Was die Rettung der Gesellschaft kostet.Die der sozialistischen Partei angehörigen Mitglieder desPariser Gemeinde raths, Lockroy, Allain- Targ�,Murat, Mottu, Jobbö-Duval, Cantagrel, Ranc,Loiseau-Pinson, Bonvalet, Braleret und Pauthierhaben über die gegenwärtige Lage des Handels und derGewerbe von Paris eine Denkschrift verfaßt, welche gleich-zeitig in der ersten Nummer der„Municipalit�", eines Organsfür städtische Interessen, erschienen ist. Das Aktenstück stelltdie Lage der Pariser Industrie als eine schwer bedrohte dar.Es sei wohl richtig, führt es aus, daß es vielen Gewerbenan Bestellungen nicht fehle; doch blieben dieselben noch immerweit unter der Höhe, auf die man sich nach einer so langenUnterbrechung der Verbindungen mit Frankreich und dem Aus-lande hätte Rechnung machen dürfen. Der Grund dieser Er-scheinung liege einmal an der unter der Gunst jener Unter-brechung in bedenklicher Weise erstarkten fremden Konkurrenzund zweitens an dem noch immer auf Paris lastenden B e-lagerungszustande, welcher kein Vertrauen aufkommenlasse, und jedes Geschäft auf längere Frist mit auswärtigenPlätzen verhindere. Lägen übrigens umfassendere Bestellungenvor, so könnten sie inFolge des Mangels au Arbeitern,deren viele in den letzten Ereignissen getödtet,gefangen genommen oder sich versteckt zu halten ge-zwungen seien, nicht ausgeführt werden. In allenWerkstätten klage man über den Mangel an Arbeitskräften,in Folge dessen sich die Bestellungen statt nach Paris nach Eng-land, Belgien, den Vereinigten Staaten und Deutschland wendeten.Dazu trete und damit hänge zusammen als drittes Moment einein beunruhigenden Verhältnissen zunehmende Auswanderung,welche gerade für die geschicktesten Arbeiter am Verlockendstensei. Ein hoher Beamter hätte die Zahl der Arbeiter, welchedurch Tod, Flucht, Gefangenschaft und Auswanderung seit einemJahre der Pariser Industrie entrissen worden seien, auf mehrals Ivt), 000 geschätzt.„Im Juni 1869 trug die städtischeMauth 8,505,076 Frcs., im Juni 1871 trug sie nur 6,330,052Frcs. ein. Im Juli stellte sich das Gleichgewicht allerdingsso ziemlich her; doch muß man in Betracht ziehen, daß damalsParis zum ersten Male seit der Belagerung sich wieder unternormalen Bedingungen mit Wein, Kohlen, Futter u. s. w.verschen konnte.In Bezug auf die einzelnen Gewerbe heißt es in derDenkschrift:„Von den Hotels und Restaurants lönnen sich die Luxus-Lokale noch am Wenigsten beklagen, obgleich ihre Einnahmen noch immerweit hinter jenen der lehtcn Friedensjahre zurückbleiben; in den Nestau-rants der mittleren Klassen, für welche die Speiseanstalten ä prixfixes(zu festen Preisen) im Palais-Royal als Typus gelten können, hat dasGeschäft erst mit Mühe zwei Drittel von dem l5rträgnisse erreicht, das esin den entsprechende» Monaten früherer Jahre abwarf, und nochschlimmer stellt sich das Verhältniß in den Wirthshäusern für diearbeitenden Klassen.— Das Schuhmacherhandwerk von Parisist bekanntlich, was wenigstens die Luxus-Artikel betrifft, das bedeutendsteder Welt und eine recht eigentliche Pariser Industrie, da die Konkurrenzeiniger französischer Provinzstädte, wie Nantes und Bordeaux, kaum inBetracht kommen kann. Diese Industrie beschäftigte in gewöhnlichenZeilen nicht weniger als 34,000 Arbeiter, wovon etwa 10,000 Belgierund Deutsche waren; die Belgier gelten für besonders geschickt undanstellig, während die Deutschen mehr für die grobe Arbeit verwendetwurden. Von den 24,000 