dcS zu schaffenden„RcichsrechtS", welche Frantz in den oben cilir-tcn Ausführungen angeregt hat, ist indeß so bedeutend und weit'tragend, daß auch wir uns damit beschäftigen dürfen, ohne Zeitzu verschwenden. Frantz erkennt, daß in der heutigen Gesellschaftdie Parole lautet: Hie Liberalismus! Hie Sozialismus! Wenner den ersten verwirft und den zweiten nicht wünscht, so zeigt dieseben nur, daß er den Messias, der die von ihm(Frany) erkanntenSchäden heilen soll, von einer Seite erwartet, von wo er nichtkommen wird. Dort die liberale Bourgeoisie, hier das sozial-demokratische Proletariat! Dies sind die beiden Gegner, die denpolitischen und sozialen Kampf der Gegenwart kämpfen und auchden der Zukunft ausfechten werden; was zwischen diesen beidensteht, ist von keiner Bedeutung!Politische Uebersicht.— Die Reichstagswahlen haben, wie zu erwarten, die Re-actionSpresse aller Schattirungen in Bewegung gesetzt und vonden General-„Sauhirten« in der„Norddeutschen Allgemeinen«und„Wcserzeitung" herab bis zu den kleinen Trompetern in denAmtSblättchen von Schilda und Krähwinkel wird zum Angriffgegen die Sozialdemokratie geblasen. Nun, wir sind gerüstet,eS kann losgehen.Was die ReactionSpresse, heiße sie sich nun fortschrittlich, libe-ral, konservativ oder ultramontan, schon alles über uns gelogenhat, das wissen unsere Leser am besten aus der Zeit, wo unsereBrüder in Paris das rothe Banner der Brüderlichkeit hoch flatternließen vom Giebel des Stadthauses, und wer noch nicht an dieVerlogenheit der Bourgeoispresse glaubt, der kann sich bei nureinigermaßen gutem Willen auch in diesen Tagen überzeugen.Wie Spinola einst sagte:„Zum Kriegführen gehört Geld, Geldund abermals Geld«, so folgt unsere Bourgeois- und Reactions-presse der geheimen Devise:„Wollen wir siegen, dann heißt es:„Gelogen, Welogen, chelogen!« Und wie wacker sie ihre Devisehalten, die edeln Brüder von Reptilienfonds, von Bismarcks undStiebers Gnaden! Ist doch das„Braunschweiger Tageblatt", dasunserm Parteigenossen Bracke bezüglich seines Charakters nichtdas Geringste nachsagen, das an Bracke's Ehre nichtden mindesten Makel nachweisen kann, schon soweit gekommen,daß es ihn„Ehren-Bracke" nennt! Es gibt auch eine Ironie,die zweischneidig ist und namentlich kommt sie vor bei Leuten, diedas Wort„Ehre" gern in demselben Munde führen, der einst anBismarcks Tafel gefüttert worden ist. Wir machen die Schreiberdes„Brannschweiger Tageblatts« hierauf aufmerksam.Dem ganzen verlogenen Schwärm voran marschirt die„Magde-burgische Zeitung", ein Blatt mit einer schlauen Redaction, soschlau, daß sie bereits ein„geheimes(!) Abkommen" zwischenSozialdemokraten und Ultramontanen entdeckt hat. Man solltewirklich meinen, die Magdeburger Tante sei noch so gelehrig, daßsie in ihren alten Tagen sich die Künste der Stieberei glücklichzu eigen macht. Aber leider ist die schöne Zeit„voll Wohlstandund Büraerglück" entschwunden, wo Stieb er Protokolle fälschenund der Lump Hentze als„Zeuge" die preußische Civilisatiouvor der demokratischen„Pest" retten konnte. Auch Lindenbergsitzt als Dieb im Loch, und so muß selbst die Tante Magdebur-gerin eingestehen, daß es„anders" geworden ist; sie wischt sich diefrommen, so oft verdrehten Augen mit der Schürze und ruft:„Daß die Sozialdemokratie im künftigen ReicbStag stärker vertretensein wird, als im letzten, scheint sicher."