seiner Behauptungen darzuthun, bis heute in keinerWeise nachgekommen ist.Wir werden, falls es auch ferner nicht geschieht,dies von Zeit zu Zeit erneut constatircn undschließlich an das allgemeine Urtheil dahin appel-liren, daß der Fürst Bismarck sich einerehrenrührigen Verdächtigung gegen die„Frankfurter Zeitung" schuldig gemachthabe.Eines Weiteren dem Fürsten Bismarck gegen-über bedarf es, so lange er beweisfällig bleibt,nicht; dagegen stehen wir angesichts der Erörte-rungen des Vorfalles in der Presse und der ent-stellten und falschen Angaben über die Verhält-nisse der„Frankfurter Zeitung", die dabei baldleichtsinnig, bald böswillig vorgebracht werden, umdie öffentliche Meinung zu beeinflussen, nicht an,Folgendes zu erklären:1. Die„Frankfurter Zeitung" bezieht von ihrenPariser Correspondcnten, von denen niemalsirgend einer in offiziellen oder offiziösen Be-Ziehungen zu einer französischen Regierunggestanden hat, nur die unter Frankreich täg-lich abgedruckten Correspondenzen und De-peschen, welche direkt an den betreffendenRessortredakteur gelangen und von diesemselbstständig bearbeitet und zum Druck be-fördert werden.2. Sie bezieht keine anderenJnformationenaus Frankreich, weder von ihren Correspon-deuten, noch von irgend einer anderenSeite.3. Die Urtheile der„Frankfurter Zeitung" überinnere und äußere Politik, wie sie in denUebersichten und Leitartikeln enthalten sind,gehen von der Redaktion des Blattesaus; die Redakteure des Blattes sind ankeinerlei Instruktionen gebunden, unterliegenkeinerlei Beeinflussung und genießen vollsteSelbstständigkeit des Urtheils. Die„Frank-surter Zeitung" hat keinen Chefredakteur,jeder Redakteur verwaltet sein Ressort nachfreiem Ermessen und nur bei wichtigen Phasender Politik hat er sich in einer Conferenz,in der die Mehrheit entscheidet, der Zustim-mung seiner Collegen zu versichern, zu denenauch Herr Sonnemann gehört.4. Jede Einwirkung auf die Zeitung gegen dieAnsicht der Redaktion oder über die Köpfederselben hinweg ist somit ausge-schlössen, Beziehungen der„FrankfurterZeitung" zu irgend einer Regierung müßtenhiernach Beziehungen von Redaktionsmitglie-dern zu Personen oder Organen der be-treffenden Regierung sein.5. Die Leiter des politischen Theiles der„Frank-surter Zeitung" halten es unter ihrer Würde,der etwaigen Insinuation, daß ihnen solcheBeziehungen zur französischen Regierung zurLap fallen, auch nur ein Wort entgegenzu-setzen.Lü»s Grund der vorstehenden Punkte wieder-holen wir, daß die Behauptung, die„FrankfurterZeitung" unterhalte irgendwelche Beziehungen zurfranzösischen Regierung, eine Verleumdung,jede juristisch unfaßbare Anspielung auf solcheBeziehungen, dazu bestimmt, im Publikum denGlauben daran zu erwecken, eine frivole Ver-dächtigung ist.Frankfurt a. M., 15. Oktober 1878.Die Redaktion der„Franks. Ztg."Dr. Karl Bücher. Theodor Kurti. Otto Hürth.Eduard Sack. Dr. Josef Stern.Herr v. H. an das Königliche AmtsgerichtMeinersen.Abbensen, 25. Aug.Sehr eilig.Der Herr Major v. K. vom Jnfanterie-Reg.Nr. 67, augenblicklich hier in Abbensen, hat zweihiesige Gutsgebäude und das zwischen beiden be-legene Thor gegen meinen ausdrücklichen Protestdadurch zur vorübergehenden Benutzung in An-spruch genommen, daß er große Fahnen an den-selben befestigt hat, die die Pferde scheu machenund die Passage durch das Thor für solchehemmen.Da eine solche zwangsweise vorübergehendeBenutzung nach den§8 1 und 4 des Gesetzesüber Entziehung des Ärnndeigenthums zuvoreiner landdrosteilichen Verfügung und der Einlei-tung des Expxgnriationsverfahrens bedarf, so er-suche lch 5lönigl. Amtsgericht als Vertreter derBesitzer jener Gebäude:„Dem Herrn Major v. K. aufgeben zuwollen, daß er sofort jene Fahnen entferne undmich in meinem Besitz nicht weiter störe."Ganz gehorsamstv. H.»