%o.(U Sonnabend, 10. Augnst. 1872 Erscheint wöchentlich 2 mal in Leipzig . Bestellungen nehmen all« Postanstalten und Buchhand- lungen des In- und Aus- laudes an. Fiir Leipzig nehmen Bestellungen an: die Erpedition, Hohe Str. 4. B. Bebel, Peterkstr. 18, F. Thiele. Emilienstr. 2. «bonNnnentspreis: Für Preußen incl. Stempel- neuer 17 Sgr., für die übrigen deutschen Staaten 12'/» Rar per Quartal, per Monat 4'/, Ngr., für Leipzig und Um- gegend per Quartal 13 Ngr. ißUtalerpeditton für die««». emigteu Staaten: JL Sorge, Box 101 Hobolren N.J. vi» Newyork Organ der sozial-demokratischen Arbeiterpartei und der Internationalen Gewerksgenossenschasten. Abonnements ans den„Voltsstaat" für die Monate Angust und September, � Sgr. pr. Monat, werden bei allen Postanstaltea, für Leipzig bei der Expedition Hohestratze 4, wie Petersstrage Nr. 18, und bei Kolporteur Müller, für die Um- gegend Leipzigs bei den Filialexpeditionen in Boll- marsdorf, Plagwitz «. entgegengenommen. Tie Expedition des„Volksstaat". Anträge zum Congrefz. Die Hamburger Parteimitglieder beantragen ferner: 1) Dem Z 6 der Organisation folgenden Zusatz zu geben: „Auch hat der Ausschuß, unter Zustimmung der Kon- trolkommissicn, das Recht, den ordentlichen Kongreß an einen andern, als den laut Z 5 bestimmten Ort zu berufen." 2) Den Z 18 der Organisation zu ändern wie folgt: „Zur Uebcrwachung der geschäftlichen Leitung des Parteiorgans haben die Mitglieder desjenigen Ortes, an welchem das Parteiorgan erscheint, alljährlich(und zwar innerhalb drei Wochen nach stattgehabtem Par- teikongreß) drei Revisoren zu wählen. Diese Revi- soren haben nach Anweisung des Parteiausschusses mindestens ein Mal monatlich das Kastenwesen des Blattes zu revidiren, jederzeit auf Verlangen dem Parteiausschuß, beziehentlich der Kontrolkommission, sowie einen, jeden Parteikongreß Bericht zu erstatten und Rechenschaft abzulegen." 3) Der Konz reß möge beschließen: „In jeder Stadt, wo mehr als 100„Volksstaat" gelesen werden, sind die Parteigenossen verpflichtet, monatlich einen Bericht an den„Volksstaat" zurVer- öffcntlichung einzusenden. Der Bericht muß das so- zial-politische Leben der Stadt im Allgemeinen be- leuchitn und möglichst interessant für alle Parteige- nossen gehalten sein. Es bleibt den Parteigenossen anheimgegeben, diesen Bericht von einer Kommission oder einem einzelnen Mitgliede ausarbeiten zu lassen." Politische Ueberstcht. Wie die Militärfrage gelöst wird.„Au» dem Kreise Thorn werden dieses Jahr über 600 junge Leute steck- brieflich verfolgt, die sich der Militärpflicht entzogen haben." (Tilsiter„Bürger- und Bauernfreund"). (Im ersten Halbjahr 1872 sind über Bremen allein 40,000 Menschen ausgewandert und in derselben Zeit in Rew-Uork speziell 67,051 Deutsche gelandet, d. h.— wie eine Privatmittheilung der„Volkszeitung" vom 11. Juli be- sagt— 34,105 mehr als im ersten Halbjahr 1871.)— Die Centrifugalkraft in dem„Neuen Reich "— Bismarck's und Stieber's scheint augenblicklich sich hinter den Coulissen mit besonderer Heftigkeit zu manifestiren. Es ist dies aus dem Umstand zu schließen, daß vom preußischen Preß- bureau beeinflußte Blätter seit einiger Zeit gegen drei der „verbündeten" Regierungen mehr oder weniger vergiftete Pfeile absckinellen: 1) gegen Bayern , dessen romantischer König so unhöflich war, den preußischen Kronprinz nicht zu empfangen und dein„Heldenkaiser" selber nur den General von der Tann mit einem Diener entgegenzuschicken; 2) gegen Sachsen , dessen Hof als ein Jesuitenncst hingestellt wird(vermuthlich weil der König bei seinenr letzten