dorf.
Präsident: Als solche sind gezeichnet: A. Gögg und Dr. A. Laden-| schweizerischen Republik, ihn von diesem seinem Standpunkte aus ge-| rakter hatten. Hätte ich dasselbe anders aufgefaßt, so hätte ich auch In einer Nummer des Voltsstaat" vom Jahre 1869 wurde schrieben hat. den Artikel nicht aufgenommen. doch das Felleisen" den Parteigenossen eindringlichst empfohlen? Liebknecht: Nicht nur das Felleisen", sondern alle uns bekannten deutschen und außerdeutschen Parteiorgane und nicht einmal, sondern oft, wohl 20 bis 30 Mal.
Präsident: In der ersten der vorgelesenen Nummern verkündet die Redaktion ihre Grundsäße. Sie erstrebt die Errichtung eines eu ropäischen Freistaaten- Bundes, einer sozialistischen Föderativ- Republik. Es ist von möglichen Krisen und Zusammenstößen die Rede, davon, daß Gewalt mit Gewalt vertrieben werden müsse, daß durch Reformen die Freiheit nicht zu erlangen sei, daß nur die Revolution eine Entscheidung bringen werde.
Ferner wird die Beseitigung der stehenden Heere und Einführung der Volkswehr verlangt, woran sich die Behauptung knüpft, daß derjenige, welcher die Erreichung der sozialistischen Ziele in der Monarchie für möglich hält, ein Verräther an der Arbeitersache sei.
Wichtig ist auch besonders die Stelle, worin den Deutschen zum
Präsident: Der Artikel hat aber in dem hier in Leipzig erscheinenden Volksstaat gestanden und wir leben in keiner Republik . Advokat Freytag( Leipzig ): Unser sächsisches Preßgesez unter scheidet sehr richtig zwischen polizeilicher und strafrechtlicher Verfolgung. Der Redacteur kann nicht für alle Artikel, die er in sein Blatt aufnimmt, verantwortlich gemacht werden, wenn ihm nicht nachgewiesen werden kann, daß er den Inhalt derselben vorher ganz genau gefannt. Präsident: Ich werde mich in eine Discussion hierüber nicht einlassen. Staatsanwalt Hoffmann: Herr Liebknecht hat selbst zugestanden, daß er diesen Artikel mit Ueberlegung aufgenommen. Liebknecht erklärt auf Befragen des Vertheidigers, daß er sich nicht mehr genau zu erinnern wisse, ob er den Artikel vor seiner Aufnahme genau durchgelesen habe. Präsident: Es ist doch Pflicht eines jeden verantwortlichen
Bebel: Ich konstatire aus dem Vorgelesenen, daß im ,, Volksstaat" häufig auch Ansichten ausgesprochen wurden, welche nicht als Ansichten der Partei aufgefaßt werden dürfen. Es wird einfach das Für und Wider entgegengesetter Anschauungen erörtert.
Hepner: Betreffs des Bauernkriegs betone ich, daß die Führer Sie erklärten, daß sie von der Bauern anfangs sehr bescheiden waren. ihren Forderungen abstehen wollten, wenn man ihnen nachzuweisen verz möchte, daß diefelben gegen die Bibel seien. Ich vermag die Richtig feit dieser Thatsache aus Zimmermann's Geschichte zu beweisen. Auch wird Luther , welcher anfangs den Bauern das Wort redete und später dieselben verließ, für diesen seinen Verrath von allen Geschichtsschreibern der Neuzeit, z. B. von Johannes Scherr , verurtheilt.
Präsident: Ihres Beweises können wir entbehren. Hierauf wird aus Nr. 24 eine ,, Mahnung an die Partei" verlefen, als deren Verfasser sich Bebel bekennt. in Lokalvereinen
Neujahrsgruße gesagt wird: Nur durch Gewalt kommen wir zum Redacteurs, alle in seine Zeitung aufzunehmenden Artikel vorher dert: Es wird in dem Artikel vor einer Zersplitterung
Biele."
