Seiten des Reichskanzlerszu Theil gewordene Beleidigung, er lege auf dieselbe wenigerWerth, weil sie in Folge eines Druckfehlers in dem Zeitungs-berichte entstanden sei.Bamberger vertheidigt sich gegen einige Vorwürfe vonSeiten Bracke's.Liebknecht will sich gegen eine Aeußerung v. Kleist-Retzow'saussprechen; der Präsident bemerkt ihm aber, daß v. Kleist denNamen Liebknecht's nicht genannt habe, und daß somit die per-sönliche Bemerkung gar nicht zulässig sei.— Zur Sozialistengesetzdebatte. Wir wollen hiereinige Aussprüche der„Volkszeitung" und der„MagdeburgischenZeitung" citiren, von denen die erstere Gegnerin des Sozialisten-gesetzes, die letztere glühende Anhängerin desselben ist. Die„Völkszeitung" schreibt:„An dem ersten Tage der Debatte über das Ausnahme-gesetz war es die Rede des Abg. Bebel, welche durch dieschweren, der Regierung entgegengeschleuderten Anklagen denVerhandlungen ihren eigenartigen Stempel aufdrückte. Es warals ob die Rollen gewechselt wären: nicht der Reichstag saßüber die Sozialisten zu Gericht, sondern der Sozialiftenführertrat als ein leidenschaftlicher und rücksichtsloser Ankläger gegenein Regierungssystem auf, dessen verderbliche Consequenzen sooft bereits gebührend gekennzeichnet sind."Hören wir nun die„Magdeburgische Zeitung" über denersten Tag:„Der Herr Graf von Stollberg(Vicekanzler) hat in seinerEröffnungsrede nichts Weiteres gesagt, als was bereits ungleichvollständiger, ungleich methodischer in den Motiven zum Gesetz-entwürfe niedergelegt ist. Viel besser ist es auch dem anderenVertreter der preußischen Regierung nicht ergangen, dem GrafenEul�nburg, dem der Ruf einer gewissen Schneidigkeit imWesen und im Ausdrucke bei gleichzeitiger ungewöhnlicher Leut-seligkeit voraufgeeilt ist. Nun diesmal zum Mindesten hat erdem größten Theil der auf ihn gesetzten Erwartungen nicht ent-sprochen. Trotzdem der sozialistische Vorredner, Herr Bebel,ihm durch seine beispiellose Offenheit eine ganze Menge vonHandhaben dargeboten hatte, trotzdem Herr Bebel das Agita-tionsprogramm der Zukunft mit einer kaum zu überbietendenKeckheit entwickelt hatte, verschmähte es der Herr Graf Eulen-bürg, mit der ihm angerühmten Schärfe und Schlagfertigkeitdem Gegner auf den Leib rücken. Daß der Herr Minister aufdie Enthüllungen nicht näher einging, welche der Sozialisten-führer aus der cllromque scandaleuse seiner Partei zum Bestengab und wobei auch allerdings recht schweflicht gefärbte Streif-lichter auf anderweitige Kreise geworfen werden mußten, kannNiemand verwundern. In dieser Hinsicht dürfte der weitereVerlauf der Verhandlungen noch manche andere Seltsamkeitund Pikanterie zu Tage fördern. Allein neben diesen gefchicht-lichen Bemerkungen entwarf Herr Bebel mit einer an Cynismusgrenzenden Offenheit die Etappenstraße, welche demnächst dieSozialdemokratie innehalten wird, und hierauf war man wohlberechtigt, irgend eine Gegenansicht von Seiten der Regierungzu vernehmen. Ist es aber zu verwundern, wenn die Schild-träger jener radikalen Partei dann mit einer nicht weiter zucharakterisirenden Seelenfreude von ihren Anhängern zu er-klären:„Seht, Niemand hat uns zu widerlegen vermocht, janicht einmal zu widerlegen versucht."Ueber das Auftreten des Fürsten Bismarck am zweitenTage sagt