ich noch den Anwesenden das volle Bertranen zar jetzigen Ver- waltung empfohlen und versprochen hatte, daß selbige nach Kräften ihre Pflicht erfüllen werde, wurde einstimmig beschlossen, entschieden für die Gewerkschaft zu agitiren. Noch sei erwähnt, daß unsere Fachgenossen in Koburg trotz der hohen Miethe und Lebensmittel- preise bei 11 stündiger Arbeitszeit wöchentlich nicht über 4 Thaler verdienen. Montags fuhr ich über Eisenach zurück nach Gotha , um auch dort, wenn möglich, eine Versammlung abzuhalten, jedoch stand dem dortigen Bevollmächtigten Huppel kein Lokal zur Ver- fügung; auch ist die dortige Mitgliedschaft sehr gut, selbige zählt 71 Mitglieder, wovon 68 auch der Krankenkasse angehören. Abend» fand eine gemächliche Zusammenkunft statt, zu der die Borstände der verschiedenen Gewerkschaften erschienen waren. Ich gab den Fachgenossen Ausklärung über einige Punkte, welche ebenfalls von Dresden unberücksichtigt gelassen waren, und fuhr am andern Morgen nach Braunschweig zurück. Auch nach Köln und Königsberg verlangt man Agitatoren. In Köln haben 26 Meister Statuten entworfen.§ 1 lautet: Schutz gegen die Willkür der Gesellen u. s. w. Also dort muß unserseits etwas geschehen, und beschloß die Vororts-Verwaltung, einen Fachmann dort hinzusenden. Daß nun solche Agitation Geld kostet, weiß jedes Mitglied, darum fordern wir besonders die Mitgliedschaften Dresden , Leipzig , Schwarzenbach a. d. Saale, Cöln , Augsburg , Regensburg , Geestendorf bei Bremerhaven , Passau u. a. m. ans, baldigst ihren Pflichten gegen die Hauptkasse zu genügen, damit Abrechnung erfolgen kann. Von nachstehenden Mit- gliedschaften sind bis dato Beiträge eingegangen: IS. Juli von Chemnitz für April und Mai 11 Thlr. 24 Sgr. 7 Pfg.; 16. Juli von Nürnberg 1 Thlr. 23 Sgr. 7 Pfg.; 9. September von Gotha M THlr.; 9. Sept. von Koburg 7 Thlr.; 10. Sept. von Chemnitz 5uni; Juli 8 Thlr. 5 Sgr.; 16. Sept. von Schöningen Juli, August 3 Thlr. 8 Sgr.; 23. Sept. von Nürnberg 4 Thlr. 27 Sgr. i Pfz.; 30. Sept. von Braunschweig Juni, Juli, August, September 37 Thlr. 26 Sgr. Wenn die Vorortsverwaltung bis dato kein Für und Wider über die unlängst in Dresden gefaßten Beschlüsse in Betreff der »Arbeiterbörse und des Bauhandwerkertags" abgab, so ist der Grund hiervon, weil man dieses nicht der Mühe werth hielt, da diese Projekte nach dem jetzigen Stande der Dinge unausführbar sind. Wir sind mit dem Artikel„Arbeiterbörse" im„Volksstaat" völlig einverstanden. Ebenfalls mußte die von Dresden an uns gerichtete Aufforderung wegen Beschickung des Genfer Congresses von der Hand gewiesen werden, der bedeutenden Kosten wegen. Wenn auf einmal die Dresdner Fachzenossen so agitationseifrig werden, warum denn nicht damals, als man als Verwaltung die strengste Verpflichtung dazu hatte? Den Herrn E. Jaeger in Speyer am Rhein fordere ich auf, nachdem selbiger von uns Statuten erhielt, uns mitzutheilen, ob dort eine Mitgliedschaft gegründet ist oder nicht. Adresse des HauplkassirerS: Wilhelm Weißensee, Kupfertwete No. 8; der Schriftführer wohnt Magnithor No. 6. Im Auftrage der VorortSverwaltung Heinrich Riefe, 1. Borsitzender, Schöppenstedter Straße No. 50. Correjpoudenzen. Sache ist adressiren (Deutsche ; Vor. Presden, 13. Oetober. Töpfer! Collegen! Noch befinden wir uns im Kampfe mit unseren Arbeitgebern. Alle Register werden gezogen, um uns ins Mauseloch zu jagen. Wir sind uns bewußt, aus dem R-chtsstandpunkte zu stehen, den der Mensch als Mensch ein Recht hat zu beanspruchen. Ein Theil unserer unver- heiratheten, als auch verheiratheten Collegen ist abgereist; wir haben