Der„Berliner Sozialdemokrat", Organ des Herrn vonSchweitzer, schreibt:„Die Eise» acher Vo lksparteiler haben von ihren Füh-rem, deren Hauptmalador bekanntlich der noch vor Kurzem für konservative Blätter schreibende Literat Dr. Walster ist, folgende Parole er-halten, in Bezug auf ihr Verhalten gegenüber den Kandidaten des Allg.deutsch. Arb.-Vereins:lieberall dort, wo ein Kandidat des Allg. deutsch. Arb.-VereinsAussicht hat, durchzudringen, haben die Volksparteiler mit allen Mittelngegen ihn zu agitiren und besonders durch Aufstellung von Gegenkan-didaten zu bewirken, daß der Kandidat des Allg. deutsch. Arb-Vereinsnicht in die engere Wahl kommt, sondern daß diese zwischen dein Libe-ralen und Konservativen stattfindet.„In dieser Weise sind die Volksparteiler bereits vorgegangen imganzen Rheinlande, in Hamburg, in Osienbach und in Berlin; da siean allen diesen Orteir au Zahl sehr schwach sind, haben sie sich durch-weg aus das Verläumden der Kandidaten gelegt.„Weiter ist die Parole ausgegeben:„Dort, wo der Kandidat des Allg. deutsch. Arb.-Vereins nur wenigAussicht hat, durchzukommen, soll der Versuch gemacht werbe», dieOrganisation des Allg. deutsch. Arb.- Vereins zu untergraben. DieVotksparteilcr haben dann unter dem Vorwande: sie verfolgten gleicheZiele mit den Mitgliedern deS Allg. deutsch. Arb.-Vereins, sie seienvon ihnen nur durch die Organisation des letzteren und die leitendenPersonen getrennt, scheinbar gemeinsame Sache mit dem Allg. deutsch.Arb.-Verein zu machen, entweder wenn sie schwach sind, für den Kan-didaten des Allg. deutsch. Arb.-Vereins zu stimmen, oder einen K m-promißkandidaten aufzustellen.„In dieser Weise haben die VolkSparteilcr besonders in SachsenUnfrieden in den Reihen des Allg. deutsch. Arb.- Vereins zu stiftengesucht.„Wir brauchen wohl kein Wort über das jesuitische Gebahren derVolkspartei zu verlieren."Sie haben Recht, Herr von Schweitzer, Sie brauchen keinWort mehr über uns zu verlieren, weil auch Ihr bisher darinGeleistetes lauter verlorene Worte, aus dein Wind und inden Wind gesprochen sind. Wenn Sie auch noch so ängstlichvermeiden, den„auf Arbeiterkreise berechneten"„Volsstaat" inIhrem auf Leichtgläubige berechneten Blatt zu nennen, so kenntund liest doch die große Mehrheit Ihres— bis jetzt leiderIhres— Vereins auch den„Volsstaat". Die Mitglieder desAllgemeinen Deutschen Arbeiter-Vereins wissen deßhalb ganz genau,wie w i r Sozialdemokraten— die Sie„Volksparteiler" zu nennenbelieben, Sie kleiner Spaßvogel— wie wir uns gegenüber denArbeiterkandidaten des Allgeincinen Deutschen Arbeiter-Vereinsverhalten. Ihre Mitglieder wissen, daß wir sogar solchenKandidate» unsere Stimmen geben und gerne geben, die IhrenAbhängigkeiisrevers unterzeichnet haben oder unterzeichnen wollen,wie Richter, Lange, Schneider, Wolf u. s. w., weil wir über-zeugt sind, daß Sie dieses Stück Papier vor der Insurrektiondes Allgemeinen Deutschen Arbeiter-Verreins nicht retten wird.Nur Sie wählen wir nicht, weil wir Ihnen nicht trauen, undwenn Sie Ihren Revers auch unterschreiben. Denn Sie könntenihn vergessen oder verlieren, und zu einem„Manifestationseid"möchten wir Sie nicht kommen lassen.Ihre Mitglieder wissen endlich auch, daß der„Literat Dr.Walster" weder