— Ja, liebe Taute, unddu wirst wohl wieder zur Schürze greifen müssen, wenn dir dasWahlresultat an die alten, gehorsamst hängenden Ohren schlägt.Aber ersparen wir unfern Lesern das Gefühl des Ekels, dassich ihnen sicherlich aufdrängen würde, wollten wir all die Nieder-tracht, all die Erbärmlichkeit vorführen, mit welcher unsere Gegnerdas Treffen zur kommenden Wahl eingeleitet haben. Lachen wirlieber über die Grimassen, welche die alte Reaction schneidet! Mitungeheurer Heiterkeit wollen wir uns die verblüfften Gesichter Der-jenigen betrachten, die da glaubten, das alte Verdummungsgeschäft,wie es schon seit Jahrtausenden von frommen und nnsrommenDieben,„ehrlichen" und unehrlichen Leuten, feinen und grobenBetrügern, kleinen und großen Staatsmännern so gewinnreich betrieben worden, gehe gemüthlich weiter unter den einlullendenKlängen des„Eiapopeia vom Himmel".—„Bei den Reichstagswahlen haben wir mit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen, alsbei denen zum Landtage", sagt, sich vor Bauchgrimmen windend,die Mazdeburgerin. DaS klingt allerdings anders als„Eia-popeia!"Möge der Erfolg der gegenwärtigen Agitation sein welcher er«olle, möge die Zahl der Männer, welche sich das arbeitendeVolk zn seinen Vertretern im„Reichstag" erwählt, �größer oderkleiner sein— wir werden Gelegenheit erhalten, die Verlogen-heit, die Schlechtigkeit der Gegner an den Pranger zu stellen;wir werden Gelegenheit haben, ihr Verdummungsgeschäft,wo nicht zu legen, so doch zu beeinträchtigen— Dinge, wahrlichnicht unwerth unserer ernsten Arbeit. Darum alle Kräfte an-gespannt!— Die„Kehrseite der Medaille". Wenn die von derPreußcnseuche befallenen Soldschreiber Bismarcks von Berlin,dem Brennpunkt der preußischen Civilisatiou an der Spree reden,so geschieht dies in den überschwänglichsten Ausdrücken, und manmöchte dabei fast befürchten, daß es noch Gimpel gebe, die daglauben, die Residenz der Hohenzollern sei das Paradies aus Erden.Herr Gustav Freytag gehört zwar auch zu denjenigen Schrift-stellern, die stark au der Preußenseuche kranken; indeß hat er manchelichte Augenblicke, und in einem solchen mag er in seiner Zeitschrift:„Im neuen Reich" die Schilderung von Berliner Zuständender Oeffentlichkcit überliefert haben, wie wir sie hier zum Abdruckbringe,:. Wir greifen die bezüglichen Stellen heraus:,'.An Kellerwohnungen ex, stiren in Berlin nicht etwa einigeDutzend oder ein paar Hunderte, sondern volle 14'/i Tausend mitüber KO.stOll Einwohnern, eine bedeutende unterirdische, lust- undlichtarme Stadt mit leider oft auch lichtscheuen Bewohnern. Inkeiner ebenbürtigen Großstadt sind dieselben so allgemein verbreitetwie in Berlin. Und das Sonderbarste und Ueberraschendste dabeiist, daß gerade die ansehnlichsten, relativ neu angelegten Viertelder Residenz, diejenigen Straßen, wo dje Prachtbauten und Palästedes Capitatö sich gegenseitig an Luxus und Eleganz zu überbietensuchen, auch die meisten Kellerwohnungen, etwa 9"- Prozent allerWohnungen Berlins, in der FricdrichSstadt dagegen schon über17 Prozent, in der Friedrich-WilhelmSstadt 13 Prozent.lieber die Hälfte dieser elenden, kaum des Namens einerMeuschenwohnung würdigen�Gewolbe besitzt nur ein heiz-bares Zimmer, nämlich 63 Prozent derselben, einzelne, aber glück-licherweise nur sporadisch vorkommende, sind gar nicht heizbar.Diese finden ftch meist in den alten Stadttheilen. Da« uugün-stigste Berhältniß aber zeigen die Oranienburger und RosenthalerVorstadt, die meist von dem eigentlichen Proletariat, von kleinenHandwerkern, Krämern