Die Bertheidiguug von Paris  von Blanqui  . (Fortsetzung.) S. September 1870. Nie hat das Boll von Paris   sich größer, einmüthiger ge- zeigt, als in dieser schrecklichen Krisis. All' seine Klagen sind vergessen. Die Neuerungsideen, welche es jüngst allein noch in Leidenschaft versetzen konnten, finden keinen Platz mehr in seiner Verwirklichungsarbeit. Kämpfen bis in den Tod, Paris   retten und Frankreich  und koste es den letzten Blutstropfen, das ist der feste Gedanke. Man spreche ihm von nichts anderem, es empört sich. Das Aufopferungsfieber verschlingt es, es wird der Regierung fol- gen gesenkten Hauptes, blind, vorausgesetzt nur, daß die Re- gierung es gerade auf die Preußen losführe. Dagegen versetzt es der geringste Verdacht von Schwäche, von Zaudern in Wuth. Eine vage Unruhe beginnt es zu durch- zittern. Es hat den patriotischen Enthusiasmus der Presse ernst genommen, und nun scheint ihm das Handeln nicht gleichen Schritt mit dm Worten zu halten. Es zweifelt. Vielleicht ist eS Jrrthum oder Ungeduld seinerseits, aber das Mißtrauen bricht sich Bahn. Zwei Umstände tragen besonders zu seinen Befürchtungen bei: Der Verzug einer offiziellen Entscheidung über die Ex- garde von Paris   und die Polizeisoldaten(sergents de ville) und der augenscheinliche Mangel aller Vorbereitungen zum Widerstande. Warum nicht die Streitkräfte der alten Polizei entfernen? Man fürchtet die 4 oder 5000 Polizeisoldaten mehr im Bour- geoiSrock als in der Uniform. Ihre Feindschaft wird so noch viel Jefährlicher sein. Andererseits erscheinen die Exgarden in ihren asernen als eine Drohung. Die so sanftmüthige Februar- revolution hatte sie doch verabschiedet. Warum sie nicht unter die Truppen einreihen? Auch über die unzureichende Armirung ist die Unruhe leb- Haft und wird nur größer durch das Stillschweigen der neuen Machthaber. Man versichert, daß die Arsenale leer, die Ar- tillerie mehr als unvollständig sei. Warum hierüber nicht die ganze Wahrheit sagen? Die Stummheit ist nicht mehr am Platze. Man hat Frankreich   so nichtswürdig getäuscht, unter jenem schlech- testen Borwand: man wollte den Feind nicht aufklären. Heute gilt es zu sprechen. Was das Volk bewegt, ist, daß man einerseits zugiebt, Kanonen und Gewehre fehlen, und daß es andererseits mit eigenen Augen die Unthätigkeit der Kriegswerkstätten sieht. Es giebt in Paris   eine Menge großer Werkstätten, ausgerüstet mir mächtigen Werkzeugen, um die alten Gewehre umzuformen, Chasse- pots und Mitrailleusen zu fabriciren, Kanonen zu gießen. Nun, diese Werkstätten sind nicht in Thätigkeit. Die einen sind schon geschlossen, andere werden es bald sein. Keine fabricirt Waffen, obgleich sie alles Werkzeug dazu haben. Warum? Die Bevölkerung will die Wahrheit wissen. Sie fordert die- selbe mit lautem Ruf. Ein nicht minder peinlicher Grund zur Angst sind die ungenügenden Befestigungsarbeiten. Unglücklicher Weise ver- steht daS Publikum nichts von diesen Fragen und, selbst nicht urtheilsfähig, weiß es nicht, an wen sich halten. Man hat es mit hohlen Phrasen über die Bedeutung der Befestigungen und der Enceinte(Umwallung) genährt. Boll Glückseligkeit hat es dieselben verarbeitet. In Wahrheit sind die Forts Papierschachteln, welche die heutige Artillerie in einigen Tagen zertrümmert. Die Enceinte ist außer Stande, in die Vertheidigung einzugrei- fen. Der Weg ist ihren Geschossen versperrt. Man müßte zunächst daS Gehölz von Bincennes und