so eminent subjektive Anficht aus dem Munde eines so hochge- stellten Mannes, der dem Volke ein so gewaltig wirkendes Bei- spiel giebt, nicht nur um so befremdender sein? Bei allem Respekt vor dem Kanzler und seinen unsterblichen Verdiensten um das Vaterland müssen wir es dennoch ganz unumwunden sagen, daß auch dieser Satz besser nicht ausgesprochen worden wäre."— Diese„unumwundene" Erklärung der„Magdeburgischen Zeitung" nutzt nichts. Sie und ihre Colleginnen haben dem Fürsten jahrelang direkt in allen Tonarten geschmeichelt, daß er fich solche kleine Extravaganzen wohl erlauben darf. — Der Fortschritt liegt sich in den Haaren. Ueber die Hänel'schen Amendements ist die fortschrittliche„Leipziger Volkszeitung" ungemein erbost. Sie schreibt zum Schlüsse eines längeren Artikels:„Die Reaktion wird jetzt geltend machen, daß der Wortführer der Fortschrittspartei selbst durch seine V-r- besserungsarbcit an dem Gesetz die prinzipielle Zweckmäßigkeit desselben anerkannt habe. Was wollen Sie dagegen einwende». Herr Professor? Dahin also mußte es mit der Fortschrittspartei kommen! O, Ihr Waldeck und Haverbeck, wohl Euch, daß Ihr den Tag nicht zu erleben brauchtet, da Eure Epigonen, die sich gleich Euch als Borkämpfer der heiligen Demokratie ausgeben. zwischen erster und zweiter Lesung sich zu einem Compromiß herbeilassen, wie er ärger nicht einmal von den Nationalliberalen in dritter Lesung abgeschlossen wurde!"— Alles Lamentiren hilft eben nichts. Der Fortschritt trug schon längst vor der Hänel'schen Retirade den Keim des Todes in sich. —„Gleiches Recht"— respektive„gleiche Unter- drückung" für Alle— so dachte die Regierung von Reuß- Greiz und verbot am 22. d.M. eine liberale Wählerversammlung', die in Greiz stattfinden und in welcher der liberale Führer und Reichstagsabgeordnete Rickert(Danzig ) sprechen sollte. Die liberalen Blätter machen darüber ihrem Aerger Luft und melden noch dazu:„Herr Rickert war übrigens doch in Greiz erschienen, und es fand in eine? sehr zahlreich besuchten geselligen Zusammen- kunft der beabsichtigte Gedankenaustausch statt."— Da- nach haben die Herren Liberalen in„freventlicher" Weise das Gesetz umgangen! So lautet nämlich der Ruf der liberalen Blätter, wenn die Sozialisten der Polizei ein Schnippchen schlagen; natürlich, daß es dann anstatt„Liberalen " Sozialdemo- kraten heißt.— Aus alledem aber geht hervor, daß die Herren Liberalen sich noch gar nicht daran gewöhnen können, in gleicher Weise von Polizei und Gesetz wie ihre sozialistischen Mitbürger behandelt zu werden. Wartet nur, Ihr liberalen Sünder, nach dem Ausnahmegesetz werdet Ihr Euch schon daran gewöhnen! — Aus Paris erfahren wir, daß Guesde und Finance, die beiden bekanntesten und angeblich compromittirtesten der wegen des Versuchs zur Abhaltung des internationalen Arbeiter- congresses Verhafteten, wieder auf freien Fuß gesetzt worden find, weil absolut nichts Belastendes entdeckt werden konnte. Hirsch ist dagegen noch im Gefängniß, ein Vorrecht, das er offenbar seiner imponirenden Eigenschaft als Civis Germanus— deutscher Reichsbürger— verdankt. — Die englischen Trades- Unions(Gewerkschaften) hielten in der vorletzten(Montag, den 9. Septbr. beginnenden) Woche zu Bristol ihren(eilften) Jahrescongreß ab. Der- selbe wurde von dem Präsidenten des„parlamentischen Aus- schusses der Gewerkschaften" mit einer kurzen Ansprache eröffnet, in welcher et bemerkte, daß die