unser„Führer", noch ein„Hauptmatador unsererFührer" ist, aus dem einfachen Grunde, weil wir so unglücklichsind, auf eigenen Füßen zu gehen, nach eigener freier Ueberzeugungzu handeln, und deshalb weder Führer" noch„Hauptmatadore"besitzen, dieses Geschäft vielmehr dW Herrn Literaten Dr. Schweitzerüberlassen. Verstanden?Aus Amerika.New-Uork, 2b. Januar 1871.Das deutsche Kaiserreich ist also eingeläutet, oder wie esim sächsischen Idiom heißt, eingelitten. Wohl bekomm's derSippe!! Und unsere Freunde, sie mögen sich trösten mitdm Lehren der Geschichte über die modernen Kaiserreiche: Frank-reich, Mexico, Hayti. Welcher Raine wird das nächste Malhinzugefügt werden?Gestern ist die Workingmen Aasembly des StaatesNew-Uork, eine von den Arbeitergesellschaften erwählte Dele-girtenversammlung, zusammengetreten; doch sind die Berichtenoch zu mager, um Mittheiluugcn zu machen. Der unermüd-liche Wm. I. Jessup ist Vorsitzender. Leider hat selbst derfrüher erwähnte R. W. Aoung wieder Zutritt gefunden. Mehrund Näheres in folgendem Briefe!— Die Chinesenfragewirb noch lange spielen. Der oberste Gerichtshof des StaatesKalifornien Hai kürzlich entschieden, daß Chinesen kein Zeugnißablegen dürfen, und s o einen weißen Hallunkeu laufen lassen,der einem armen Teufel von Chinesen all sein Erspartes ge-stöhlen hatte. Das erinnert an die berüchtigte Dred Scott-Entscheidung des obersten Landesgerichts, worin den Schwarzen,Mulatten w. Dasselbe widerfuhr. Der Krieg, d. h. die Rebellion,hat das verwischt, und so wird es auch hier gehen.— DieNew-Börker Holzbildhauer machten neulich einen starkenAnlauf zur Agitation der sozialen Frage, insbesondere der Ar-bcitszeit, wurden aber leider bald müde und haben die Sachewieder ruhen lassen.— Der Kongreß der farbigen(schwarzen)Arbeiter tagte kürzlich in Washington, beider ist derselbe ungünstig verlaufen. Es ist den Politikern, besonders Hrn. Fred.Douglaß und Familie(farbiger Redner von großer Begabung)gelungen, diesen Kongreß ganz in das Fahrwasser und Schlepp-lau der herrschenden republikanischen Partei zu bringen undihm alles Gefühl von Unabhängigkeit zu eskamotiren.— Seinen Lohn hat Hr. Douglaß schon davon, indem er auf Regie-rungskosten nebst seinem Sohn, auf speziellen Befehl des Präs.Grant, jetzt eine Vergnügungsreise nach San Domingo machtmit dem Komitö, welches die Angelegenheiten jener Insel Be-Hufs der Annexion an die Vereinigten Staaten untersuchen soll.Von derselben Partie ist auch unser Landsmann Gen. Sigel,auf wessen Befehl und in wessen Auftrag? konnte ich nochnicht erfahren. Diese Annexiousgcschichte ist ein kolossalerSchwindel.— Unfern schwarzen Mitarbeitern werden übrigensbald die Augen aufgehen und die Herren Führer werden danngewaltig abstinken.— Bälle sind hier an der Tages-(eigcnt-lich Nacht-wrdnung, darunter obenan die von Politikern gege-denen. Für jeden einflußreichen Politiker besteht hier eineGesellschaft(von Angeworbenen natürlich), die seine Stellungauf alle Fälle zu sichern hat und unter Anwendung jeglichenMittels. Diese Gesellschaften, eine Art Hofstaat sllr den Betreffenden bildend, geben jetzt ihre Bälle, bei denen sie einanderzu übertreffen suchen in Verschwendung und Pracht. Undwahrlich! der d bei getriebene Aufwand ist maßlos, und diedabei getroffenen Einrichtungen spotten jeder Beschreibung, wasKostbarkeit und Luxus anbetrifft. Die Mährcheu von 1001Nacht schwinden vor diesem Glänze. Und woher das Alles?Gedrückt�, geschraubt, gepreßt aus dem armen Volke, das zuTausenden sich in die Miethkasernen— tenement houses—auf wenige Quadratfuß Fläche drängen lassen muß.