Umständen nach kein schlechtes Resultat erzielt, da unser Kandidatweil über ein Drittel der abgegebenen Stimmen erhielt,— mehr alswir erwarteten. Denn erstlich haben wir hier kein großes Proletariatund dann war Winter keine Persönlichkeit, um erfolgreich unter denreinen Demokraten und Particularistcn sich Anhang zu verschassen.Die Wahlbewegung hat selbstverständlich unsere Prinzipien inweitere Kreise getragen und Anfänge zu neuen Organisationen sindnamentlich in Lunden, Wesselburen und Tönning gemacht, dieaber wo möglich von unfern Schweitzerianem angegangen werden, umsie auszubeuten. Jndeß, wir haben auch Fühiung mit den intelli-gentesten der dortigen Leute.Vor etwa 3 Monaten wurden nach Dresden an Dr. Walster5 Thaler als Parteibetrag von hier gesandt. Unser Häuflein �ist indessen sehr klein, wir pflegen aber gute Freundschaft mit den Schwei-verianern und halten mitunter Volksversammlungen gemeinschaftlichab. Nächste Woche wird Winter hier wieder eintresien und dann auchWesselburen, Lunden und Tönning besuchen und Volksversammlungenabhalten.Limbach, 20. März. Einige Wahlumtriebe nachträglich! InMittelfrohna bat der Rittergutsbesitzer v. Wiluki jun. im Wahl-lokal, am Wahltrsch, seinen Arbeitern gedruckte Stimmzettel für Dr.Biedermann gegeben. Namhaft zu machen ist hierfür Gottlob Heilmann,Pastor. Dabei hat besagter Wiluki Jedem ein Töpfchen Bier ver-abreicht. In Obers rohna und Äändler sind nicht, wie bei der erstenWahl, unbeschriebene Zettel ausgegeben worden, sondern blos gedrucktefür Dr. Biedermann, in Käudler sogar durch de» Gemeindediener.In Wüstenbrand hat man nach der Mittagsstunde, nachdem esden Anschein gewann, daß viele Stimmen für Spier eingingen, dieWähler des Herrn Biedermann durch die Polizei holen lassen!Meerailt, 12. April.(Die Weberoersammlung; glänzen-der Verlauf.) Die in Nr. 30 des„Volksstaat" angezeigte Weber-Versammlung fand beute Abend 8 Uhr ohne irgend weiches Hinder-niß statt. Eine starke Strömung von Theilnehme�n machte sich schoneinige Stuitden vor Eröffnung der Versammlung bemerkbar, so daßbeitn Beginn derselben der große Saal von Härtests Hotel Kopf anKopf gefüllt war; es mochten wohl ca. 3000 Personen anwesend seinund zu Hunderte» mußten die Leute wieder umkehren, da sie nicht imStande waren, in den Saal einzudringen. Es zeigte dieser Umstandrecht tlar und deutlich, wie sehr die große Lebensfrage,„Besprechungder Lohnverhältnisse," die Gemüther interessirte.Das mit der Leitung der Angelegenheit betraute provisorische Ko-mitee eröffnete durch dessen Vorsitzenden die Versammlung. Nachdemsich letztere einen Tagespräsidenten gewählt hatte, ging derselbe aus dieTagesordnung:„die Lohnfrage" ein und unterbreitete der Versamm-lung einen vom provisorischen Komitee gefaßten Beschluß, dahingehend:„Die heutige Weberversammlung möge angesichts der in keiner Weiseden jetzigen Lebensverhältnissen entsprechenden Lohnverhältnisse eineKommission von 2t Mann wählen, welche, als Männer von Vertrauenund Energie, und beseelt von gutem Willen, die große Aufgabe in dieHand nehmen und mit den Fabrikanten und Arbeitgebern in Verbindungtreten sollen, um so auf gütlichem und friedlichem Wege ein günstigesResultat für den Arbeiter-, resp. für den Weberstaud zu erzielen."