-führte er einen Schlag nach mir. Ich bog schleunigst zur Seiteund der meinem Kopfe zugedachte Hieb sauste durch die Luft.Doch sogleich war ein anderer dieser saubereu Herren zur Stelle-und ich erhielt mit einem Knüttel drei di» vier Schläge über denKopf, so daß ich momenran die Besinnung verlor. Da auch dieanderen Tölckianer Miene machten, über mich herzufallen, bliebmir nichts andere« übrig, als schleunigst nach der Stadt umzu-"biegen. In ihrem Vereinslokale haben dann die Herren nochweidlich über mich geschimpft, aber sie haben sich auch sagen müssen,daß ihr Kandidat Frick in Melsungen, wo ich diesen entlarvte,nicht eine Stimme erhalten dürfte. Auf die hitzige Prügeleij wirktdieser Erfolg wie ein Beruhigungsmittel auf mich.Parteigenossen! Auch in Cassel muß dem elenden Treibendieser Fanatiker bald Einhalt gethan werden. Gehen wir trotzaugenblicklicher Mißerfolge mit ungeschwächtem Muth auf unserZiel loS, denn nur der verdient die Freiheit, der täglich undMndlich mit Gegnern um sie ringen muß. Walz.Nrauuschweig. Auf den zweiten November war nach Meerdarf eine Volksversammlung anberaumt, wo die ParteigenossenBracke, Tanz(Buchdrucker in Bracke's Druckerei) und TischlerBauer erschienen. Tanz hatte den Vorsitz. Bracke reserirte überden Reichstag und die bestehenden Wahlsysteme. Wir lassen denVerlauf der Versammlung nach dem Bericht deS„BraunschweigerVolksfreund" folgen. Bracke sprach ungefähr wie folgt:„DaS Dreiklassenwahlgesetz hätten wir bei allen Wahlen imHerzogthume B:aunschweig, jetzt auch noch bei den Wahlen zumLandtage; die Regierung selbst habe aber durch die jüngst ver-öffentlichte Vorlage eines neuen Wahlgesetzes für den Landtag,durch welche nun das Dreiklassenwahlgesetz beseitigt werden solle,die Ungerechtigkeit dieses letzteren anerkannt. Ein gerechtes, nämlichdas allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht, habe maubis jetzt nur für den deutschen Reichstag, doch glaube er nicht,daß Bismarck, der dasselbe eingeführt habe, dieses aus besondererVorliebe für die in diesem Wahlgesetz enthaltene Gerechtigkeit gethan habe, denn..."Hier, im Begriff, seine Behauptung durch einen Hinweis aufdie Diätenlosigkeit der ReichStagsmitglieder und Anderes zu be-gründen, wurde der Redner von dem Superintendenten ausWendeberg unterbrochen, welcher einwarf:„Er könne nicht dulden,daß hier ein Abwesender beleidigt werde", worauf Bracke ihmentgegnete:„Eine Beleidigung von Bismarck würde durch die Ge-richte geahndet werden können; im Uebrigen möchte der Herr solange schweigen, bis er(Bracke) ausgeredet habe; denn dann könneZeder Andere ebenso gut und ungestört sprechen, wie er." Hierauserhob sich ein riesiger Skandal. Anwesende Bauern, welche mitden ihnen ergebenen Knechten und Anderen die anwesenden Gesmnungsgenossen unserer Partei terrorisirten, schrien wild durcheinander und man hörte u. A. die Rufe:„Hmaus mit ihm!"„Werft den Kerl heraus!",„Wir sind Alle Arbeiter!",„DieserKerl hält das Landvolt für einfältiger, als es ist, sonst käme ernicht zu uns heraus!"„Dieser Kerl will uns die Arbeiter auf-hetzen!" und Anderes. Hier und da zankte man sich in einzelnenGruppen, indem die Einen das Weitersprecben verlangten, dieAnderen dieß nicht wollten und dergl. mehr. Während des Spek-takels kam der OrtSvorsteher Grobe aus Meerdorf auf Bracke zuund sagte ihm,„er befiirchte Schlägereien und könne deßhalb dieFortsetzung der Versammlung nicht dulden." Als es unserenFreunden nicht gelang, Ruhe zu stiften, fügten sie sich in denSchluß der Versammlung, indem sie nun unter der Hand, undzwar mit dem besten