Liebknecht: Ich muß mich ewig wiederholen. Diese Schriftstücke haben mit mir nichts zu thun und die Thaten Anderer verantworte ich nicht. Bebel: Selbst die Partei in ihrer Gesammtheit kann nicht dafür verantwortlich gemacht werden; sie hatte keinen Einfluß auf das Blatt. Hepner: Ich habe die citirten Stellen erst aus der Untersuchung tennen gelernt.
fommen wird."
Es werden zwei Briefe von Becker und Ladendorf verlesen. Präsident: Diese Briefe sind nicht im Original vorhanden, da sich dasselbe beim Obergericht in Wien befindet. Nach ihnen scheint Becker die Zeit gar nicht erwarten zu können, wo es zum Losschlagen Liebknecht : Ich muß den Herrn Präsidenten daran erinnern, daß weder Becker noch Ladendorf sich hier auf der Anklagebant befindet. Ich constatire, daß die Anklage eine internationale ist. Nicht nur, daß man ganz fremde, unbetheiligte Personen in dieselbe hineinzieht, nein, man verschmäht selbst nicht, hier Schriftstücke vor zulesen, die man aus anderen Ländern requirirt hat.
Präsident: Sie erstreben aber auch eine Föderativ- Re
publiť.
Liebknecht: Ich muß dem Herrn Präsidenten bemerken, daß ich Gegner jeder Föderativ- Republik bin.
Bebel bemerkt, daß das Organ Becker's, der ,, Vorbote", bereits eingegangen ist. Niemals hat das), Felleisen" mehr als 50 Abonnenten in Deutschland gehabt.
Hepner: Ich habe Ende 1868 und Anfang 1869, als die jetzt verlesenen Briefe geschrieben wurden, noch nicht der sozial- demokratischen Bartei angehört.
Hierauf wurden die Verhandlungen gegen 3 Uhr Nachmittags geschlossen.
Achte Sitzung, Dienstag, den 19. März. Eröffnung gegen 9 Uhr.
durchzulesen.
Liebknecht: Das ist nicht immer möglich.
Es gelangt hierauf ein Artikel aus Nr. 9 des ,, Volksstaat" vom Jahre 1869 betitelt ,, Weltlage" zur Verlesung.
Präsident: Dieser Artikel ist aus Amerika ; es schließt sich dem selben jedoch eine redactionelle Bemerkung an, so daß nicht nur anzunehmen ist, Herr Liebknecht habe diesen Artikel vor seiner Aufnahme gekannt, sondern er habe sich auch mit demselben im Einverständniß befunden. Gewicht zu legen ist auf die Stelle: Die Freiheit und Einheit kann sich nur mit einander vollziehen und nur in der Entthronung aller Fürsten bestehen."
11
Liebknecht: Ich habe diesen Artikel durchgelesen und bin, als ich ihn jetzt, wo er bereits meinem Gedächtniß entschwunden war, wieder verlesen hörte, ganz erstaunt über die gute Prophezeiung des Schreibers desselben. Was nun den letzten Satz, den der Herr Präsident hervorgehoben, anbelangt, so ist zunächst hervorzuheben, daß dieser Artikel in Amerika geschrieben worden ist. Im ÜUebrigen erkläre ich mich insoweit mit diesem Passus einverstanden, als ich mir die Freiheit und Einheit Deutschlands nur in einer Republik denken
gewarnt und dagegen zu gemeinsamem Wirken aufgefordert. Die Stelle am Schluß, wo es heißt, daß der heutige Staat, die heutige Gesellschaft, das ,, alte, faule, morsche Ding", von den Arbeitern dahin gesendet werden müsse, wo es hingehöre, läßt wohl bei Beachtung früherer Aeußerungen über die Revolution von Siten des Verfassers, d: 3 Herrn Bebel , keine Mißdeutung über den Sinn zu.