die„Volkszeitung":„So zieh Fürst Bismarck beispielsweise den Abg. Fritzsche,auf den sich Bebel gestern berufen hatte, der Lüge, indem ervorausschickte, daß er diesen Mann nicht kenne. Aus der Mittedes Hauses darauf aufmerkam gemacht, daß er von einem Mit-Kamps mit geistigen Waffen.In der Berliner„Staatsbürzer-Zeitung" finden wir folgendeninteressanten Artikel:„In der deutschen Literatur und Presse giebt es eine Klassevon Leuten, die, wie Lassalle treffend sagt, zu jeder bürgerlichenHantirung zu schlecht, zu ignorant zum Elementarschullehrer, zuunfähig und arbeitsscheu zum Postsekretär, sich eben deshalbberufen glauben, Volksbildung zu treiben. Im Grunde habendiese Individuen gar keinen Anspruch auf den Namen vonSchriftstellern; denn sie arbeiten nicht mit dem Kopfe oder auchnur mit der Feder, sondern einfach mit dem Kleistertopfe undder Scheere. Sobald nämlich irgend eine Frage die öffentlicheAufmerksamkeit lebhaft beschäftigt, stürzen sie sich wie die Harpyicnauf die Zeitschriften, Broschüren, Bücher, welche durchdachte undoriginelle Darstellungen über die betreffende Frage enthalten,fahren blindlings mit der Scheere in dies literarische Material,bis einige Hundert Fetzen bedruckten Papiers vor ihnen liegen,quiste« und quirlen diese verworrene Masse aus allem Zusammen-hange gerissener Abschnitte, Kapitel, Sätze noch tüchtig durch-einander, kleben die einzelnen Stücke dann wieder ganz blind-lings auf große Bogen Papier, heften diese Bogen zusammenund vor sie ein Blatt, auf welches sie einen Titel schreiben undetwa eine kurze Vorrede, schicken endlich die ganze Pastete ineine Druckerei, aus welcher sie dann als funkelnagelneues Buchhervorgeht. Sobald dies Machwerk erschienen ist, posaunen esdie Spießgesellen des„Verfassers"— denn diese Leute hängenalle wie die Kletten zusammen und haben förmliche Assekuranz-gesellfchaften gebildet, in denen Alles gelobt wird, was vonihnen, und Alles getadelt wird, was von Anderen ausgeht—als epochemachendes Meisterwerk aus und reißen zugleich dieWerke herunter, aus denen es zusammcngeplündert ist, was bei-läufig meistentheils der„Verfasser" schon in der Vorrede seines„Werkes" selbst besorgt hat. Natürlich verräth er den Lesernniemals, woher er seine Weisheit hat, sondern hängt seinemnackten Raube bestenfalls nur insofern ein Mäntelchen um, alser etwa gelegentlich in eine Bemerkung des stibitzten Manuscriptsein Sätzchen einschiebt derart:„wie der und der"(Name desbestohlenen Autors)„nicht mit Unrecht sagt" oder Aehnliches.Es ist das Verfahren jenes Taschendiebes, der, als er eine Uhrgestohlen hatte, mit sittlicher Genugthuung constatirte, daß sierichtig ging.Die Folgen dieses Verfahrens leuchten ein. Zunächst ver-drängt diese Schandliteratur die besseren Werke tüchtiger Autoren.Denn da jenen Individuen das schäbigste Honorar noch immergliede desselben spräche, rechtfertigte er sich damit, daß ihm derName des Hrn. Fritzsche völlig unbekannt sei. Diese Unkenntnißwar in der That überraschend: daß der Fürst Reichskanzlernicht einmal über die Vorgänge in der Reichshauptstadt orien-tirt, daß ihm nie etwas zu Ohren gekommen sein sollte über dieStichwahl im vierten Berliner Wahlkreise, auf die das ganzeLand mit Spannung blickte, ist um so wunderbarer, als beider letzten Wahl in Berlin Vorkehrungen getroffen waren, dieRegierung sofort in der detaillirtesten Weise über den Ausfallzu informiren. Es scheint danach, als ob Fürst Bismarck sichaußer für den Wahlkreis des Amtmanns Dietze nur für die-jenigen Kreise interesstrt hat, in denen Mitglieder seines Hausesdurchfielen oder wo es besonderer Schiebungen bedurfte, um sieüber einen sich gehorsamst bückenden Gegner hinweg auf denSchultern des Centrums in das hohe Haus fzu lanciren.