französischen Schustergesellen von Paris sindnun in den letzten Ereignissen— eine wahrhast erschreckende Thatsache I— 12,000 getödtet, ge sangen genommen worden oder flüchtig.Auch müssen alle größeren Fußberleidungsgeschäfte Bestellungen zurück-weisen, die sich nun zur großen Gefahr für das Pariser Gewerbe nachLondon und Belgien wenden, wo man sich auch alle Mühe gibt, sran-zöstsche Arbeitskräfte anzuwerben. Das Schneiderhandwcrk von Parismachte in gewöhnlichen Zeiten jährlich für 15—18 Millionen Frcs.Geschäfte mit Paris und für 30-30 Millionen mit dem Auslande;dies Jahr dürfte die erstere Ziffer höchstens auf 10, die letztere höchstensauf 16 Mllionen gehen und auch hier fällt die Erbschaft des RestesLondon und Brüssel zu. Von 30,000 Schneidergesellen fehlen 10,000,und die Auswanderung lichtet die Reiben der Verbliebenen nochmit jedem Tage. 5000 Deutsche, die man'vur dem Kriege beschäftigthatte, kommen jetzt zurück, und man kann nicht umhin, sie wieder aus-zunehmen, da es an sranzösischen Arbeitern fehlt. Die Folgen sindhier um so trauriger, als in diesem Gewerbe oft die Frau mit demMann arbeitet, in Abwesenheit des letzteren also die ganze Familiebrodlos wird.— In der Leinwäsch-Judustrie, in der Hand-schuh-, Hut-, Mieder-Fabrikation, im Posamentier- Gewerbeu. s. w. ist das Verhältniß ein ganz analoges: nur das Putz- undBlu men-Geschäit hat nicht gelitten, aus dem einfachen Grunde,weil hier nur Frauen beschäftigt werden. Gleichwohl hat dasAusland auch mit dieser Industrie zu konkurriren gesucht: ein BrüsselerHaus z. B. erhielt aus Newyork eine Bestellung von künstlichen Rosenin Höhe von 50,000 Frcs., eine Bestellung, die unter anderen Um-ständen sicher nach Paris gegangen wäre� und auch in Berlin hatdas Mode- und Blunien-Geschäst seit dem Kriege einen gewissen Auf-schwung genommen. Wenn die Fremden noch lange von Paris ferngeyalien würden, könnte die Herrschaft des Pariser Geschmacks auchauf diesem Gebiete Gefahr laufen.Die Bijouterie von Paris zerfällt in zwei gleichbedeutende Zweige,in die Fabrikation echter und falscher Schmucksachen; auf beiden Ge-bieten besaß Paris eine, übrigens sehr eingeschränkte, Zahl von außer-ordentlich geschickten Arbeitern, um welche sich die bedeutenderen Häusersörmtich rissen: auch von diesen hat ein Theil den verlockenden Auer-bietungen des Auslandes nicht widerstehen können und einem der erstenHäuser, welches vier solcher Künstler besaß, sind drei davon»ach Eng-land entführt worden. Für echte Schmucksachen wird insbesondereauch in Amerika eine ernstliche Konkurrenz gemacht. DieMöbel-Jn-dustrie und die mit ihr verwandten Gewerbe sind bekanntlich ebenfallseines der Hauptelemente des Wohlstandes von Paris. Ihr Sitz isthauptsächlich im 11., 12. und 20. Arroudissement und sie beschäftigenmehr als 60,000 Arbeiter, wovon 20,000 allein auf die Kunsttischlereientfallen. Diese letztere setzt in der Regel etwa hundert Millionenjährlich um; sie exportirt nach den Departements und außerdem nament-lich nach Süd- Amerika, wo sie aber seit den letzten Ausstellungen,welche die sranzösischen Zeichnungen und Modelle aller Welt preisgaben,auf eine nicht unempsindliche Koukurrenz der Vereinigten Staaten stößt;anderwärts hat sie mit der deutschen und belgischen Industrie zu kämpfen.Auch in diesem Gewerbe fehlt es jetzt an Arbeitskräften. Unter den20,000 Kunsttischlergesellen zählte man 3000 Deutsche; alle sind nichtzurückgekehrt, aber sie kommen doch