"
Bebel : Ich verwahre mich mit Entschiedenheit dagegen, daß der Herr Präsident mir eine Absicht oder Ansicht imputire. Ich verweise darauf, daß der Artikel von den Geldmitteln der Partei handelt. Ich war früher Präsident der deutschen Arbeitervereine und es schien, als thäten diejenigen, welche aus dem Verbande in die Partei hinüberge treten, im Zahlen der Parteisteuern ihre Pflicht nicht. An diese wende ich mich in Folge mir zugekommener Klagen des Ausschusses. Der Ausdruck der Staat, das alte, faule morsche Ding" ist eingeschlossen in Anführungszeichen und damit schon angedeutet, daß es nicht ein eigener Ausdruck ist. Wenn ich nicht irre, ist er von Freiligrath, sogar auch von Göthe in Faust einmal in Anwendung gebracht worden. Mit dem vom Herrn Präsidenten betonten Worte: Staat und Gesellschaft von heute hinzusenden, wohin sie gehören" habe ich, der Auter, also auch der allein berechtigte Interpret des Verlesenen, sagen wollen: an Stelle der heutigen Gesellschaft wollen wir die genossenschaftliche Arbeit setzen. Meine frühere Aeußerung über die Revolution, welche Hepner: Es ist durchaus nicht richtig, daß eine Fürsten - der Herr Präsident anzog, lautete dahin: wenn legal die Einführung Entthronung nur durch eine Revolution geschehen kann. 1866 sind der Republik , etwa von einem Parlament, beschlossen wird und die bemehrere deutsche Fürsten entthront worden, ohne daß man die Entstehende Regierung widersetzt sich der Ausführung des Beschlusses, so throner des Hochverraths angeklagt hätte.( Stürmische Heiterkeit.) hat der Bürger die Pflicht, der Gewalt Gewalt entgegenzuseßen. Advokat Freytag( Leipzig ): Er müsse darauf aufmerksam machen, Präsident: Jch bemerke Dem entgegen, daß die Staatsverfassung daß es in dem Artikel heißt:„ Die Hauptstellen über Deutschland ein Abkommen zwischen Fürst und Volt ist, welches nicht einseitig auflauten:" und erst, nachdem dieselben mitgetheilt sind, knüpft gehoben werden darf. die Redaktion eine Bemerkung daran. Gerade die gravirenden Punkte sind in jener Korrespondenz enthalten.
kann.
Bebel: Wir haben uns stets als Republikaner bekannt; es kommt bloß darauf an, wie man die Fürsten entthront.
Es gelangt hierauf ein im Volksstaat enthaltener Artikel, geschrieben von Bonhorst, betitelt: Die Baseler Beschlüsse und die Agriculturarbeiter" zur Verlesung.
Präsident: Es ist aus diesem Artikel die Stelle hervorzuheben: Der Präsident erklärt: Zunächst werden Artikel aus dem ,, Volks,, Erst wenn der Bauer von seiner Scholle getrieben sein wird, wird staat" vorgelesen werden. Der Volksstaat" ist Parteiorgan. Die er in unser Lager kommen." Dies dürfte Ihnen nicht so leicht geAngeklagten haben bereits früher" ihr Verhältniß zu demselben aus- lingen. Der Bauer ist an seine Scholle gebunden und will vom einandergesezt. Liebknecht war Redakteur, Hepner sein Gehilfe und Kommunismus nichts wissen. also nicht selbständig, Bebel hatte die Expedition. Der Ausschuß übte ein Aufsichtsrecht über das Blatt. Die drei Angeklagten wurden für ihre Mühwaltung bezahlt. Herr Bebel verzichtete während des Krieges auf sein Honorar.
Advokat Freytag( Leipzig ) veranlaßt die Feststellung des Umstandes, daß Bebel nur bis zur Untersuchung thatsächlich die Expedi= tion des Volksstaat besorgte. Während der Untersuchung that es ein Stellvertreter, nach derselben gab Bebel die Expedition gänzlich ab. Auch wird konstatirt, daß Hepner seit einiger Zeit verantwortlicher
Redakteur ist.
Aus Nr. 1 vom Jahre 1869 wird zunächst ein Aufruf vom 1. Oftober 1869 an die Parteigenossen vorgelesen, welcher vom Ausschuß und der Redaktion unterzeichnet ist.
Der Präsident hebt aus dem Schriftstücke den Schluß hervor, welcher lautet: ,, Es lebe der sozial- demokratische Volksstaat, es lebe die sozial- demokratische Agitation."