*Damit schließt d.ese wahrhaftige Historie. Sornteressant sie der Leser finden mag. Eines wirder an ihr vermissen, die Pointe. Sie hat wirklich,wie die meisten dieses Genres, keine für die Leser.wohl aber für den,„dem sie just passirt".— Spinoza über die Freiheit der Mei-nungsäußerung. Man setz-, daß die Fr'eib.itunterdrückt und die Menschen so geknebelt werdenkönnen, daß sie nur nach Vorschrift der höchstenStaatsgewalt einen Laut von sich geben, so wirdes doch nie geschehen, daß sie auch nur dasdenken was diese will, und folglich würden dieMenschen anders reden, wie sie denken; die Treue,welche dem Staate so nöthig ist, würde unter-graben; eine abscheuliche Schmeichelei und Un-treue würde dann gehegt und damit der Betrugund der Verderb aller guten Künste. Alleindaran ist nicht zu denken, daß Alle so sprechen,— Ein unbestreitbares Verdienst desFürsten Bismarck ist es, daß er durch seineletzten Reichstagsplaudereien die Herren„Liberalen"und auch die„liberalen" Zeitungen zum Nach-denken angeregt hat. Während diese, wenn siefrüher einmal von der Aenderung der heutigenProduktionsweise zu reden gezwungen waren, im-mer die Möglichkeit dieser Aenderung entschiedenverneinten und alle Diejenigen, welche dieselbe fürsicher und nothwendig erachteten, mit dem Rufe„Utopien!" abspeisten, erklärt jetzt schon die„Mag-deburgische Zeitung" in Bezug auf das Neue,das die„kapitalistische Produktionsweise" ablösenkönnte, ganz kleinlaut:„Sollte es sich jemals einstellen, so wird esvoraussichtlich, wie wohl auch Herr v. Bennigsennicht anders annimmt, zuerst auf geräuschlosemPrivatwcge sich hier und dort erproben, nichtaber von einem Lassalle der Zukunft einem künf-tigen Reichskanzler gegen Patentvorrechte zumKauf angetragen werden. Die großen echten Neue-rungen des sozialen Lebens haben nun einmal dieEigenheit, klein und in der Stille anzufangen.Sie schicken keinen Trompeter zum Lärmmachenvor sich her. Sie entwickeln sich unscheinbar undanspruchslos aus dem Bestehenden, anstatt nochvor aller thatsächlichen Bewährung zu fordern,daß man ihnen zu Gefallen alles Bestehendevorab über den Haufen stürze."Welches Eingcständniß! Uns Sozialisten istes ganz glcichgiltig, auf welchem Wege die Aende-rung der„kapitalistischen Produktion" in die„ge-nossenschaftliche Produktion" sich vollzieht, wenndiese Umänderung nur geschieht. Sollte die Ent-Wicklung der Menschengeschichte den„geräuschlosenPrivatweg" vorziehen, wir haben nichts dagegen— nur wird man uns nicht zwingen können, andiesen Weg zu glauben. Wir haben nun einmaldie Ueberzeugung, daß der Staat, oder sageman die Majorität der Gesellschaft, die„kapita-listische Produktionsweise" allerdings nach undnach aufheben und eine die Majorität der Gesell-schast nicht ausbeutende, eine auf gerechterBertheilung der Arbeit und des Consums be-ruhende Produktionsweise einführen wird.