Befferuog derstlbta einzutreten gewillt ist. in den Reichstag zu schicken. Nach dem SiegeStaumel, welcher bei der im Jahre 1871 stattgefundenen Wahl herrschte, ist eine allgemeine Ernüchterung eingetreten. Der bisherige Vertreter unsere« Bezirk», vr. Minck- witz, hat durch sein Verhalten im Reichstag nicht wenig dazu bei getragen. Nicht ein einzige« Mal hat er e« der Mtthe s»r«erth zehalten, da« hier oben herrschende Elend an der Stelle, wo er verpflichtet war, fUr da« Wohl und Wehe seine« Bezirk« eiuzu- treten, zur Sprache zu bringen; nicht ein einzige« Mal hat er Rechenschaft über seine Handlungen im Reichstage abgelegt. Die hiesigen Arbeiter sind daher nicht mehr willen«, sich für da» In teresse der Besitzenden al« Stimmvieh benützen zu lasten. Die« haben auch die Gegner begriffen. Die Zeiten sind vorüber, wo die„gebildeten Herren" durch allerhand schöne Phrasen da« Elend de« Volk« zu verdecken suchten. Sie beschränken ihre politische Thätigkeit darauf, am Biertisch über die sozialdemokratischen Wühler und Hetzer zu schimpfen, die BersammlungSplakate herunter zu reißen, Leute anzustellen, welche unsere Versammlungen stören».s.w., während e« Keinem einfällt, un« in öffentlicher Versammlung ,u widerlegen. Angesicht« der in Aussicht stehenden Niederlagebeschränkt man sich darauf, durch andere Mittel den Sieg de« Proletariat« zu vereiteln. Folgende Thatsachen liefern den B-wei« hierfür: Mittwoch«, den 10. Dez., begaben sich die Parteigenossen Ehren- traut und Lorenz zu Stollberg nach dem Rathhause, um Einsicht in die Wählerlisten zu nehmen. Der Name Lorenz war nicht zu fiaden. Ehrentraut, der von mehreren Andern den Auftrag hatte, nachzusehen, ob sich ihre Namen in der Liste befinden, und schon beim ersten Einblick Etliche vermißte, wird vom anwesenden Polizei- Wachtmeister bedeutet, daß er nur nach seinem Namen zu sehen habe. Ersterer macht denselben auf da« Gesetzwidrige seine« Ein- wenden« aufmerksam, erhält aber die barsche Antwort: Sie haben mir keine Vorschrift zu machen. Unterzeichneter, von diesem Bor- fall in Kenntniß gesetzt, begiebt sich ebenfalls nach oben erwähntem Lokal und verliest dem rc. Wachtmeister, dessen Aeußere« schon keinen Zweifel über sein Betragen austommen läßt,§ 2 des Reglement« zum deutschen Reichswahlgesetz, der folgendermaßen lautet: Die Wahlliste ist zu Jedermann« Einsicht mindesten« 8 Tage lang. aufzulegen:c. Der zuerst darüber verdutzte Wachtmeister fallt bald wieder in seine vorher gespielte Rolle zurück, die aller- ding« höchstens einem Bauern, dem da« zweierlei Tuch noch einen heilige» Schrecken einflößt, schüchtern machen kann, und gibt die schon bekannte Antwort: Sie haben mir keine Instruction vorzu- schreiben. Nachdem Unterzeichneter seine Verwunderung auSge- fprochen, daß die Instruction eine« Polizeiwachtmeister« über dem Reglement de« ReichSwahlgesetzeS stehe, und gefragt, ob Stollberg nicht zum deutschen Reiche gehöre, verläßt er da« Lokal, ver- sprechend, höheren Orts Beschwerde einzureichen. Der Hr. Bürger- uieister, davon in Kenntniß gesetzt, hat eine mehr unparteiische Stellung eingenommen und dann auch, wie es scheint, de» Herrn Wachtmeister, der durch diese staatsretterische Handlung sich viel- leicht schon im Besitz eine« Orden« glaubte, eines Besseren belehrt, denn schon Tag« darauf war dieser sehr zuvorkommend und frug sofort, al« ein Parteigenosse feinen Namen suchte, ob er noch nach Mehreren sehen wollte. Ein Vorgehen, wie da« eben geschilderte, wäre allen Parteigenossen zu empfehlen. Denn schon kam Aehn- liche« in Neustädtel vor, man hat dort ebenfalls die Einsicht für Mehrere verweigert. Der schönste Fall ist in Oberschlema passirt. Dort