—Dieser Beschluß wurde fast eii.stimmig von der unübersehbaren Menschen-masse angenommen und somit dokumentirl, daß der Arbeiterstand sichseiner selbst bewußt ist, und dem Arbeitgeber den Weg zeigt, um mitihm, falls er uur den guten Willen hat, ein gutes Theil der sozialenFrage zu lösen. Mögen sich alle Orte deutscher Wcberindustrie auf-raffen, sei es Stadt oder Dorf, um auf Seite der Arbeiter, geeinigtund geschlossen, schleunigst vorzugehen!Die Versammlung verlies, der Sache angemessen, ganz würdig undin bester Ordnung und wurde um 10 Uhr durch den Vorsitzenden ge-schloffen. Das ncugewählte Komitee nahm sofort seine Thätigkeit auf,und hat dasselbe in Bälde weitere Versammlungenanzuordnen, sowie auch i»der Presse von seiner Thätigkeit und den erzielten Resultaten Bericht zuerstalten. Es sind alle Anwesenden, sowie auch die Presse ersucht wor-den, jede Gelegenheit zu schnellster Verbreitung der obigen Nachrichtmzu ergreife».Meerane, 0. April. Gebet der Wittwe, was der Wittwe ist unddem Bürgermeister, was des Bürgermeisters ist! Das heißt, derWittwe, die von Kommunalabgaben noch verschont geblieben war,einen Abgabenzettel von 20 Ngr., und dem Bürgermeister eine Ge-Haltszulage von U00 Thlr.Es ist schon vor einiger Zeit im„Volksstaat" bekannt gemachtworden, daß unser vorjähriges Stadtverordneten-Collegium bei seinemScheiden dem Bürgermeister sowie auch verschiedenen andern Beamtenbedeutende Gehaltszulagen bewilligte. Nun, dagegen läßt sich Nichtssagen, denn wo Etwas einkommt, muß auch Etwas ausgehen, aberwo Etwas aufgeht, muß auch Etwas einkommen. Bei dieser Fragedenkt Mancher i Ja, wo denn hernehmen und nicht stehlen? UnsereVäter der Stadt scheinen darüber nicht in Verlegenheit gekommen zusein; sie hatten ja noch Kinder, die keine Steuern zahlten und diesemußten jetzt herhalten. Wie wären denn die Fabrik- und Comptoir-mädchen auch dazu gekommen, keine Steuern zahlen zu dürfen? Siehaben ja noch einen schönen Lohn von 1 Thlr. 5 Ngr. bis— jedochin den seltensten Fällen— 2 Thlr. wöchentlich, gehen noch anständiggekleidet, manche auch wohl einmal zu Balle; diese konnten doch un'-möglich verschont bleiben. 20 Rar., sagten die Väter, ist nicht zuviel; her damit! Und wer sie nicht gutwillig giebt, gegen den werdenZwangsmaßregeln ergriffen, wenn es auch eine Wittwe ist, die nochKinder zu ernähren hat und eher einer Unterstützung bedürftig wäre;geben muß sie; es wird ja gebraucht sür die Beamten, die bei 600und 1200 Thlr. nicht mehr auskommen können. Doch lassen wir dieTobten ruh»!Wir wollen nichts dagegen haben, wenn sich Hilst, wer sich zuHelsen weiß; aber nicht blos wünschenswerth, auch höchst nolhwendigwäre es, wenn daraus Bedacht genommen würde, daß Denjenigen,die die Steuern zu bezahlen haben, auch besserer Lohn verschafft würde.Hoffentlich— fügt es Gott!All die Vorstände und Mitglieder der internationalenGewerkschaften.Bereits im vorigen Jahre wurde auf dem Stuttgarter Kongreßeine Resolution gesaßt, durch welche den verschiedenen Gewerk-schaftcn empfohlen wurde, unbeschadet ihrer Selbstständigkeit, in eingewisses Vertragsverhältniß zur gegenseitigen Krästignng undUnterstützung zusammenzutreten. So richtig dieser Vorschlag nun auchwar, die praktische Durchführung mußte aus verschiedenen Gründenbis jetzt unterbleiben, weil es eben zur Realisirung dieses Vorschlagsan den nothwendig autorisirten Personen fehlte, und auch weil der kurznachher über uns hereingebrochene Krieg den Versuch, in dieser Richtung organisatorisch vorzugehen, von vornherein unmöglich machte.Jetzt, nachdem mindestens das letztere Hinderniß als beseit-gt angesehenwerden muh, scheint es mir an der Zeit, in dieser Beziehung praktischvorzugehen.