und Tazlöhnern bewohnt«erden, sowiedas neue Weichbild und Weberdistrikte.Welche Klassen der Gesellschaft bewohnen nun die eigentlichenKeller, welche ist deren soziale Stellung, welchen Einfluß habendie Kellerwohnungen auf die allgemeine Sittlichkeit der Hauptstadt?Dr. Schwabe stellt in dem städtischen Jahrbuch von 1871 folgendevier Klassen derselben nach der Prozentzahl ihres Contingents zurEinwohnerschaft Berlins auf 34 Prozent kleine Handwerker: Schuster,Klempner, Schlächter, Barbiere u. dgl.; 32 Prozent Tagelöhner,Handarbeiter, Wäscherinnen, Dienstmänner und PortierS; 20 Pro-zent kleine Handelsleute, Trödler und Pfandjuden, bei denen, wiebekannt, Lumpen, altes Eisen, alte und neue Kleider, Bücher undsonstige Utensilien„zu den höchsten Preisen" gekauft und verkauftwerden, die aber auch kleine Geld- und Wuchergeschäfte a laDachauer Bank treiben und sich in ihren unterirdischen Löchernwenig daraus machen, hie und da einmal ihrem verfallenen Klientenmoralisch den Hals umzudrehen. Endlich, und daS ist die interessan-teste, in sozialer Hinsicht aber auch verwerflichste Klasse, 14 ProzentSchankwirthe und„Budiker", ein weit umfassender Begriff.Unter diese vierte Kategorie gehören nämlich, als ehren-werth e(!) Ausnahmen, auch mehr oder weniger elegante Restau-rateure, die berüchtigten Berliner„Kaffeeklappen", in denen, lautam Eingange angehefteten Preiscourant,„eine Portion Kaffee6 Pfennige, eine Tasse Kaffee 1 Sgr." kostet. Der„mythisch"billige Preis von 6 Ps. für die Portion Kaffee entspricht natürlichden Bestandtheilen dieses edlen Getränkes, das, mit Kalkmilch undeiner Beimischung von Syrup gekocht, aus Cichorien besteht, aufdie etwa ein halbes Loth Kaffee gegossen wird.„Sahne is„ich"und ebensowenig Zucker. Ebenso stereotyp ist die Lectare in derKafferklappe, bestehend gewöhnlich ans drei Blättern, der Gerichts-zeitung, der alten Held'schen Staatsbürger-Zeitung und dem In-telligenzblatt. Das dort verkehrende Publikum besteht aus Leuten,die entweder schon gänzlich verkommen oder nahe daran sind, indie Sphäre der„problematischen Existenzen" überzutreten, meistunverheirathete Schlafstellen-Bewohner, sogenannte„Schlafburschen",entlassene oder baronisirende Handlungsdiencr und Ladenschwengel,brodlos gewordene Bureauschreiber, unsterbliche Studenten in aller-höchsten Semestern, Künstler von großem Namen aber ohne Be-schäftizung und sonstige dergleichen verkannte Genies; alles Leute,die gegen acht und neun Uhr Morgens ihre äußerst bescheideneCliambre garnie verlassen und sich dann regelmäßig, namentlichbei rauher Witterung, in der Kaffeeklappe einfinden, wo sie stetsgleichdenkende und gleichduldende Seelen treffen, mit denen sie füreinen Silbergroschen den'Vormittag im Trockenen und Warmenzubringen, plaudern und planen können, die Gerichtszeitung drei-mal durchstudiren und vor allem das Jntelligenzblatt durchstöbern,ob sich darin vielleicht eine Beschäftigung, ihrer Würde und ihrenKräften angemessen, angeboten findet. Am Abend endlich verkehrendaselbst auch einzelne Straßendamen, um gelegentlich gegen diekalte Abendlnft oder gegen die noch unbarmherzigere Polizei Schutzzu suchen.Das düsterste Bild von den traurigen Eigenthümlichkeiten derKellerwohnungen aber bietet noch immerhin die zahlreichste ersteoder zweite Klasse bezüglich der denkbarsten Raumbeschränkung,jene LS Prozent der von Handarbeitern und Tagelöhnern bewohntenKellerhöhlen mit einem oder zwei oder gar keinem