wieder und die Arbeilgeber müssen,von Bestellungen gedrängt, diese Arbeiter nicht nur aufnehmen, sondernihnen den Platz französischer Arbeiter anweisen, welche verhaftetoder geflüchtet sind. Einer der bedeutendsten Fabrikanten desFaubourg St. Antoine schrieb an die Herren Lockroy und Genossen:Erwirken Sie, daß man uns unsere Arbeiter zurückschickt! Wir sehenmit Schrecken den Oktober herannahen; Sie wissen, daß dies unseregute Saison ist, und wir können nicht absehen, wie wir den Ansprüchengenügen könnten. Eine besondere Erwähnung verdient die Lage derHolzschnitzerei, dieser so interessanten Panser Industrie; hier fehlteS durchaus nicht an Arbeitern, aber diese haben wiederum nichts zuthun, weil die Tischler mit ihren Erzeugnissen im Rückstände sind.Die Fabrikanten benutzen diese Konjunktur, um dm Lohn zu drücken,und so verdient der Arbeiter nur noch 5 bis 6, statt wie ehedem 10und 15 Frs. per Tag. Die M armor-Jndustrie klagt wiederumüber die zunehmende Auswanderung nach Belgien und Amerika.Im Baugewerbe werden dieselben Klagen über den Mangelan Arbeitskräften laut. Maurergesellen mußten in Masse aus demCentrum Frankreichs herbeigerufen werden. Blei- und Zink-Gießer,Dachdecker u. s. w. sind in Paris gar nicht mehr zu finden. Man muß,klage» die Baumeister, unerschwingliche Löhne zahlen und hat doch nurschlechte Arbeiter. Auch für die Straßen-Pflasterung ist man ge-genwärtig lediglich auf den Beistand der Provinz angewiesen. Die V e r-g°lder-Jndustrie war bisher eine der blühendsten von Paris; diegrößeren Häuser allein machten einen Umsatz von 18 Millionen undsieben ihnen bestanden noch etliche hundert kleinere Fabrikanten, die noch'miner ein ansehnliches Geschäft machten. Man zählte 4000 C iseli re r,2500 Drechsler, Gießer, Montirer u. s. w; die Namen Bardo-dienne, Ringault, Deniere sind weltberühmt. Seit den letzten Ereig-nissen fehlen diese 1500 Arbeiter. DieMechaniker undEisen-gießer haben sich eher über Mangel an Arbeit, als an Arbeitem zubeklagen. Eine Industrie, die in der letzten Zeit einen beachtenswerthenAufschwung nahm, war die Fabrikation von Nähmaschinen; ihreAusfuhr bezifferte sich auf Millionen jährlich. Ihre einheimische Kund-schaft bestand meistens aus unbemittelten Arbeiterinnen, welche den zwi-scken 200 und 500 Frks. variirenden Preis der Maschine in kleinenMonatwechseln von 20 oder 30 Frks. bezahlten. Diese Kundschaftist durch die letzten Ereignisse vollständig versprengt;die Zahlungen gehen nicht ein und die ganze Industrie isteine der am Empfindlichsten betroffenen, so daß viel« Fabrik«»-ten ihre Werkstätte schließen müssen. Einer derselben hatin seinem Portefeuille 400,000 Frks. solcher kleiner Wechsel von 20und 30 Frks.; er würde sie gern für ein Viertel ihres WertheS her-geben. Die Schi ld ermal? rei ist schlechterdings zum Tode ver-urtheilt. Mau findet in diesem Augenblicke absolut keinen Arbei-t e r, der Buchstaben, Symbole u. dgl. zu malen verstünde. Die PariserBuchdruckerei beschäftigt ungefähr 3500 Arbeiter. Nur etwa vierzigvon diesen waren in den letzten Ereignissen kompromittirt und vier wurdenerschossen. In Folge des Belagerungszustandes aber, welcher die Zahlder öffentlichen Blätter einschränkt und auch vor anderen literarischenUnternehmungen abschreckt, vegetiren 3000 Buchdrucker mit einemLohne von höchstens 3 Frks. täglich, und 500 sind ganz ohne Ar-beit. Diese Thatsache laßt wieder auf die schlimme Lage der Schrift-steller schließen, wie denn auch die Künste und namentlich dieTheater-Unternehmungen so trübe Zeiten, wie die jetzigen, seit Menschen-gedenken nicht erlebt haben."Also die„Gesellschaft" wurde im Mai und Juni etwaszu gründlich„gerettet". Dein Vitzliputzli*) des Kapitalssind so viel Menschen geschlachtet worden, daß er sich den Ma-gen verdorben hat! Der Sozialismus sollte aus der Welt ge-schafft werden— um jeden Preis, und müßten Myriaden vonsozialistischen Arbeitern dem Mordstahl verfallen.