Trades-Unionisten trotz der ?ciederlagen, welche sie in Lancashire , London , Northumberland und anderwärts erlitten hatten, dennoch durchaus nicht ent- muthigt sind, und daß die Gewerkschaften nun einem mächtigen Bunde der Arbeitgeber entgegenstehen, der es bald nothwendig machen wird, daß auch die Gewerkschaften, anstatt einzeln zu kämpfen, einen starken Bund schließen. Man schritt dann sofort zur Wahl des Bureaus. G. F. Jones, Sekretär des > Bristoler Gewerkschaftsrathes wurde zum Präfidenten und Ken- nedy von Glasgow zum Vice-Präfidenten gewählt. Broad- hurst, Secretär des Parlamentarischen Ausschusses, erstattete hierauf Bericht im Namen des Ausschusses und schilderte die ! letzte Session des Parlamentes als eine sehr aufgeregte. Die : auswärtige Politik und namentlich die Orientfrage habe alle übrigen Fragen erdrückt. Die Regierung habe wohl versprochen, ein umfassendes Haftpflichtgesetz vorzulegen, aber trotzdem daß Macdonald(ehemaliger Grubenarbeiter und nun Sekretär der bedeutendsten Gewerkschaft von Grubenarbeitern, seit einigen Jahren Parlamentsmitglied und als solches überaus zahm) sie schon einige Mal zu dieser Vorlage drängte, wurde von ihr nichts mehr gehört. Die verbündeten Arbeitgeber machen jeder Handlung der Regierung in Bezug auf diese Frage die heftigste Opposition. Das Eomitä hat in Erfahrung gebracht, daß eine große Deputation von Arbeitgebern bei der Regierung vorsprach, um sie zu veranlassen, keinen diesbezüglichen Gesetzentwurf vor- zulegen. Im weitern Verlauf des Berichtes wird der beiden großen Strikes im Baugewerke, der Londoner Maurer und der Manchester Zimmerleute, die heuer stattfanden und zu Ungunsten der Arbeiter ausfielen, Erwähnung gethan. Die Arbeitgeber fast aller Fabrikationszweige, heißt es da, sind gegenwärtig zu mächtigen Organisattonen vereinigt, deren fast unbegrenzter Reich- thum ihnen eine Angriffs- und Vertheidigungsstärke giebt, denen kaum unsere besten Gewerkschaften gleichkommen. Dazu kommt noch, daß diese Arbeitgeber-Berbindungen zumeist geheim ar- betten. Ihre Beschlüsse werden im Geheimen durchgeführt und ihre Erläffe in Privatcirkularen versendet. Das größte Ver- brechen in den Augen dieser geheimen Gesellschaften ist es. Mit- glied irgend einer Gewerkschaft zu sein. Man sollte nun glauben, daß durch solche Kämpfe der Parlamentarische Ausschuß zu der Ueberzeugung gelangt sei, daß es nun die Hauptaufgabe der Gewerkschaften sein sollte, politische Macht zu erringen, und in dieser Beziehung selbstständig vorzugehen, anstatt wie bisher den Schwanz der liberalen Partei zu bilden, aber weitgefehlt! Der Ausschuß sagt nur, daß es nicht seine Aufgabe sei, die Mittel anzugeben, um diesen neuen Elementen in den Conflitten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wirksam entgegentreten zu können. Alles was sich der Ausschuß diesbezüglich anzu- rathen erlaubt, ist, daß er meint, die Einkünfte der Gewerk- schaften müssen vermehrt und deren Einfluß erweitert werden. Mit der Erstattung dieses Berichtes war die Arbeit des ersten Congreßtages beendet.