— Bor allem Andern ist es nolhwendig, wenn überhaupteine solche Vereinigung zu Stande kommen soll, daß die verschiedenenGewerkschaften sich unter einander über die Basis einer solchen Ver-einigung verständigen und demgemäß eine bestimmte Organisationschaffen, die die einzelnen Körperschaften verbindet, und, ohne derenSelbstständigkeit in eigenen Verwaltungssachen aufzuheben, doch dieMöglichkeit bietet, seldstthätig vorzugehen. Ein bloßer Cartelvertrag,etwa nur dazu errichtet, um den Kontrahenten die Kassenbestände Oerverschiedenen Gewerkskassen zur Verfügung zu stellen, wäre ebensoweniggenügend, als eS anderseits verkehrt sein würde, jetzt alle Gewerk-schasten in einen Topf zu werfen, um einen Gewerkschaftsbrei h laSchweitzer daraus zu machen. Ebenso aber haben wir im verflossenenJahre sattsam Gelegenheit gehabt, zu beobachten, wohin es führt, wennin einer Stadt jede ivinzige MUgliedschasr in absolutester Unabhängigkeit von der womöglich noch kleineren Mitgliedschaft einer andern Ge-werkschast ihre eigenen Wege geht. Durch das vollständige Jsolirtseinder Gewerkschasten ist es nun eben dahin gekonimen, daß wohl keinederselben im Stande sein wird, selbständig eine Generalversammlungabhalten zu können, und aus diesem Umstände ist recht deutlich zu er-sehen, wie nothwendig ein geregeltes gemeinsames Zusammengehen undZusammenwirken ist.— Wie aber dazu gelangen? das ist natürlicheine Frage von höchster Wichtigkeit. Und da wäret, denn, wenn wirden Umstand ins Auge fassen, daß wohl keine Gewerkschaft dies Jahreine Generalversammlung abhalten wird, die außerdem auch noch lautStatut»u sehr verschiedenen Zeiten stattfinden würden, nur zweiWege offen.Der eine Weg wäre, durch schriftlichen Verkehr der verschiedenenVerwaltungen untereinander eine Verständigung über Basis undSatzungen einer solchen Vereinigung zu erzielen.Der andere, daß Bevollmächtigte der verschiedmen Gewerkschaftenmündlich darüber berathen.Unzweifelhaft dürfte freilich letzterer Weg der geradeste, am ehestenzum Ziele führende sein, und da doch zu Pfingsten der Parteikongreßin Dresden tagen wird, so erlaube ich mir, nachstehenden Vorschlageiner eingehenden besondern Beachtung angelegentlichst zu empfehlen:„Jede Gewerkschaft, resp. der Vorstand jeder Gewerkschaft(wo er-sieres unmöglich sein sollte), beauftragt und bevollmächtigt Jemandenaus ihrer Mitte, zur Zeit des Parteikongresses in Dresden, gemein-schaftlich mit den Bevollmächtigten der andern Gewerkschaften überNüttel und Wege zu berathen, wie eine Vereinigung der verschie-denen Gewerkschaften, resp. Gründung einer„Gewerks-Union"am ehesten zu bewirken ist, und verpflichtet sich, später in jeder Weisefür das Zustandekommen einer solchen Verbindung thätig zu sein.Harburg, 14. April 1871. Theod. Jork.Briefkastender Expedition: B. in Hannover: Die Buchhändlereremplaregehen jeden Dienstag und Freitag Nachmittag pünktlich von uns ab,wir sind also an der Verzögerung unschuldig.— Dr. Ioh. Jacoby inKönigsberg i. Pr.: 3 Thlr. für„Volksstaat" empfangen.— M. Berlin: 6 Thlr. 4Ngr. durch F. erhalten.— Intern. Manufaktur-, Fabrik-und Handarbeiter-Gewerksgenossenschaft, Vorort Crimmitschau: 30 Thlr.freiwilligen Beitrag fürs Parteiorgan erhalten.— Durch L. in Leipzigvon-l. i» London 40 Thlr. für„Volksstaat" empfangen.