heizbaren Zim-mer. Ein junger Arzt unserer Bekanntschaft wird noch spät gegenMitternacht zu einer todtkranken Frau gerufen, die in einem Kellerin den äußersten Marken der Borstadt wohnt. Im Dunkeln etwazwanzig Treppenstufen hinunterfteigcnd, im Dunkeln bis an dasEnde eines engen feuchten und dumpfen Kellergewölbes umhertappend, gewahrt er auf halb verfaultem Stroh auf dem mitrotyem Ziegelstein gepflasterten feuchtkalten Boden drei halbnackteKinder im A'ter von drei bis zehn Jahren, in der andern Eckeeinen im tiefsten Rausche schnarchenden Menschen von wildem,bärtigem Aussehen, den Vater dieser unseligen Brut, den trunkenenGatten des mit dem Tode ringenden WeibcS, feines Zeichens einMaurer— die ganze Scene beleuchtet von dem zuckenden Licht-strahl eines flackernden Talgstumpses.Und dieses finstere, elende Loch war die tägliche und nächtlicheWohnung und Schlafstätte für sechs Menschen, die alle der Aus-zehrung zum Opfer fallen mußten, eine jener zahlreichen übervöl-kcrtcn Wohnunzen, welche sich in Berlin von Jahr zu Jahr inerschreckenden Prozenyahlen mehren, wofür noch immer keine Abhilfe geschieht, weder seitens der Gesellschaft, noch seitens derstädtischen Commune."Zustände, welche wahrlich geeignet sein sollten, unsere deutschenMichel vou der Preußenseuche zu heilen. Aber Michel erfährt vondiesen Dingen Nichts. Plaudern ihm doch seine Zeitungsschreibertäglich vor von dem„Centralplatze deutscher(d. i. preußischer)Wahrhaftigkeit", erzählen sie ihm doch täglich von dem Thurm,der den Reichskriegsschatz enthält und bis obenauf mit gemünztemGold angefüllt ist, von den Orden, die es täglich auf die Brust-lätze guter Patrioten regnet, von den großen Paraden, wo es nachUniformen riecht, von den droschkenfahrenden Arbeitern, von denSteinträgern, die bei fünf Thalern täglichen Verdienst den Champagner zum Frühstück aus Weißbiergläsern trinken und so einenRehrückeu im Handumdrehen verzehren, von den bösen Sattler-gesellen, die ihre Fahrt in's Arbeitslokal bezahlt haben wollen,vom großen„Culturkampf" und vom guten Reichstag, der daß„Bewilligen"— obfchon'S der Bismarck eigentlich nicht braucht—doch so trefflich versteht, daß das Pavschquantnm schon an allenNähten geplatzt ist in Folge allzugroßer Angeschwollenheit. MeinLiebchen, waS willst Du noch mehr? WaS Wunder, wenn so einguter Michel da denkt, in Berlin sei daS Himmelreich auf Erdenwirklich hergestellt, und die verruchten Sozialdemokraten verflucht,die mit solch paradiesischen Zuständen unzufticden sind und garkeine„Vernunft" annehmen wollen?Hoffentlich wird der Frevtag'sche Auffatz Manchem einen Strichdurch seine paradiesische Rechnung machen und wird vielleichtMancher uns nun Recht geben, wenn wir hier wiederholen: dieMedaille, welche auf der Vorderseite die Pickelhaube, die„schönen Cavalleriegefechte" und den„Culturkampf«trägt, muß nochwendigerweise aus ihrer Kehrseite daS furcht-barste Massenelend, die infamste Prostitution und dieschrecklichste Verwilderung aufweisen. Die moderne„Entwick-lung« aber führt dahin, wo diese Kehrseite fichtbar werden wirdund wo sie keine Pickelhaube, keine„schönen Cavalleriegefechte« undkein„Culturkampf" mehr werden verhüllen, den Blicken der Weltentziehen. Man wird dann keine Baracken mehr abzureißenbrauchen, damit sie die Augen„hoher" Herren nicht beleidigenund Hr. Polizeipräsident von Madai bekommt dann vielleicht nochGelegenheit, zu sehen und zu lernen, vou wannen die Prostitutionkommt und wohin sie wieder.geht. Es wird dann in anderenHänden liegen, zu entscheiden) ob die Kehrseite der preußischenMedaille eine Beleidigung für die Menschheit ist oder nicht!