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● 號 28
Escheint wöchentlich 2 mal in Leipzig .
Bestellungen nehmen alle Bostanstalten und Buchhandlungen des In- und Aus
landes an.
Sonnabend, 6. April.
Der Volksstaat
1872
Erscheint wöchentlich 2 mal in Leipzig .
Abonnementspreis: Für Preußen incl. Steripel fteuer 16 Ngr., für die übrigen deutschen Staaten 12 gr. per Quartal.
Filialerpebition für die Ber einigten Staaten:
Organ der sozial- demokratischen Arbeiterpartei und der Internationalen Gewerksgenossenschaften.
An
daß die Angeklagten 1) einen bestimmten Entschluß ge= faßt haben, einen gewaltsamen Angriff vorzunehmen, und 2) auch den bestimmten Entschluß gefaßt haben, einen gewaltsamen Angriff in einer bestimmten Weise auszuführen,
Urtheilskraft eingebüßt, und nicht einzusehen vermögen, daß der kraten ihre Prinzipien nicht sowohl verwirklichen wollen, als Leipziger Prozeß eigentlich nichts weiter ist als eine neue Blüthe verwirklichen zu tönnen meinen, noch so unsinnig, gefährlich, die Leser des„ Volksstaat“ der Aera des Bismarckischen Rechtsstaates. Eine der ersten ja verwerflich erscheinen, und die Bekenntnisse der Angeklagten richten wir, anläßlich des bevorstehenden Quartal- Thaten dieses Ministers war es, sich und seiner Politik die noch so sehr zurückstoßen, so ist es uns doch in Ermangelung wechsels, die Bitte, das Abonnement gef. bald zu Justiz dienstbar zu machen, sie seinem Regentschaftsapparate ein- des Nachweiſes, erneuern, damit in der Zusendung des Blattes feine zuverleiben. Die zahllosen Preßprozesse und Verurtheilungen, Berzögerung eintrete. In Folge der sehr bedeutend womit das erste Erscheinen Bismarck's auf der politischen Bühne gestiegenen Papierpreise wird der Preis des Bolts- begleitet war, sind die sprechendsten Beweise für den Erfolg staat vom 1. April an von 12 Ngr. auf 12 Ngr. feiner Politik. Jetzt haben die Preßprozesse sich zwar verminerhöht. Das Abonnement für Leipzig und Umgegend dert, doch ist das kein Zeichen von einem Ermannen, einem fostet von da an vierteljährlich 13 Ngr., monatlich Aufschwunge unserer Rechtspflege, sondern nur eine Folge des unmöglich, uns in das Verdikt der sächsischen GeUmwandlungsprozesses, der sich innerhalb der politischen Parteien schworenen zu finden, während wir uns im ganzen Vers 4% Ngr. Seit 1. April nehmen die Postanstalten auch vollzogen hat. Gegen Ultramontane, Polen , Welfen und vor laufe der Verhandlungen des Eindrucks nicht erwehren konnten, allen Dingen gegen die unversöhnlichen Demokraten gehorcht als ob der vorsitzende Richter durch die Pflicht, die Angeklagten Monats Abonements entgegen. die Justiz nach wie vor dem leisesten Winke, der ihr von oben selbst zu vernehmen, slatt diese Funktion dem Anfläger zu übergegeben wird. Die Versuchs- Stationen für gefügige Juristen, lassen, aus seiner neutralen in eine Stellung gedrängt wurde, Parteigenossen! Am 1. April hat ein neues Abonnement auf den ,, Bolts- welche eine gute Karriere höher als ihre Ehre schätzen, leben welche in den Angeklagten unwillkührlich die Empfindung, er ftaat" begonnen. Obgleich wir mit den bisherigen Resulta- noch im frischen Gedächtniß. Ein Staatsanwalt, welcher bei sei von vorn herein gegen sie gestimmt, erzeugen mußte. ,, Das Gericht hat Bevel und Liebknecht zu 2 Jahren ten zufrieden sein können, so muß doch mehr für das Partei- Konsiskation einer demokratischen Zeitung das Menschenmögliche
amten,
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Die Redaktion des Voltsstaat". "
prozeß. ( Fortsetzung.)