—Dieser Vorgang führte zu einer Beschwerde der Sozialistengegen das Präsidium. Der Abg. Bebel rügte es, daß demReichskanzler kein Ordnungsruf zu Theil geworden sei, wogegender Präsident auf die Rechtfertigung des Fürsten selbst, seineUnkenntniß der Person, um die es sich handelte, hinwies. DasHaus pflichtete dem bei; immerhin bleibt es bedenklich, daß eineso sonderbare Unkenntniß der Personenverhältnisse arge Verstößegegen das parlamentarische Herkommen exkulpiren soll. Wirverkennen nicht die schwierige Lage, in die der Präsident ver-setzt war; wir glauben aber, daß dieser Fall doch dazu ange-than war, über sonst wohl gerechtfertigte Bedenken hrnwegzu-helfen."Und die„Magdeburgische" sagt über ihren Percy:„Der Reichskanzler ist also wirklich auf den Plan getreten.Er hat gesprochen, aber er ist vorläufig nicht in die Materieder Gesetzesvorlage eingedrungen. Ob bewußt oder absichtslos,der Kanzler hat es vermieden, auch nur entfernt etwas an-zuführen, was auf die Vertheidigung oder die Recht-fertigung der Regierungsvorlage bezogen werdenkönnte."—-- Und weiter:„Aber wenn man von diesemrein persönlichen Theil der Auseinandersetzung des Kanzlers ab-sieht, dann muß man es ganz unverblümt aussprechen, daß derGang der Debatte auch durch ihn durchaus nicht ge-fördert wurde. Es ist dies aus mehr als einem Grunde zubedauern. Jede Generaldebatte läuft Gefahr, sich ins Weitezu verirren. Aber eine Generaldebatte über ein Gesetz, wie dasvorliegende, muß sich geradezu ins Endlose verlieren, sobaldman jedes Eingehen auf die Gesetzesmaterie verschmähtoder vermeidet."Nun muß doch, nach diesen Urtheilen über die„Macher"des Sozialistengesetzes, selbst dem Dümmsten der Dummen überletzteres ein Licht aufgehen.— In parlamentarischen Kreisen geht das Gerücht,daß der Abgeordnete Lasker mit circa 25 Genossen vom linkenFlügel der Nationalliberalen aus der Partei austreten wollen.Wahrscheinlicher Grund: der offenbare Treubruch des rechtenFlügels der Rationalliberalen bei der Wahl zu der Commiffiondes Sozialistengesetzes.— Das amtliche Fraktions-Verzeichniß führt die 397Reichstagsmitglieder in folgender Weise auf: Fraktion der Deutsch-Conservativcn 59, der Deutschen Reichspartei 56, der National-liberalen 96, der Deutschen Fortschrittspartei 26, des Centrums103, der Polen 14, Sozialdemokraten 9. Bei keiner Fraktion33(hierunter 15 Elsaffer, 3 Demokraten und 1 Däne). Er-ledigte Mandate 1. Zusammen 367.