'S«Leipzig, die Organisation schwankend zu machen, so wird manallerorts den Druck fühlen müssen. In allen Orten sucht manden Collcgcn die Leipziger Preise aufzudrängen(wie in Hannoverbeim Strike); zeigen wir, obwohl der Verband jung ist, durchfestes Zusammenhalten, daß der Arbeiter Schutz innerhalb desselbenstndet. Collegen, wir verlangen also nur das Eine vorläufig:haltet Zuzug fern!Für den Leipziger Buchbindervereiu:H. Richter.RR. Die Buchbinderei von Gustav Fritschc ist für Ber-bandsmitglieder bis auf Weiteres gesperrt.verichtigung.In Nr. 60 des„Bolksstaat", Correspondenz des Buchbinder-Vereins, ist durch Mißverständniß eine Lohnaufbesserung verzeichnetworden. Der uns gemeldete„Erfolg", wie uns nachträglich mit-zetheilt wird, bezieht sich nur auf die Entwicklung des Vereins.H. Richter.-Correspondenzen.¥elt,herderVir-le-lichwieZUre»Zillbe-en-der:iu-:leildengenvaßhn-lkS-'pNU"igenfemml«ve«chettrdigesesdiea 6ion,ige»au>ileii.audtür-rde,diederihlbein,Ar"- zuAr"ZUrli»wogts-b-noalmit"inlichiden,ckenurchben,inNeikeipzig, 24. Juli. Ich muß so datiren, weil ich der Leip-Ziger" Polizei meinen gegenwärtigen Aufenthalt nicht verratheuwill; denn sie hat es bis jetzt fertig bekommen, mich auch aus denGerichtsämtern, auf welche sich ihre Kompetinz nicht erstreckt,wegzubringen. Ich bin nämlich vor einigen Tagen auch aus demGerichtsamt Zwenkau— also zum vierten Male— ausgewiesenworden. Die diesbezügliche gerichtsamtspolizeiliche Resolution bc-zann mit den charakteristischen Worten:„Nach den seitens desLeipziger Polizeiamts anhcr gelangten Akten u. s. w."Die„Gründe" der Ausweisung sind: 1)„wegen seines bekannten gemeingefährlichen Verhaltens", 2)§ 3 des Freizügigkeits-gesetzeS, 3) Z 17 des HeimathsgesetzeS von 1834.— Dieser letztere Paragraph, der bis dato nicht nur den Gerichtsämtern, son-dern auch der Kreisdircktion unbekannt war, ist erst neuerdingsanläßlich meines Rekurses gegen die Ausweisung aus dem Ge-richtsamt Leipzig II— vom Ministerium hervorgestöbert worden;er besagt, daß jedem aus irgend einem Orte ein Mal auSgewie-ftnen Staatsangehörigen überall im Lande die Aufnahmeohne Angabe des Grundes verweigert werden kann.— Geschweigedenn dem Nicht-Staatsangehörigen.— Unter solchen Umständenunterließ ich natürlich die übliche Ceremonie des Rckursergreifens;und zwar um so mehr, als nach der Praxis der Leipziger Ge-richtsämter nicht daran zu denken war, daß das Zwentauer Amtdem Rekurse Suspensivkraft beilegen würde. Ich verließ also,wie mir verordnet worden war,„innerhalb zwei Mal 24 Stun-den" das Gerichtsamt. Mein Wirth in Prödel war von dieserCouriermäßigkeit der Zwenkauer Justizpolizei nicht wenig über-rascht.„Könnten Sie nicht dafür sorgen"— sagte er zu mir—«daß das Zwenkauer Gerichtsamt meinen, bei ihm anhängigenErbschaftsprozeß, der, obschon er einfachster Natur ist, nunbereits vier Jahre dauert, ohne daß abzusehen wäre: wie langenoch?, auch„innerhalb 2 Mal 24 Stunden" abwickelte?" Ichwußte diese Frage verneinen.