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-OW
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organ geschehen. Wir fordern Euch daher auf, träftigft für leistete, indem er täglich mit Ausnahme des Sonntags konfis- Festungsstrafe verurtheilt und die Vertheidigung die Nichtig= dasselbe einzutreten und für seine weiteste Verbreitung Sorge zirte, an dem keine Zeitung erschien, war so offenherzig, einzu- feitsbeschwerde angemeldet; aber es giebt noch ein anderes zu tragen. In keiner Fabrit, in keiner Werkstatt, wo Sozial- gestehen, daß er den Auftrag erhalten hätte, das Blatt zu ver- Tribunal als das sächsische Obergericht, die öffentliche Demokraten arbeiten, in feiner Hütte, wo Sozial- Demokraten nichten, und daß er es auch recht gerne thue, weil er dadurch Meinung, deren Verurtheilung einer gerichtlichen schneller vorwärts tomme. Dem Manne wurde geholfen, Freisprechung gleich kommt." wohnen, darf Euer Parteiorgan fehlen. Die Bourgeoisie be Und demselben Blatte schreibt man unterm 27. März tämpft uns durch ihre Presse, die Regierungen durch ihre Be- das Blatt ging ein, und er wurde Nath an irgend einem Appelzeigen wir, daß alle Verfolgungen, weit entfernt, lationsgerichte im lieben Deutschland . Herr Mücke und Kon- aus Berlin : -*).- ,, Durch die Verurtheilung Bebels und Liebknechts in uns mürbe zu machen, nur unsern Muth und unsern Eifer für sorten gehören zu --, welche das Kant 'sche Wort: ,, Wche dem, der eine andere Leipzig ist nicht gerade ein großer Triumph gefeiert worden. die gerechte Sache der Arbeiterklasse erhöhen. Das Barteiorgan Bolitit anerkennt, als diejenige, welche die Rechtsgesetze heilig Jener Polizeiparagraph im Strafgesetzbuch, welcher beim Hochist die Waffe, womit Ihr falschen, Wahn zerstört, Vorurtheile beseitigt, Angriffe und Berläumdungen zurückweist und am wirk hält als einen überwundenen Standpunkt betrachten. Wir verrath schon je de vorbereitende Handlung mit Strafe bedroht, samsten für die Verbreitung der sozial- demokratischen Prinzi- wollen das Leipziger Schwurgericht nicht in Schutz nehmen, es läßt sich aus dem Etrafrecht überhaupt nicht, höchstens etwa gezeigt als das Schwurgericht von aus dem Prinzip der Gefährlichkeit begründen. Gefährlicher pien tämpft. Thue also Jeder, was er fann, zu dessen Unter- hat sich eben so Königshütte. Hier läßt sich wenigstens noch ein Entschuldigungs: aber sind die Herren Bebel und Liebknecht für die deutsche stützung! grund ermitteln, das Interesse des bedrohten Standes hat die Reichsverfassung und insbesondere für die sächsische Verfassung An unsere Parteigenossen und Leser! Entscheidung beeinflußt. Ungleich und nach allen von der Polizei gemachten Enthüllungen nicht geDie wiederholt vorgekommenen Fälle, daß die Einsender erscheint uns der Gerichtshof, besonders aber der Präfident rade erfienen. Im Gegentheil glauben wir bemerkt zu haben, von Berichten die Wahrheit der von ihnen behaupteten Dinge desselben, dessen parteiische Leitung der Verhandlungen nur der daß das Publikum sich durch die Verhandlungen sehr enttäuscht schließlich nicht gerichtlich nachweisen konnten, nöthigen uns zu gefunden hat, und die Zeitungsredaktionen sehnlichst das Ende dem Entschlusse, künftighin nur solche Behauptungen bezüglich zuzuschreiben ist, der Reichsregierung sich nüßlich zu erweisen. der breitspurigen Verhandlungen herbeiwünschten*), welchen man Dritter in den ,, Boltsstaat" aufzunehmen, welche durch die Ziehen wir also aus dem Leipziger Prozesse die Moral. anfänglich einen ungebührlich großen Raum in der Presse einUnterschrift eines Zeugen, der nöthigenfalls vor Gericht auf- Das Schwurgericht, welches das unerhörte Urtheil fällte, ist zu geräumt hatte. Eine Freisprechung würde der sozialdemokrazutreten sich bereit erflärt, unterstützt sind. tadeln, viel verdammenswerther aber ist die Entwürdigung un- tischen Partei gefährlicher gewesen sein, als diese Verurtheilung. serer Justiz zum dynastischen- dienste!"