sie mit Reisegeld unterstützt, aber ein großer Theil erwartet von uns, daß wir sie vor äußerster Roth schlitzen. Nur geringe Unterstützung ist uns bis jetzt von außerhalb zu Theil geworden, wir bitten Euch nochmals, Collegen, Alles zu thun, was in Euren Kräften steht, uns zu unterstützen. Unsere die Eure. Zusendungen von Unterstützungen sind zu an unseren Kassirer Herrn Schade, Palmstraße 15 palle). Zuzug wird gewarnt. Das Comits. Z>e«ben, 9. Oktober. Gestern hatten wir hier wieder Volks- Versammlung; war schon die vor acht Tagen abgehaltene sehr gut besucht, so müssen wir doch gestehen, daß dieses Mal unsere kühnsten Hoffnungen übertroffen wurden. Schon dreiviertel 8 Uhr war der Saal überfüllt, obgleich die Versammlung erst um 3 Uhr angezeigt war. Bis zum letzten Fleckchen war alles besetzt. Viele wußten umkehren, da kein Platzchen mehr zu finden war. Nach kurzen einleitenden Worten des Vorsitzenden ergriff Auer das Wort, um über das Thema:„Die göttliche Weltordnung" zu veferiren. In siebenviertelstündigem Vortrag entwickelte er seine Ansichten über dieses immerhin wichtige Thema. An der Hand der Bibel, der Geschichte und der Lebenserfahrung zeigte er, daß das, was man dem Volke als göttliche Anordnung hinstellt, nichts anderes ist, als pures Menschenwerk, daß wie in allen weltlichen, so auch in den sogenannten göttlichen Angelegenheiten es immer die Macht und der Wille Einzelner gewesen ist, was dem Volke als Gotteswerk vorgespiegelt wurde. Die neueste Geschichte, so wemte der Redner, zeige so recht, für was der liebe Herrgott nicht alles herhalten müsse, da jage ein„von Gottes Gnaden" ein- Letzter Regent seinen ebenfalls„von Gottes Gnaden" regierenden �oruder-Regenten von Krone und Land davon und regiert dann wi„Namen Gottes " weiter. Der Papst, der„Stellvertreter Gottes auf Erden", verfluche den ja auch von„Gottes Gnaden" Agierenden König von Italien. In Frankreich regierte„Napo- leon III.«; gesegnet von Papst und Priester, von den Franzosen davon gejagt, erklärten eS die französischen Pfaffen als eine„An- ordnung Gottes", daß eS so gekommen und jetzt ordnet wahr- scheinlich der liebe Gott an, daß„Henri V." den„Thron seiner Batxr" besteigt und dann regiert der in„Gottes Namen" weiter, bis sich Franzosen eines Anderen besinnen und auf„göttliche Anordnung" ihren ihnen von Gott gegebenen König wieder aus dem Lande jagen. Die Anwesenden folgten dem Redner mit ür°ßer Aufmerksamkeit und verlief die Versammlung in schönster Ordnung.(„Dresdner Volksbote"). Nerkin, 12. Ott. Die großen Geschäftsstockungen, welche na- wentlich durch die Fallissement« der Bankhäuser in fast>llen größeren Städten Europas , sowie Amerikas herbeigeführt worden sind, scheinen einen großen Theil der Arbeiter nicht allein in ihren döhnen geschmälert resp. brodloS gemacht, sondern auch einen Rück- 'allag ausgeübt zu haben auf ihre geistige Entwicklung. Denn statt gerade durch solche Krisen belehrt zu werden, daß AlleS ungesund, Marsch und faul im Staate Dänemarck und man deshalb mit aller Kraft für die Beseitigung solcher ungesunden Zustände bei- «atrazen hat, hört man höchster?:„Ja eS ist eine böse Zeit! Wer weiß, wie das noch werden wird!" und ähnliche Stoßseufzer.