„Tödtet,tödtet, tödtet!" brüllte die französische Bourgeoisie bei ihrerBluthochzeit, wie weiland der französische König(Karl IX.)bei seiner. Und es wurde getödtet, getödtet, getödtet— unterdem Beifallsgebrüll der Bourgeoisie aller Länder,— bis Müdigkeit, nicht Mitleiden, nicht Reue, zuletzt Einhalt gebot. DieBourgeoisie aber warf sich auf ihr blutbespritztes Lager, imangenehmen Bewußtsein, ein gutes Wer? gethan zu haben, undträumte von der goldenen Zeit, die jetzt anbrechen würde: dieSozialisten geschlachtet, der Sozialismus todt, Vitzliputzli deralleinige Gott, der keine anderen Götter neben sich duldet!Und nun, aus dem sanften Schlummer erwacht, findet sie,daß Vitziputzli sich den Magen verdorben hat, weil ihm zuviel Arbeiter geopfert worden! Grausame Enttäuschung.Ja, Ihr Herren Bourgeois, Ihr habt im Mai und Junizu gründliche Arbeit gemacht! In Eurer wahnwitzigen Wuthhabt Ihr nicht bemerkt, daß Ihr tief in den Ast gesägt, aufdem Ihr selbst sitzt. Ihr wolltet die„Gesellschaft retten", dasheißt Euer Ausbeutungsrecht, Euer Monopol der Kapitalanhäu-fung— und Ihr habt Diejenigen todtgeschlagen, von derenAusbeutung Ihr existirt, deren Kapital in Euren Taschen!an-gehäuft ist. Ihr schafft ja kein Kapital. Wenn Ihr Euchalle zusammenthut, Ihr Kapitalisten und Unternehmer, undkeine Arbeiter habt zum ausbeuten, so schafft Ihr, alsKa-pitalisten und Unternehmer, Euer Lebtag keinen Pfennig Kapital. Die Arbeiter waren es, die Euch die Taschen gefüllt, unddie Arbeiter habt Ihr todtgeschlagen! Ihr Thoren! Ihr habtdas Huhn geschlachtet, das Euch die goldenen Eier legte. Ihrwolltet den Sozialismus vernichten und habt Euch ins eigeneFleisch geschnitten. Der Sozialismus aber lebt und wächstwunderbarer Schnelle zur Riesengröße, unverwundbar, nur gestärktdurch das Blutbad, das Ihr ihm bereitet.Begreift Ihr bald, Ihr Bourgeois aller Länder, daß EureSache eine hoffnungslose ist'? Begreift Ihr bald, daß Eure Herr-schaft nicht nur mit der Humanität im Widerspruch steht, son-dern auch mit den Interessen der Gesellschaft? Begreift Ihrbald, daß jeder Versuch, jedes Mittel, die Fortdauer EurerHerrschaft zu sichern, auch im Fall des augenblicklichen„Er-folgs", Euch zum Nachtheil ausschlagen muß? Daß Ihr durchEuer tolles Ankämpfen gegen den nothwendigen Gang der Ge-schichte das Verhängniß nicht von Euch abwendet, wohl aberEuren Sturz beschleunigt und damit unseren Sieg?Als es bekannt wurde, daß das französische Ordnungs-Banditenthum Skrupel gegen weiteres Blutvergießen empfand,und seine Schlachtopfer, statt sie füsiliren zu lassen, lieber derebenso sicher aber weniger geräuschvoll arbeitenden„trockenenGuillotine" überantworten, d. h. zur Transportation resp. De-portation„begnadigen" wollte, regnete es miteinemmalZeitungsarti-kel, welche das Publikum belehrten, daß Transportation und Deporta-tion eigentlich gar keine Strafen, sondern weit eher ein Vergnügen seien,sintemalen die„Verurtheilten", abgesehen vom Verbot der