— B.Heide:Ist an die bez. Adresse abgeg. Sch. Dresden: 12 Thlr. und Packet erh.T. München: erhalten.der Redaktion. A. G. in Frankenberg. Besorgt. K. M. inZ. b. Ronsdorf: die Adresse ist: I. Motteler, Vorsteher der Manufak-tur- Fabrik- und Handarbeiter-Gewerkschaft, Crimmitschau, Sachsen. F. F.in Waldenburg, Sachsen: Austritt aus der Kirche bedingt Abmeldungbei dem zuständigen Pfarramt, weiter Anmeldung beim Bezirksamt, Be-zirksgericht, Stadtgericht sc. je nachdem. Eltern haben freie Verfügungüber ihre Kinder. Kostenpunkt, soviel uns bekannt, Abmeldung ä Person10 Ngr., ebenso Anmeldung beim Gericht, wenn nicht das Armenrechtgeltend gemacht wird.Ter AboiliiciltcnstnnS ScS„Bolksstaat".Im Abonnentenverzeichniß Nr. 26 d. Bl. ist Zwickau mit 125Exemplaren aufgeführt. Es sei bemerkt, daß hiervon 43 nach Wilkaube: Zwickau kommen. Münchenbernsdorf>var ebenfalls in der Listevergessen.__Anfrage.Nennt man das auch Liebesgaben? Als am letztoergangenenSonntage die heimkehrenden sächsischen Landwehrleute aus dem hiesigenDresdner Bahnhofe ein Mittagessen erhielten, wurden ihnen sür das-selbe 7 Ngr. 3 Pf. von ihrer Löhnung abgezogen. Auch wurdensie in Dresden nur in Masscnquartiere gelegt, und erhielten für denTag, an welchem ihre Entlassung erfolgte, keine Löhnung. Manhört im Allgemeinen über Liebesgabe» sehr viel Klagen. Wer trägtdaran die Schuld?_Für Chemnitz.NächstenSonnabend den 22. April Abends 6 Uhr im Saale zurStadt London groszcrArbeiterball"tir*zu Ehren unsrer inhastirt gewesenen Parteigenossen.Alle Freunde von Nah und Fern sind hierzu freundlichst eingeladen.Entrö 6 Ngr.__ Tos Komitee.Für Hamburg.Sozialdemokratischer Arbeiterverein.Versammlung am Sonnabend, den 22. April, Abends 9 Uhr, beiEberhahn, Zeughansmarkt 31.Tagesordnung: Sozialpolitischer Wochenbericht. Der Normalar-beitstag.Gäste haben Zutritt._ Geib.Für Leipüg.Sozialdemokratischer Arbeiterverein.Donnerstag, den 20. Aprii, Abends 8 Uhr: Versammlungim Saale der„goldenen Säge", Ecke der Dresdener- u. Langenstraße.Tagesordnung: Sozialpolitischer Wochenbericht(Ref. Eismann.)—Der Rormalarbeitstag(Res. Hepner.)Um zahlreiches Erscheinen wird gebeten. Gäste sind willkommen.Telegraphische Depesche.Merrane, 17. April,<» Uhr ZOM. Abds. Heute habenin(S- F. SchmiederS Fabrik»00 Arbeiter die Arbeit einge-stellt. Stolle.Schlutz der polttifche« Uebersicht.Aus dem Werdauer Amtsbezirk(Sachsen), wird dem„Crimmitschauer Bürger- und Bauernfreund" unterm 12. Aprilgeschrieben:„Der Siegesjubel unserer kaiserlichen Biedermännerist verrauscht und eine ganz andere Physiognomie hat ein Theilder Siegestrunkenen angenommen. Ein Fallissement nachdem andern schreckt sie aus ihrem Rausche auf, die nackteWirklichkeit steht vor ihnen. Heute geht die Kunde, daß ein beidein(Sieges-)Festzuge hoch zu Roß mit stolzer Miene einherstolzi-render ebenfalls auf schwachen Füßen stehe. Jetzt ist es� natürlichder Krieg, der daran Schuld ist, trotzdem die Herren im Septemberum Fortsetzung des Krieges petitionirten. Leider werden da-durch viele kleine Geschäftsleute und Arbeiter hart betroffen,denn nicht genug, daß unsere Prozent- Patrioten bei vollerArbeitszeit während des Krieges Lohnabzüge machten, hat Herr A.Schmelzer es nicht verschmäht, mit dem sauer verdienten Lohneseiner Arbeiter durchzubrennen, um sein Heil wahrscheinlich ineiner diesen Leuten so verhaßten Republik zu suchen. BieleArbeiter trifft dabei ein harter Schlag, da jeder 10— 20 Thlr.rückständigen Arbeitslohn verliert und, wie die Aussichten sind,wohl auch so bald keine passende Stelle finden wird."