hat man, wahrscheinlich Arbeitsersparniß halber, gleich die Wählerliste von 1871 ausgelegt. Daß diese für heute nicht« mehr taugt, ist selbstverständlich. Die« die Kampfesweise unserer Gegner. E« fällt uns gar nicht ei«, zu behaupten, daß absichtlich Namen au« der Liftt weggelassen werden; sind wir aber angesichts solcher Thatsachen nicht berechtigt, anzunehmen, man wolle auf diese Art und Weise den Siez de« arbeitenden Volk«, welche« hier oben noch mehr wie anderwärts die Mehrheit rcpräfentirt, vereiteln? Ist un« dadurch nicht der Beweis geliefert worden, daß Beamte, welche von den vom Volke sauer verdienten Groschen bezahlt werden, statt unparteiisch zu sein, da« J- tercsse der Besitzenden vertreten? Doch wir kennen unsere Pappenheimer. Selbst an den Orten, wo früher der Arbeitet stand die« Alle« ruhig mit ansah, rührt e« sich jetzt. Merkt Euch da«, Ihr Herren Bourgeois und rüderlichen Beamten. Wir werden Eure Verlogenheit m die Welt hinaus verkünden, daß es in allen Ecken und Enden widerhallt und Euch die Ohren gellen sollen. Der Tag wird kommen, wo wir Ab- rechnung halten. Unsere Erwiderung auf dergleichen Maßregeln wird vorläufig sein: die Wahl de« wackeren Vorkämpfer« ffür Frei- heit und Volkswohl: W. Liebknecht. Glück auf zur Wahlschlacht! I. A.: F. Nauert. Kreiberg, den 16. Dezember. Wir fahren heut in unserem Berichte über die Wahlagitation im hiesigen(neunten sächsischen) Kreise fort. Für vergangenen Dienstag war eine Versammlung für Halsbrücke in Aussicht genommen, einem Dorfe, 1 Stunde von Freibera entfernt, da« 1600 Einwohner zählt und unter denen die Bergarbeiter die zahlreichsten sind. Während Parteigenosse Wahl am Montag früh die Einladungen von Hau« zu Hau« besorgte, Ubergab ich die BersammlungS-Anzeige beim Gerichtsamt Freiberg. Der diese Sache überhabende Polizerassessor Bochmann wollte die Anzeige aber nicht für rechtSgiltig ansehen, weil der Einberufer, Bergarbeiter Dieze, nicht selbst erschienen sei, nm die Anzeige zu übergeben. Dieser in seinem Betragen grobe und ungeschliffene Mensch von einem Beamten wollte sich auch nicht belehren lassen, daß die persönliche Anwesenheit zur Uebergabe einer Versammlung«- Anzeige gar nicht nothwendig sei, daß jeder Einberufer die« eben- sogut durch die Post oder einen andern Beauftragten abmachen lassen könnte. Ich ließ mich hierauf beim Gerichtsamtmann Hertel anmelden, bei dem ich mich über da« ungerechtfertigte Verlangen de« Assessor Bochmann beschwerte, gleichzeitig angebend, daß der Anzeige eine ortSobrigkeitliche Bescheinigung beiliege, daß der Ein- b erufer Einwohner von Halsbrücke und diSpofitionSfähig. auch im Besitz der politischen Ehrenrechte sei. GerichtSamtmann Hertel erwiderte mir darauf nur, da« fei noch nicht maßgebend, damit könnte auch Schwindel getrieben werden und verhehlt« durch noch ander« Aeußerungcn feinen Aerger über die betriebene Wahl-Agi- tation unter den Arbeitern nur schlecht, er verlange eben, daß jeder Einberufer selbst an Gerichtsstelle komme, um die Versammlung«- Anzeige zu übergeben. Auf meine Einwendung, daß die Arbeiter da« auszuführen nicht im Staude seien, da die Ortschaften mit- unter bis zu 2 Stunden von Freiberg entfernt seien, die Arbeiter silso beinahe einen Tag Arbeitszeit opfern müßten, um ein ihnen durck das Gesetz gewährleistete« StaatSbürgerrccht auszuüben und daß die« im betr. Gesetz nicht verlangt werde, erwiderte mir GerichtSamtmann Hertel, der zugleich Wahlkommissar für den diesigen Wahlkreis ist: Wenn die Arbeiter nicht selbst kom- u>en können, dann sollen sie keine Versammlungen ab- halten. Mit den Worten:„Was da unten geschieht,(nach der niederen Etage, woselbst der