— Die Verhandlungen der übrigen Tage sind von relativ geringem Interesse für uns. Die gefaßten Beschlüsse werden wir mittheilen, sobald sie uns in authentischer Fassung vorliegen. — Russische Wirthschaft. Wie man säet, so erntet man. Die„Germania " bringt in ihrer Nr. 217 folgende Notiz aus Petersburg :„Bon den Nihilisten wurden im Laufe der ersten Woche dieses Monats in Petersburg abermals 3 Gensdarmerie- osfiziere, in Ufa der Polizeiminister, in Orenburg ein Commissar der Landpolizei, in Pera zwei Polizeiosfiziere und in Tiflis der Polizeigeneral Carnowisch ermordet. Und in keinem einzigen Falle gelang es. die Thäter zu erwischen. Die kurz nach dem Attentate auf Mesenzow von dem sogenannten Revolutionscomitä herausgegebene Broschüre„Tod für Tod", in welcher der politische Mord glorifizirt wird, wird von unsichtbaren Händen un ganzen Reiche verbreitet." Das ist die Rückseite der Medaille. Auf der Vorderseite befindet sich die„Ordnung" knieend auf einem Berg von Leichen— den Leichen der Tausende und Abertausende, die in den letzten zwei Jahrzehnten, unter dem Szepter des milden Väterchens, wegen ihrer Freiheitsbestrebungen erschossen, todt- geprügelt, todtgeknutet, auf der trockenen Guillotine der Gefängnisse und Sibiriens langsam dahingcmordet sind. — Durch die Presse geht die Nachricht, daß Genosse Mot- teler von der Staatsanwaltschaft zu Stuttgart wegen Ma des in einer andern Stellung wieder zu erlangen. Gemein- nützig schaffen zu können, wie er dies stets mit Vorliebe gethan, war wiederum sein Bestreben, und in Berlin , wohin wir nun zurückkehrten, setzte er verschiedene Hebel in Bewegung. So ent- warf er u. A. einen schriftlichen Bericht über sein amtliches Wirken in Storkow und übersandte denselben mehreren Ministe- rien und Behörden in Berlin zur Durchficht, hoffend, sich da- durch für eine geeignete Anstellung zu empfehlen; indeß erfüllten sich seine Erwartungen auf diesem Wege nicht. Die Hoffnungen, welche der neue König nach seiner Thron- befteigung in den Gemüthern des Volkes erweckte, die vielver- sprechenden Reden, welche er bei allen thunlichen Gelegenheiten hielt und in denen er seinen Wunsch,„der Pionier einer neuen Zeit sein zu wollen" Ausdruck gab, blieben auch bei meinem Vater nicht ohne Eindruck. Mit seiner vertrauensvollen Natur erwartete er das Höchste von dem jungen Monarchen. So ent- schloß er sich denn, Alles aufzubieten, um zu dem König vorzu- dringen und übersandte ihm zu diesem Zwecke, das oben er- wähnte Schriftstück:„Die letzten 12 Jahre meines Lebens", daran ein Gesuch um einen geeigneten Wirkungskreis knüpfend-- doch auch hier kein Erfolg; der letzte Bescheid des Königs lautete: „Es verbleibt bei meinem an den Bürgermeister Tschech er- lassenen abschlägigem Bescheide. F. W. Rex." Während diese Vorgänge fich vollzogen, begannen in Deutsch- land„revolutionäre Bewegungen", wenn man liberale Reform- bestrebungen so nennen will, sich in steigendem Maß kund ku geben. Die Vertreter derselben fanden auch in unserm Kreise die wärmste Sympathie. Ob mein Vater mit einem jener„Frei- heitsmänner" persönlich bekannt geworden ist, und in Verbin- dung stand, muß ich dahingestellt sein lassen— Bestimmtes weiß ich nicht; in unserem Hause sah ich nie Fremde, doch ging mein Vater viel aus und kehrte oft in sehr erregter Stim- mung heim. ,. Die schlefischen Weberunruhen, erzeugt durch Verdienstlosig- e» k Hungersnoth machten einen besonders tiefen Eindruck " Gemuth, wobei er dann in wehmüthigen, warmen Er- sem-r engeren Heimath-« war der Sohn eines T meIfQch gedachte. Das herrschende * tffit cift �n.me�r u"d mehr. So keimte mehr und Msssion�rfaßte" bie er allmählich wie eine Roch einen letzten Versuch, eine Audienz beim König zu er- langen, setzte er mit Energie ms Werk und wandte sich unter andern an die Königin Elisabeth, sowie an Alexander von Humboldt , doch ebenfalls ohne Erfolg. Wäre es ihm gelungen, persönlich zu Friedrich Wilhelm iv sprechen zu können, so würde er ihm, das weiß ich, begeistert in der Weise eines Posa, unerschrocken, m glühenden Worten, von den ftustän- den des Landes, von der Roth des Volkes gesprochen haben. So hatte mein Bater systematisch mit Ausdauer und Conse- quenz alle Mittel erschöpft, gütlich zum Ziele zu gelangen.