von Boulogne rasiren, was ziemlich leicht geht, dann die zwischen der Enceinte und den Forts ge- legenen Häuser zerstören, eine Sache, die zur Stunde absolut unausführbar ist. Ich zweifle sogar, ob man, mag der Grund sein, welcher er wolle, sich entschließen könnte, alle zur Stadt gehörigen Gemeinden zu opfern. Ueberlegt ein wenig! Man müßte rasiren, auf dem rech- ten Ufer: Alfort, Charentonneau, Conflens, Charenton, Saint- Maurice, Saint-Mandä, Vincennes  , Charonne Exterieur, Bag- nolet,Montreuil,Fontenay  -aux-Bois,Romainville, Les Pr�s Saint- Gervais, Pantin  , Aubervilliers  , Saint-Ouen  , Clichy  , Courcelles, Neuilly  , Villiers, Levallois  , Alles was im Gehölz von Bou- logne steht, Poinl-du-Jour, Billancourt  . Auf den linken Ufer: Jssy, Vanves, Montrouge   exterieur, Gentilly, Arceuil, Bicetre, Jvry! Welch furchtbare Hakatombe Von Städten und Dörfern! Man kann nicht daran denken. Grade diese Masse von Gebäuden, welche zwischen der Enceinte und den Forts liegt, paralysirt das Feuer der En- «inte und erleichtert die Annäherung des Feindes. Ein in erster Linie kompetenter Mann, Herr Brunei  , ein alter Artillerie-Offizier, hat in einem sehr klaren Artikel des Siecke dieser Gefahr vollständig Rechnung getragen. Er schlägt zur Milderung des Uebels die Befestigung der Ausgänge all die- ser Dörfer vor. Aber er muß selbst einsehen, daß dies ein schwaches Palliativmittel ist, fähig den Belagerer wenig, sehr wenig zu hemmen. Denn derselbe wird immer durch die massiven Gebäude geschützt bleiben. Im Jahr 1840 hatten diese Mängel nicht dieselbe Be- deutung. Die Artillerie war weit entfernt, die heutige Wirkungs- kraft zu besitzen. Von den zwei konzentrischen Zonen um die Enceinte, nehmen wir an, sie seien ganz nackt, hat die nächst- liegende eine Breite von 600 Meter, eine wirksame Büchsen- schußweite; die andere 1200 Meter, eine wirtsame Kanonen- schußweite. Ich sage: nehmen wir an, sie seien ganz nackt, in Erwägung, daß das Bauen immer nur auf der ersten Zone, der von 600 Meter, verboten war. Man konnte nach Belieben auf der zweiten bauen. Man hat aber ebenso auf der ersteren gebaut trotz des Verbotes, weil die Belagerung von Paris  damals ein Hirngespinnst schien. Der Geniestab legte kein Hinderniß in den Weg und behielt sich nur die Rücknahme des TerrainS im Falle der Nothwendigkeit vor. Was ist heute die Tragweite von 600 Meter? Die eines Percusstonsgewchrs. Die Chassepots tödten auf mehr als 1200 Meter, die alte wirksame Kanonenschußweite. Um die Wahrheit zu sagen, man hat die Enceinte niemals im Ernst genommen. Louis Philippe   wollte sie nicht und be- quem« sich nur dazu, um die detachirtm Forts zu erhalten. Im Prinzip sollten die Forts allein die Vertheidigung oder besser den Angriff auf sich nehmen. Denn sie wurden einzig und allein gegen Paris   errichtet. Der Beweis ist, daß die Regierung die Kühnheit gehabt hat, das erste(das Fort Epine,) auf den Höhen des Pöre-Lachaise zu errichten. Ein Zornschrei erhob sich in der ganzen Bevölkerung. Der Gedanke war zu klar. Die Männer der damaligen Zeit können sich der langen und wüthenden Polemik in der Presse gegen diese Bombardirungsprojekte erinnern. Man willigte gerne ein, Paris   zu befestigen, aber gegen den Fremden. Die Opposition schlug eine durchlaufende, die Stadt nicht bedrohende, sondern beschützende Enceinte vor, welche nur dem äußeren Feind furchtbar sein konnte. Das lag nicht in der Absicht