Besuch in Leipzig akademische Hörsäle unterhaltender fand als Kasernen(was allerdings eine schwere Versündigung am„militärischen Geist") und 3) gegen Hessen , dessen Großherzog eines Liebesverhältnisses halber höchst unchr- erbietig angegriffen wird, obgleich wir sehr hochgestellte Per- sonen kennen, die auch Kebsweiber haben und nicht einmal daran denken, dieselben auch nur morganatisch zu heirathen, weil sie bereits standesgemäß vcrheirathet sind. Rechnen wir zu diesen in der Luft herumwirbclnden Strohhälmchen die ängstliche Servilität, mit der die preußische Regierungspresse den erwarteten Besuch des Besiegten von Sadowa bespricht, die fast spartanische Gleichgültigkeit, mit der sie die forlgesetzten Tatzenschläge des russischen Eisbären hinnimmt, den übelver- hehlten Aerger über den kolossalen Erfolg des französischen An- Ichens,— und wir können uns ungefähr vorstellen, warum wir in so ausfallender Weise mit byzantinischen Berichten über des„Genialen" silberne Hochzeit verschont worden sind. Zwar die„weiße Dame" wird sich in Varzin nicht gezeigt haben,— die Lucca ist ja nach Amerika abgereist— aber allerhand Gespenster mögen doch dort umgehen, die nicht gerade heiterer Natur sind. In diesem Blatte ist schon zu wiederholten Malen der Widerspruch nachgewiesen worden, der sich mitunter zwischen dem Walten Ahriman's und Ormuzd's in der„Volkszeitung" findet, von denen der Eine nie liest, was der Andere schreibt. Ein herrliches Beispiel solcher Redigirerei liefert wieder die Nummer vom 6. August, worin die„Volkszeitung", die sich bekanntlich so gern zur Fürsprecherin der freireligiösen Be- wegung und sogar des Atheismus aufwirft und seinerzeit mehr als ein Mal vor der Verhimmlung des Altkatholizismus und Anti-UnsehlbarkeitsschwindelS gewarnt hat, anläßlich oes Münch ncr Universttätsjubiläums Dö llingerei treibt. Mit Emphase spricht sie da, daß„an der Spitz« der Universität gegenwärtig der bedeutendste Lehrer deS Kirchenrechts steht"(als ob nicht selbst die„bedeutendsten" Lehrer des Kirchenrechts für eine Pflanzstätte der Wissenschaft ein höchst überflüssiges Meuble- ment wären!),„der es gewagt hat(welch furchtbares„Wag stück"!), den Kampf mit Rom auszunehmen.... Ist Stifts� probst Dr. v. Döllinger auch kein Martin Luther , so ist doch die Auflehnung der Geister(!I), die von München ihren Ausgang genommen hat, immerhin als ein geistiger Wende- punkt in der Geschichte der Aufklärung der Mensch- heit anzusehen".— Die„Geschichte der Ausklärung der Menschheit" wird des„Pfaffen Dollingerius" höchstens in der Gegend des Notensternchens derCuriosität halber gedenken; sie wird ober, wenn sie dies thut, damit der Nachwelt zeigen, wie stupide die„Geister" des Zeitalters waren, in welchem eine so lächerliche Personnage wie Döllinger den„großen Mann" spielen konnte, ohne daß eine merkliche„Auflehnung" dagegen versucht wurde. Die„Geschichte der Ausklärung der Mensch- heit" wird auch, wenn sie den Kulturstandpunkt des deutschen Professorenthums im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts schildern will, bloß an das Hestkanon zu erinnern brauchen. welches beim Festinahl der Münchener Universitätsfeier gesun- gen wurde: „Gott erhalte unsern Rektor Trotz dem großen Kirchenbann; Fünfzig Jahre forschend, lehrend, «ing der Jugend er vara«. Bis— ein Moltke, bis— ein Blücher, Weltruhm er als Greis gewann: Gott erhalte unsern Reltor Trotz dem großen Kirchenbann!" Döllinger eine„Leuchte der Jugend"!— In dem Sinne wie Bismarck der„wahre Geistesvorkämpfer" ist!