- Gewaltsame Unterdrückung kann die Partei nur aus der DeffentDie entschieden sozialistenfeindliche ,, Breslauer Mor- lichkeit in das Dunkel geheimer Verschwörung treiben. DaUrtheile der Bresse über den Leipziger Hochverraths- genzeitung" schreibt unterm 29. März, nachdem sie den Wahr - durch gewinnt aber die Partei für Manchen an Anziehungsspruch der Geschwornen mitgetheilt, wie folgt: fraft, während sie zugleich für die öffentliche Kritit schwerer Das überaus zahlreich versammelte Publikum, fügt der erreichbar wird. Fehlt Bebel im Reichstage, so erspart dies Das Organ des Preußischen Konprinzen, die ,, altliberale" und ,, neutonservative" ,, Spener'sche Zeitung" findet den Leipziger Bericht hinzu, hörte den Wahrspruch mit lautloser Stille an"; zwar unbequeme( fo!) Scenen, erschwert aber andererseits auch Hochverrathsprozeßfsehr unpassend", und ,, vom Standpunkt des wir glauben hinzufügen zu dürfen, daß das nicht im Leipziger dem Reichstage die Beleuchtung(?) der sozial- demokratischen Staatswohls selbst gefährlich"; sie schließt ihren Artikel mit Gerichtssaale anwesende ,, Publikum", die große Mehrheit des Ut opieen". Das nationalliberale ,, Norddeutsche Wochenblatt" den Worten: ,, Wir bedauern, daß die Staatsanwaltschaft durch denkenden und objektiv urtheilenden deutschen Volkes, den ihr Vorgehen den Angeklagten eine persönliche Bedeutung bei- Wahrspruch, nicht aus sentimentaler Theilnahme für die An- schrieb im Verlauf des Prozesses: ,, Der ganze Prozeß macht, wie wir konstatiren müssen, bei geflagten, sondern um der Sache willen, mit Bedauern vereinem großen Theile des unparteiischen Publikums einen der nommen haben wird. ,, Die juristischen Gegner der Schwurgerichte, zu denen Anklage ungünstigen Eindruck. Von dem Standsich, bei dieser Gelegenheit unnöthiger(?) und unziemlicher Weise(?), punkte der Anklage aus kann man schließlich jeden der Vertheidiger Bebels, Herr Freytag jun., selbst rechnete, liberalen Schriftsteller wegen Hochverraths be= Die( heftig antifozialistische) Wiener ,, Tagespresse" schreibt werden triumphirend auf den Contrast der von dem Oberge- langen, wenn man die von ihm in einem mehrricht zu Wolfenbüttel erlassenen Freisprechung der Braun jährigen Zeitraume geschriebenen und in verschiede Jmmer peinlicher wird das Aufsehen, welches der schweiger Sozialdemokraten und dieser von Geschwornen aus- nen Zeitschriften zerstreuten Artikel sammelt und ge= Und ebenso verhält es sich auch mit den Leipziger Prozeß und dessen Verlauf bei allen Organen hervor- gesprochenen Verurtheilung als Beitrag für die Beweisführung schickt gruppirt. Derartige Prozesse nennt ruft, die nicht in Stieber den Retter der Ordnung verehren hinzeigen, daß auch in politischen Prozessen die Berufsrichter Citaten aus den Agitationsreden. und überhaupt eine Kritik über die neue Polizeiwirthschaft, die meist objektiver erkennen, als, sei es sympathischen oder anti- man dann Tendenzprozesse. Die Haltung des Präsidenten in Deutschland sich stets tiefer einfrißt, zu fällen wagen. Die pathischen Eindrücken zugänglichere, Geschworene, wogegen die des Gerichtshofes, des Bezirksdirektors Mücke, macht auf uns Frankf. 8tg." stellt den Leipziger Hochverrathsprozeß auf Sozialdemokraten den Grund zu diesem Schuldig weder in dem einen sehr ungünstigen Eindruck. Er erscheint uns vielgleiche Linie mit dem berüchtigten Kölner Communistenprozeß von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Thatbestande noch in mehr als Gehilfe der Staatsanwaltschaft, denn als ein über und sonstigen Produkten polizeilichen Hypereifers. Sie schreibt: der gewonnenen Ueberzeugung, sondern in dem Bourgeois- den Parteien stehender Leiter der Verhandlungen, welcher ebenso das für die Angeklagten Günstige, wie ungünstige ins Licht ( Folgt der bereits in voriger Nr. abgedruckte Artikel der charakter der Geschwornen aufsuchen werden. Fr. 8t.) ,, Auch wir, die weder zu den Freunden noch zu den Lieb- stellt. Wir geben zu, daß diese strenge Unparteilichkeit auszu,, Dies Urtheil stimmt wohl nicht mit den Stimmen jener lingen der Sozialdemokraten gehören, haben, soweit uns die üben sehr schwer ist. Aber die englischen Richter verstehen Organe überein, welche in der Einterferung der beiden Sozia- verschiedenen Zeitungsberichte einen Einblick in die Anklage, die die Kunst. Bei ihnen ist der Angeklagte deshalb, weil er listen eine erlösende