Erfolge, agitirten. Wir können an dieserStelle versichern, daß jene Gegend, in welcher die Geister durchdie besitzenden Klassen in außerordentlicher Weise bedrückt zu seinscheinen, sehr empfänglich ist für die GerechtigkeitS-Jdeen, die durchunsere Partei vertreten werden.Unsere Parteigenossen Bauer, Tanz und Bracke hielten es auchfür gut, noch einige Zeit an ihrem gesicherten Platze hinter zweiTischen, umgeben von einer Anzahl Gesinnungsgenossen, zu ver-bleiben, da die Anwesenden zum Theil Drohungen auszustoßenfortfuhren. Hierbei zeichnete sich besonders ein Schneider ausMeerdorf aus, dessen Namen unsere Freunde zu erfahren suchenwerden; dieser bot schon bald nach dem Schlüsse der Versammlung unserem Genossen Bauer Schläge an. Nach einiger Zeitkam der Gutspächter von Bolse aus Duttenstedt, der seinen Ar-beitern das hohe Tagelohn von 10 Sgr. zahlt, zu Bracke mit demAnerbieten, die Ruhe herstellen z i wollen, und mit dem Ersuchenan denselben, in seiner Rede fortzufahren. Letzterer bedauerte,diesem Wunsche nicht entsprechen zu können, da nach seiner Auf-fassung die Versammlung aufgelöst sei; nur auf eine ausdrücklicheErklärung des Ortsvorstehers werde er weiter sprechen. Das Ver-fahren des Herrn Gutsbesitzers war offenbar eine Falle, in welcheunsere Freunde freilich nicht hineingingen.Da auch nach längerer Zeit die Menschenmenge, und zwar be-sonders die feindseligen Elemente darunter, sich nicht entfernte,machte zuerst Bauer den Versuch, ob man ihn ungehindert gehenlassen würde. Man ließ ihn gehen und wiederkommen und wiedergehen, ohne ihn anzufeinden. Ebenso entfernte sich Tanz, ohnedaran behindert zu werden. Bracke wollte ihm folgen, da es inzwischen Zeit geworden war, aufzubrechen, um den Zug in PeineZu erreichen. ES war gegen dreiviertel auf 5. Als Bracke, umdie auf den Hof führende Thür zu erreichen, durch den Saal ging,wurde er von den verschiedensten Seiten geschuppt und gestoßen;auch versuchte man, ihn an die Erde zu werftn, aber ohne Erfolg.Als diese erste Attake glücklich abgewiesen und Bracke nur nochwenige Schritte von der Thür entfernt war, faßte ihn der Herrvon Bolse an dem Arm und zog ihn, freundlieh winkend, zu sich,etwas von der Thür zurück. Bracke fragte ihn nun, was er wolle;aber die Antwort bestand darin, daß sich der Herr(der vonEinigen als„Edelmann" bezeichnet wurde) sich nunmehr zwischenBracke und die Thüre stellte und unserem Freunde hierdurch denAusgang versperrte. Dann kommandirte er:„Nu aber nich schuppen",woraus ein neuer Angriff auf Bracke erfolgte; indeß mit gleichungünstigem Erfolge. Bracke, dem der Hut vom Kopfe geschlagenwar, hielt sich aufrecht und suchte wiederum die Thüre zu ge-Winnen. Da erschien Tanz, welcher von außen bemerkt hatte, daßrm Saale Etwa» vorging, in der Thür, um Bracke zu Hülfe zurommen; aber in demselben Momente wurde er gefaßt, an denH�uren mitten in den Saal geschleppt und von einer großen An-zahl Menschen furchtbar geschlagen und mißhandelt.- rj" f» totr tu"?vzählung fortsetzen, müssen wir nunmehr EtwaSeinschalten. Bereits vor 14 Tagen, als Genosse Bauer, um dieVorbereltungen zur Versammlung zu treffen, in Meerdorf undDuttenstedt gewesen war, war er zwischen Duttenstedt und Peineüberfallen und mißhandelt werden. Ferner hatten unsere Genossendurch einen Freund des Maurers Grobe hier, dessen Frau inMeerdorf gewesen war, die Nachricht erhalten, daß eS seitens der.