— Preußische Musterwirthschaft. Weftphälische Handelskammern haben sich an daS preußische Handelsministerium zewen-det mit dem Ersuchen, dasselbe möge die Tarifsätze der Eisenbahnenfür Kartoffelsendungen herabsetzen. DaS Handelsministerium hatdieses Ersuchen abschlägig beschieden, da„ein Nothstand nichtzu befürchten sei".Wie eS scheint, haben die Handelskammern beabsichtigt, durcheine Ermäßigung der Fahrtarife auch eine Ermäßigung der Kartoffelprcise zu erwirken und somit der arbeitenden Klasse eineErleichterung zu verschaffen, da diese sich ja zum weitaus größtenTheil von Kartoffeln nährt. Damit haben sie freilich weit nebendas Ziel geschossen. Es ist Thatsache, daß die Herabsetzung desFrachttarifs fast ohne Ausnahme nicht den Consumenrea zugutekommt, sondern jenen Lieferanten und Spekulanten, welche sichals„Zwischenhändler" so unverschämt zwischen Producenten undConsumenten drängen und so die Arbeiterklasse doppelt betrügenund bestehlen. Die Arbeiterklasse muß sonach von dem Ertragihrer Arbeit den„Profit" für den„Unternehmer" und den„Verkäufer" abgeben und'ist doppelt übel dran. Aber nicht etwa au«solchen Befürchtungen hat das preußische Handelsministerium dasAnsuchen der Handelskammern in Westfalen abgelehnt, es hat alsGrund seiner Ablehnung nicht geltend gemacht, daß ja auch be,ermäßigten Tarifsätzen die Kartoffeln für die Bevölkerung geradeso theuer bleiben, wie vorher, und nur die Zwischenhändler mehrProsit haben. Wie mau in Preußen maßgebenden OrteS in ssl-chen Dingen denkt, daS dürfte am Besten eine beachtenswerthe lNotiz zeigen, welche der„Frankfurter Zeitung" aus Süddeutsch Iland zugeht. Es heißt da:„Der Abg. E. Richter hat in seiner Rede über das preußischeStaatsbudget auch die finanziellen Ertragsverhälrnisse von Steinkohlengruben und Eisenbahnen erwähnt. Dieser Gegenstand hatnoch eine weitere, sehr beachtenswerthe Seite. Allgemein undlängst drang man darauf, und zwar mit großem Erfolge, daß die IBahnverwaltungen ihre Tarifsätze für KohlentranSport auf einMinimum herabsetzten. Natürlich wurde damit bezweckt, jenes 1unentbehrliche Brennmaterial den Consumenten um so wohl- 1feiler zu verschaffen. Ja früherer Zeit boten sich auch die Gruben- sund Eisenbahnverwattungen gemeinsam die Hand, um durch billigePreise einen möglichst ausgedehnten Absatz zu erzielen. Ander«in den letzten Jahren. Die Bergwerksvenvaltung(und wir redenspeziell von der Saarbrücker) benutzte die wohlseilen Eisenbahn-fruchten, um den Preis der Kohlen mehr und mehr in die Höhezu schrauben. Die Niedern Frachtsätze sind nicht mehr dem Pu-blikum, sondern einzig und allein dem preußischen Fiscuszugute gekommen. Der Preis der Saarkohlen ist binnen zwecJahren durchschnittlich um hundert Prozent erhöht worden.Es ist uns dieser Tage eine Denkschrift zu Gesicht gekommen,welche nicht nur erörtert, daß der sog. Pfennigtarif die gesteigertenSelbstkosten nicht mehr deckt(die pfälzischen Bahnen allein habenin Folge der Kohlenpreissteigerung eine Mehrausgabe von ea.300,000 fl. jährlich), sondern worin auch vollkommen glaubhaftnachgewiesen ist, daß die billigen Fahrtaxen lediglich als Anreizungzu immer weiteren Preissteigerungen dienten, und daß rechtz-itigeFrachtpreiserhöhungen die rasch auf einander gefolgten Preisauf-schlage der Kohlen um den Betrag dieser Erhöhungen ermäßig�gehalten hätten. Es wäre im Interesse de? kohlenbedürftigen Pu-blikums zu wünschen, daß der preußische Landtag daS hier ange-deutete Berhältniß näher in's Auge faßte.