— In der obgUmchten Döllingernummer der„Volkszeitung" findet sich übrigens auch das Zugeständniß, daß das Kapital kein Vaterland kennt. Sie sagt nämlich: „Wenn von mancher Seit« und namentlich in französischen Blät- tern ein Triumphlied darüber angestimmt wird, daß auch daS deutsche Kapital bei der französischen Anleiheoperation in hervorragender Weise sich betheiligt hat, so wird die Bedeutung dieses UmstandeS durch die Betrachtung abgeschwächt, daß in Deutschland vorzugsweisc die nie- mals patriotische, sondern stets kosmopolitische Spekulation, nicht das solide Kapital, an den Zeichnungen Theil genommen hat". Fehlgeschossen! Nicht„abgeschwächt" wird„die Bedeutung dieses Umstandes durch die Betrachtung" der„Volksztg.", son- dern erhöht; denn wenn man vom„Kapital" überhaupt spricht, so meint man darunter nicht die paar Spargroschen des Kleinbürgers— welche die„VolkSztg." in wahrhaft anti- patergabriel'scher Keuschheitssucht mit dem Tugendnamen„so- lides Kapital" belegen zu müssen glaubt— vielmehr eben jcneS„niemals patriotische, sondern stets kosmopolitische(d. h. weltbürgerliche, internationale) Spekulations"-Kapital. Und wie schamlos dieses Kapital die Milliardenanleihe zur Ausbeutung des Publikums benutzt, das hat uns ja die„Volksztg." erst am 4. August gelehrt, als sie schrieb: „Wie'S gemacht wird. Die hiesigen Firmen S. Bleichröder und Berliner DiScontogesellschaft, bekanntlich zu Zeichnungs- stellen der neuesten ftanzösischen 3% Milliarden-Anleihe auserkoren, versandten vor dem Subskripilonstermin an Kreti und Plelhi ein gedrucktes Zirkular, in welchem die Auspizien der Anleihe bengalisch de- leuchtet und die Adressaten zur ledhastesten Betheiligung animirt wur- den. Gleichzeitig aber mit diesem Zirkular ging gewissen Personen noch extra ein rother Zettel zu, welcher die Ueberschnsi„Vertraulich" trug und die bedeutungsvollen Worte enthielt:„Auf den auf Ihre Zeichnung entfallenden Betrag werden wir Ihnen Prozent»«gütigen''. Unterschrift— racat(fehlt.) Dieses Achtel-Prozent beträgt auf die in Berlin gezeichneten 4'/» Milliarden das Sümmchen von S'U MillionenFranken-- ein-nachträgliche Kriegikontribution, welche an unsere dauts finance(Großfinanzwelt) zu zahlen ist. Lauvre France!(Armes Frankreich !)*)(Ger.-Ztg.)" Durch die(auf die hier beschriebene Weise künstlich er- zeugte) Ueberzeichnung der Anleihe steigt natürlich der Cours der Papiere um etliche Prozent, wodurch es den Generalzeichnern auch möglich wird, ein Achtel-Prozent an die Helfershelfer ab- zugeben. Besagter Bl eich r öder(der neulich„geadelte" Bis- marck'sche Hofjude'*) ist übrigens derselbe, welcher, als in Ver- sailles die Kriegskontribution festgesetzt wurde, kaiserlicherseits als Sachverständiger per exxress hinzugezogen wurde. Auf Grund seines Gutachtens wurde damals die Kontribution auf 5(statt, wie ursprünglich beabsichtigt, 3— 4) Milliarden festgesetzt. Jetzt sieht man erst, daß der Mann seinerzeit ge- wüßt hat, was er that.— Noch übler als in der„Volkszeitung" kommt das mords- patriotische Kapital in der„Magdeburgischen Zeitung" weg. Diese läßt sich aus Berlin schreiben: „Die beiden hiesigen Bankhäuser***) möchten, ähnlich wie andere Finanziers, nicht blas in Abrede stellen, daß sie mit ihrem Capitale an dem Milliarden-Anlehen sich betheiligt haben, sondern sie geben sich sogar Mühe, den Nachweis zu führen, daß sie für das Zustandekom- men der Goulard'schen Operation kaum irgendwie thätig waren. Die Thai fachen lehren das Gegentheil. Man hat sich förmlich echaufsirt und dabei fast allen Anstand außer Acht gelassen. Jetzt sind grade zwei Jahre verflossen, seitdem