—Bemerkt sei übrigens, daß ich diese nette Gegend schon längst! verlassen hätte, wenn nicht die Untersuchungen älteren Datums,die bei den Leipziger Gerichten noch gegen mich anhängig sind,j wich zwängen, mich in möglichster Nähe von Leipzig aufzuhalten,'Um die häufigen Termine ohne großen Zeitverlust und Reiseun-kosten wahrnehmen zu können. Anstatt mich nun— im eigensten Interesse der Justiz— bis zur Erledigung dieser Pro-Zesse mit AuSweisungschikanen zu verschonen, dannt jene ohneUnterbrechung an Einem Platze geführt werden könnten, hetztMan mich von Ort zu Ort und zieht dadurch die Untersuchungendermaßen in die Länge, daß ich vorläufig noch gar nicht bestim-wen kann, wann ich definitiv werde loskommen können. Nach demGesetz, die Kompetenzen der einzelnen Behörden betreffend, müs-sin nämlich die�Gerichte die Untersuchungssachen Solcher, welcheMittlerweile ihren Wohnsitz nach einem anderen Amtsbezirke ver-legt haben, diesem übergeben. Meine Akten müßten also, wenndas Leipziger Gericht sie aus Händen gäbe, alle 3 Tage wo an-ders hin wandern— immer nach der Richtung meiner Auswei-jungen— ohne daß ein Gerichtsamt zur Erledigung der Sacheschreiten könnten. Denn kaum bin ich an einem Orte polizeilichangemeldet, so wird auch schon(auf höheren Befehl) die Auswei-sungsresolution nach dem bekannten Schema abgefaßt.— Es siehtfast so aus, als wolle man mich so lauge chicanircn, bis ich—der Ausweisungen müde— weit wegzöge und wenigstens denSchein der Flucht vor den anhängigen Prozessen zurückließe. Sohat mir beispielsweise die Kreisdirektion auf eine vor 6— 8 Wochenan sie gerichtete Anfrage, ob sie für die Dauer meiner ProzesseMir den Aufenthalt im Gerichtsamt I gestatten wolle, bis heuteNoch keine Antwort gegeben. Dagegen erhielt ich gestern auf eineweitere, gleichzeitige Anftage, ob mir jener Aufenthalt nicht min-bestens auf 8 Tage gestattet werden könne, den geistvollen Be-scheid, daß jene„8 Tage" nun nach so vielen Wochen doch schonvorüber wären, mein Gesuch also gegenstandlos geworden sei.Dabei muß ich ausdrücklich hervorheben, daß ich Woche für WocheUnd in mancher Woche Tag für Tag einen Boten zur Kreisdirek-ti°n und zum Gerichtsamt I um Bescheidholung sandte, immer aberbie Antwort erhielt: man werde mir, wenn etwas für mich dasei, cS schon zuschicken. Vorgestern nun lese ich zufällig in der«Leipziger Zeitung" eine seitens des Gerichtsamts I an mich ge-richtete„öffentliche Vorladung", weil man meinen Aufent-Haltsort„von hier auS nicht hat ermitteln können". Dabei habeUh bei den verschiedenen Behörden wiederholt deponirt, alle fürMich bestimmten Sendungen, für die Zeit meiner Abwesenheit vonLeipzig, an die Genossenschaftsdruckerei zu adresstren.— In dieser Weise wird verfahren: Erst Prozesse aufhalsen, dann nach demMsten Verhör ausweisen, und gleich darauf als unauffindbar durch«öffentliche Vorladung" zurückrufen. Das ist„sächsische Ge-Müthlichkeit". A. Hepner..Leipzig. Herr Stadtverordneten-Stellvertreter Madak erschienheute in unserem Bureau und protestirte gegen die in unsererletzten Nr. gemachte Mittheilung, daß er Sonntag vor 10 WochenHepnern der Polizei denunzirt habe; er müsse mit jemand anders�rwechselt worden sein.— Wir hoffen, dem Rechten bald auf die>pur zu kommen und werden dann erzählen, wieso Herrn Madakiene Verwechselung passiren mußte.. Schnecöcrg, 25. Juli. Die Agitation des ParteigenossenmZalster hat am hiesigen Orte ihre guten Früchte getragen. Seiti. Juli besteht hier eine Mitgliedschaft der sozialdemokratischenArbeiterpartei. Als Vertrauensmann wurde gewählt Michael*hiigel, Schuhmachermeister in Neustädtel. Als Revisoren fun-SSMen Gustav Hörnig und Adolph Edelmann, beide in Schnee-hmg. Die Mitgliedschaft besteht gegenwärtig aus 16 Mann, ge-ein kleines Häuflein, aber die Mannen sind gut. Jeder Ein-zelne wird sein Theil zur Stärkung der Partei nach innen undaußen beitrageu. Mit sozialdemokratischem GrußM. Kögel, Vertrauensmann.HSülsen St. Jacob, 22. Juli. Am 19. Juli fand hier eineöffentliche Volks-, resp. Weberversammlung statt. H. Albert ausGlauchau referirte. Auf der Tagesordnung stand: 1) die allge-mein vertheuerten Lebensbedürfnisse und die Existenz der Weber.2) Das Bestreben der Weber, ihre Lage zu verbessern und dasVorgehen der Berliner Weber in dieser Frage. 