— Am8. Januar fand die zweite gemeinschaftliche Sitzung des Allge-meinen Deutschen und des SozialdemokratischeirArbeitervereinsstatt. Dr. Stiebeling hielt darin einen längeren Vortrag überden Kneg zwischen Frankreich und Preußen, vorzugsweise vonrein demokratischent Gesichtspunkte ausgehend, derdammte ent-schieden das preußische Gebähren, geißelte besonders den„ra-dikalen Papst von BoxbNrg"(Karl Heinzen), vertheidigte dasAuftreten der Internationalen Assoziation auf glänzende Weisessiiid schloß mit einer bereiten Lobrede auf dieselbe. Leidermächte er einen unberechtigten Angriff auf die hiesige ältereSektion derselben, der in der darauf folgenden Diskussionzurückgewiesen wurde. Besonderen Beifall erregte das Auftre-ten unseres erst kürzlich von Deutschland angekommenen Partei-nestors, Papa Schilling, der in warmen Worten die Folgen des Kriegs schilderte, wie er sie aus eigener Anschauungkennen gelernt. Die Versammlung war zahlreich besucht.—Aussehen macht der von den Eisenbahnkommissären desStaats Massachusets der Gesetzgebung desselben gemachte Vor-schlag, eine größere Eisenbahnlinie versuchsweise in Staatsbetriebzu nehmen, um, wenn der Versuch gelingt, später die sämmt-lichen Eisenbahnen in Verwaltung zu nehmen. Es ist dasein äußerst wichtiger Schritt in diesem Lande des Privatbetriebsund Privateigenthums, wo sogar oft schon der Vorschlag auf-getaucht ist, die Post in Privatbetrieb übergehen zu lassen, undwo man sich heftig sträubt, irgend welche staatliche Unterneh-münzen einzurichten, dagegen privatkapitalistischen Unternehmun-gen den größten Vorschub leistet. Beweis die enormen Land-schenkungen, Subsidien und Zinsgarantien für Eisenbahngesell-schaften. Gouverneur Claflin von Massachusets ist so ziemlichder Einzige unter seinen College», der die Arbeiterfrage wenig-stens erwähnt und einige Vorschläge daran knüpft. Er empfiehltdie Einrichtung von Fachschulen für die Fabrikdistrikte, und,wenn auch sehr umschrieben und zahm, die Herabsetzung.derArbeitszeit. Sehr bezeichnend ist es, daß die Blätter seinerPartei, der republikanischen, diese Theile seiner Botschaft t od t-schweigen.— Seit einiger Zeit spukt es unter den Versiche-rungSgesellschaften. Jede Woche seit Dezember haben wir denBankerott irgend einer solchen noblen Gesellschaft erfahren undunter schmachvollen Einzelheiten. Z. B. eine Lebensversiche-rungsgesellschaft die Farmers& Mechanics— hatte ungefähr 125,000 Dollars Kapital, aber in 15 Monaten88000— schreibe acht und sechzig Tausend DollarsAusgaben für Unkosten gemacht! Gerichtlich festgestellt! Werwird geprellt? Die armen Arbeiter, welche nicht Zeit, noch Ge-legenheit haben, sich nach der Rechtschaffenheit der Unternehmerzu erkundigen und darum irgend einem Aushängeschild folgen.Auch diejenige Gesellschaft, welche den Grund zu einer Dis-kussion zwischen der Deutschen„Arbciter-Union" und der Eng-tischen„Workingmen