— Ein trefflicher Vergleich. Manschreibt dem„Frank-furter Beobachter": Sie führen folgende Punkte auf, welche beiAnnahme des sogenannten Sozialistengesetzes auf dem Spielestehen, als da sind:1) Preßfreiheit,2) Vereins- und Versammlungsrecht,3) die Gewerbefreiheit,4) Domizilrecht und die Freizügigkeit,5) die Sicherheit des Prioateigenthums gegen polizeilicheConfiskation ohne richterliches Urtheil,6) der Schutz der persönlichen Freiheit.Da lebte einst ein Volk in Amerika, und dieses Volk war vonuns Europäern»»entdeckt. Da geschah es aber, daß der König,eine königliche Belohnung für ihre Scheeren- und Kleisterarbeitvon wenigen Stunden ist, so können ihre Schmieralien zu vielbilligerem Preise vertrieben werden als gute Schriften, derenAutoren einen entsprechenden Ersatz für ihre aufgewandte Arbeits-kraft von den Verlegern verlangen müssen, und das Publikumkauft sie vorzugsweise. Dann aber, da zwar ihre einzelnenTheile außer allem Zusammenhange oder gar in schreiendemWiderspruche stehen, aber in sich logisch und vernünftig, weileben aus ordentlichen Autoren entlehnt, sind, so schielen allediese„Schriften" nach einem Sinne, während sie thatsächlichkeinen haben, so glaubt der mit der einschlägigen Materie nichtgenau vertraute Leser wunder welche tiefsinnige Weisheit zuvernehmen, während er thatsächlich nur ein wahnsinnig heulendesKonzert von wie betrunken durcheinandertaumelnden Gedankenhört. Eins von beiden ist die Folge: entweder bricht sich derLeser Bahn durch den Wirrwarr und hat dann den Kopf vollder ungeheuerlichsten Vorstellungen, oder er bleibt in dem Dickichtstecken, wirft mit instinktivem Ekel das Buch in den Winkel undversinkt in die völligste Gleichgiltigkeit gegenüber den öffentlichenDingen. So wird ein geistiger Massenmord systematisch be-trieben, gegen den eine Brunnenvergiftung wirklich noch alsKörperverletzung mit mildernden Umständen zu betrachten ist.Seit fünf Jahren häufte diese fürchterliche Rotte vorzugsweiseauf dem kirchenpolitischcn Gebiete, weil sich ihm das nationaleInteresse vornehmlich zuwandte, und sie trägt ihr gerüttelt undgeschüttelt Theil der Sch»ld an der Abspannung und Lethargie,welche sich der Bevölkerung in dem Kampfe gegen Rom be-mächtigt hat. Seitdem dies Feld erschöpft ist und sich dasöffentliche Interesse mehr und mehr auf die Sozialdemokratieconzentrirt, wirft sich der Schwärm Heuschrecken gleich auf dieSozialpolitik, und da seine stupende Unwissenheit hier fast nochgrößer ist, als sonst irgendwo, so überbietet er fast noch Allesvon ihm bisher Geleistete oder richtiger Gekleisterte. Wenn manbedenkt, wie die ganze Zukunft des deutschen Reiches von demInteresse und Verstänvniß abhängt, welches alle Schichten desVolks unserer sozialen Entwickelung entgegenbringen, so kannman diese Dinge nur mit steigender Entrüstung, mit wachsendemIngrimm ansehen. Dabei ist auch gar nicht abzusehen, wie demgrauenvollen Unfuge abzuhelfen ist; denn eine Gesundheitspolizeigiebt es auf geistigem Gebiete nicht, über allgemein gehaltenenTadel lachen jene Individuen, und in jedem einzelnen Falle,den einzelnen Uebelthäter an den Pranger zu stellen, ist eineekelhafte Henkersarbeit, zu welcher sich Leute, die Besseres zuthun haben, nicht leicht hergeben. Vielleicht aber nützt es dochetwas, einmal ein gründliches Exempel zu statuiren, und da wirund es war wirklich ein mächtiger König, zu seinen Hauptleutenund Schiffsleuten, die da durch das gesalzene Meer fahren,sprach:„Zieht hinaus und entdeckt mir jenes Volk." Und alsdie Hauptleute und die Schiffsleute und die Männer, welche aufden Schiffen fahren, durch