— Energie findet man sehr wenig unter den Arbeitern Berlins , da- gegen recht viel Gleichgültigkeit. Dies sieht man am deutlichsten, wenn man die politischen Versammlungen besucht— immer und immer die alten Gesichter und dann noch in einer so geringen Zahl, daß man glauben möchte, jeder Sinn für das politische Leben sei erstorben. Doch nicht allein von den politischen Vereinen und ganz besonders unfern Partei-Versammlungen in Berlin gilt dies, sondern auch von den Gewerkschaftsversammlungen; fast überall ist die Betheiligung eine gleich schwache. Selbst durch Plakate einberufene Versammlungen können keinen vollen Saal er- zielen. So war zum Sonntag den 5. d. M. eine öffentliche Ci- garren-Arbeiter-Versammlung einberufen, in der der Präsident deS Tabak- Arbeiter-Vereins von England, Herr Cohn aus London , als Vortragender angezeigt war. Man sollte nun doch meinen, daß schon der Titel, den dieser Mann führte und durch welchen wohl eine gewisse Kenntniß der proletarischen Bewegung Englands aus- gesprochen ist, die Arbeiter schaarenweise zu dem Vorttage führen würde, aber das war nicht der Fall, denn beim Beginn des Vor- träges waren höchstens 150 Personen anwesend, die sich später um vielleicht 100 vermehrten. Aus dem Vorttage selbst entnahm man, daß nicht alle Führer der englischen Arbeiter-V-reinigungen der internationalen Berbin- dung der Arbeiter abhold sind, ebenso wenig der politischen Azi- tation, denn speziell der Vortragende gab wiederholt seine Ansicht dahin ab, daß, da das Kapital sich international— oder kosmopolitisch, wie der Redner sich ausdrückte— verbindet, auch die Arbeiter sich international zu vereinigen hätten. Ferner theilte er mit, daß in sämmtlichen Gewerkschaften Anträge zur Bewilligung von Geldmitteln für die Parlamentswahlen vorliegen, welche die Summe von 5000 Pfd. Sterl. repräsentiren, und war Redner der festen lleberzeugunz, daß im nächsten Parlament mindestens 50 Arbeiter sitzen werden. Der eigentliche Zweck der Anwesenheit des Herrn Cohn in Berlin war: um moralische und materielle Unterstützung zu bitten für die seit April ausgesperrten Cigarren- arbeitet in Holland . Dieselben verlangten am 1. April d. I. eine kleine Lohnerhöhung, die Fabrikanten bewilligten diese aber nicht und stellten an ihre Arbeiter noch die unverschämte Forderung: aus dem Tabak Arbeiter-Verein auszuscheiden und nie mehr einem Vereine beizutreten. Als die Arbetter dies zurückwiesen, wurden 1500 Mann auf's Pflaster gesetzt. Muthig gingen sie in den Kampf, trotzdem sie wenig Geld in der Kasse hatten; 6 Wochen lebten sie ohne jede Unterstützung und dann begnügten sich die Unoerheira- theten mit 1'- Thaler, die Verheiratheten mit 2 Thaler die Woche. Obgleich die Fabrikanten alle Hebel in Bewegung setzten, um die Arbeiter kirre zu bekommen, gelang ihnen diese? nicht, im Gegen- theil sah sich ein Theil der Prinzipale im sAngust genothigt zunächst in Utrecht , ihre Forderungen zurückzunehmen und die Lohnforverung der Arbeiter zu bewilligen, die nun noch einen Aufschlag als Eni- schavigung für die lange Aussperrung gemacht hatten. Es arbeiten jetzt etwa 600 Mann, ein großer Theil hat dem Geschäfte valet gesagt, 50 Mann ließen die englischen Cigarren-Arbeiter auf ihre Kosten nach London kommen, um sie dort unterzubringen und ca. 500 sind noch jetzt zu unterstützen. Die englischen Cigarren- Arbeiter und die Diamantschleifer von Rotterdam haben Alles ge- than, um die Strikenden über Wasser zu halten und es ist ihnen bis jetzt auch gelungen, nun aber ist es auch mit ihrer Kraft zu Ende, wenn nicht auch Andere ihren Theil zur Unterstützung bei- tragen; Redner bittet deshalb die Berliner Cigarrenarbeiter, aus ihrer Kasse eine Summe für die Sttikenden zu bewilligen. Herr Cohn schloß mit der Mahnung: wenn die Arbeiter aller Lander solidarisch verbunden, dann, aber auch nur dann werden sie zum Siege gelangen!