Rück-kehr nach Frankreich, sich aller Annehmlichkeiten des Kolonisten-lebens erfreuen könnten, vor dessen Unannehmlichkeiten aberdurch den wild helfenden Staat(„Staatshilfe" feinster Qua-lität) bewahrt würden. Diese schaamlosen Lügen, auf denender Versailler Stempel unverkennbar, entlarvt ein franzö-stscher Flüchtling in den Londoner„Daily News". Nachdem erhervorgehoben, daß nicht das relativ gesunde Neu-Caledoniender Bestimmungsort der gefangenen Communalisten ist, sondernCayenne, dessen pestilenzialisches Klima den kräftigsten undvorsichtigst lebenden Europäer mit mathematischer Gewißheitbinnen 10 Jahren tödtet, fährt er fort:„Deporlasion ist mit größeren Leiden verknüpft, als der Unein-geweihte sich möglicherweise einbilden dürfte. Es bedeutet harte Arbeitunter einer sengenden und mörderischen Sonne, unter den Augen vonAufsehern; körperlicheZüchtiguna, wenn das geforderte QuantumArbeit nicht geliefert wird; täglichen Verkehr mit gemeinen Züchtlingenund ähnliche Behandlung wie die der letzteren; Kost der schlimmsten Art,wie sie auf den Galeerenschiffen von Brest und Rochesort verabreichtwird; und brutale Behandlung von Seiten der Wächter, die ihr Miß-vergnügen, wenn auch nur für einen kurzen Zeitraum nach Cayennebeordert zu sein, an den Befangenen auslassen. Cayenne ist an undfür sich schlimm genug, aber es giebt noch einen anderen Ort, der diePsesserselder und die Peitsche der Wächter an Entsetzen übertrifft. DieJle du Diable,„Teufelsinsel", ist sünfzehu Meilen von der Küstedes ftanzösischen Guiana entfernt und oerdient wahrlich ihren Namen.*) Der Gott der alten Mexikaner, dem massenhafte Menschenopfergebracht wurden.Die Teufelsinsel ist ein schmaler, sandiger Landstrich von etwa drei Meilenim Umfange und gleichmäßiger Oede. Nach einem Baum oder einerDuelle wird man vergeblich suchen. Schwärme von Moskito's lassendie Deportirten bei Nacht nicht schlafen. Eine brennende Sonne strömtibs Licht auf den trockenen Sand aus und verursacht eine unerträglicheHitze. Zu einem Seebade— die einzige Hülfe gegen das Wetter—kann man kaum seine Zuflucht nehmen; Haie, die in den Gewäyernvon Guiana in Menge vorhanden sind, werden durch die Leichen, welcheia begraben die Behörde sich nicht die Mühe giebt, angelockt und machendas Baden sehr gefährlich. Flucht ist an und für sich schon schwer genug,aber als weitere Vorsichtsmaßregel kreuzt eine Kriegsschaluppe um dieInsel und vernichtet aus diese Weise die Hoffnung der Gefangenen indieser Beziehung. Einige elende Hütten aus Hol; und Stroh bildendas einzige Obdach der in diesem öden Orte internirten unglücklichenWesen. Ihre Nahrung besteht aus Zwieback und eingesalzenem Fleisch;ein Schiff bringt jeden Monat von Cayenne das erforderliche QuantumLebensmittel und frisches Wasser. Da die natürlichen Hindernisse fürein Entweichen beinahe unübersteiglich sind, bleiben nur fünf oder sechsAufseher und ein Dutzend Soldaten auf der Insel. Die Haifischesind übrigens die un verdrossensten Wächter, welche die�Regie-rung sich nur wünschen konnte, und zahlreich sind die Opfer Solcher,die zu irgend einem vorüberfahreuden Schiffe hmüberzuschwimmen ver-suchten."Der Haifisch als„Wächter" der Bourgeoisgesellschaft!Ein Beweis, daß es ihr nicht an Selbsterkenntniß fehlt!Die soziale Frage vor dem Lausauner Friedens- undFreiheitslougrch.Wir bringen nachstehend die Verhandlungen des gedachtenKongresses über das vorliegende Thema, soweit wir durch dieZeitungen davon Kenntniß erlangen konnten. Anfang und Endedes nachstehenden Berichts ist der„Frankfurter Zeitung" undder mittlere Theil der Wiener„Tagespresse" entlehnt.Die Verhandlungen des zweiten Tages waren ausschließlich dersozialen Frage gewidmet. Der Berichterstatter Lemonnier gingdavon aus, daß die Legitimität des Eigenthumsrechtes untrennbar seivon der persönlichen Freiheit.