das Meer dahin kamen gegen Westen,wo das Haus der Sonne ist, da fanden sie jenes Volk. Undvon jenem Volke wird gesagt:„Unter dieser sonderbaren Verfassung lebte das Volk, fort-geschritten in vielen sozialen Künsten, geschickt in der Herstellungschöner Stoffe, geschickt den Boden zu bebauen, aber unbekanntmit Geld. Sie hatten nichts, was Eigenthum benannt werdenkonnte. Sie konnten kein Gewerk ergreifen, keine Arbeit unter-nehmen, sich keine Vergnügung erlauben— es sei denn, daßdas eine oder das andere ihnen vom Gesetz erlaubt wurde.Keiner konnte seinen Wohnfitz ändern oder andere Kleider wählen,ohne besondere Erlaubniß von der Regierung des Landes. Selbstdas, was doch sogar dem niedrigststehenden der Menschen er-laubt war, konnte dort nur mit der Erlaubniß der Regierunggeschehen, nämlich die Wahl eines Weibes."Erzählt uns dieses Prescott nicht in seiner„Geschichtevon Peru"?Und nun— fragen wir— warum sollen wir Deutschen unsvergleichen mit den Engländern, die schreiben und reden dürfenwas sie wollen, warum sollen wir uns nicht vergleichen mit demVolke von Peru? Wozu reden und schreiben? Lassen wirdas den Anderen, die da nicht sind ein Volk von Denkern.Schweigend denken kann Jeder, was er will, dann wird wahrder Spruch:„Man kann in wahrer Freiheit lebenUnd doch nicht ungebunden sein."Ein Anderer aber, der da kam aus der Weltstadt Berlin,die da liegt in des deutschen Reiches Sandbüchse, Alexandervon Humboldt, erzählt uns von den Nachbarn des Volkesvon Peru, genannt die Mexikaner:„Einen gleichen Zustandfanden die Europäer in Mexiko und dieser Zustand muß schonlange bestanden haben. Er war so unerträglich geworden undhatte das Volk so reichsfeindlich gemacht, daß dasselbe beimEinrücken der Spanier selbst mithalf, das Reich zu zerstören."Dies wird uns erzählt in dem Buche„Geschichte von Neu-Spanien". Wir aber wollen Gott danken für unser täglich Brod— und wollen trotz Allem und Alledem nicht an der ZukunftDeutschlands verzweifeln!— Eine Consequenz des Sozialistengesetzes. Die„Berliner Freie Presse" ist durch eine anonyme Zuschriftdavon benachrichtigt worden, daß Berliner wie auswärtige So-zialdemokraten mit dem Plane umgingen, nach Annahme desAusnahmegesetzes eine regelrechte Steuerverweigerungin Scene zu setzen. Ein Jeder werde die Zahlung der Steuernverweigern und es zur Auspfändung kommen lassen. Wenn inBerlin bei so vielen Bürgern die Exekution einträte, so würdedie Zahl der Exekutoren, der Versteigerungscommissare nicht aus-reichen, um im Laufe eines Jahres die Pfandobjekte in Geldumsetzen zu können. Zudem würden die vorhandenen Magazinenicht ausreichen, all das Gerümpel zu bergen. Die Anhängerdieser Idee sollen bereits nach Tausenden zählen. Im Geheimenwerde die Agitation mit großem Erfolg betrieben. In Berlinaber seien die Massen schon von dieser Idee erfüllt. Sie hättensich verbündet, einander in diesem„Steuerstrike" beizustehen.Keiner wolle die Pfandobjekte seines Nächsten ersteigern wennes nicht auf dessen Wunsch für ihn selbst geschähe-c.— Die„Berliner Freie Presse" erklärt, sie wolle noch kein Urtheil zurSache abgeben, warnt aber ihre Anhänger vor unvorsichtigenAeußerungen in öffentlichen Lokalen.