— Natürlich konnte eS nicht fehlen, daß einige Klapperhelsen des Allgemeinen, welche anwesend waren, ihre Phraseologie an den Mann brachten. Um moralische uud materielle Unterstützung jener Männer, welche sich seit 6 Monaten im Kampfe mit dem Kapital befanden, handelte es sich; statt also die Versammlung für jene Kämpfer zu begeistern, ignorirten sie diese vollständig und zogen über die englischen Arbeiter her, die nach ihnen in der Entwicklung weit hinter den deutschen Arbeitern zurück seien. Der deutsche Ar- beiter wolle keine SttikeS machen, er brauche deshalb auch keine solchen Gewerkschaften wie die Engländer in denen ja doch nur das Geld nutzlos aufgespeichert wird! Das sei Schultze-De- litzsches Sparsystem und dagegen seien die deutschen Arbeiter! Die Arbeiter müssen sich politisch organisiren, um radikal dem Uebel abhelfen zu können, die englischen Arbeiter aber thäten nichts für die politische Bewegung u. s. w. Kurz, was jene Herren an gelernten Phrasen wußten, tischten sie der Versammlung mit großer Emphase auf, und wenn sie dabei gleich alles Thatsächliche auf den Kopf stellten!— Eine wahrhaft vernichtende Kritik über diese Herren übte Fritzsche aus, die er mit den Worten begann:„Wah- rend unsere Brüder in Holland verhungern, streiten wir un« über die Zweckmäßigkeit oder llnzweckmäßigkeit der Gewerkschafts-Ocga- nisation herum."— Welchen Anklang übrigens jene Klapperhel-- den fanden, kann man darnach ermessen, daß die Zahl der Anwe- senden sich während jener Reden bis auf etwa 50 reduzirte.— Agitirt nur recht kräftig weiter in dieser Weise, Ihr Herren vom Allgemeinen, Ihr arbeitet dadurch nur uns, den„Mühlendam- mern", in die Hände! Zum Schluß kann ich noch mittheilen, daß in der letzten ge- schlossenen Mitglieder-Versammlung unserer Partei Johann Jacovy einstimmig zum Kandidaten für sammtliche Wahlbezirke Berlins aufgestellt worden ist!— Areskau im Oktober. In Nr. 90 des„Volksstaat" glaubt ein Leipziger Parteigenosse mir eine kleine Lektion deshalb ertheilen zu müssen, weil ich bei der Motivirung des Breslauer Anttazes auf Auflösung aller Lokaloereine etwaS über das Ziel hinausgeschossen haben soll. Bei näherer Bettachtung seiner Ausführungen crgiebt sich jedoch wie ungerechtfertigt dieser Vorwurf ist. Ich habe in meiner Correspondenz die Opferwilligkeit der.sächsischen Parteige- nossen keineswegs bestritten, ich habe nur deren geringe« Interesse für die Parteiorganisation aus dem Cassenberichte deS Ausschusses nachgewiesen. Wenn der Herr Lettionsertheiler auf die Opfer hinweist, welche die sächsischen Mitglieder zur lokalen Agitation ausgebracht haben und von denselben meint, sie wären, wenn nicht der Parteikasse so doch der Parteisache zu Gute gekommen, so habe ich darauf zu erwidern, daß dies für die angeregte Frage von sehr geringer Be- deutung ist. Es handelt sich darum, zu untersuchen, ob Lokal- vereine die Ausbreitung der sozialistischen Grundsätze auf die Dauer eben so gut betteiben können als die Gesammtpartei, d.h. ob sie im Stande sind, die zum Sozialismus bekehrten Arbeiter zu Opfern für dessen Ausbreitung in immer weitere Kreise zu be- wegen. Die Erfahrung lehrt, daß lokale Vereine wohl in ihrem Bezirke für die Ausbreitung der sozialistischen Idee gewirkt, daß sie aber, sobald die Arbeiter desselben für sie gewonnen worden, ihre lokalen Grenzen nicht überschritten haben. Die sächsische Ober- läusitz und Thüringen legen davon Zeugniß ab. Was haben dit Volksvereine von Glauchau , Crimmitschau und Meerane für die Agitation im benachbarten Thüringen gethan? Was die übrigen lokalen Vereine zur Ausbreitung der Partei in den Kreisen Löbau , Zittau und Bautzen beigettagen? Die