3) Das Bedürfnißder Lohnverbesserung und die Entschädigung bisher unbezahlterArbeiten. Nachdem Albert die erste und dritte Frage reichlich er-läutert, wies selbiger auf die Berliner Weber hin und erklärte, wienothwendig es sei, dieselben zu unterstützen. Er forderte alle An-wesenden auf, ja nach Kräften letzteres zu thun, damit dieselbenzum Sieg gelangen, denn siege Berlin, so werde der Siegauch hier nicht ausbleiben. Die Versammlung schenkte demReferat die größte Aufmerksamkeit und erklärte ihre Zuftiedenheitdurch großen Beifall. An der Debatte betheiligten sich nochWirth aus St. Micheln und Unterzeichneter. Und nachdem letz-terer hauptsächlich auf die den folgenden Tag stattfindende Ein-sammlung aufmerksam machte und Alle aufforderte, ja nach Kräf-ten das Möglichste zu thun, um den Berliner Genossen zu Hilfezu kommen, schloß derselbe die Versammlung. Die Tags daraufstattgefundene Einsammlung betrug 25 Thlr., welche sofort au die„Bolksstaat"-Expedition zur Weiterbeförderung übersandt wurde.Ferd. Bogel, Borsitzender.Aerkin, 29. Juli. Unsere Innungen haben sich nun, wievon Bielen bereits vorhergesehen, kläglich und ohne den geringstenAnstand aus dem Kampfe zurückgezogen. Zurückgezogen, ohne dieErwartungen und Hoffnungen, welche man auf sie gesetzt, zu er-fttllen; zurückgezogen resultatlos nach einem harten vierwöchentlichenKampfe. Und die Ausgeschlossenen, die Gesellen, wo bleiben die?Erklärte nicht der Borstand der vereinigten Innungen am 2. Julivon der Tribüne der„Königshöhe" herab:„Ihr Gesellen, stehthinter uns als Reserve; wir werden es diesmal auskämpfen! Wirwerden unsre Werkstätten nicht eher wieder öffnen, bis der Lohn-tarif bewilligt ist." Der Lohntarif— bittrer Hohn! er ist vonvielen Fabrikanten nur zum dritten Theil bewilligt, und von einigennoch gar nicht. Aber die Meister schämen sich nicht, trotzdem sieihr Wort am 2. Juli gegeben, festzuhalten an dem Tarif, und für denalten Lohn Gesellen zu verlangen. Aber die Gesellen halten Stand,sie ergreifen lieber die geringste Handarbeit oder den Wanderstab.Nur nicht unter den alten schimpflichen Bedingungenwieder anfangen, dies ist die Parole Aller. Darum, Collegenallerorts, unterstützt uns noch ferner in diesem gerechten Kampfe,denn unser Sieg ist auch Euer Sieg.Unterstützungen sind zu senden an das Mitglied der ständigenKommission, Br. Scholz, in Kaffee Hosfmann, AndreaSstr. 49oder kleine Andreasstr. 20, 2 Treppen links.Die Commission der Stuhlarbeitergesellen:Br. Scholz, Vorsitzender, G. Gladewitz, Schriftführer.XL. Alle arbeiterfreundlichen Blätter werden gebeten, vonObigem Notiz zu nehmen.ßöln, 18. Juli. Bericht über den Rheinischen Cigarren-arbeitertag. Zu dem am 6. und 7. Juli er. in Cöln abgehaltenen Rheinischen Tabak- und Cigarrenarbeitertag waren folgendeDclegirte anwesend: Fritzsche aus Berlin, Wode aus Verden,Prast aus Düsseldorf, Schilling, Römer und Bongers ausNeuwied, Waschack aus Crefeld, Bichl aus Andernach, Faustund Blumer aus Brühl, Linnartz, Schlömmer und Schumacher aus Hickdorf, Pfeifer und Hennrich aus Bonn. Beider Constiwirung des Bureau« wurde Buddelmeyer �zum 1. undHerschel zum 