„Alle anderen Fragen, die verschiedenenArten des Erwerbs und der Uebertragung, Erbschaft, Schenkung, Ver-träge, Verkauf, Tausch, Zins und Pacht, Lohn und Gewinnvertheilungsind sekundäre Fragen und abhängig von der ersten Frage. Die Ba-sis des Eigenthums ist nicht die Thatsache der ersten Besitznahme,nicht einmal(?) in absoluter Weise die Arbeit, sondern dieAutonomie der Person, dergestalt, daß das Prinzip desEigenthums gleichbedeutend ist mit dem Prinzip der Mo-ral(!!). Die logische Folge des Gesagten ist, das N:emand in derAusübung dieses Rechts beschränkt werden soll; die Hauptgrundlageder Gesellschaft müssen daher Einrichtungen sein, welche Jedermannden Erwerb von Eigenthum durch die Arbeit möglich machen." Diesvorausgesetzt, gelangt der Redner zu den Schwierigkeiten, welchen jedesoziale Reform unterliegt.„Das Eigenthum leidet an dem Widerspruch,daß es gerade durch die Wirkung der freien Bewegung die Tendenzerhält, sich in einzelnen Händen anzusammeln. Es schafft Zustände,welche die Einen als zum Elend geboren erscheinen lassen, währenddie Anderen das traurige Privilegium des Müßiggangs haben. DieseZustände, welche ein Produkt der Geschichte sind, lassen sich nicht miteinem Male hinwegzauberu. Man muß ihnen bis zu einem gewissenGrade Rechnung tragen. Die Verneinung und Zerstörung der Eigen-thumsverhältnisse, wie sie bestehen, würde aber in jedem Falle unge-recht und nutzlos sein. Ungerecht, weil das gegenwärtige Eigenthum,wenn eS auch zum Theil die Eroberung, die List, den Raub, die Ausbeu-tung als Quelle hat, ebenso aber auch zum Theil auf Arbeit, geleiste-ten Diensten, Sparsamkeit beruht. Eine Trennung des auf rechtmäßigeund unrechtmäßige Weise erworbenen Eigenthums ist aber nicht mög-lich. Nutzlos, weil es keinen Weg gibt(?>, um an die Stelle derGesellschaft, wie sie heute ist und bei der wir alle betheiligt sind, plötz-lich eine ideale Gesellschaft zu setzen, wie wir sie uns voritellen. DieMoralgesetze, deren freiwillige und allgemeine Ausübung allein dieGrundlage dieser idealen Gesellschaft bilden könnten, geben es nichtzu, weil die Umgestaltung nur mit Gewalt durchgeführt werden könnte.Es bleibt demnach nichts übrig, als darauf hinzuwirken, daß dieideale Gesellschaft friedlich aus der heutigen hervorgehe vermittelst derUmgestaltung dessen was ist, in dasjenige was sein soll. Die prakti-sche Lösung kann also nur darin bestehen, Mittel zu suchen, welche je i,nach den Verhältnissen der Zeit und des Landes am meisten zur Er-reichung des Zieles:„Eigenthum durch die Arbeit" beitragen können."Der Berichterstatter schlägt, auf diese Darlegungen gestützt, folgendeResolutionen vor:1) Der wichtigste Gegenstand jeder Sozialreform besteht darin,Jedermann die am leichtesten mögliche Ausübung des Eigenthums-rechts(?) zu sichern und zu garantiren.2) Die wichtigsten Mittel zur Beschleunigung dieser Reform schei-iien dem Congresie zu sein: Die Einführung einer republikanischenRegierungsform bei jeder Nalion; die Bildung einer republikanischenFöderation der europäischen Völker; die Freiheit des