„AllesBestehende vorab über den Haufen stürzen"— das hat niemals ein Sozialist gewollt, daswill auch jetzt kein Sozialist; eine solche An-schauung vom Sozialismus spukt höchstens in denKöpfen„liberaler" Redakteure und idiotischerSchreier.— Auf nach Up olu! Die preußische Regie-runo kommt den Auswanderungsgelüsten,die sich in verschiedenen Kreisen unserer Genossenvorgefunden haben, bereitwilligst zuvor. Wirlesen da in einer Correspondenz liberaler Blätter:„Im privaten Gespräch der Reichstagsabge-ordneten wurde die in den amerikanischen Blätternaustauchende Nachricht von der Besitzergreifungder Insel Upolu(eine der bedeutendsten Samoa-Inseln) durch das deutsche Kriegsschiff„Ariadne"mit verschiedenen Coinmentaren verschen. Mansagte u. Ä., daß die Vorlage des Sozialistenae-setzes und die Erwerbung der betreffenden Inselnicht auf einem zufälligen Zusammentreffen be-ruhen. Von conseroativer Seite meinte man, daßim Falle einer weiteren Gefährdung der öffent-lichen Sicherheit und Ordnung durch die Sozial-demokraten dem Parlament eine Vorlage zugehenwerde, zufolge welcher Personen, die auf Grunddes Sozialistengesetzes rechtskräftig zu einer be-stimmten hohen Strafe verurtheilt sind, nach einemaußerhalb des deutschen Territoriums belegenenOrte transportirt werden könneu."wie es vorgeschrieben ist; vielmehr werden dieMenschen, je mehr ihnen die Freiheit zu sprechenentzogen wird, desto hartnäckiger darauf bestehenund zwar nicht die Geizigen, die Schmeichler undanderen geistigen Schwächlinge, deren höchstesGlück blos darin besteht, daß sie das Geld imKasten zählen und den Bauch voll haben, sonderndie, welche eine gute Erziehung, ein rechtlicherCharakter und die Tugend der Freiheit zugewendethat. Die Menschen können ihrer Natur nachnichts weniger ertragen, als daß Meinungen, diesie für wahr halten, als Verbrechen gelten sollen,und daß ihnen als Unrecht angerechnet werdensolle, was sie zur Frömmigkeit gegen Gott undgegen die Menschen bewegt. Dann kommt es,daß sie die Gesetze verwünschen und gegen dieObrigkeit sich vergehen, und es nicht für schlecht,sondern für recht halten, wenn sie deshalb inAufruhr sich erheben und jede böse That ver-suchen. Ist die menschliche Natur so beschaffen,so treffen die Gesetze gegen Meinungen nicht dieSchlechten, sondern die Freisinnigen, sie haltennicht die Böswilligen im Zaum, sondern erbitternnur die Ehrlichen, und sie können nur mit großerGefahr für den Staat aufrecht erhalten werden.Auch find solche Gesetze überhaupt ohne Nutzen;denn wer die von den Gesetzen verbotenen An-sichten für wahr hält, kann dem Gesetz nicht ge-horchen, und wer sie für falsch hält, nimmt diesie verbietenden Gesetze wie ein Vorrecht und pochtso darauf, daß die Obrigkeit sie später, selbst wennsie will, nicht wieder aufheben kann.Per Hlepuökikaner. Jllustrirter Volkskalenderfür 1379. Herausgegeben von Reinhold Rüegg.Verlag der Volksbuchhandlung w Hottingen-Zürich. Preis 50 Cts. Aus dem reichen Inhaltdes gut ausgestatteten Kalenders heben wir alsbesonders bemerkenswerth hervor: Das schwang-volle Freiligrath'sche Gedicht:„Requiescat!"