des Monarchen. Ihn kümmerte wenig die Gefahr der Invasionen, die er nie provo- ziren durfte. Worauf es ihm ankam, waren die Citadellen, um die liebenswürdigen Vorstädte im Schach zu halten, wie er sich selbst ausdrückte. Diese Worte finden sich in einem Brief von ihm, der in feindliche Hände fiel und von der Gazette de France   veröffentlicht wurde. Darob ungeheurer Skandal. Die Aa ficht dieses gnädigen Monarchen liegt außerdem in der Anlage der Forts selbst klar zu Tage. Er wurde ge- nöthigt, sie auf entfernteren Punkten zu errichten, als der ur- sprüngliche Plan wollte. Man sieht, daß sie auf der Seite der Stadt zusammengedrängt sind, welche am wenigsten des Schutzes bedarf. Die Höhen von Belleville   sind von Natur sehr stark. Es ist wahr, daß sie beim Anrücken einer fremden Armee zunächst bedroht sind. Aber der Feind kann diese Hügel vom Norden herumgehen. Im Jahre 1815 hat man die Preußen nach Waterloo   stromabwärts von Paris   über die Seine setzen, auf Versailles  , dann auf Meudon  , Clamart   und Jssy losziehen sehen, indem sie so die Hauptstadt von Südwest her angriffen, während die Engländer unter Wellington   von der Ebene von Saint-Denis   her die Stadt einschlössen. Was noch mehr die schuldvolle Absicht Louis Philippes beweist, ist, daß man im ursprünglichen Plan eine mehr als 6000 Me- ter breite Spalte zwischen dem Fort von Pantin und westlichen Fort auf der Straße nach Norden freigelassen hatte, die jedes natürlichen Schutzes entbehrt und dem von Belgien   her kommen- den Feind offen steht. Diese Lücke, welche die geheimen Absichten der Regierung verrieth, verursachte einen solchen Skandal, daß man ihn nicht ignoriren konnte, und man baute, uin die öffentliche Meinung zu be- schwichtigen, das Fort von Aubervilliers, welches noch sehr un- genügend ist. Endlich, als letzte Enthüllung des königlichen Gedankens, ist der ganze Westen von Paris   ohne Forts geblieben. Es gibt auf dieser Seite keine liebenswürdigen Vorstädte. Die Festungen waren also unnütz. Ihr Fehlen ist heute ein grausamer Nachtheil. Diese ganze große Ebene ist den An- griffen der Preußen freigegeben. Der Mont- Valerien schützt einen ziemlich ausgedehnten Rauin. Aber man hat ihn nur als Waffenplatz erbaut, um den Rücken der Tuilerien und der Champs-Elysees   zu decken und als Operationsbasis zu dienen gegen den Osten der Stadt, wo die Arbeiter-Massen Hausen. Der Streit zwischen dem Projekt einer fortlaufenden Enceinte und dem detachirter Forts wurde so heftig und er- bittert, daß Louis Phillipe die Unmöglichkeit eines vollständigen Sieges wohl einsah und zu einem Kompromiß seine Zuflucht nahm. Er gab die Enceinte zu und die Opposition gestaltete die Forts. Diese etwas lange historische Auseinandersetzung über die Befestigungen hat zum Zweck, die Ursache ihrer Mängel auf- zudecken. Sie wurden nicht im Hinblick auf einen Krieg mit auswärtigen Feinden gemacht, sondern im Hinblick auf eine innere Unterdrückung. Dem unpopulären Monarchen lag wenig daran, ob die Enceinte durch die Masse Dörfer lahmgelegt und zu nichte gemacht wurde. Schwach gegen Belag erungsge- schütz, hatten diese Forts von Insurgenten ohne Kanonen nichts zu fürchten. Es gibt nur Eine wirksame Art die Hauptstadt zu ver- theidigen d. i. ein Krieg mit Erd werken 3000 Meter vor den Forts. Schwache Aufwürfe genügen, die Artillerie zu decken, Erdaufwürfe, die mit Raschheit ausgeführt werden können. Die erste