�Bauern", d. h. der größeren Hofbesitzer, Schläge fetzen solle.volge dieser Nachnchten hatten Tanz und Bracke sich mitRevolvern versehen, um im Nothfalle gerüstet zu sein; Brackehatte den seinigen indeß nicht einmal geladen, da er gewohntworden ist, auf solche Drohungen Nichts zu geben.Als nun Tanz mitten im Saale in so furchtbarer Weise geschlagen und mißhandelt wurde, glaubte er von seinem RevolverGebrauch machen zu sollen, um sich Lust zu schaffeu. Er hieltdenselben seinen Angreifern entgegen mit den Worten:„Wer mirnun noch zu nahe kommt, den schieße ich nieder!" E» nutzte ihmNichts; er wurde von allen Seiten aufs Neue überfallen undfurchtbar mißhandelt. Er hat auch von der in seinen Händen be-findlichen furchtbaren� Waffe keinen anderen Gebrauch gemacht alsden, durch das Vorhalten derselben seine Angreifer zurückzuschrecken;diesem Sozialdemokraten war auch ein mordspatriotisches Menschen-leben selbst dann noch zu heilig, um eS aufs Spiel zu setzen, alsdieses Menschenleben dem eigenen Leben gefährlich wurde. Eswar dieß vielleicht eine übergroße Achtung vor dem RechteAnderer, da alle Strafgesetzbücher die Nothwehr erlauben. Aberman sieht, wie sehr die Angst des„Tageblatts", die Sozial-demokraten hätten eine besondere Neigung zu dem„Kopskürzer-machen", begründet ist.Als der Angriff/ wie oben geschildert, mit neuer Wuth gegenTanz erfolgte, bekam Bracke etwas Luft und benutzte nun seineneigenen ungeladenen Revolver, um den Ausgang aus dem Saalezu erlangen, was ihm gelang. Im Saale wäre er wohl ebensofurchtbar mißhandelt worden, als sein braver Freund Tanz, derihm zu Hülfe hatte eilen wollen.Im Freien wurde Bracke steilich noch einmal angegriffen, ander Brust gefaßt, bei den Haaren gezogen und wüthend geschimpft,aber der herbeieilende Ortsvorsteher that hier seine Schuldigkeit,indem er weitere Angriffe verhinderte. Einige verlangten nun,Bracke solle ausgehängt werden; Andere wollten ihn in dasSpritzenhaus, wieder Andere nach dem Vechelder Amte gebrachtwissen. Der Ortsvorsteher entschied sich scheinbar für das Letztere;er erklärte Bracke als Arrestant. Borher schon hatte Bracke seinenRevolver, den man vergeblich ihm zu entreißen gesucht hatte, ab-gegeben; auch war er von Einem, welcher, nach der Kleidung zuurtheilen, ein Förster war, nach Pattonen durchsucht worden, frei-lich ohne Erfolg. Ebenso war ihm sein Stock zerbrochen worden.Bracke erklärte nun dem Ortsvorsteher, daß er als Arrestant jetztunter seinem, des Ortsvorstehers, Schutze stehe und er den Orts-Vorsteher für Alles verantwortlich machen müsse, was ihm nochpassire. Bracke wurde darauf in ein Zimmer des WirthshauseSgebracht und der Förster und einige Andere zu seinem Schutzeund zu seiner Bewachung aufgestellt. Vor ferneren mündlichenBeleidigungen, zu denen sich besonders ein ganz alter, von derhöchsten Austegung hingerissener Mann, dann der Förster undviele Andere berufen fühlten, und vor ferneren Drohungen wurdeBracke in seinem wunderlichen Arrestlokal freilich auch nicht ge-schützt. Kurze Zeit nachher intervenirte der Wendeburger Super-intendent, welcher„beioe Theile" ausforderte, die Sache in Güteauszugleichen. Bracke erwicerte ihm, daß er Nichts„auszugleichen"habe, sondern verlange, nach dem Amte transportirt zu werden,und daß eine genaue Untersuchung über solche haarsträubende Be-Handlung eingeleitet werde. Nach einigen Minuten verkündetedann aber der Ortsvorsteher unserem Bracke, daß er frei sei undgehen könne, begleitete ihn auf sein Verlangen auch bis an denAusgang des Dorfes, verhinderte, daß Jemand hinter ihm herging,und gab Bracke noch auf eine kurze Strecke eine sichere Be-gleitung mit.Mittlerweile war eS Tanz schlimm ergangen, er war furchtbargeschlagen und drei oder vier Mal an die Erde