Die Angeklagten haben zu dem Vorgelesenen nichts zu bemerken.
In Nr. 4 von 1869 ist eine Stelle der politischen Uebersicht für die Anklage wichtig und nach Vereinbarung mit der Vertheidigung kommt nicht die ganze politische Uebersicht, sondern nur der über Desterreich handelnde Passus zur Verlesung.
Der Präsident ist der Ansicht, aus den letzten Säßen dieses Bassus gehe hervor, daß die Arbeiter Hoffnungen auf eine Bewegung in Desterreich gesezt hätten, und
Liebknecht: Es heißt nicht: die Bauern, die noch eine Scholle haben, werden in unser Lager kommen, sondern diejenigen, denen ihre Scholle entrissen ist.
Präsident: Wer entreißt ihnen denn ihre Scholle? Liebknecht : Die Wucht der ökonomischen Verhältnisse. Präsident: Unsere Landbewohner werden immer wohlhabender. Liebknecht: Ich werde mich später ausführlich über diesen Gegenstand aussprechen. Ich will momentan dem Herrn Präsidenten bloß zu bedenken geben, daß es in Frankreich 32 Millionen Bauern giebt, die ihre Steuern nicht zu erschwingen vermögen.
Bebel: Ich halte dieses Schriftstück für entlastend. Es heißt u. A. darin: Wir, die internationale Partei, sagen nicht: ,, DerBien muß", sondern sind Willens, durch wissenschaftliche Aufklärung die Landbevölkerung auf unseren Standpunkt zu bringen. Daß die Lage der Bauern in Deutschland eine noch bedeutend schlechtere ist, als in Frankreich , ist statistisch nachgewiesen.
Präsident: Wie kommt es, daß sie trotzdem unter den Bauern feinen Anhang finden? Bebel: Dies ist sehr natürlich. Ich habe die Gründe in meiner Brochüre Unsere Ziele", die ebenfalls bei den Atten liegt, genau ausgeführt.
Hepner: Ich kann den Herrn Präsidenten versichern, daß z. B. in der Provinz Posen die Armuth in der ländlichen Bevölkerung sich stets vermehrt.
Bebel: Ich habe meine Ansicht auch über diesen Punkt schon ausgesprochen. Ich habe gesagt, nach meiner Ansicht bilde eben das Bolk den Staat, welch letzteren man sich ohne Fürst sehr wohl, ohne Volt jedoch nicht möglich denken könne. Präsident: Wir haben in Deutschland Monarchien, und die sind ohne Fürsten nicht denkbar. Bebel: Das gebe ich zu.
ist
Präsident: Wer also die Verfassung einseitig aufheben will, der ein Rebell.
Bebel: Es ist jedoch auch schon vorgekommen, daß Verfassungen einseitig von Fürsten aufgehoben worden sind.
Präsident: Damit haben wir es jetzt nicht zu thun. Liebknecht: Ich möchte nur darauf hinweisen, daß von mir als Beispiel hingestellt worden ist: das konstituirende Parlament von 1849. Die deutschen Fürsten mit Ausnahme von nur Dreien oder Vieren, unterwarfen sich jenem Parlament und die preußischen Abgeordneten, welche nach Stuttgart gegangen waren und somit sich in den Zustand als Hochverräther versezt hatten, wurden zwar angeklagt, aber freigesprochen.
Präsident: Das gehört nicht hierher.
Liebknecht: Wohl gehört es hierher. Wenn der Herr Präsident meinem Mitangeklagten Bebel imputirt, wir seien Rebellen, bereit zum Losschlagen, sobald es geht, so muß ich ihn und mich dagegen verwahren, und zu diesem Zwecke führte ich jenes historische Beispiel an.