Bedingung für einen Kampf dieser Art ist eine zahlreiche Armee. Denn das ist keine Belagerung mehr, son­dern eine in die Länge gezogene Schlacht auf der Ebene, hinter den Verschanzungen und unter dem Schutze der Forts. Diese Verschanzungen können zusammenhängend mit Zwischen- räumen zum Durchgang der Kavallerie oder über die Peripherie hin zerstreut werden in mehr oder weniger großen Zwischen- räumen von einander. Ihre Kraft liegt in ihrem Zusam- menhang, und die Artillerie ist dabei das wesentliche Element. Konstruirt seit lange her auf einer Peripherie von 80,000 Meter(20 Meilen) hätte diese Befestigung nicht mehr als ein Viertel oder Drittel ver heutigen Enceinte gekostet, deren innere Böschung 12 Meter hoch ist. 5 Meter Höhe über dem Boden des Grabens, die innere und äußere Böschung gemauert, eine ganz sanfte Abdachung und der Kamm der Brustwehr in der Richtung des Glacis, um dem Schuß aus der Ferne zu entgehen, mußte diese Linie von Laufgräben Zwischenräume zwischen sich lassen, breit genug um während der Schlacht die Kavallerie durch zu lassen. Heute ist diese Arbeit nicht möglich. Die Vertheidigung durch Erdwerte mit schwachem Aufwurf ist dagegen sehr leicht durchführbar. Man muß den Feind aufmerksam überwachen und sich nicht durch seine Finten irreführen lassen. Sobalo sein An- griffspunkt demaskirt ist, beginne eine Armee von Arbeitern, während der Nacht die Linie von Erdwerken zugleich auf der ganzen Angriffsfront. Man armire sie rasch mit Artillerie und die Schlacht kann sofort beginnen. Wenn der Feind mit dem Spaten gegen die Erdwerke vorgeht, so rücke man auf dieselbe Weise gegen ihn vor, und erlaube ihm nicht auch nur einen Zoll an Terrain zu gewinnen. Dieselbe Front, dieselbe Anzahl Truppen, und der Vortheil ist auf Seiten der Vertheidigung. Der überreizte Chauvinismus wird vielleicht sagen, daß bei gleicher Anzahl die Franzosen nicht nöthig haben, so vie Federlesens zu machen und die Preußen in aller Gemüthsruhe vernichten können. Man hat uns darauf abgerichtet, solchen Chauvinisten das Ohr zn leihen. Hüten wir uns vor solchen Kindereien. Sicherlich sind bei gleicher Anzahl geschult? französischeSolda- ten den Preußen vollständig gewachsen. Aber die Armee von Paris  wird aus verschiedenen Truppen zusammengesetzt sein, Linien- soldaten, Mobilen, Freiwilligen, seßhaften Nationalgarden jeden Alters. Die große Mehrzahl wird nur sehr wenig in den Waffen geübt sein. Deßhalb gilt es, vorsichtig zu sein und nichts aus Tollkühnheit zu riskiren. Die Zeit ist für uns in einem derartigen Kampf. (Fortsetzung folgt.) Der sozial-demokratische Kongreß in Dresden  . Bracke's Referat über das Haftpflichtgesetz. (Nach dem stenographischen Bericht.) (Schluß.) Im Vorbeigehen einen Blick aus die Anzahl der getödteten Arbeitgeber! Bei dem Bergbau ist diese 0, bei dem Landver­kehr 2, welche Zahl wohl ohne Frage auf die Passagiere bei den Eisenbahnen ic. fällt; bei den Baugewerken, bei welchen es bereits eine Anzahl kleiner, selbst mitarbeitender Meister giebt, steigt sie auf 17 und bei der Landwirthschast sogar aus 107. Bei der letzteren ist aber zu beachten, daß alle kleinen Brinksitzer, Köthner   ic. als Arbeit- geber betrachtet werden, obschon sie meist auch für Andere gegen Lohn arbeiten. Möchte aber auch die Anzahl der getödteten Arbeitgeber in diesen Gewerben eine noch so große sein, so wäre daraus ein Ein- wand gegen die Hastpflicht der Unternehmer in diesen