niedergeworfenworden, wobei ihm ein Knecht mehrere Male aus der Brust undauf der Stirn herumgetreten. Seine Haare halte man ihm soausgerissen, daß er thalergroße kahle Stellen auf dem Kopfeerhalten hat. Auch scheint sein Kopf selbst beschädigt zu sein;seine Brust ist nicht unerheblich verletzt, da sein Herzschlag nachden Aeußerunge» der ihn behandelnden Aerzte nicht in der ord-nuugsmäßigen Weise vor sich geht. Unter Denen, welche Tanzangegriffen und mißhandelten, zeichnete sich besonders der bereitserwähnte Schneider, dann der„Edelmann" und jener Knecht aus,von welchem Letzteren, wie mitzetheilt, die Tritte auf die Brustherrühren. Einige Andere werden noch ermittelt werden.Nach verzweifelter Gegenwehr war es Tanz endlich gelungen,die Flucht zu ergreifen, unter Zurücklassung seines HuteS, feinesStocks und seines Revolvers. Der Hut wurde ihm von einemBekannten nachgebracht. Er schleppte sich dann bis eine Streckehinter Duttenstedt. Unterwegs wurde er von Bauer eingeholt.Letzterer hatte nämlich, einiger Abonnements auf den„BolkSsteund"wegen in Meerdors verschiedene Wege abgemacht und wurde, alser nach dem Berkhoff'schen Gasthause zurückkehren wollte, vonFreunden unserer Sache gewarnt und, da er Bracke und Tanzdoch nicht mehr helfen konnte, auf sicherem Wege auS dem Dorfegeleitet. Unweit Peine kam auch Bracke wieder zu seinen beidenFreunden. Tanz war vollständig erschöpft und wollte in einemGraben liegen bleiben. Er hatte Fieber, hustete fortwährend undkonnte nur mit Mühe athmen. Er wurde dann von Bracke undBauer nach Peine wehr gettagen, als er ging. Jetzt ist er inärztlicher Behandlung und wir hoffen, daß wir ihn in nicht all-zujerner Zeit wieder vom Krankenlager aufstehen sehen, obschondie erhaltenen Beschädigungen leider nicht unbedeutend sind.Bracke ist mit einigen Rippenstößen, Püffen und Knüffen, miteinem zerrissenen Vorhemd, zerzausten Haaren und mit zerbrochenemStocke davongekommen. Bauer hat gar keinen Schaden gelitten.Tanz dagegen ist die Uhr zerbrochen, der Stock verloren und diesämmtlichen Kleidungsstücke, vom Ueberzieher bis z»m Hemde,zerrisi en.Bereits ist der Staatsanwaltschaft Anzeige gemacht und Sttaf-antrag gegen Diejenigen, welche Tanz die Körperverletzung zuge-fügt haben, gestellt worden. Privatanklage wegen der anderenVergehen wird eingeleitet werden. Auch hat der OrtsvorsteherGrobe in Meerdorf— schon der beiden dort gebliebenen Revolverwegen— von den Vorfällen Anzeige zu machen."Zu bemerken ist hier wenig oder Nichts. Die„Bildung" vonPfaffen, Beamten und„Edelleuten" ist aber in ein so helle» Lichtgestellt, daß jeder Arbeiter, der sich die Sache nur einigermaßenüberlegt, nicht selbst Sozialdemokrat zu sein braucht, um dringendzu wünschen, daß„vaterlandslose" und„reichsfeindliche" Sozial-demokraten, nicht aber bubenhafte Flegel, deren„Vaterland" dasCorrektionShaus sein sollte, die Sitze des Reichstags einnehmen.Es ist schon um des AnstandeS Willen!"Nankwitz, 2. November. Konnten sich die Bewohner derogenannten„Reichslande" schon längst auf recht hübschen Zuzugzefaßt machen, wenn in fast allen größeren Städten riesenhaftePlakate zu lesen waren mit der Aufschrift:„Wir gehen nach Straß-bürg","Wir gehen nach Metz" ic.» und diese Anzeigen namentlichvon den modernen Kleiderhändlern, den Schwindelgeschäften, her-rührten, die„Ausverkauf" hielten, um die„neuen LandeStheile"glücklich zu machen, so tteten hie und da noch unheimlichere Ge-ellen aus, die die Segnungen des Reiche» der„Gottesfurcht undftommen Sitte" auch dorthin zu verpflanzen suchen. In Liegnitzwurde vor einigen Wochen