Advocat Freytag( Plauen ): Ich sehe allerdings auch nicht ein, inwiefern all diese Auseinandersezungen aus dem vorgelesenen Artikel fließen konnten. Das Wesentlichste von dem Artikel blieb dabei unberücksichtigt, nämlich das, wovon er allein handelt. Im Eingang ist gesagt, Verfasser wolle sich mit der materiellen Unterstüßung der Partei durch regelmäßige Beiträge beschäftigen. Also es handelte sich um Geldangelegenheiten, um sonst nichts. Wenn immer wieder nur nach der Verlesung eines Beweisstückes die gravirenden Stellen vom Präsidenten hervorgehoben werden, wenn diese also allein schließlich in Betracht kommen, anstatt den Gesammteindruck des Berlesenen in Rechnung zu ziehen, so hätte die Vertheidigung Liebknecht stellt fest, daß das Datum des Artikels der 13. Oct. Advokat Freytag( Plauen ): Der Herr Präfident hat früher eigentlich kein Interesse mehr daran, auf die Verlesung 1869 ist. ausgesprochen, daß die soziale Frage mit der gegenwärtigen An- gewisser Beweismittel noch fernerhin anzutragen. Aus Nr. 5 von 1869 gelangt zur Verlesung der Aufsatz von flage nichts zu schaffen habe, weshalb auch jede weitere Diskussion Von der Geschworenenbank wird hierauf der Vertheidigung Greulich in Zürich : ,, die Heulmeierei gegen den Baseler Kongreß", über dieselbe fern bleiben solle. Es scheint mir aber nach dem so bedeutet, sie möge überzeugt sein, daß die Geschworenen Bildung woraus durch den Präsidenten eine Stelle am Schluß hervorgehoben eben Vorgekommenen, als sei der Herr Präsident nun anderer Meinung genug besäßen, um auch in seiner Totalität das Vorgelesene immer wird, worin von dem ,, dumpfen Massenschritt" die Rede ist, mit welchem geworden. Ich ersuche den Herrn Präsidenten hierüber um einen noch im Auge behalten zu können. die Arbeiter ,, gegen die Zwingburgen der Tyrannei" vorrücken befinitiven Bescheid, da sich im letzteren Falle die Vertheidigung anders einrichten müßte. Liebknecht: Der Ausdruck ,, dumpfer Massenschritt" ist aus Präsident: Ich habe niemals Veranlassung genommen, auf Lassalle's Schriften, wo er öfter vorkommt. Im Allgemeinen habe die soziale Frage einzugehen. Ich bin jedoch genöthigt, jeden verlesenen ich zu bemerken, daß ich mich als Redakteur zur Ausübung einer Artikel zu motiviren. Cenjur, die ja auch schon staatlich abgeschafft ist, nicht für berechtigt Es wird hierauf ein Artikel des ,, Volksstaat" über das Mißhielt. Zusendungen von Parteigenossen mußte zudem das Partei- lingen der spanischen Republik verlesen. Organ aufnehmen. Sollte ich über Preßfreiheit andere Anschauungen haben, als man erwartet, so möge man bedenken, daß ich 15 Jahre in der Schweiz und in England lebte, also in Ländern, wo die freie Meinungsäußerung in feiner Weise gehemmt wird.
würden.
Dort bildete sich mir die Ansicht und heut noch habe ich sie daß eben die freie Meinungsäußerung wie ein frischer Luftstrom das Leben der Staaten kräftigt. Um nur von England zu sprechen, welches ja ebenfalls Monarchie ist, so steht es unter allen Monarchien am festesten da. Es gibt dort keinen Konflikt zwischen Staat und Individuen und 1848 z. B. widerstand England allein dem WeltSturme.
Präsident: Aus diesem Artikel erhellt, daß die sozialdemokratische Arbeiterpartei sich nicht mit Erreichung einer Republik begnügen will, sondern eine sozialdemokratische Republik erstrebt.
Liebknecht bekennt sich als Verfasser und hat sonst in Betreff dieses Artikels nichts zu erwähnen.
Ferner gelangt ein Artikel aus No. 13 des Volfsstaat" betitelt: Politische Uebersicht, zur Verlesung. Derselbe bezieht sich in seinem ersten Theil auf die Erschießung Robert Blum's .
Präsident: Ich habe auch schon früher auf die Intelligenz der Herren Geschworenen hingewiesen. Was mich anbelangt, so gebe ich ja nichts als ein Resumé, damit die Angeklagten Gelegenheit zu einer Entgegnung haben mögen.