Union'' bildete, ist aufgeflogen, trotzallen Köders, den sie ausgeworfen. Möge das unfern englischredenden Mitarbeitern die Augen öffnen!Sonntag, den 22. Januar d. I., fand in den UnionAssembly liooms das schon früher angezeigte Fest der New-Uorker Sektionen der Internationalen Arbeiter-Assoziativn statt.Ein glänzender Erfolg krönte das Vielen gewagt erschieneneUnternehmen. Die weiten Räume des genannten Lokals warengefüllt, ja überfüllt mit einer wogenden Menge von Arbeiternund deren Familien. Die festgebenden Sektionen gehören drei'Rationalitäten und Sprachen— der deutschen, französischenund czechischen— an. In diesen Sprachen, zu denen als Lan-dcssprache die englische kam, bewegten und unterhielten sich dieTheilnehmer. Küche und Keller, Wirthschaft, Bedienung u. f. w.— Alles wurde von Mitgliedern der Sektionen in brüderlicherWeise besorgt, jede Arbeit von ihnen übernommen und Allesgefiel, war gut und wohlgethan. Kein Mißton störte dasherrliche Fest, und Freude, herzliche Freude machte es allen Theil-»ehmenden, solche Harmonie und Eintracht unter Deutschen,Franzosen und Czechen zu erleben. Wohl Manchem dämmerteda ein Licht auf über die Internationale Arbeiler-Ässoziation,die Solches vollbringt und den praktischen Beweis geliefert,daß brüderliche Gesinnung und Gemeinsinn unabhängig sindvon engherzigem Patriotismus und hohlem Nationalitätsge-fühl. Wenn je in meinem Leben, so habe ich bei dieser Ge-legenheit den Spruch wahr gefunden: Face quam bonurnatque jueundurn, habitare fratres in irnum!''(Siehe wiegut und angenehm es ist, wenn Brüder einträchtig bei einan-der wohnen). Der Tag wird gute Früchte tragen! Redenwurden gehalten in deutscher, englischer, französischer und czechi-scher Sprache, worunter die den Haupttoasl— auf die I. A. A.— begleitende von Sorge in deutscher, englischer und franzö-sischer Sprache gegeben wurde. Der alte Knabe Weitlingwar da und entzückt über den Verlauf. Unsrer Freunde inDeutschland, besonders der Wackeren Bebel und Liebknecht,wurde in gebührenden Ehren gedacht und— hoffentlich wirbdie THat folgen.—Der«rteg.iv.ES ist schon am Schlüsse des Vorigen hingedeutet worden daraus,daß wir überall, wo der Boden angebaut wird, die Bcbauer desselbengeknechtet und an die Scholle gesesselt finden, eine Regel, die fast keineAusnahme auszuweisen hat. Denn daß dieser Zustand in Europaund dem größten iheile von Amerika ausgehört hat, ist nicht eineAusnahme von dieser Regel, sondern bildet nur den Uebergang zueinem gesunden'Zustand der Gesellschast, gleichsam deren Rekonvaleszenz, und wir sind noch weit davon entfernt, uns behaglich zufühlen, wie am Schlüsse des Vorigen gleichfalls angedeutet wurde.Es ist nun unsere Aufgabe, den Zusammenhang dieser Erschei-nung mit dem Kriege zn zeigen. Dazu ist ein eingehender Rückblickaus die Regel der Staatenbildung unerläßlich. Die gleichzeitig aus-gezeichnete Geschichte beginnt überall mit der Bildung eines Staates,selbst die bloße Sage reicht nirgenbs weil über eine solche hinaus.Wir haben überhaupt keine Urgeschichte der Völker, nicht eines ein-zigen: sie begegnen uns immer erst, wenn sie aneinander stoßen, alsoim Kriege und durch den Krieg. Die Stüatenbilder sind entwederAngreifer oder Angegriffene, die