— Nachschrift. Soebenerfahre ich, daß man in Saarbrücken die Kohlenpreise neuer-,dingS wieder erhöht hat!"Da hätten wir also den Standpunkt, den die preußische Re-gierung solchen Fragen gegenüber einnimmt. Handelt eS sichdarum, die Tarifsätze zu ermäßigen im Interesse der Consumenten,so lehnt sie es ab, und es ist ihr gleichgiltig, ob die Ermäßigungden Zwischenhändlern oder den Consumenten zugute kommenwürde; wo sie aber, wie bei den Saarkohlengruben, die Stellungdes Unternehmers und Zwischenhändlers zugleich einnimmt, dabesinnt sie sich gar nicht, die Tarifsätze zu ermäßigen, damit siedie Kohlenpreise in die Höhe schrauben kann. Die erhöhten Preiseaber drücken den Kleinbürger und den Arbeiter. So wird dieArbeiterklasse zur milchenden Kuh für den Staat und für dieBourgeoisie, was die beiden Letzteren nicht hindert, daS kärglicheBündel Heu, das dieser milchenden Kuh noch bewilligt wird, stetShöher zu hängen und spärlicher zu bedenken.— Im Max Hirsch'schen„Gewerkverein« finden wir eine Notizbezüglich der oberlausitzer Gewerbevereinc, wonach die Generalversammlung derselben nachstehende fünf„Thesen", die dem Ge-Hirn deS Oberlehrers Packe inZittau entsprungen, angenommen hat:„1. Der oberlausitzer Central-Gewerbeverein hält die Grund-sätze der Sozialdemokratie für verwerflich und hat des-halb dafür Sorge zu tragen, daß allen im Bezirk auftretendei'.sozialistischen Agitatoren Opponenten entgegenlreten.2. Die soziale Frage ist wesentlich mit BildungSftage. Dem-gemäß haben alle Vcrbandsvcreine:a. Arbeiterbildungs- und Gewerkvereine inS Leben zu rufen;wo das nicht möglich, haben sie in regelmäßiger Wieder-kehr öffentliche Versammlungen abzuhalten, in denen Fragenzu erörtern sind, welche die Interessen der Arbeiter be-rühren;d. die durck daS neue Schulgesetz geschaffenen Forbildungs-schulen kräftig zn unterstützen und dafür Sorge zu tragen,, vdaß in diesen Schulen unter allen Umständen Unterrichtüber die wichtigsten Grundsätze der Volkswirthschastslehreertheilt werde;c. Fortbildungsschulen für erwachsene Mädchen zu errichtenin Orten mit Großindustrie namentlich ist in diesenSchulen auch Unterricht in weiblichen Handarbeiten zuertheilen und sind die Schülerinnen im Kindergarten zu!beschäftigen.3. Zur Erhaltung des Friedens zwischen d en betreffenden tFaktoren der Produktion sind Einigungsämter, resp. Schiedsgerichte!zu errichten.4. Im Interesse der gedeihlichen Weitcrentwickliing und Sicher- fftellung der wirthschaftlichen Lage der Arbeiter haben die Gewerbe-;vereine dafür zu agitiren,a. daß alle Arbeitgeber ihre Arbeiter in einer Unfallver-IsicherungSgenossenschaft versichern;d. daß die Arbeiter Kranken- und Begräbnißkassen beitreten;!c. daß die Arbeiter in Wittwen- und Jnvalidenkassen treten;!ä. daß daS Genossenschaftswesen, namentlich in der Form der»Konsum- und Vorschußvereinc gedeihe.S. Die Gcwerdevereine haben lebensfähige Produktiv-Genossm-schaffen zu errichten, resp. bestehende zu unterstützen."Max Hirsch schließt sich natürlich diesen„Thesen" verständniß;innig an.Wir haben vier nur unsere aufrichtige Freude auszudrücken,!daß sich in Sachsen endlich einmal Leute finden, die sich uns mit joffnem Bistr gegenüberstellen wollen. Auf den Inhalt der„Thesen" J