Advokat Freytag( Plauen ): Wenn spaltenlange Artikel verlesen und hinterdrein einzelne Stellen herausgerissen werden, so kann selbst der höchstbegabte Mensch nur sehr schwer den ganzen Zusammenhang festhalten.
Bebel bemerkt noch: Jener Artikel ist von mir im Gefängniß geschrieben worden und, nachdem die Gefängnißbehörde ihn gelesen hatte, ist er erst zum Druck passirt. Warum wurde er damals nicht beanstandet? Präsident: Diesen Einwand brachten Sie schon oft. Bebel : Gerade diesen Einwand sogar noch gar nicht bisher. Liebknecht: Es ist noch kein im Gefängniß verfaßter Artikel verlesen worden.
Präsident: Insofern haben Sie Recht; aber ich meinte den Einwand, daß die inkriminirten Artikel nicht schon vor diesem Prozeß in Strafe genommen worden sind.
Präsident: Aus dem verlesnen Artikel geht hervor, daß die Partei in ihren Forderungen weiter geht, als man zur Zeit Robert Blum's gegangen. Er spricht ferner vom Kampfe" und daß man für die zu erstrebenden Forderungen auch zu sterben bereit sein müsse. Liebknecht: Es ist sehr natürlich, daß wir heut weitergehende Es folgt die Verlesung eines von Geib, Vorsitzenden der KonForderungen stellen, als 1848. Wir fämpften 1848 und 1849 für trolkommission in Hamburg , unterschriebenen Artikels im ,, Volksdie Freiheit und Einheit Deutschlands ; auch jetzt kämpfen staat" Nr. 2 von 1870 über die Proposition einer Verbindung zwischen wir für die Freiheit und jeder ehrliche Mann, gleichviel, zu welchen der Partei und der Friedens- und Freiheitsliga. Jdeen er sich auch bekennt, muß bereit sein, für dieselbe zu sterben. Präsident: Sie würden sich also nicht scheuen, in einen Kampf
Dies die Anschauungsweise, von welcher ich geleitet wurde. Eine Verantwortlichkeit für jeglichen Artikel des Volksstaat lehne ich ab, die juristische Verantwortlichkeit habe ich ja getragen und durch die Zahi seiner Prozesse steht der Volksstaat einzig da. Es konnte meine Absicht nimmer sein, mir den Kopf an der Wand der Geseze zu zerschellen, ich hatte im Gegentheil die Absicht der vollsten Gefeßmäßigkeit. Bis an die äußerste Linie des Erlaubten wollte und will ich gehen. Man hat mich jahrelang bis an eine Linie gehen lassen, welche einzutreten? ich für die Grenze des Erlaubten hielt. Nun erfahre ich plötzlich, daß Liebknecht: Ich habe im Jahre 1849 für die Verfassung, die nicht etwa jenseits dieser Linie das Vergehen oder selbst ein Ver- die deutschen Fürsten umzustürzen beabsichtigten, gekämpft und würde brechen, sondern daß schon weit diesseits derselben ,, Vorbereitung zum heut, wenn ähnlich, wie zur Zeit des Frankfurter Parlaments, irgend Hochverrath" liegen soll. Wissend, daß mein Thun Vorbereitung zum ein Fürst oder Fürsten die rechtmäßige Verfassung umstürzen wollten, Hochverrath involviren könne, hat man mich jahrelang ungewarnt ohne Säumen die Flinte von der Wand nehmen und mich in dieses Gebiet betreten lassen. Was den leztverlesenen Artikel selbst den Kampf begeben.( Lautes Bravo im Publikum. Bewegung.) anbelangt, so hielt ich ihn seiner Zeit für werthvoll, weil er das Präsident: Ich verbiete jede Beifalls- und Mißfallsbezeigung Odium der Baseler Beschlüsse gegen das Grundeigenthum minderte. und werde, wenn sich derartige Kundgebungen nochmals wiederholen, Der Ausdruck, dumpfer Massenschritt" ist, ich wiederhole es, eine den Zuschauerraum sofort räumen lassen. Lassalle 'sche Phrase.