vor jenen sich eine neue Heimat suchenmüssen. Diese sind in der Regel arbeitsame Menschen und gründen,gemäß dieser Eigenschaft, Gemeinwesen(res publicasi, Jene, die An-greiser, sind Räuber, und gründen, als solche, überall Herrschastenund Fürstenthümer. Auf diese Weise ist es überall zur mehr oderminder vollständigen Knechtung der Landbevölkerung gekommen. Sovollständig war jedoch diese Knechtung leider überall, daß sie die eigeneErhebung unmöglich machte. Weingstens haben die Bebauer desBodens ihr Joch nirgends aus eigener Kraft abgeschüttelt und wosie Versuche dazu machten, sind sie damit traurig gescheitert.Die Quellen der Geschichte der Staatenbildung sind von zweierleiArt— sagenhaste, die sich aus die ältesten Leiten de» jüdischen,griechischen. und römischen Alterthums beziehen, und geschriebene'welche uns Äüskünft geben über die letzten Zeiten des römischen Reichs,über das Mittelalter und die neuere Zeit, vornämlich in Bezug ausdie Besitznahme Amerika's durch die Europäer.Sagen sind allerdings nicht eigentliche Geschichte: allein so weitsie in gewissen iveseNtlichen Punkten zusammentreffen, sind sie, soweites nicht einzelne Ereignisse, sondern Zustände gilt, der Geschichte gleichzU achten. Es ist auch von sehr untergeordneter Wichtigkeit, ob bieseSoder jenes Ereianiß hier oder anderswo, so oder anderswie vorgefallen:?,r die Geschichte der Menschheit ist es von weit größerer Bedeutung,daß bei einein gewissen Volke zu einer gewissen Zeit Sitten um Zu-stänve fo öder so gewesen. Die Sagenbücher der Juden reichen umein Gutes werter.zurück, als die Auszeichnnngen der Griechen, wennsie auch lange nicht'gleichzeitig sind den Ereignissen, die darin nachder Wahrheit erzählt sein sollen. Wahr und zuverlässig ist nur dasBild der Sittenzustände, das uns aus diesen Büchern entgegentritt,weil auch aus den schwärzesten Seiten derselben kein Geheimniß ge-macht wird.Wenn man nun die Sagenbücher der Juden sichtet gleich andernBüchern, so bleibt übrig, daß die Israeliten der sogenannten inosai-scheu Bücher ein raub- und raufluftiges Geschlecht waren, wie daseinem arbeitscheuen Hirtenstamme entspricht. In der Wüste schlugensie sich hemm mit andern Stämmen, die sie in ihren Weideplätzenbeeinträchtigten. Später brachen sie in das nachmalige Palästina einund eroberten es, wenigstens zum Theile. Weiter als irgend einVolk trieben es aber die Juden darin, daß sie alle ihre Erfolge Gottzuschrieben. Sie haben den„Herrn der Heerscharen" erfunden.Das Aergste jedoch ist, daß sie hintennach vorgaben,„der Herr habedas Volk der Kanaaniter, als ein verfluchtes, ihnen, seinen Aus-erwählten, zur Ausrottung übergeben."Die Juden waren übrigens, nach ihren eigenen Sagenbüchern,unter jenen Umständen noch ein reiner Hirtenstamm, mit allen Nei-gungen und Abneigungen eines solchen, gehörten also eigentlich nichthierher; allein es galt zunächst, die Geschichtsquellen der Gesellschasts-und Staatenbildung zu zeichnen und in diesem Betrachte sind dieBücher der Juden von unschätzbarem Werlhe. Es geht aus diesenBüchern hervor, daß sie schon als Hirten die Arbeit von Sklaventhun ließen, begreiflicher Weise haben sie als Landbesitzer sich ebensowenig angestrengt.Nach der in allen wesentlichen Punkten