— Die späteren Begebenheiten führt der Artikel im„Vorwärts" im Wesentlichen richtig an. Ich füge noch das Folgende bn und ersuche Sie um die Aufnahme in Ihrem geschätzten Blatte. Am Abend des 25. Juli 1844 gab mein Vater zwei Exem- plare seiner Schrift:„Die letzten 12 Jahre meines Lebens" in Berlin zur Post. Das eine war an den Buchhändler Brojck- haus m Leipzig adressirt, das andere an seinen Bruder Wilhelm in Schlesien mit der Bitte, das Schriftstück Niemand anderem auszuhändigen, als einst seiner Tochter Elisabeth. Diese beiden Exemplare geriethen gleich nach dem Attentat in die Hände der Polizei. Später bei meiner Privatgefangenschaft in Westphalen, im Hause eines pietistischen Pfarrers, versuchte Herr Albert Dulk , aus Leipzig kommend, von mir Daten für eine Biographie meines Vaters zu erlangen, wurde aber umgehend polizeilich zum Orte hinausgemaßregelt. Nachdem ich im Jahre 1848 in Zürich die Biographie meines Vaters geschrieben, wurde mir im Jahre 1849 bei meiner Rückkehr nach Süddeutschland, von wo ich nach Berlin um einen HeimathSschein schrieb, dies Gesuch abgeschlagen: da ich das Anrecht auf ein solches Dokument verloren. Unterzeichnet war der Bescheid: Kühlwetter. In Folge des Mangels eines Legiti- mationspapieres wurde ich dann von einem Orte zum andern gejagt bis mir schließlich nichts übrig blieb, als ein Asyl in Amerika zu suchen. Hier lebe ich jetzt alt und arm— die Preise für Frauenarbeit sind auf ein Minimum zusammenge- schrumpft. Seit Jahren ist es mein Trachten, mir Mittel zur Gründung einer kleinen sicheren Existenz für mein Alter zu schaffen. Zu diesem Zwecke wandte ich mich vor bald 3 Jahren an den Reichskanzler Bismarck , ihn ersuchend, dahin zu wirken, daß ich den Rest meines ehemals von mütterlicher Seite stammenden confiscirten Besitzthums zurückerhalte. Ich erhielt darauf schnellen Bescheid, dessen Hauptpassus lautet„daß die noch vorgefundene Habe beim Tode meines Baters laut Er- kenntniß confiscirt und vernichtet worden sei".(Gezeichnet: In Vertretung Friedberg .) Ein Gesuch an den Kronprinzen im März dieses Jahres gesandt, im Falle meiner Rückkehr nach Deutschland mir freien ungehinderten Aufenthalt zu gewähren. blieb ohne jeden Bescheid! Elisabeth Tschech. — Bolkskalender für 1879. Braunschweig , Druck und Verlag von W. Bracke jun. Preis 50 Pf. Dieser Kalender, dessen Inhalt unseren Lesern durch die Inserate bereits bekannt ist, verdient sbenso wie der„Arme Konrad" die wärmste Empfehlung. Auf 104 Seiten in Quart wird— neben dem Kalendarium mit Schreibkalender— ein reich- haltiges Material belehrender und unterhaltender Lectüre ge- boten, und sind die wissenschaftlichen Aufsätze durch zahlreiche Illustrationen, welche beigefügt sind, erläutert. Wir heben Folgendes hervor: jestätsbeleidigung steckbrieflich verfolgt werde. Diese Nachricht beruht allerdings auf Wahrheit. Merkwürdig aber ist, daß die steckbriefliche Verfolgung eingetreten ist, ohne daß unserem