That" preisen, aber dafür ist es richtiger Gerichtsverhandlungen, die Vertheidigung und das Resumé auf der Anklagebank sitt, noch kein Schuldiger, sondern eben und mit den Lehren der Geschichte vereinbarer. Es ist heller des vorsitzenden Richters gestatten, aus eigenem Antriebe gleich nur ein unter einer bestimmten Anklage Stehender. Wir haben Wahnwitz, Tendenzen durch Feftungshaft ausrotten den Geschworenen über Bebel, Hepner und Liebknecht zu Ge- in Deutschland auch solche Richter gehabt. Der alte Tabbel, zu wollen. Dies beweist am besten England, wo die re- richt gesessen, sind aber trotz der sorgfältigsten Sichtung des der Vorsitzende des Gerichtshofes in dem berüchtigten Denunciapublikanische Bewegung nur deshalb ungefährlich verläuft, weil Materials nur zu einer verurtheilenden Kritit, nicht zu einem, tionsprozeß gegen Walded, war ein solcher Richter. Herr man Dilte und Doger frei umhergehen läßt." eine gerichtliche Berurtheilung herbeiführenden Verdikt gelangt. von Mücke, der Leipziger Schwurgerichtspräsident, disputirt viel Die Berliner Demokratische Zeitung" schreibt in ihrer ,, Auch wir haben, wie der Gerichtspräsident den Geschwo- zu viel mit den Angeklagten. Er spricht z. B. Urtheile, Nummer vom 31. März: renenen rieth ,,, die Zusammenwirkung derjenigen Thatsachen, Meinungen aus über die Haltung des Bauernstandes gegen Der Leipziger Prozeß hat unsere vielgerühmte deutsche welche in der Urtheilssigung vorgeführt wurden, in ihrem über der socialistischen Agitation, über den gesunden Sinn des Justiz in einem feineswegs glänzendem Lichte erscheinen lassen. inneren Zusammenhange auf uns wirken lassen", würden uns Volkes, die vielleicht am Platze sind im Plaidoyer des StaatsMan spricht, zumal wenn man sich der errungenen Großmachts- aber selbst dann, wenn wir die Ueberzeugung gewonnen hätten, anwaltes, aber nicht in den die Verhandlungen leitenden stellung erinnert, nicht ohne eine gewisse Beschämung von der„ daß diese Thatsachen zu dem Zwecke geschehen seien, die Aeußerungen des Präsidenten. Wir sind gegen alle TendenzAngelegenheit, deren Charakter als ein ganz plump eingefädel- deutsche Staatsverfassung zu beseitigen", wohl gehütet haben, prozesse, mögen sie gegen irgend welche Partei gerichtet sein. ter Tendenzprozeß sich nun einmal nicht hinwegleugnen läßt. blos auf Grund ihres in nern Zusammenhanges" ein ,, Schul- und wir hielten uns um so mehr zu diesen Aeußerungen verPlump eingefädelt, das Belastungsmaterial gewissermaßen an dig" aussprechen, welches einen andern Richter, als den die pflichtet, als wir Gegner der sozialistischen Theorien und der intera den Haaren herbeigezogen und doch eine Verurtheilung das Wissenschaft und der gesunde Menschenverstand bestellen, zur nationalen Richtung sind und diese Richtung zu einer Zeit bekämpft ist allerdings start, meinen unsere Philister aber das liegt Fällung des Urtheils aufriefe, haben, da eine gewisse Partei in Sachsen mit ihnen kokettirte, eine
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gelegt hat, aus welcher die im Absterben(!) begriffene sozialistische Bewegung nur neue Nahrung schöpfen wird." Letzteres ist ebenso richtig, als die vorhergehende Behaup= tung falsch, daß die sozialistische Bewegung im Absterben begriffen gewesen sei.
unterm 29. März:
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am Schwurgericht, bei uns in Preußen wäre ,, so Etwas gar Mögen uns die Mittel, mit welchen die Sozialdemo- Bartei, die in den Kreisen der höchsten Aristokratie und Büreau fratie viele Anhänger hatte. Schließlich müssen wir es ents nicht möglich." Wer sich im Siegesnebel einen flaren Blick bewahrt hat, wird über diese Splitterrichter den Kopf schütteln. Vorrath unserer Prozesse zu vermehren wir hoffen, der Herr wird *) Wir haben keine Luft, um des Ritters von Mücke willen den schieden mißbilligen, wenn in den von Dr. Blum redigirten Sie sehen den Wald vor Bäumen nicht und haben sich bereits so gütig sein, die von ihm bestelle Demokratische Zeitung" auch so vollständig in die neue Zeit hineingelebt, daß sie die gesunde wirklich zu lesen. Er wird sich wahrhaft ergößen".
R. d. V.
*) Das glauben wir gern.
( Forts. auf Seite 4.)