Agitation zu den Wahlen für die verschiedenen Vertretungskörper kann bei der großen Zahl der in den betreffenden Bezirken wohnenden Sozialisten unmöglich so viel Opfer erheischt haben, daß dadurch die Propaganda in anderen Bezirken hätte außer Acht gelassen werden müssen. Der Ausspruch des Leipziger Correspondenten, daß die lokalen Vereine in Sachsen die Parteiorganisation deshalb so wenig gefördert haben, weil ihnen das erforderliche Feld dazu gefehlt, indem dtt meisten sächsischen Orte sich der Partei bereits angeschlossen, ist total falsch. Wie der Kassenbericht des Ausschusses beweist, zählt die Partei in Sachsen verhältnißmäßig wenige Orte, an denen sich Mitglieder der sozialdemottatischen Arbeiterpartei be- finden.(Oho! Red. d.„V.") Die meisten Orte, welche Anhänger unserer Prinzipien nach Hunderten zählen, haben sich der Partei- organisation nicht angeschloffen. Zweitens aber ist dieser Ausspruch zum mindesten naiv. Wenn die meisten Orte Sachsens der Par- tei schon früher beigetreten wären, wenn die meisten sächsischen Arbeiter schon früher zu den Prinzipien des Sozialismus bekehrt worden, würden die sächsischen Mitglieder dadurch das Recht er- kauft haben, auf ihren Lorbeeren auszuruhen? Müßten dann nicht die neugewonnenen Anhänger die Einnahmen der Partei vermeh- ren und so die Agitation in anderen Provinzen ermöglichen und fördern? Oder glaubt etwa der an der Pleiße wohnende Partei- genösse, die Arbeiter würden aus sich selbst heraus Sozialisten, et bedürfe keiner Agitation, sie zu solchen heranzubilden? Wenn nicht, wie kann er sich zu dem Ausrufe versteigen, die außersächsischen Mitglieder mögen erst dieselben Resultate in ihrem Bezirk erzielen, ehe sie die Tyatigkeit der sachsischen Genossen kcitisiren? Kann er z. B. verlangen, daß die Mitglieder in Hannover , die vielleicht 80 an der Zahl sind, die Mittel auftreiben sollen, um die Be- völkerung ver ganzen Provinz zu organisiren, oder sind nicht viel- mehr die sächsischen Genossen, die mindestens Hundert mal so zahl- reich sind, verpflichtet, nach Berhältniß dazu beizutragen? Daß sie etwas Derartiges nicht gethan, gesteht der verschämte Bertheidiger des sächsischen PartikulariSmuS(Gegen diesen gänzlich grundlosen Vorwurf müssen wir den Betreffenden entschieden in Schutz neh- men. Red. d. V.) selbst ein, indem er die Richtigkeit der von mir citirten Beiträge nicht bestreitet. Aber, meint mein Gegner, die sächsischen Parteigenossen haben weit mehr für die Verbreitung deS „Bolksstaat" gewirkt, als die nichtsächsischen; den Mitgliedern der anderen deutschen Staaten müßte die Schamröthe darüber in'S Gesicht steigen, wenn sie die Abonnentenzahl des„Bolksstaat" in Sachsen mit der im übrigen Deutschland vergleichen. Nun ich habe diesen Vergleich nach dem letzten Abonnentenverzeichniß angestellt und gefunden, daß das Parteiorgan in Sachsen ca. 2150, in den andern deutschen Staaten ca. 4000 Abonnenten hat. Unter den 2150 sächsischen Lesern befinden sich 930 von Leipzig , dem Erschei- nungSorte des Parteiorgans, die übrigen sächsischen Orte zählen also nur 1170 Abonnenten, ein Resultat, das dem Herrn LektionS- ertheiler durchaus kein Recht giebt, die sachsischen Parteigenossen besonders herauszustreichen. Der Herr Lettionsertheiler thäte über- Haupt wohl, wenn er daS Abonnentenverzeichniß deS„Bolksstaat" und die Cassenberichte des Ausschusses sorgfaltiger studirte, er würde dann nicht behauptet haben, daß in den letzten Quartalen das Abonnement des„Bolksstaat" in Breslau beständig gesunken sei. Er hätte dann gefunden, daß Breslau am Schlüsse des 1. Quar- tals 1873 