(Erruhe!);.Der Sturm auf die Tuilerien am10. August 1792";„Pestalozzi's Schüler inSpanien";.Aus der chinesischen Arbeiterwelt";„Jean Jacques Rousseau"(mit Portrait);„DasTrinklied";„Die erste Verfassung der Helvetik";„Gerächt", Novelle von Maximilian Dittrich, ge-Auch der Abgeordnete, Obergerichtsrath vonSchlickmann erklärte am Donnerstag im Reichstag,daß man die sozialdemokratischen„Führer" ex-propriiren könne— jedenfalls ein milderesWort für„deportiren". Doch— bange machengilt nicht! Trotz Upolu, dem„deutschen Reich"zum Trotz, lieben wir unser deutsches Vater-land!— Der Republikaner Vermesch, eines dertapfersten Communemitglieder von 1871, ist inLondon gestorben. Vermesch war Herausgeber desBlattes„?öre Dncbesne".— Die Sozialdemokratie vor dem deut-schen Reichstage. Im Verlag der HamburgerGenossenschafts-Buchdruckerei ist das 2. Heft desbereits annoncirten Werkes:„Die Sozialdemokratievor dem deutschen Reichstag" erschienen. DiesesHeft enthält den stenographischen Bericht über dieVerhandlungen des Reichstages bei der erstenLesung des Sozialisten- Gesetzes, bildet also für sichein abgeschlossenes Ganzes. Nach dem Plan derHerausgeber sollen 4 Heftchen erscheinen. Heft 1,das bis jetzt noch nicht erschienen ist, wird dieursprüngliche Regierungsvorlage, dann die Vor-läge, wie sie im Bundesrath umgeändert wordenist, nebst den dazu gegebenen Motiven und An-lagen enthalten. Wie die Verleger mittheilen wirdHeft 1 am 17. d. M. erscheinen. Die Hefte 3und 4 werden je die Verhandlungen der zweitenund dritten Lesung nebst dem endgiltigen Wort-laut des Gesetzes bringen. Der Preis für dieeinzelnen Hefte ist ein ungemein billiger. Bei deraußerordentlichen Wichtigkeit, welche gerade diesesGesetz und die betreffenden Verhandlungen fürunser ganzes öffentliches Leben haben, empfehlenwir das Werk zur weitesten. Verbreitung.— InHinsicht auf dieses Werk haben wir unsere Reichs-tagsberichte auch möglichst eingeschränkt.— Die Zukunft, zweiter Jahrgang, Heft 1und 2 enthält: Billiges Brod, von M.— DieExploitation der Arbeit in Amerika. Von Dr. Geo.C. Stiebeling.— Der Sozialismus und die häus-lichen Arbeiten. Von Joh. Most.— Rezensionen.— Genosse Karl Hirsch soll aus Frank-reich ausgewiesen sein— so berichten wenigstensverschiedene Zeitungen. Uns ist noch keine Nach-richt zugegangen.— In Bezug auf den PariserArbeitercongreß werden 39 Personen auf den22. d. M. vor das Zuchtpolizeigericht beschieden;die Anklage lautet dahin, daß diese 39 Personenseit drei Jahren in Paris einer nicht gestattetenGesellschaft von mehr als 20 Personen ange-hören.— Das Berliner Kammergericht bestä-tigte am Dienstag die Verurtheilung Dolinski's,Redakteurs der„Berliner Freien Presse", zu fünsMonaten Gefängniß.— Parteigenosse und ReichstagsabgeordneterWiemer schreibt über den Genossen Most inPlötzense- in einem Privatbriefe Folgendes:„....Nach einer langen Wanderung durchverschiedene Höfe gelangten wir an den schon viel-genannten Jsolirflügel, in welchem Most in Sträf-lingskleidung, die Nummer 8 auf der Brust unddie Maske vor dem Gesicht, ein beschauliches Da-sein führen soll. Von all den Dingen ist nur dasEine wahr, daß Most im Jsolirflügel sich befindet,damit ihm der Schmuggel mit Lebensmitteln,schrieben im fließenden Tone, fesselnd in der Ent-Wickelung des Stoffes;„Der Papst bei Laune"(Gedicht mit Illustrationen) ec. Wir können denKalender allen Genossen auf's Wärmste empfehlen.Den Feinden.