der Norddeutsche Bund , als ihm von Frankreich derKrieg erklärt war, vom deutschm Geldmärkte lOOMillienen Thaler ernforderte. Der Reichskanzler bekam statt der 100 Millionen Thaker einen Nominalbetrag von 68,323.300 Thlrn. und einen Capital- ertrag von 60,124,504 Thtrn. Di« großen Finanziers waren an die- fem Resultate so gut wie ganz unschuldig, und nur«eil alle Schich- tcn der Bevölkerung, namentlich die kleinen Sparer, freudig an dem patriotischen Werke sich betheiligten, floß üb«> Haupt Geld in die Reichskasse. Gezeichnet wurden in Berlin von 5542 Zeichnern 21,960,550 Thlr., in Hamburg von 1451 Zeichnern 5,900,000 Thlr., in Breslau von 1093 Zeichnern 3,030,250 Thlr.,, in Köln von 6l7 Zeichnern 2,617,600 Thlr., in Frankfurt a. M- voil 532 Zeichnern 2,4<6,300 Thlr., in Leipzig von 971 Zeichner» 1,878,650 Thlr., in Stettin von 1071 Zeichnern 1,765,650 Thlr,, in Magdeburg von 1118 Zeichnern 1,590,700 Thlr., in Königsberg von 505 Zeichnern 1,433,550 Thlr. An den übrigen Zeichuungsstellen gingen Beträge unter einer Million ein, an 56 Stellen Summen über 100,000 Thlr. Das Frankfurier Haus Rothschild, das hier für das französtsche Anlehcn Herrn v. Bleichröder Iliätig sein ließ, rührte sich 1370 mit seinem Berliner Agenten gar nicht, ja der Abgeordnete Karl Mayer v. Rothschild erschien nicht einmal in der Sitzung bei Reichstages, welche zur Diskussion der 100-Millionen-Anleihe angesetzt worden war. Er häile zu viel in seinem Geschäfte zu thun. ließ er sägen. Wären wir bei dem ersten Zusammenstoße mit Frankreich unglücklich gewesen, wir hätten zufolge der Angst und Sorge unserer sogenannten großen Finanzmänner einen allgemeine« Bankerott erlebt. Um bis ,u Weißenburg und Wörth hin das deutsche Papiergeld nicht im Werth« sinken zu lassen, thaten sie nichts, ja sie gerade beförderten die Calamttät dnrch wucherische Abzüge bei UmwechSlnng prenstt- scheu und deutschen Papiere». Für die deutsche Sache hatte man kein Geld, machte man auch keinerlei Anstrengungen, für die französische Sache wurde wochenlang vor der Goulurdsschen Operation der ganze Continent abgereist und bearbeitet, und Geld mächte man lüssig in förmlichen Unsummen. Sin« Parallele zwischen damals und jetzt, wie zwischen dem Eifer der Herren für Deutschland und für Frankreich muß gezogen werden, schon um zu zeigen, wie das Varcrlaud verloren wäre, wenn es im Augenblicke der Roth auf das Geldprotzenthum sich verlassen müßte." Wenn nur die edle„Magdeburgerin" immer so aufrichtig gewesen wäre, und nicht blos in einem augenblicklichen Wuth- anfalle.— Deutscher Journalismus. Auf dem vorjährigen Journalistentag wurde ein Preßgesetzentwurf beschlossen, welcher die provisorische- Beschlagnahme von Zeit- chriften durch die Polizei aufrecht erhielt. Zwei Journalisten, die opponiren wollten, wurde das Wort unter dem Vorwand abgeschnitten, daß die bereits wartende Suppe des Festmahls kalt würde.(!) Der Entwurf mit dem sauberen Paragraphen wurde dem Rcichskanzleramt zugesandt, das gewiß von der darin sich kundgebenden Knechtseligkeit freudig überrascht war. Jedenfalls steht es ohne Seitenstück da in der Geschichte des Journalismus, daß die Journalisten eines Landes aus eigenem Antrieb das skandalöseste Attentat auf die Preßfreiheit nicht bloß gutgeheißen, fondern zum Landesgesetz vorgeschlagen haben. Nachträglich mögen unseren Hrn.