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Liebknecht: Es ist auch uns dies insofern unangenehm, als es uns Präsident: Ich bleibe dabei, daß Sie dann doch vor dem an unserer freien Meinungsäußerung hindert. Gesez jeden einzelnen Artikel zu verantworten haben. Wohl sind Präsident: Diese Bemerkung war überflüssig. Die Ausübung die einzelnen Artikel früher unbeanstandet geblieben; aber ihre Vor- der Polizei in diesem Saale gehört einzig und allein mir zu. führung war nothwendig, um Beweismaterial für die Anklage auf Die Angeklagten Bebel und Hepner schließen sich den AusfühVorbereitung zum Hochverrath zu sammeln. Die einzelnen Artikel| rungen Liebknechts an. mögen nichts beweisen der Gesammteindruck derselben ist bedeutsam. Liebknecht: Ich komme auf meinen gestrigen Ausspruch von der Quantität und Qualität zurück. Die wunderbaren Konsequenzen dieser wunderbaren Anschauung, wonach 10 Lügen einen Diebstahl, 10 Diebstähle einen Mord ausmachen könnten, werde ich später entwickeln. Ich halte dafür, daß die Möglichkeit dieses juristischen Wunders vor der Kritik nicht zu bestehen vermag.
Bebel: Ich muß bemerken, daß der Artikel in der Schweiz geschrieben ist und daß, der Verfasser desselben, ein alter Bürger der
Präsident( wiederum eine Stelle betonend): Ich verstehe den Aufsatz dahin: ,, Die staatliche Umwälzung genügt nicht, derselben muß sofort die Vertilgung der Bourgeoisie folgen."
Liebknecht: In diesem Artikel ist weiter nichts geschehen, als daß gegenüber der Friedens- und Freiheitsliga der sozialistische Standpunkt unserer Partei betont wird.
Nach der Mittagspause wird aus derselben Nummer ein Artikel: ,, Rüdt's Agitationsreise", datirt vom 16. Dez. 1869 und unterschrieben von Rüdt, verlesen.
Auf den lezteren Umstand weist auch Bebel hin. Hepner: Ich bemerke, daß Rüdt in einem schon vorgelesenen Briefe von Liebknecht geradezu desavouirt worden ist.
Advokat Freytag( Leipzig ); Ein Brief, welcher in demselben Sinne sich ausspricht, wird auch im Entlastungsmaterial vorkommen. Man verliest ferner einen Artikel aus Nr. 3 von 1870, enthaltend einen Bericht über eine Ansprache von Scheu an die Grazer Arbeiter. Die Ansprache schließt mit einem Gedicht von vier Strophen.
Staatsanwalt Hoffmann: Der ganze Artikel ist bedeutsam und Es gelangt hierauf ein weiterer Artikel aus dem ,, Volksstaat," überschrieben: Die Baseler Congreß- Beschlüsse und die deut- einzelne Stellen ebenfalls, z. B. die, wo von dem ,, dröhnenden Massenschen Agriculturarbeiter, zur Verlesung. schritt" die Rede ist, mit welchem die Arbeiter ,, aus der Coulisse herPräsident: In diesem Artikel wird der krasseste Communismus vortreten". Es ist weiter die Rede von dem Erkennen günstiger Geverlangt. legenheiten, welche man dann erfassen müsse, auch von dem Schmieden Liebknecht: Ich muß bemerken, daß die sozial- demokratische des Eisens, solange es warm ist. Partei nicht die Aufhebung des Eigenthums verlangt, sondern im Präsident: Der Artikel richtet sich gegen die Bourgeoisie. Was Gegentheil dasselbe wahren will. Das in diesem Artikel vorkommende mit der rothen Fahne, der rothen Republik und diesen ähnlichen Wort Bauernfrieg" habe ich als ,, Bauernbewegung" aufgefaßt, da Wörtern gemeint wird, das ist ja Jedermann Klar, dessen Stimme doch die Bauernkriege des Mittelalters einen ganz conservativen Cha- hier im Saale von Werth ist.