—Die Pariser Vorgänge haben der B ismarck'sche» Politikeinen bösen Strich durch die Rechnung gemacht, namentlichauch durch die„Fünf Milliarden". Selbst der zweifelsohnesteNationalliberale merkt nun, daß die„glänzende und beispielloseKriegsentschädigung" vorläufig dem Reich der frommen Wünscheangehört, das, gleich der"Gemülhtichkeit", für Finanzministerund andere Geldmänner nicht existirt- und wir können unsalso nicht darüber wundern, daß die deutsche Einheit, die be-kanntlich viel neue Kanonen, Kasernen, Hinterlader und sonstigeruhmvolle, aber theuere Artikel dieser Art braucht, sich wieder inschlimmer Geldklemme befindet, und— nur die Lumpe sindbescheiden— gleich mit einer Krevitforderung von 120, schreibehundert und zwanzig Millionen Thaler an den„Reichstag"tritt.—Professor Biedermann schreibt seinem Blatt aus Berlin(6. ä. 4. April):„Auch hier(bezüglich der Sonnemann'schenAnträge auf Einschmugglung einiger Bruchtheilchen der Grund-rechte) blieben die liberalen Parteien ihrem Grundsatz treu, selbstsolche Anträge, denen sie sachlich zugeneigt waren, hier zurückzu-weisen, wo es sich eben nur um eine formelle Feststellung derVerfassung handelte." Also die V e r w e r f u n g liberaler Anträge,d. h. die Zurückweisung liberaler Grundsätze ist einliberaler Grundsatz! Glücklicher hätte Hr. Biedermannden Liberalismus nicht kennzeichnen und nä adsuränin führenkönnen!—Die zur Generalversammlung des Hirsch'schen Gewerk-Vereins der deutschen Maschinenbau- und Metallarbeiter inBerlin anwesenden Delegirten haben auf Antrag der HerrenAndreak(Berlin) und Müller(Pforzheim) folgende Petition anden Reichstag erlassen:„Der Gesetzentwurf, betreffend die V e rb i» d li ch k e i t zum Schadenersatz für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken>r st w.herbeigesührten Tödtungen und Körperverletzungen, welcher dem hohenReichstag gegenwärtig vorliegt, genügt, ausgenommen bei den Eisen-bahnen, weder den Anforderungen der Gerechtigkeit, nochden dringendsten Bedürfnissen des Schutzes sür Lebenund Gesundheit der Arbeiter und des Publikums im All-gemeinen.„Die Unterzeichneten, gewählte Delegirte der Ottsvereine derMaschinenbau- und Metallarbeiter aus den verschiedensten Theilen desdeutschen Reiches, richten daher an den Hohen Deutschen Reichstag, alsden Vertreter aller berechtigten Volks-Jnteressen, das dringende Gesuch:.,1) Die Hastpflicht für Leben und Gesundheit auf sämmtliche Be-triebs-Unternehmer, einschließlich derjenigen der Hüttenwerke, der Dampf--schisse und Posten und der Landwirthschaft auszudehnen;„2) Die Fassung des Gesetzentwurfs betreffs der Eisenbahnen(§ 1) gleichlautenv für die Unternehmer von Bergwerken, Steinbrüchen,Gräbereien und Fabriken, event. für alle übrigen Unternehmer geltenzu lassen, so daß nur der vom Unternehmer geführte Beweis der eigenenSchuld der Beschädigten oder einer höheren Gewalt den Unternehmervor seiner Verbindlichkeit zum vollen Schadenersatz befreien kann.„Ohne diese Bestimmung würde unserer festen Ueberzeugung nachdie Verbindlichkeit der Unternebmer in Bergwerken und Fabriken reinillusorisch sein, und damit auch der Antrieb wegsallen, die immerzahlreicher werdenden Unglückssälle durch äußerste Vorsicht zu v e r h ü t e n."Berlin, 11. April 1871.(Folgen die Unterschriften.)In den„liberalen" Blättern grassirt seit einigen Wocheneine förmlicheDöllinger-Kultus-Epidemie. Daß ein be-rühmtes katholisches Kirchenlicht es gewagt hat, gegen das päpst-liche Unfehlbarkeitsdogma zu protestiren und sich der Gefahr derExkommunikation auszusetzen— das ist in unserm„aufgeklärten" Zeitalter schon genug, um als ein epochemachendes Er-eigniß wochenlang in den größten Blättern aufs Eingehendstebesprochen und gefeiert zu werden, und hinreichend, um den Ur-Heber dieser(eine außergewöhnliche Sensation erregenden) Affairezum Apostel und Märtyrer der Aufklärung und Freiheil zustempelnDieser Döllinger- Kultus, der jetzt in ganz Deusschlandspukt, hat auch für uns ein gewichtiges Interesse, nämlich daseines Gradmessers der politischen Bildung Vorungefähr 25 Jahren war Döllinger nämlich schon dasselbe Mün-chener Kirchenlicht, wie heute, und Heine hat damals im„Ex-Nachtwächter"(im zweiten Theil des„Romanzero") folgendesUrtheil über ihn gefällt:„Apropos! Der crzinsamePfaffe Dollingerius—Das ist ungefähr sein Name—Lebt er noch am Jsarstuß?