(Bon einem 72 jährigen Parteigenossen.)I.Ihr wollt mit blinder Witih uns nun vernichten,Die nur nach allgemeinen Rechten jagen;Das Elend unermüdlich warm beklagen,Geduldig nicht auf jedes Glück verzichten.Zur Wahrheit wollen wir das Auge richten,Den schweren Kampf der Ueberzeugung wagen;Die schlimmsten Feinde tückisch nicht erschlagen,Zur ächten Bildung uns die Wege lichten.Das Bölkerleben schafft gewisse Leiden,Wovon Gedanken unvermeidlich stammen,Die Grimm und Gram in kühne Wünsche kleiden.Wir Glückbcraubten streiten treu zusammen,Verlangen jeden Mitgcnnß bescheiden,Wofür die Volksbetrüger uns verdammen.II.Ihr Thoren wähnt: nur Bolksverführer brächtenGedanken uns, die leicht Gewalt vertriebe;Daß jede Wirkung ungefährlich bliebe,Woran die Bürger bald mit Ekel dächten.Die Kraft verdanken wir gewissen Mächten,Der großen, allgemeinen Eigenliebe;Die keinen Tag den Rettungskrieg verschiebe,Wenn wir die schuldbewußten Feinde schwächten.Der Kampf des Lebens bildet uns Gedanken,Wofür das Wissen gute Waffen spendet,Womit wir sprengen überall die Schranken.Wir wollen, daß die lange Knechtschaft endet,Worauf die Völker traurig noch erkranken,Zum allgemeinen Glücke nicht gewendet.Zeitungen u. f. w., den er früher in Plötzense;getrieben, unmöglich gemacht werden soll. Mostträgt seine eigene Kleidung, ist frei von all undjeder Zwangsarbeit und beschäftigt sich ausschließ-lich mit literarischen Arbeiten. Seine Behandlungunterscheidet sich nur durch eine etwas strengereJsolirung von der Behandlung, wie sie unterAnderen auch Bebel zu Theil wurde, der sichdarüber nicht zu beklagen hatte. Was also undzwar mit großer Schadenfreude zur Zeit der Wahlüber die BeHandlungsweise Most's, als eines„Unverbesserlichen", der statt seines Namens mit:„Nummer 8" angeredet werde, in liberalen Zei-tungen geschrieben wurde, ist nichts Anderes alseine grobe, absichtlich in die Wählerschaft geschleu-derte Lüge— eine eben solch große Lüge, wiedie, daß Most in Bacmen- Elberfeld eine mehr-jährige Gefängnißstrafe zu verbüßen haben würde.Wie mir Most mittheilt, ist er wegen der.nkci-minirten Stelle der betreffenden Rede in Berlinbereits freigesprochen worden. Es ist also nichtanzunehmen, daß er in Barmen wegen einer Aeuße-rung bestraft wird, auf welche in Berlin Frei-sprechung erfolgte. Most's Haft in Plötzensee gehtam 10. Dezember zu Ende und damit wird ieinStrafregister abgelaufen sein. Das BefindenMost's ist den Umständen angemessen ein guteszu nennen. Die Quellen seines Humors sind nichtim Geringsten versiecht. Die hereinbrechende Reak-tion wird von ihm als ein Prüfstein für die jungeArbeiterbewegung betrachtet und ist er der Ueber-zeugung, daß die Arbeiterbewegung geläutert undgekräftigt aus der Periode der Verfolgungen her-vorgehen wird. Einzelnen Genossen würde aller-dings übel mitgespielt werden, aber zur Ausrottungder sozialistischen Bestrebungen werde die Polizeivergebliche Anstrengungen machen...."CoreesponsenZeK>Erfurt, 14. Oktober. Genosse Schulze, derfrühere verantwortliche Redakteur der„ErfurterVolkszeitung", wurde am vergangenen Sonnabendwegen verschiedener Preßvergehen von dem Appel-lationsgericht zu Naumburg zu 1 Jahr Gefängnißverurtheilt. Der von Schulze erhobene Competenz-einwand wurde verworfen, weil er zu spät erhobenworden war.ZZraunfchweig, 15. Oktober. Unser hiesigesParteiorgan bemerkt sehr treffend: Die Reichs-tagssitzung vom Sonnabend war besonders be-m-.rkenSwerth durch die Rede