132, am Schlüsse des 2. Quartals 159 Abonnenten zahlte, mithin von einem beständigen Sinken des Abonnentenstandes in den letzten Quartalen daselbst nach Adam Riese nicht die Rede sein kann. Auf dessen weitere Angriffe gegen die hiesigen Mitglieder glaube ich nicht mehr eingehen zn dürfen, ohne mich der Gefahr auszusetzen, in die Kategorie der Wiederkäuer eingereiht zu werden. Bemerken will ich jedoch, da der„Neue" auf dessen Ur- theil recurrirt, daß der Allgemeine deutsche Arbeiter-Verein in Breslau etwa dreiviertel so viel zahlende Mitglieder hat, als unsere Partei. Und dieses Resultat hat er erreicht, nachdem er auf Breslau mindestens 250 Thlr. in ein und einem halben Jahr verwandt hat und nachdem er fast ein Jahr durch einen glücklichen Zufall im Besitze des einzigen Versammlungslokales ist. Die hie- sigen Mitglieder haben jedenfalls mehr gethan, um das Aufkam- men und die Ausbreitung der Hasselmänner zu hindern, als die sächsischen Parteigenossen, um die Agitation der Hirsch-Dunkerschen und Allgemeinen Deutschen in der Oberlausttz zu hintertreiben. ES sei mir fern, irgend Jemand leichtsinniger Weise anzugreifen, ich werde Niemand der Lässigkeit oder Ungeschicklichkeit beschuldigen, ohne die nöthigen Beweise dafür beizubringen. Zum Angriff gegen die Leiter der sächsischen Arbeiterbewegung war ich jedoch vollkommen berechtigt. Wenn die sächsischen Lokalblätter von Volksver- sammlungen berichten und nichts weiter von ihnen erwähnen, als daß sie wie gewöhnlich„würdig verlaufen" sind, so ist dieses Re- sultat für die Redner in jenen Versammlungen sehr wenig schmei- ckelhaft. Es beweist, daß dieselben weder zum Beitritt zur Partei, noch zum Abonnement auf den„Volksstaat" ausgefordert haben, sondern sich mit dem erhaltenen Beifall und der Annahme ihrer Resolution zufriedengestellt sahen. Einer derartigen Verhunzung der Bewegung energisch entgegenzutreten ist aber Pflicht jedes Par- teigenossen und ich glaube dieselbe durch meine Motivirung de« Breslauer Antrages erfüllt zu haben. F. (Nachdem wir uns für Abdruck obigen Artikels nach reiflicher Erwägung entschieden, können wir nicht umhin, dem Urheber de» Breslauer Antrag« zu bemerken, daß wenn eine Polemik zwischen Parteigenossen im Parteiorgan auSzefochten werden soll, die Feder dabei nicht von irgend welcher Gereiztheit geführt werden darf. Obenstehender Artikel hält sich mit knapper Noth noch auf der Grenze, welche die Redaktion für solche Falle zu ziehen verpflichtet ist. Die Redaktion deS„Bolksstaat".) Königsberg i. �r., 11. October. In unserer letzten Partei- Versammlung wurde Maschinenbauer Schwarz, Haberberger Schul- straße 5, zum Vertrauensmann vorgeschlagen. In voriger Woche wurde hier Hotelier Dreyer, em al« rüde bekannter Mann, von seinem Factor, welcher 66 und 70/71 mit- gemacht, das Handwerk also kannte, erschlagen, als Ersterer Letz- teren wegen Ungehorsams thätlich angegriffen hatte und ihn weiter, wie an allen seinen Untergebenen gewohnt, mißhandeln wollte. Ueber die Schuld Dr's. herrschte unter dem Publikum hier nur eine Stimme. Trotzdem behaupteten die Zeitungen,— der bett. Referent ist Bruder der Wittwe Dr.— Dr. habe seinen Factor nur getadelt und die„Ostpreußische Zeitung" sieht m diesem Morde die Folgen der„ Eckstein'schen Lehren." Statt einfacher das Ueberschreitende der Nothwehr von der aus den Kriegen her- vorgegangenen Verwilderung herzuleiten. So applicirte neulich ein solcher Held Säbelhiebe unter den Worten:«Ich habe den Feldzug mitgemacht und kenne das."
Ausgabe
5 (17.10.1873) 99
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