ein„Bauunternehmer" Gabriel, derJahre lang dort den modemen Häuserbau- Schwindel trieb, zuletztsich jedoch genöthigt sah die„Reichslande" zu beglücken und sichin Straßburg niederzulassen, zu I V, Jahr Zuchthaus und 100 Thlr.Geldbuße wegen Meineid und Urkundenfälschung verurtheilt. Wie-viel solchen Abschaums mag nicht dahin gewandert sein, um deutsche„Ordnung" und„Zucht" dahin zu verpflanzen!Augsburg. Samstag den 18. Oktober fand im Gasthaus zuden„Drei Königen" eine von circa 800 bis 1000 Personen be-suchte Volksversammlung statt. Auf der Tagesordnung stand:„Kapital und Arbeit"; als Referent hatte Most zugesagt. DerVorsitzende Endres machte der Versammlung bekannt, daß der Re-ferent am Erscheinen verhindert fei und überließ eS der Versammlung, selbst einen solchen zu bestimmen. Kurz vor Eröffnung derVolksversammlung fand sich Freund Motteler aus Crimmitschauein, der sich, gerade auf einer Geschäftsreise begriffen, in Augsburgbefand. Freund Tauscher übernahm, obwohl gänzlich unvorbereitet,das Referat. Redner kritisirte in gewohnter ttefflicher Weise unseremodernen Gesellschaftseinrichtungen, wies durch Beispiele die Un-Haltbarkeit derselben nach und kam schließlich darauf zu sprechen,wie das heute herrschende System der Ausbeutung des Menschendurch den Menschen beseitigt und an dessen Stelle die fteien Produktivassoziationen mit StaatSkredit gesetzt werden müssen, inwelchen den Arbeitern der volle Arbeitsertrag gesichert sei. DaSReferat wurde mit großem Beifall aufgenommen. Nach Tauschersprach Freund Motteler. Wir gestehen— obwohl wir nicht mehrNeulinge in der Arbeiterbewegung— daß wir unsere Prinzipiennicht wohl je besser und gründlicher verkünden hörten. Mottelerbehandelte die Tagesordnung vom wissenschaftlichen Standpunkteau», aber so allgemein verständlich und mit Humor gewürzt, daßer die Anwesenden zu wahrer Begeisterung hinriß und oft durcheinen wahren Beifallssturm unterbrochen wurde.— Es magmancher der vielen anwesenden Gegner, die nie den Muth haben,in Versammlungen uns offen gegenüber zu treten, die Ueberzeugungmit fortgenommen haben, daß eine Idee, die mit solcher Begei-sterung, mit solcher Hingebung und Energie verfochten wird, docheine gerechte sein müsse.— Sonntag den 19. Oktober wurde in den„Drei Königen"eine öffentliche Metallarbeiterversammlunz abgehalten, in derEndreS, Stollberg und schließlich Motteler über den Nutzen derGewerkschaften reserirten und wurde eine hübsche Anzahl neuerMitglieder für die Gewerkschaft der Metallarbeiter gewonnen, derenExistenz durch den„liberalen" Bescheid des„reaktionärer." baye-rischen Ministeriums gegenüber den„reaktionären" Beschlüssen des„liberalen" Magistrats gesichert ist.— Samstag den 25. Oktober fand hier wiederum Bolksver-sammlung in den Sälen des Gasthofes zu den„Drei Königen"statt mit der Tagesordnung:„Die Interessen der arbeitendenKlassen und die ReichstagSwahlen." Referent: Most. War dieacht Tage vorher stattgehabte Versammlung, in welcher derselbereferiren sollte, daran aber verhindert war, schon zahlreich besucht,so war es bei dieser noch mehr der Fall. Die beiden geräumigenSäle waren zum Erdrücken voll. Nachdem das Bureau gewähltwar, begann Most seinen Vorttag, indem er zunächst den erstenTheil deS Referats„die Interessen der arbeitenden Klassen" näherund in eingehendster Weise erläuterte. Marx' Kapital benutzte erhiezu als Grundlage und er wußte dies aber auch in einer Weiseauszuführen, die ihm alle Anerkennung zu Theil werden ließ. ESwürde den Raum dieses BlatteS zu sehr in' Anspruch nehmen,wollten wir ausführlicher darüber berichten. War Freund Mostbisher schon ejner unserer besten Kämpfer, so ist es jetzt dochdeutlich zu erkennen, daß die Zeit seiner Haft eine Hochschule fürihn war zum Studium deS Sozialismus, er hat diese Zeit reichlichausgenützt und hat alle Ursache, dem Staate für diese Gelegenheitdankbar zu sein!