2. Vorsitzenden und Kircher zum Schriftführer ge-wählt.Folgende Resolutionen wurden gefaßt und einstimmig angenommen:Zu Punkt I. Die Lage der Arbeiter im Allgemeinen, speziell derCigarren arbeiter. Ref.: Wode. 1. Resolution: Der RheinischeCigarrenarbeitertag auerkenut, daß die derzeitige Lage des Arbeiter-ftanves der geistigen und leiblichen Wohlfahrt der gesammtenMenschheit nachtheilig und darum eine Besserung der Lebenshaltungder Arbeiter eine sittliche Nothwendigkeit ist; daß aber diese Bes-seruug nur dann erreicht werden kann, wen» sich alle Arbeiter anden sozial-politischen Arbeitervereinen betheiliaen. Zu Punkt II.Der deutsche Tabakaibeiter-Berein und die Wiedervereinigung derCigarrenarbeiter Deutschlands. Ref.: Fritzsche. 2. Resolution:Der Rheinische Cigarrenarbeitertag halt die Organisation deS deutschen Tabakarbeiter Vereins für völlig zweckmäßig zur Wahrung derInteressen aller Tabakarbeiter, in soweit dies innerhalb der Heu-tigen wirthschastlichen Zustände überhaupt möglich ist, und darumauch für das beste Mittel zur Vereinigung der deutschen Tabak-arbeiter, so daß er es für die ernsteste Pflicht aller rechtschaffenenKollegen erachtet, diesem Bereine beizutreten. Zu Punkt III. DieFilial-Fabriken auf dem Lande. Ref.: Fritzsche. 3. Resolution.In Erwägung, daß die Filial-Fabriken auf dem Lande die Lageder Cigarrenarbeiter auf da« Empfindlichste schädigen, indem sieeine Concurrenz schaffen, die ohne Bedrückung ihrer Arbeiter dieFabrikanten in den Städten nicht auszuhalten vermögen, beschließtder Rheinische Cigarrenarbeitertag, ein ständiges AgitationS-Comitvfür die Rheinprovinz zu gründen, dem außer der Agitation in denStädten auch die Ausbreitung des Vereins über alle die Ort-schaften zur Pflicht gemacht wird, wo Filial-Fabriken bestehen resp.neu begründet werden. Zu Punkt IV. Die Wickelmacher Frage jc.Ref.: Fritzsche. 4. Resolution: Der Braunschweiger Cigarren-arbeiter, siehe Botschafter Nr. 26, Seite 2. Zu Punkt V. DerFabrikanten- Verband. Ref.: Wode. 5. Resolution: Der Rhei-nische Cigarrenarbeitertag erklärt, daß das Vorgeben des Fabri-kanten-Bundes, daS materielle Wohl der Arbeiter durch ihren Bundzu fördern, nichts weiter als eine scheinheilige Vorspiegelung ist,um die Arbeiter von der selbstständigen Wahrung ihrer eigenenInteressen abzulenken. Zu Punkt VI. Die Aussperrung der Ci-garrenarbeiter in Vlotho, Flensburg und Holland. Ref.: Fritzsche.6. Resolution: In Anbetracht dessen, daß die Fabrikanten inVlotho, Flensburg und Holland im Unrecht gegenüber ihren Arbeitern stehen, beschließt der Rheinische Cigarrenarbeitertag, es istPflicht jedes Kollegen, die von der Aussperrung betroffenen Mit-arbeiter kräftigst zu unterstützen.Zu Punkt II stellte die Mannheimer Mitgliedschaft den An-trag, den Sitz des Vereins mehr nach dem Süden zu verlegen, daBerlin bei den süddeutschen Kollegen so sehr im Mißtrauen ständeund auch mehr Geld gespart würde. Nach längerer Diskussionwurde qu. Antrag, da der Rheinische Cigarrenarbeitertag über den-selben zu beschließen nicht competent sei, zur nächsten Geueralver-sammlung verwiesen.Zu Punkt III stellte Mannheim den Antrag, die fliegende Agi-tation aufzugeben und sich mehr auf Resolutionen und Flugschriftenzu verlegen. Nach Narer Darlegung über die Nothwendigkeit einermündlichen Agitation(Seitens Fritzsche) wurde von Buddelmeyerder in der III. Resolution zum Ausdruck gebrachte Antrag gestellt,ein ständiges AgitationS-Comitö für die Rheinprovinz zu