„Dieser bleibt mir unvergeßlich!Bei dem reinen Sonnenlicht!Niemals schaut' ich solch ein häßlichArmensünderangesicht.„Sah ihn am Charfreitag wallenIn dein Zug der Prozession,Von den dunklen Männern allenWohl die dunkelste Person.„Ja, Manacho Monachorum*)Ist in unsrer Zeit der SipDer Virorum obsturorum,**)Die verherrlicht Huttens Witz."Döllinger hat sich seitdem nicht geändert, aber in der Ge-hirnkammer des„Volks der Denker" ist es so düster geworden,daß das trübste Licht, von dem man damals nur den qualmen-den Rauch sah, jetzt als glänzender Stern erscheint. Es bedarfder Nacht, um den faulen Weidenstamm phosphoresziren zusehen.—Mittlerweile nimmt die Orientalische Frage wiedereinen gefährlichen Charakter an: in Rumänien ist Alles zumLosbruch bereit, und die offiziöse Russische Presse führt gegenOesterreich eine Sprache von heftigster Feindseligkeit. Daß manin Wien die Situation für sehr ernst ansieht, erhellt aus demHals über Kopf erfolgten Abschluß des„Ausgleichs init denPolen."_Parteigenosse Moser aus Graz, welcher in Folge dersiebenmonatlichen Untersuchungshaft die Schwindsucht bekam,ist in voriger Woche nach längerem Leiden gestorben. DieAmnestie traf ihn erst, als er bereits von den Aerzten anfge-geben war.'Nach dem armen Krosch ist Moser der zweiteSozialvemokrat, den die österreichische Regierung innerhalb einesJahres auf der„trocknen Guillotine" sterben ließ.Nr. 29 des„Bolksstaat" ist am 15. d. M. auf Befehldes Staatsanwalts konfiszirt worden. Warum? wissen wirnoch nicht; aber die„Deutsche Allgemeine Zeitung," welcheschon einige Stunden nach der Konfiskation das„Evangelium"in des Wortes eigenster Bedeutung— d. h.„die frohe Bot-schaft" verkündete, gab als Grund an:„Beleidigung des Kai-fers von Deutschland."Seit Anfang dieses Quartals erscheint in Dresden der„Dresdner Volksbote, Organ für die Interessen des gesammtenVolks. Herausgegeben vom ständigen Ausschuß von Vertrauens-männern der Ardeiter- Corporattonen und Vereine in Dresdenund Umgegend. Hauptrcdacteur: Aug. Otto-Walster. Motto:Gerechtigkeit für Alle!" Wir wünschen dem Unternehmen vasbeste Gedeihe». Auch in Braunschweig beabsichtigen un-sere Parteigenossen die Gründung eines Blattes.'Nichts kannder sozialdemokratischen Propaganda förderlicher sein, als einegesunde Lokalpresse.— Unser Chemnitzer Lokalorgan, die„Chemnitzer Freie Presse", hat leider eingestellt werden müssen.Jndeß ist die Absicht und Aussicht vorhanden, dieses Blatt,welches die Prinzipien der Sozialdemokratie so tüchtig vertretenhat. in sstwas veränderter Form und den örtlichen Verhältnissenmehr angepaßt, wieder erscheinen zu lassen.*) München; zugleich eine Anipieluag aus die Verwandtschaft diesesNamens mit dem griechischen„Mönaellov", aus dem unser„Mönchs"entstanden ist.**) Deutsch: Dunkelmänner. Ulrich von Hutten gab die beruhm-ten(im Küchenlatein gffchriebeneni„Dunkelmänner- Briese" heraus,welche die damaligen Anschauungen uich Disputationen der Theologensehr witzig»nd tresjend persiflirten._Leipzig: Verantw. Redakteur W. Liedrnechl(Redattlon: Braustr. li).Druck u. Verlag: F. Thiele.(Expedition: Peterstt. 13.)