Gewerben nicht herzuleiten.' Denn: hatten die 325 Bauarbeiter und die 455 armen Tagelöhner und Knechte vom Lande nicht denselben Anspruch ihrer Rechte, auf Schutz gegen Gefahren an Leib und Leben, wie die 1S8 Arbeiter, welche in demselben Zeiträume bei dem ganzen Verkehr zu Lande das Leben einbüßten? Und gerade z. B. die Guts- und Domänenpächter, die Gutsbesitzer, die Landlords, sollten gesetzlich ge- zwungen werden, das Leben und die Gesundheit ihrer so oft miß- achteten und mißhandelten Arbeiter heilig zu halten und bei ent- stehenden Vernnglückungen mit entsprechenden Entschädigungen einzu- treten, während heute den ländlichen Arbeiter und seine Familie meist ein grauenerregendes Armenhaus erwartet! Nun, m, H., wenn Sie die beiden großen Zahlen aus den Bau- gewerben und der Landwirthschast; wenn Sie diese beiden großen Zah- ien und die aus dem Verkehr zu Lande incl. der Eisenbahnen gegen einander halten, so sehen Sie aus den ersten Blick, daß bei einer gro- ßen Menge von Verunglückungen auf Grund des Hastpflichtgesetzes dem Beschädigten oder seinen Angehörigen gar keine Berechtigung zu- steht, Entschädigung zu beanspruchen gegenüber den Unternehmern, in deren Dienste, in deren Interesse der verunglückte Arbeiter sich den Gefahren ausgesetzt sah. M. H., wenn Sie die Zahlen weiter durch- gehen, so kommen Sie sogar zu dem Resultate, daß von allen mög- lichen Verunglückungen nur die geringere Hälfte von dem Hast- pflichrgesetz getrosten wird, und ich glaube weiter Nichts nolhig zu haben, als eben diese Mittheilung zu machen, um zu beweisen, daß das Haftpstichtgesetz auch in dieser Beziehung im höchsten Maaße ungenügend ist. Mag auch die Frage der Entschädigung bei der Landwirthschast schwierig sein, mag auch manche andere Frage in Betracht kommen das ist nicht abzustreiten, daß dieses Hastpflicht- gesetz nicht allein insofern mangelhaft ist, als es durchaus nngenü- gende Bestimmungen über die Entschädigung bei Unglücksfällen für eine große Menge von industriellen Unternehmungen<außer den Eisen- bahnen) aufgestellt, sondern auch insofern, ais es obendrein eine Menge der gefährlichsten Industrie- und Arbeitszweige von jeder Haft- Pflicht ausschließt und der größten Gefahr ausgesetzre Arbeiter auf die alten, gerade durch Erlaß dieses Gesetzes als unrecht, als ungc- nügend anerkannten Bestimmungen des allgemeinen Staatsrechts ver- weist. Nun, m. H., ist serner von diesem Gesetze das ganze Klein- gewerbe gar nicht getroffen, worüber mir wenigstens Zahlen leider nicht vorliegen. Ferner, in. H., wird etwas von dem Gesetze nicht getrosten, das sehr wohl von einem solchen Gesetze getrosten werden sollte, näm- lichall der Schaden, der dem Arbeiter durch schlechte Arbeits räume, durch schlechte Kost, wo sie noch durch den Arbeitgeber verabreicht wird, durch schlechte Wohnung, wo sie noch gegeben wird also all der Schaden, der dem Arbeiter hieraus und aus andern ähnlicheti Verhält- »issen Seilens des Unternehmers erwächst. Nun, m. H., wissen Sie aber sehr wohl, daß gerade das Leben in ungesunden Fabriken die Ge- sundheit der Arbeiter zerstört, wissen Sie sehr wohl, daß die prahlerisch ausgeschrieenen Arbeilerwohnungen der Herren Unternehmer oft so mangelhaft sind, daß es einen Stein erbarmen sollte, daß man eine so große Masse von Menschen in solche elende Wohnungen pfercht, ihre Gesundheit und die Gesundheit ihrer Kinder auf diese Weise zerstörend! Ist dieser