übereinstimmenden grie-chischen Sage war das Land durchgängig bereits von einem Volks-stamme bewohnt, als an verschiedenen Punkten der Küste bewaffneteMänner landeten, die friedlichen Bewohner der Gegend unterwarfenund zwangen, den Boden, den sie bisher für sich bebaut, fortan fürihre Unterdrücker zu bebauen. Die Anführer des Raubzuges, von denRäubern bleibend und erblich zu Fürsten gesetzt, machten sich baldunleidlich und wurden hier früher, dort später verjagt. Das änderteaber nur das Verhältnih in den Städte», die Landbevölkerung bliebunterworfen nach wie vor und die Arbeit auch in den nachmaligenRepubliken schimpflich, weil ausschließlich von Unfreien verrichlet.Die älteste Geschichte Roms ist ebenfalls sagenhast: aber sovielist und bleibt doch gewiß, daß indem Giftloch an der Tiber, um dasNiemand sie beneidete, eine Bande von Verbrechern, Strolchen undunverträglichem Gesindel sich zusammenthat. Welcher Art diese waren,läßt sich erinessen aus dem Umstände, daß sie ihre Weiber sich raubenmußten. Die Reibereien mit allen Nachbarn dauerten fast unaus-gesetzt: der einzige friedliche unter den 7 Königen, Numa, war allenZeichen»ach ein wirklicher sabinischcr Bauer. Arbeit war auch inRom schimpflich, wie überall, wo man vor Allem auf Krieg bedacht ist.Von hier ab treten wir in die geschriebene Geschichte; von hierab bekommen wir es schwarz auf weiß, wie Staaten entstehen und wiedabei der Anbauer des Bodens zum Sklaven, Leibeigenen oder Höri-gen wird. Es ist auffallend, wie schlagend die geschriebene Geschichtedie Gebilde der Sage bestätigt. Das bestätigt ganz besonders die Ge-schichte Dessen, was man die„Völke rwandcrnng" zu nennen pflegt.Wo man Völker zu sehen meinte und vielfach noch zu sehen meint,waren es nur Banden vön Strolchen und Abenteurern, freilich ineinem vielfach größeren Maßstabe. Selbst die ganz bestimmten Zahlenangaben der Zeitgenossen hat meist nur die Furcht gesehen. Daherkommr es, daß in einigen Fällen, wie der Ostgothen und Bandalen,diese Banden völlig ausgerottet wurden, die meisten jedoch in denunterworfenen Stämmen aufgingen, ivie die Franken in den romani-sirten Galliern. Nur die Angelsachsen gründeten in England einneues Volk.Aber allen diesen Staatengründungen ist gemein, daß sie vonräuberischen Banden ausgingen und daß überall der Anführer beimRaube zum König gesetzt wurde. Allen ist ferner gemein, daß derAnbauer des Bodens geknechtet ist. Das war noch vor weniger alshundert Jahren die Satzung aller Länder, die man unter der Bezeich-nung des christlichen Europa begreift. Zwar auch über diese Grenzenhinaus war es so und ist noch so: allein über diese Grenzen hinausvermeinen wir nur Barbarei zu sehen. Uebrigens ist es endlich aller-dings zur Emanzipation des Bauers, aber noch immer nicht zur vollengekommen, nur verdanken wir dieselbe nicht dem Christenthum, dasLeibeigenschaft und Sklaverei als göttliche Einrichtung erkiärt hatte,sondern der Revolution, der übrigens doch einige Regierungen vor-ausgegangen waren. Diese waren nicht getrieben aus rein mensch-lichen Gründen, aus Gründen der Gerechtigkeit, sondern aus Gründender Zweckmäßigkeit. Das führt uns wieder zurück auf den Ursprungder Staaten aus raubenden Horden. Diese, in Besitz und