Reinders', des sozial-demokratischen Abgeordneten für Breslau. Ersprach zu§ 5 in recht wirksamer Weise. Nurbeging er— lucus a non lucendo— das„Verbrechen",„mir" und„mich" zu verwechseln. Grundgenug für die nationalliberale Presse, wie einelosgelassene Meute zähnefletschender Kläffer überReinders herzufallen und ihn, nachdem sie ihnsachlich nicht widerlegen kann, in ganz gemeinerWeife ob seiner lückenhaften theoretischen'Bildungzu höhnen. Daß Reinders thatsächlich grammaii-kalische Fehler machte, kann nicht bestritten werden,und er selbst bekannte es freimüthig auf der Tri-büne. Aber in treffender Weise führte er aus,daß für seinen Bildungsmangel Niemand Andererschuld sei, wie die herrschende Klasse, die nichtwill, daß die Arbeiter denjenigen Grad von Bit-dung erlangen, den sie haben sollten. Anstatt daßRegierung und Parlament sich der Aufgabe wid-meten, die Schule zu verbessern und die Geschäfts-läge zu heben, beschäftigen sie sich mit einemGesetzentwurf, der einem großen Theile der Be-völkerung seine Rechte raubt. Gerade der Um-stand, daß die gesellschaftlichen Einrichtungen sobeschaffen sind, daß für unnütze, ja schädlicheZwecke, wie den Militarismus und andere Dinge,Hunderte von Millionen verwendet werden, wäh-rend dem wichtigsten Kulturmittel, der öffentlichenErziehung, die geringste Sorgfalt und die kleinstenOpfer gewidmet werden, bildet die niederschmet-terndste Anklage gegen die herrschende Klasse. DieBildung und Erziehung sind ebenso ein Monopolder herrschenden Klasse, wie die Produktionsmittel.Nur der Reiche kann seine Kinder ausbilden lassen,der Arme, der lebenslang mit Entbehrungen zukämpfen hat, kann die Mittel nicht erschwingen,um seinen Kindern die ihnen nothwendige Aus-bildung angedeihen zu lassen. Kaum daß dieProletarierkinder den primitivsten Schulunterrichtgenossen haben, müssen sie schon, noch als halb-reife Geschöpfe, zum Unterhalte ihrer mit demElend kämpfenden Eltern in der Fabrik arbeiten,oder aber in die Lehre gehen, um dem sichrackernden Vater die Sorge um ihre fernere Er-Haltung zu benehmen. Und der Breslauer Ab-geordnete Reinders ist nichts mehr und nichtsweniger wie ein solches Proletarierkind, welchesfrühzeitig in den harten Daseinskampf hinaus-gestoßen wurde. Ein einfacher, schlichter Arbeiterhatte er, trotz seines Wissensdurstes, nicht die Ge-legenheit und nicht die Mittel, sich eine höher-Schulbildung anzueignen. Das bescheidene Maßvon theoretischem Wissen, welches er besitzt, hater sich durch eigenen Fleiß, durch eifriges Selbst-studium angeeignet, trotzdem hat er sich nie höhergedünkt, wie ein einfacher Arbeiter, und auch dieBreslauer Wählerschaft hat ihn eben nur als einendurchaus würdigen Repräsentanten der Arbeiter-schaft zu ihrem Vertreter im Reichstage erkoren.Daß er mit Geschick und Würde seinen Platz imReichstage einnimmt, beweist seine in meritorischerBeziehung treffliche Rede, die jedem Parlamen-tarier Ehre machen könnte. Sein Auftreten zeuglefür natürliche Beanlagung, welche nur der aus-bildenden Hand entbehrte. Allein ihm einenVorwurf daraus machen, heißt Ursache init Wir-kung verwechseln. Denn märe Reinders Sohnwohlhabender Eltern, hätte er Gelegenheit gehab:,Gymnasium und Universität zu besuchen, dannkönnte er auch in der Redeform sich auf gleicherHöhe mit, sagen wir Gneist oder Lasker, bewegen.