— Als Most etwas über eine Stunde gesprochenhatte und die Konsequenzen der kapitalistischen Produktionsweiseschilderte, die endlich einmal, wenn sie faul und morsch sein wird,den Haß und die Erbitterung der Arbeiter hervorrufen muß u. s. w.,da unterbrach ihn einer der anwesenden Polizeikommissäre, indemer die Versammlung kraft des Vereinsgesetzes für geschlossen er-klärte. Alles Protestiren dagegen half nichts, er forderte die An-wesenden aus, binnen einer Viertelstunde den Saal zu verlassen.Der Vorsittende suchte nun die aufgeregten Massen zn beschwich-tigen, darauf hinweisend, daß die Polizei die Versammlung schloß,nicht weil sie das Recht, sondern die Gewglt hiezu habe. DieMenge machte ihrer Aufregung nun Luft durch Absingen deS Ar-beiterbundeSliedeS und„Der Staat ist in Gefahr" k. Der anwesenden Polizeimasse mag es wohl schwül dabei geworden sein.—Unserer Sache hat diese willkürliche Auflösung gewiß nicht geschadet.Den nicht erledigten zweiten Theil des Referats„Die Reichstags-wählen", wovor es unseren Nationalliberalen und ihrem Kandi-daten, unserm„Stadtsischer" wohl mit Recht grauen mag, werdenwir dieser Tage in einer Volksversammlung erledigen, für Propa-ganda hat schon die hohe Polizei gesorgt.— Da män diesen ge-jährlichen Menschen hier in seiner Baterstadt nicht ausweisen kann,so wird er sich zur gelegenen Zeit auch veranlaßt fühlen, sich hiersehen zu lassen. Wenn er dann auch nicht sprechen darf, so ver-breitet eS ja doch schon Schrecken in dem betreffenden Lager, wenneS heißt: Most ist da!— Am Samstag den 1. November hatten wir dasselbe Themawie vor acht Tagen auf die Tagesordnung der Volksversammlunggesetzt, in welcher Freund Grillenberger auS Nürnberg reserirte.Von mehreren Parteigenossen darauf aufmerksam gemacht, wie manvon Seite der hohen Polizei mit allen Mitteln darauf hinarbeite,eine Diskussion über die ReichStagSwahl unmöglich zu machen, umden grünen Sitz de» Stadtfischers nicht zu gefährden, daß manjedenfalls auch diese Versammlung auflösen werde, sobald sich nurder geringste Anlaß dazu biete, befleißigte sich Redner der größt»möglichsten Objektivität und beschränkte sich hauptsächlich darauf,mit Zahlen zu beweisen, daß der bisherige Reichstag für da»arbeitende Volk absolut Nichts gethan habe. Trotz der Behutsam-keit, mit der er dabei zu Werke gehen mußte, wußte er aber diegesammten„Thaten" des hohen HauseS mit solch schneidendemHohne zu behandeln, daß ihm der ungetheilte Beifall der nochzahlreicher als die beiden vorhergegangenen besuchten Versammlungzu Theil wurde. Zum Schluß forderte er die Anwesenden auf,wie ein Mann zur Wahlurne zu schreiten und dem unerschrockenenRevokutionSsoldaten Most ihre Stimmen zu geben, damit dieSozialdemokratie in Augsburg bei der Wahl wenn auch noch nichtzum Siege, so doch wenigstens zu Ehren gelangen möge. Hieraufergriff noch Tauscher das Wort und wies mit seiner Donnerstimmedarauf hin, daß dem nächsten Reichstag noch weit reaktionärereGesetzesentwürse vorgelegt werden würden, wie dem diesmaligen,daß man namentlich beabsichtige, einen AuSnahmezerichtShof für„Hochverrath" und ähnliche„Verbrechen" zu errichten und daßdiese volksfeindlichen Absichten jedenfalls Gesetzeskraft erlangenwürden, wenn das arbeitende Volk nicht feine Stimme in die