Ge- nossen Motteler eine Vorladung oder ein Haftbefehl präsentirt worden ist. Motteler befand sich seit einiger Zeit auf Reisen; es ist üblich, daß in solchen Fällen von der Behörde die be- treffende Vorladung an die Zimmerthüre des Vorzuladenden an- geheftet wird. Dies ist nicht geschehen. Wollte man Motteler aber sofort verhasten, so hätte die Behörde dies nur einfach bei ihren Nachforschungen über den Aufenthaltsort des Genossen Motteler sagen sollen. Derselbe wäre davon sofort benachrichtigt worden und hätte sich dann dem Stuttgarter Gerichte längst freiwillig gestellt. So aber hat er erst durch den Steckbrief selbst Kenntniß von der Anklage gegen ihn erhalten und ist, wie er uns mittheilt, daraufhin auch sofort nach Stuttgart gereist, um sich den dortigen Gerichten zu stellen. Aus der Schweiz . Vevey , 22. September. Wenn ich mir erlaube, Ihnen in Nachfolgendem einen Bei- trag zur Charakteristik Ihrer Gegner zu liefern, so geschieht dies in gerechter Entrüstung über die Art und Weise, in welcher sich gerade Diejenigen, welche stets den Mund so voll nehmen von „Gerechtigkeit für Alle", von„gemeinem Recht" u. s. w., auzen- blicklich betragen, und werde ich Ihnen, wenn Sie diesem Artikel Aufnahme gewähren, an noch anderen„Führern" die Thatsache constatiren, welch elende Gesinnung und welche„Hans� Wurschtig- keit" dazu gehört, um ein Gesetz wie das„Untergrabungsgesetz" in Deutschland möglich zu machen. Es ist eigenthümlich, welches Interesse in unserer„besseren" Gesellschaft, die doch Geld genug haben, um Andere für sich denken zu lassen, dieses deutsche „Untergrabungs-Drama" erweckt. Abgesehen von unseren Damen, welche, von der Langenweile gepeinigt, von jeher einen gewissen Hang zur communistischen Romantik an den Tag gelegt haben, sind es doch auch ganz ernste Männer, welche den Kopf schütteln über ein Beginnen der herrschenden Gewalten in Deutschland , das eine verzweifelte Aehnlichkeit hat mit dem Gebahren eines Man- nes, der mit der Klystierspritze auf's Dach klettert, während es im Keller brennt. Die ganze Jämmerlichkeit des Nationallibe- ralismus, und u. A. namentlich des Herrn Lasker, erregt hier tiefen Unwillen, der um so begreiflicher ist, als in hiesigen Ge« sellschaftskreisen dieser Mann offen erklärte, aus einem der- artigen Sozialistengesetze könne und dürfe Nichts werden, und nie würde er die Hand dazu bieten, der Regierung die Mittel zu gewähren, daß sie vom Boden des gemeinen Rechts abweiche!" Herr Lasker hat dafür den Händedruck ehrlicher Männer und den Dank schöner Augen pränumerando empfangen und mit Spannung sah man den Be- richten aus dem deutschen Reichstag entgegen. Befremdete es schon, daß Herr Lasker schwieg und Herrn Bamberger . diesen auch hier„wohlgeachteten" Menschen, reden ließ, wirkte die Thä- tigkeit des Ersteren in der Commission hier geradezu Entrüstung und Bestürzung erregend. Erst gestern hatte ich Gelegenheit, mit einer dem Herrn Lasker sehr wohlbekannten Dame zu sprechen. „Um's Himmelswillen, was macht dieser Lasker? Er verändert die Regierungsvorlage ja so, daß sie nur im Wortlaut, nicht aber dem Inhalte nach anders klingt."—„Meine Gnädige, das nennt man parlamentarische Taktik."—„Ach gehen Sie, wenn Sie jetzt den ersten Paragraphen von hinten nach vorn lesen, so kommt genau der Regierungsparagraph zum Vorschein." —„Meine Gnädige, das kommt wohl vermuthlich daher, weil die Juden ja stets von rechts nach links lesen."