Gedankens, desWortes, der Veröffentlichung; das Vereinigungsrecht; die Gewissens-freiheit, hergestellt durch die Trennung der Kirche vom Staate; diekommunale Freiheit; das Recht des Krieges und Friedens direkt durchdas Volk ausgeübt; die Freiheit des Vertrages; die Freiheit der Koa-lition und Assoziation; die Freiheit des Umlaufs und Tausches; diesofortige Revision aller Gesetze und Reglements, welche die Bezichun-gen zwischen Arbeitern und Arbeitgebern regeln, durch Geschworene,gebildet zu gleicher Zahl aus Kapitalisten und Arbeitern. Diese Re-vifion soll auf Grundlage vollständiger Gegenseitigkeit stattfinden; dieErrichtung und Erhaltung von öffentlichen Kassen, welche den ver-lassenen Kindern, den Kranken und Arbeitsunfähige» die nöthigeUnterstützung gewähren, aus Mitteln der Gemeinde, der Provinz, derNation; vor Allem die Errichtung eines vollständigen obligatorischenUnterrichts- und Erziehungssystems, mit Ausschluß der Geistlichkeit,unentgeltlich für Alle und für alle Grade, wozu die Mittel durch eineEinkommensteuer aufgebracht werden.Goegg erklärt sich nicht einverstanden mit dem Bericht. Er istzwar für das individuelle Eigenthum, wünscht aber durch eine Resolution ausgesprochen zu sehen, daß jedem Arbeiter der volle Ertragseiner Arbeit garantirt werde.Sonne mann: Der Bericht des Herrn Lemonnier scheint miran dem Grundfehler zu leiden, daß er sich eine Art Dogma von Ei-genthum konstruirt, welches weder durch die Geschichte, noch durch dieErfahrung eine Berechtigung hat. Das Eigeuthum ist eine menschlicheInstitution, die im Laufe der Zeit vielfache Veränderung erfahren hatund voraussichtlich noch sehr viele erfahren wird. In der Regelfinden wir bei deu Völkern mit geringer Civilisation ein Bestrebennach Ausdehnung des individuellen Eigeitthums, dagegen zeigt sichbei den Völkern, welche eine hohe Entwicklungsstufe erreicht haben,eine Tendenz umgekehrter Art. Beide können berechtigt sein. Eingewisser Besitz ivird allerdings immer von der Freiheit des Jndivi-duuins untrennbar sein. Dainit sei aber noch lange nicht gesagt, daßalle Arten des Eigenthums immer unveränderlich im Privatbesitzebleiben müssen. In Rußland besteht auf den Dörfern der Agrar-Kommunismus. Eine Folge davon(?) ist die schlechte Kultur des Bo-dens, der Despotismus der Gemeinde, die Prämiirung der Faullenzer.Im Ganzen befinden sich die meisten russischen Bauern trotz des Kollek-tivismus in einer weniger günstigen Lage als unsere meisten Lohn-arbeiter. Alles drängt in Rußland darauf hin, vom Kollektivismuszum Privateigenthuin überzugehen. Ebenso war es ein Fortschritt,daß man den irländischen Bauern die Ablösung ihrer Pachtgüter ge-stattet hat. Ju Deutschland, Frankreich und der Schweiz würde beidem jetzigen Bildungsstande der Bauern, bei dem Mangel an Pflicht-gejühl und Interesse der Boden aus dem Wege des Kollektivismusstcher viel schlechter bebaut werden als gegenwartig. Uebrigens ver-langen ja die Kleinbauern dieser Länder keine derartige Reform; siewürden sie im Gegentheil verabscheuen. Wir können aber einer an-deren politischen oder sozialen Partei nicht das Recht einräumen, sichzum Advokaten der Kleinbauern auszuwerfen. Dies berechtigt michaber noch lange nicht zu der Uebcrzeuguna, daß es immer so bleibenwird und so bleiben muß. Wenn die Betheiligung selbst und die>öffentliche Meinung eine Beschränkung des Privateigenthums ver«langen würden, so erkenne ich kein Dogma an, welches eine solche ver