„College »" auch der- artige Betrachtungen, nebst einiger Schamröthe, aufgestiegen ein— wenigstens hat der heurige, in München abgehaltene Deutsche Journalistentag, den skandalösen Paragraphen ver- warfen, resp. ausgemerzt. Wenn solche Dinge möglich and, wie muß es mit der„politischen Bildung" von Leuten beschaffen sein, deren Aufgabe es ist, das politische Urthcil des deutschen Volkes zu bestimmen, ja, das deutsche Volk politisch bilden? zu *) Warum grade„Armes Fran kreich"? Deutschland wird dadurch ebenso ausgebeutet! **) Nebenbei Begünstiger des extremsten Pietismus — obichon persönlich„Freigeist". ***) Blei chrödcr und Diskontogesellschast(Erkommunist undAbge- ordnet« Miguel.) Der„Cölnischen Ztg." schreibt man aus Amsterdam : „Der bevorstehende Congreß der Internationalen in Haag wird hier weniger besprochen, als vielleicht im Auslande. Die Holländer haben Recht, dieser Versammlung mit vollkommener Gemüthsruhe entgegenzusehen. Die Jmeruationale paßt schlecht zum Charakter der hiesigen Bevölkerung, weshalb sie bish« auch fast keine(??) Mitglieder hat gewinnen können, und der Congreß wird ihr auch wohl keine große Zahl zuführen. Zusammenwirken, Association liegt nicht im holländischen Charakter, besonders beim Arbeiterstande. Consum- und andere Vereine wurden zwar hin und wieder durch die Bemühunzen der höheren Stände errichtet, sie sind aber theilweise eingegangen und schleppen sich nur mühsam weiter, weil die Theilnahme fehlt. Arbeits- «iustellungen sind auch wohl eiuige Male in kleinem Maßstabe vorge- komme», aber stets mißlungen. Großindustrie besieht wenig im Lande und die Handwerksindustrie befindet sich in Verhältnissen, daß die Internationale keinen Einfluß auf sie üben kann, da sie sich eben nicht imKampfe mit dem Capital befindet. Auch haben die Handwerksgesellen m letzter Zeit fast überall durch gütliche Uebereinkunft mit den Meistern Ausbesserung der Löhne erhalten. Der holländische Arbeiter steht auf keiner hohen Stiise, waS seine Befähigung betrifft, dagegen ist er mehr in dem früher herrschenden, mehr wöhk- wollenden Verhältniß zu seinem Arbeitgeber geblieben, wie es auch noch vor etwa 30—40 Jahre» i» Deutschland bestand. Es mag dieses seine Schattenseiten haben, jedenfalls hat es auch eine helle Lichi- seite. Die Internationale findet hier bei den Handwerkern darum gar keinen Boden. Wo dagegen Großindustrie besteht, da findet sie immerhin einige Anhänger, auch dort wird sie unter den gegenwärtigen Umständen nicht durchdringen. Einestheils arbeitet die Großindustrie mit sehr geringem Erfolg, so daß das Capital keinen hohen Gewinn erzielt. Damit fehlt der Internationalen eine wirksame Waffe zur Agitation. Dazu kommt, daß ein großer Theil der Fabrikarbeiter selbst für sozialistische Bestrebungen auf zu niedriger Stuse�sieht. Dieses Volk würde vielleicht durch außergewöhnliche Mittel für den Augenblick zu gewaltsamen Handlungen aufzuwiegeln, nicht aber zn planmäßigem Thun zu bringen sein. Einige Arbeitervereine, die allerdings hier zu Lande bestehen und die gegenseitige Entwickelung zum Zweck haben, wollen mit der Jnternativnalen nichts zu schassen haben. Für Holland wird also der Haager Congreß durchaus keine Gefahr bringen, und da die Regierung keine gesetzlichen Mittel in Händen und auch wohl keine Neigung hat, demselben hindernd in den Weg zu treten, so werden wir hier Gelegenheit haben, Unsinn in größt« Fülle zu hören. Werden dadurch auch vielleicht einige schwache Köpfe irre ge- leitet werden, der ruhige Theil der Arbeiter wird um so größeren Widerwillen gegen die Agitatoren empfinden. Je heftiger man im Ton- greß auftreten wird, desto besser wird eS für Holland sein, und dem Auslande wird es auch wohl nicht schaden."
Ausgabe
4 (10.8.1872) 64
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