—„Sparen Sie um's Himmelswillen Ihre faulen Witze und berathen wir lieber, wie solche Gesinnungslosigkeit am besten bestraft wird."— „Nichts leichter als das."— Ich ging nach Hause und holte die„Erlebnisse einer Manncsseele".„Lesen Sie das und geben Sie es weiter." In einer„Geschichte, wie sie alle Tage passirt", schildert Otto- Walster eine Scene aus dem Leben zweier„deutscher Tramps in Amerika ", die nach einem Leben voll Roth und Gefahren in einer Colonie von Deutschen endlich ihr Heim finden.— In „Das Dünendorf" giebt Heinrich Smidt eine Schilderung des Strandlebens und der Ereignisse, die sich unter den Bewohnern eines Dünendorfes abspielten. Eduard Sack giebt unter„Geschichte" eine scharfe und treffende Kritik sowohl der bisherigen Geschichtschreibung, wie hauptsächlich des geschichtlichen Unterrichts in unseren Schulen. Diese Ausführung gipfelt in der Forderung, daß„die Geschichte— nicht der Fürsten , sondern des gesammten Volks; nicht der Feste, sondern der Arbeit; nicht der Kriege, sondern der Empörungen; nicht der Reichen und Vornehmen mit ihren Vergnügungen und Künsten, sondern der Armen mit ihrer ewigen Geduld im Elend, — daß diese„allgemeine" Geschichte allen Männern, Weibern und Kindern erzählt werde." Und wer wollte dem Verfasser nicht Recht geben, wenn er zur Begründung seiner Forderung sagt, daß„nur starke Gefühle und tief begründete Ueberzeugungen uns zu Kämpfern für die Wahrheit und die Freiheit" machen. In dem Aufsatz:„Ein Reichsminister in Nöthen" wird ein Rückblick auf das„tolle Jahr" 1848 geworfen und eine für den verflossenen Reichsminister Heckscher freilich nicht sehr ergötzliche Episode aus dem Leben dieses politischen Strebers erzählt. Hermann Lange giebt in einer Skizze über Pascal Paoli eine Schilderung der Insel Corsica vor ihrer Unterjochung durch Frankreich und der Kämpfe, welche dieser vorhergingen, die Cor- sica in eine Einöde verwandelte. Bon Bruno Geiser enthält der Kalender eine historisch? Skizze aus Alt-Gricchenland. Er schildert Land und Leute, Griechenland in der Zeit historischer Dämmerung und die Verhältnisse in Sparta und Athen während ihrer Blüthezeit. Außerdem sind in dem Kalender eine Reihe belehrender Auf- sätze enthalten, z. B.:„Ueber Dampfkesselexplosionen; die bevor- stehende„elektrische" Revolution: Tetephon, Phonograph, Mikro- Phon; Die Wanderheuschrecke u. s. w. Ferner sind kleinere Auf- sätze, Anekdoten, Sinnsprüche ic. in reicher Menge vorhanden, und zum Schluß folgt eine Tafel der Hochwasserzeiten in Cux - Hafen für das Jahr 1879 nebst einem Anhang, eine Tafel zur Stellung einer Uhr und ein vollständiges Verzeichniß der Messen und Märkte.— Die weite Verbreitung, die der Kalender in früheren Jahrgängen gefunden hat, ist ihm also auch in der vor- liegenden Ausgabe zu wünschen. — Im Verlage unseres Genossen Karl Grillenberger ist erschienen und durch die Genossenschafts-Buckdruckerei in Nürn- berg zu beziehen:„Der deutsche Arbeiter- Notiz- Kalender" für das Jähr 1879. Derselbe enthält: Kalendarium, die' für die Arbeiter und Gewerbetreibenden wichtigsten Bestimmungen der Reichsgewerbeordnung, das Haftpflichtgesetz, das Gesetz betreffend die Beschlagnahme des Arbeits- und Dicustlohnes, das Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Eheschließung, Postalisches und einen Notizen-Schreibkalender.
Ausgabe
3 (29.8.1878) 115
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