Unternehmer aber, der doch nur da« einzige Interesse bei dem Unternehmen hat, seinen Geldsack zu füllen oder jene Herren zu bereichern, welche die Coupons abschneiden nun, ist denn dieser Unternehmer, ist diese Gesellschaft von Unternehmern nicht aus Huma- manirätsgründen, die so oft im Munde unserer nationalliberalen Feinde geführt worden ist diese Klaffe nicht verpflichtet, solchen Schaden zu verhüten? Sollte sie nicht für solchen Schaden verantwortlich gemacht weiden? Sollte nicht gesagt werden: durch die ungesunde Wohnung sind die Kinder krank gewordw, hat die Mutter krank werden müssen, als sie im Wochenbette lag? Sollte nicht ist einem solchen Falle eine sehr hohe Entschädigung verlangt werden können? sLebhaster Beifall.) Denn was, m. H., muß dem Arbeiter heiliger sein, als die Gesundheit seiner Gattin, die Gesundheit seiner Kirder i Nun, m. H., von allen diesen Dingen ist in diesem Hafrpflichtgesetze Nichts. M. H. es hat dieses Gesetz noch weitere große Mängel. Was z. B. den Umfang für die Berechtigung zu Entschädigungs- ansprüchen betrifst, so ist dieser durchaus mangelhaft bemessen. Es steht im§. 3 des Gesetzes: Der Schadenersatz ist zu leisten 1) Im Fall oer Tödtung durch Ersatz der Kosten einer versuchten Heilung und der Beerdigung, sowie des Vermögensnachtheils, welchen der Gctödlete während der Krankheit oder Verminderung der Erwerbssähigkeit erlitten hat." War der Getödtete zur Zeit seines Todes vermöge Ge- setzes verpflichtet, einem Andern Unterhalt zu gewähren, so kann dieser insoweit Ersatz fordern, als ihm in Folge des To- des der Unterhalt entzogen worden ist." Nun, m. H., ziehen Sie die Conjequenz ans dieser Bestimmung: War der Getödtete zur Zeit seines Todes vermöge Gesetzes ver- pflichtet" zc. Sie Alle wissen, daß es eine große Menge von Fällen giebt, in denen die Sorge sür den Unterhalt der Angehörigen nicht von irgend einem Gesetze erlangt wird; Sie wissen z. B., daß, wenn ein Arbeiter, der noch jüngere Geschwister hat, und sich müht, auch für diese die Lebensnolhdurft zu erwerben, nicht vermöge eine« Gesetzes dazu angehallen werden kann, sondern, daß vermöge Gesetzes nur die vielleicht schon alten Eltern dieser Kinder herangezogen werden können, ihnen Unterhalt zu gewähren, diese Kinder in die Schule zu chicken-c., wenn die Eitern überhaupt noch leben. Wenn nun ein solcher Bruder verunglückt, wenn also den jünger» Geschwistern auf diese Weise der Ernährer geraubt wird, dann haben diese keinen An- pruch aus Entschädigung von Seiten des Unternehmers, in dessen Dienste der Arbeitnehmer verunglückt ist, und das, m. H., ist eine so mangelhafte Bestiminung, daß der löbliche deutsche Reichstag   auch bei diesem Gesetze bewiesen hat, wie wenig er sich Mühe giebt, die wirkst- chen Interessen der Arbeiter zu befriedigen, wie wenig er sich Mühe giebt, das so oft im Munde geführte Humanitälspritlzip zu wahren. (Beifall) Denken Sie, m. H., air einen serneren Fall. Sie wissen, daß unsere Gesetzgebung über die Ehe einen Charakter trägt, wie er für unsere Bourgeoisepoche allerdings vollständig richtig ist; die Gesetze über die Eye beschästigen sich hauptsächlich mit den Vermögensberech- tigungen, welche aus der Verehelichung erwachsen. Nun, in. H., wissen Sie aber auch, daß eS Geld kostet, wenn Einer heirathen will; Sie wissen, daß der Arbeiter oft das nöthige Geld zur Verheirathung nicht erschwinge» kann; Sie wissen serner, mein« Herren, und ich