Ueberflußversetzt, behalten zwar ihre Laster und schlimmen Neigungen, abernicht ihre Kraft bei, wie ja die Ausartung und der Versall auch indie Geschlechter der Fürsten drang, so daß die Geschichte der ältestenFürstenhäuser sich als eine wahre Chronik von Verbrechen und Er-bärmlichkeitcn herausstellt. Die, Herren der Länder gewordenen, aben-teuernden Räuber blieben Räuber unv trieben von ihren Geierhorstenaus Wegelagerei förmlich als Händwerk, besonders längs allen Handels-straßen, bis die größeren Landbesitzer und die Lehnsherren den kleinenadeligen Buschkleppern das Handwerk mehr oder minder legten da-durch, daß sie, statt fort selbst Raub zu üben, ein ganz einträglichesund viel bequemeres Gewerbe machten daraus, daß sie den Reffende»und den Handelsleuten ihren Schutz gegen Straßenraub angedeihenließen. Weil jedoch die Strolche ein wlderhariges Geschlecht warenund meinten, aus ihren Bergnesteru die Schutzbriese der großen nichtbeachten zu dürfen, fo wurden sie endlich auch den Fürsten lästig undmehrere deutsche Könige machten stch's zur Aufgabe, der adelige»Raubnester so viele sie konnten, zu zerstören. Am längsten dauertedas Räuberhandwerk des Adels längs der Ostseeküste, in Mecklenburg,der Mark Brandenburg u. s. w., wo es noch fast in das 18. Jahr-hundert hineinreicht, und wo der Adel auch heutzutage»och sittlichtiefer steht, als anderswo.Man könnte dieses Vorgehen allenfalls eine Entwaffnung deSAdels nenne», allein die Ablegung der alten Raus- und Raubneigun-gen und der alten Arbeitscheu war nicht damit verbunden. Stattans Arbeiten zu gehen, vermiethet man sich in den Kriegsdienst, gleich-viel des Landessürsten oder eines anderen. Die Besprechung dieserErscheinung ist gerade hier am Platze, weil auf derselben die ganzeZusammensetzung der neueren Kriegsheere beruht, und nur aus derrichtigen Beurtheilung dieses Verhältnisses die Abstellung desselbenmit allen seinen Uebelständen hervorgehen kann.Der Bauer, so abgeneigt er dem Kriege ist, bildet in ganz Europanoch immer den Stock der fürstlichen Heere, gezwuugen durch dieStaatsgewalt oder durch die Macht der'Roth. Vor der Revolutionwurden die Heere, wie noch jetzt in England, wenigstens zum größtenTheile, durch Werbung zusammengebracht. Frei war diese Werbungallerdings nicht, denn die Roth war in den meisten Fällen die Kupp-lcrin, in vielen Fällen trat aber die Gewalt völlig nackt aus und invielen deutschen Staaten wurde Menschenraub und Menschenverkansamtsmäßig geübt. In den bäuerlichen Verhältnissen war aber auchAlles dazu angethan, eine große Zahl Menschen in solche Umständezu versetzen, daß sie verhungern mußten, wenn sie nicht betteln oderstehlen, oder Soldaten werden wollten. Des Bettelns oder des Steh-lens bedachte sich Mancher; aber die sittlichen Anschauungen warenso herunter gebracht, daß man nicht einmal im fremden Kriegsdienstein Bedenken fand, blas weil da ein Anderer die Verantwortung aufsich nehmen soll. Das geht aber nicht an; der Mensch ist eben nurMensch dadurch, daß er alles, was er thut, auf seine eigene Verant-wortung nimmt, sobald es sich nicht um bloße Zweckmäyigkeit, son-dem um Recht oder Unrecht an einem Andern handelt. Es war auchnicht sonderlich zu wundern, daß man dagegen kein Bedenken trug,