— Das Endresultat der letzten Reichstagswahlenstellt sich in Folgendem dar. Die Gesammtsumme der im erstenWahlgange abgegebenen sozialistischen Stimmen betrug 435,833;dazu das Mehr der engeren Wahlen mit 38,845 gleich 474,678;mit den fehlenden Kreisen(aus denen trotz össentlicher undbrieflicher Ausforderung das Resultat nicht einging), über 475,000.1877 wurden im ersten Wahlgange ausgegeben ca. 495,000;dazu 62,368 Stimmen mehr bei den engeren Wahlen gleich circa557,000. Bei den Nachwahlen gewann die sozialdemokratischePartei ca. 3000 Stimmen, so daß die Gesammtsumme rund560,000 betrug. 1874 fielen im ersten Wahlgange 356,153 so-einen dieser Haifische just in unserem Fahrwasser spielen sehen,so wollen wir unsere Fahrt einen Augenblick unterbrechen undeine Harpune nach dem dreisten Eindringling werfen.Es sind auch noch andere Gründe, welche uns das BuchChristoph Wild's:„Ein Jahr sozialer Arbeit 1877"(Bromberg,Fischer) zur Statuirung eines Exempels geeignet erscheinen lassen.Erstens ist es ein ganz unübertreffliches Exemplar der Gattung,an dem sich die Methode jener Scheeren- und Kleisterhelden sehrschön studiren läßt. Zweitens ist es— wir sagen es ungern,aber wir sagen es, weil es die Wahrheit ist— von einemgroßen Theile der Presse dem Volke als eine heilsame undnützliche Quelle der Belehrung empfohlen worden. Drittens solles Fortsetzungen erhalten, was um jeden Preis gehindert werdenmuß. Viertens endlich erscheint es Pseudonym, so daß wir,indem wir es literarisch und moralisch abthun, eben nur dieGattung, eben nur die Sache und keine Persönlichkeit treffen.Wir kennen Christoph Wild nicht und er kennt uns nicht. Erhat uns nie e�was gethan und wir wollen ihm auch nichts thun.Sollte er sich dennoch schmerzlich berührt fühlen, so wird ihnwenigstens das Bewußtsein, daß er nur für seine Brüder inMarsyas duldet, erheben und trösten.Die gedachte„Schrift" kostet 2 Mark und soll nach der Vor-rede die soziale Bewegung des Jahres 1877 schildern, also einenrecht nützlichen Zweck erfüllen. Schlägt man sie aber auf, sofindet mau nichts Anderes als 29 Kapitel voll kritischer Glossenzu einer Menge einzelner Fragen, die obne jede systematischeAnordnung sich über Tausend und ein Ding verbreiten, undeinen Anhang, welcher Auszüge aus sozialdemokratischen Kälen-der», Unterhaltungsblättern und Büchern enthält. Und diesganze Buch mit Ausnahme des Titels, der Kapitelüberschriften,der Vorrede und des Schlußworts, deren jedes noch nicht eineSeite füllt, und etwa noch eines oder zwei Dutzend Zeilen, istScheere- und Kleistergut. Herr Wild hat schlauer als die meistenseiner Zunft allerdings nicht sowohl aus Büchern wie vielmehrmit Vorliebe aus schnell verwehenden Zeitungsblättern die Hun-derte und Hunderte von Flicken herausgefetzt, aus denen seingroßes Plagiat zusammengeplätzt ist. Wir können die Sachegenau constatiren, da gut zwei Drittel der„Schrift" aus einerwild verworren durcheinander gerüttelten Unmasse von Bruch-stücken aus den vorjährigen Leitartikeln der„Staatsbürger-Ztg."bestehen. Beispielsweise will Herr Wild das X. Kapitel seinesBuches schreiben. Er nimmt die Scheere,.führt blindlings inden Jahrgang 1877 der„Staatsb.-Ztg." hinein und reißt dreiStücke aus, die äußerlich etwa ein Kapitel zu füllen versprechen.Nun gehören dieselben drei Leitartikeln(15. März, 3. Juli,