gründen,welcher auch angenommen wurde; hierauf wurde Cöln als Central--punkt von Fritzsche und Wode in Vorschlag gebracht und ein-stimmig angenommen.Von C. Wolf aus Braunschweig gingen folgende Schreibenein: Möchten die anwesenden Delegirten von der sittlichen Tendenzunseres Vereins überzeugt in ihre Heimath zurückkehren und mitvoller Kraft für denselben eintreten und möchten vor Allem dieBerathungen, welche auf den 3 Cigarrenarbeitertagen gepflogen,gute Früchte tragen, damit wir in Zukunft vorsichtiger und plan-mäßiger vorgehen.Für den Rheinischen Cigarrenarbeitertag:Hub. Buddelmeyer, Vorsitzeuder, Eulengarten Nr 1.XL. In Betreff des Rheinischen Agitations-Comitäs ersucheich alle Ortsvorsitzenden deS Rheinlands, baldigst aus ihrer Mitte2 bis 3 Kollegen zu diesem Comitö zu ernennen und im Sinneder 3. Resolution zu verpflichten, an obige Adresse wolle man s. Z.gefälligst die getroffene Wahl mittheilen.(Auf Wunsch dem„Bot-schafter" entnommen. R. d.„V.")Nürnberg. Die Leser des„Voltsstaat" haben bereits ver-schiedentlich Gelegenheit gehabt, die Kampfesweise der Gegner derSozialdemokratie kennen zu lernen; kein Mittel, und sei eS auchnoch so verworfen, ist ihnen zu schlecht, wenn es nur geeignet er-scheint, die Bestrebungen der Sozialdemokraten zu verdächtigen undderen Anhängern Eins anszuwischen. Zu diesen Gegnern zähltauch der„Fränkische Kurier". Dieses saubere Blatt bespricht inseiner Nr. 347 eine Kneipenaffaire und leistet in Verdrehung derThatsachc das Menschenmöglichste, indem es berichtet:„Nürnberg, 9. Juli. Ein empörender Vorfall hat sich letztenSamstag Nachts zugetragen. Ein der Sache der deutschen Ge-werkvereine mit Eiser zugethaner, verheirathetcr Arbeiter, Hr.Schaupner, kam zufällig in die Kirschner'sche Wirthschaft im Ju-denhöfle, wo er das Lokal zum größten Theil mit Angehörigender sozial-demokratischen Partei angefüllt fand, welche sich die Zeltmit Bortragen von Gedichten vertrieben. Seine Ankunft gab zumancherlei Sticheleien und höhnischen Bemerkungen Veranlassung,u. a. hörte er die Aeußerung:„Das ist ein„Hirsch"(d. h. An-Hänger der Hirsch-Dunkerschcn Richtung), dem müssen wir einmaleins auffpielen" ic.; da jedoch Schaupner sich auf nichts einließ,kam es zu keinerlei Wortwechsel und als die Feierabendstundekam, verließ er das Lokal, die Mehrzahl der Sozialdemokratenmit ihm. Auf der Straße näherte sich ihm der Rothschmiedsge-selle Wild und drückte die höchst liebenswürdige Ansicht aus, mansollte ihn(Schaupner) eigentlich tüchtig abtackeln, weil man ihnjetzt gerade so schön habe, worauf Schaupner erwiderte, es würdeder sozial-demokratischen Partei wohl keine Ehre bringen, in Masseüber einen einzelnen wehrlosen Mann herzufallen. Wild entferntesich hierauf, Schaupner ebenfalls, allein kaum war der Letztere biszur Dietz'schen Buchdruckerei gegangen, als er plötzlich von zweiPersonen rücklings niedergerissen und auf Gesicht, Hals und Brustin so barbarischer Weise mit Stiefelabsätzen getreten wurde, daßer hlutend und bewußtlos liegen blieb. Das Nasenbein ist gänz-lich zertrümmert, das Gehör des linken OhreS unwiederbringlichverloren, Kopf und Brust mit Wundmaleu bedeckt. Schaupnerhat mit Bestimmtheit in dem einen seiner Angreifer den oben er-wähnten Rothschmied Wild erkannt; Untersuchung ist eingeleitet,die Sache wird den Gegenstand einer Schwurgerichtsverhandlungbjlden.— Von anderer Seite wird uns mitgetheilt, daß in neue-ster Zeit Personen, welche ein öffentliches Amt bekleiden oder eineprononcirte politische Stellung einnehmen, auf offener Straße nichtselten Gegenstand von Insulten find, deren Beschaffenheit nur auspolitischen Haß als Motiv schließen läßt. Soweit haben eS alsosystematische Hetzereien und Aufreizungen in Nürnberg gebracht,daß man sich nicht nur öffentlichen Insulten, sondern sogar lebens-und gesundheitsgcfährlichen Mißhandlungen aussetzt, wenn maneine von derjenigen gewisser berufsmäßiger Agitatoren abweichendepolitische Meinung hat und dieselbe offen äußert.— Solche Vor-sälle haben übrigens auch ihr Gutes; sie öffnen den rechtlich den-kenden Arbeitern die Augen und zeigen ihnen den Abgrund, inwelchen ihre Parteiheiligen sie zu führen im Begriff sind."Zu diesem Bericht bemerkt unser Parteiorgan,"das„FürtherDemokratische Wochenblatt":„1) Ist eS eine Lüge, daß am Samstag, den 5. Juli, Nacht«die betreffende Wirthschaft mit Sozial-Demokraten angefüllt war.2) Ist es eine Lüge, daß Wild, der Schaupner geprügelt habe»soll, ein Sozial-Demokrat ist. 3) Ist es eine Lüge, daß Sozial-Demokraten politische Gegner oder Beamte auf der Straße iu-sultiren.Wahr dagegen ist: 1) Daß Schaupner, der erst nach zwölfUhr Nachts in das betreffende Lokal kam, den Leuten, die sich mitDeklamationen die Zeit vertrieben, diese Unterhaltung wehre»wollte. 2) Daß 1, mit Worten ein Sözial-Demokrat, zu dersel-ben Zeit in der Wirthschaft sich befand und außerdem ein Mann»welcher früher der Partei angehörte. 3) Daß der in der Wirth-schaft damals anwesende Sozial-Demokrat nachweisbar Schaupnerweder mit Worten noch Thaten angegriffen hat.Das der Sachverhalt. Darnach mögen die Leser entscheiden,welchen Namen ein Blatt verdient, das ohne irgend einen An-haltspunkt die frechsten Lügen und Verläumdungen in die Welthinausstrcut gegen Männer, die sich bei jeder Gelegenheit Mühegeben, die Arbeiter von Ausschreitungen jeglicher Art abzuhalten.Aber selbst den Fall gesetzt, daß ein Sozial-Demokrat zu einerRohheit wie der an Schaupner begangenen sich hinreißen ließe, s»kann man dafür nicht die Partei und die Agitatoren verantwort-lich machen. Wer das thut, begeht bewußt eine Schlechtigkeit.Wenn ein solches Verfahren aber vielleicht auf Seiten unsererGegner der Anfang zur Wahlagitation sein soll, dann werde»wir nothgedrungen die Skandalchronik der hiesigen Fortschritts-Partei aufschlagen. Mögen die Gegner immerhin uns angreifen,wir werden Nichts dagegen haben, so lange sie sich nicht auf de»Standpunkt des Herrn Stolz(Redakteur des„Fränkischen Ku-rier") stellen. Ziehen sie das Gegentheil vor, und bekämpfen sieuns mit den Waffen der Lüge und Verleumdung, werden wir allenur erdenklichen moralischen Folter- und Scharfrichterwerkzeugegegen sie in Anwendung bringen. Wenn ein Sozialist sich eine«Vergehens schuldig oder eine Dummheit gemacht hat, so mag erdafür büßen und die Ruthe der öffentlichen Meinung über sichschwingen lassen. Aber die ganze Partei für Lumpen oder Tauge-nichtse erklären, das heißt: uns zu einer moralischen Abmurxernder Gegner herausfordern und zwingen. DaS mögen sich dieForffchreiter hinter die Ohren schreiben, daß wir dann schonungs-loS gegen sie und ihre Angehörigen vorgehen werden."Angsvurg, 28. Juli. In der am Sonntag den 26. d. M.stattgehabten Parteiversammlung wurden mehrere Anträge, diedurch dem Ausschuß veröffentlicht werden, zum diesjährigen Cou-greß gestellt und angenommen. Parteigenosse I. Endres wardeinstimmig als Delegirter gewählt. Die hiesigen Parteigenosse»