Alle» verschlingen wollende Assessor Bochmann haust, zeigend) ist von mir angeordnet-, war ich ent- lassen. Daß ich ihn daran erinnerte, er sei Wahlkommissar und Hab« al« solcher darauf zu sehen, daß jede ungesetzliche Beeinflussung bei den Wahlen unterbleibe, wollte dem Herrn GerichtSamtmann durchaus nicht passen, denn er entgegnete mir, daran hätte ich ihn nicht zu erinnern. Allein vor un« Socialdemokraten sinkt selbst der NimbuS, mit dem sich ein Freiberger GerichtSamtmann um- gibt, in den Staub und ich erinnerte ihn doch an seine Schuldig- kcit! E« war mittlerweile Mittag geworden, die Zeit drängte also, und ich war bereit, mich für diesmal dem ungerechtfertig ten Verlangen der Polizei zu fügen, um die Versammlung über Haupt abhalten zu können. Ich eile nun nach Halsbrücke , um den Einberufer mit auf da« Gericht zu nehmeu, allein der war leider nicht zu Haufe und augenblicklich auch nicht �herbeizuschaffen. Ich eile nun von Hau« zu Hau«, um einen neuen Einberufer zu er langen, denn seitdem der berüchtigte Fritz Mende in dieser Gegend gewüthet hat, ist Alle« außer Rand und Band und nur mit der größten Mühe sind die Anknüpfungspunkte zu neuem Wirken wie der zu gewinnen. Nach Zstündigen vergeblichen Bemühungen ge> lang eS mir endlich, einen Mann zu veranlassen, die Anzeige zu unterschreiben und mit ausS Gericht zu gehen. Anstatt daß nun Assessor Bochmann dem Gesetz enssprochen und sofort eine Bescheinigung über die erfolgte Anzeige ausgestellt hätte, arbeitete er so lange an dem Manne herum, bis dieser Hasenfuß erklärte, er wolle die Versammlung nicht einberufen. Wohl eine Stunde lang hatte der Assessor Bochmann diesen Mann beeinflußt, um die Abhaltung der Versammlung zu hintertreiben. Am andern Tage, an dem die Arbeiter-Versammlung tagen sollte, kommt nun der erste Einbe- rufer Dieze selbst und präsentirt sich dem Assessor Bochmann und nun verweigert dieser Letztere die Bescheinigung auszustellen, weil Dieze nicht mindestens 24 Stunden vor dem beabsichtigten Zu sammentritt der Versammlung erschienen sei, während dem Beim ten die Anzeige doch schon am Tage vorher eingereicht worden war. Gleichzeitig wurde dem Wirthe, in dessen Saal die Versamm lung tagen sollte, durch das Gericht angezeigt, er müsse 50 Thlr Strafe zahlen, wenn er Abends in feinem Saale Licht macheu werde. Parteigenosse Wahl und ich gingen trotzdem nach Halsbrucke und erzählten den in der Gaststube anwesenden Arbeitern das Thun und Treiben der Beamten in dem Freiberger GerichtSamt, vertheilten VoltSstaatc und gaben bekannt, daß nun die Versamm lung bestimmt am Sonntag Nachmittag stattfinden werde. Der Wirth Helbig, bei dem die Versammlung tagen sollte, unterschrieh sich nun selbst als Einberufer, ließ sich auch vom Orts- richter bescheinigen, wer er sei, und daß er im Vollbesitz seiner Ehrenrechte u. s. w. sich befinde. Als ich nun an, Sonnabend die Anzeige aufs Gericht bringe, erklärt mir der Assessor Bochmann, er glaube nicht, daß Helbig die Unterschrift selbst gefertigt habe. Auf meine Entgegnung, daß der OrtSrichter ja ausdrücklich be- scheinigt habe, daß Helbig die Unterschrift selbst vollzogen habe, erwicderte Assessor Bochmann, dem OrtSrichter zu glauben sei er nicht verbunden und wie« mich ab, Helbig solle selbst kommen. Wieder ließ ich mich beim GerichtSamtmann Hertel melden, aber der ließ mir durch den Diener sagen, er sei beschäftigt und habe keine Zeit, mich anzuhören. Obwohl nun Niemand mit dem Amt- mann conferirte, erklärte ich uiich bereit, zu warten, bis der Amt mann Zeit habe, da ich mich über den Assessor Bochmann beschwe ren wolle. Der Diener überbrachte dies dem Gerichtsamtmann Hertel, aber ohne Erfolg, wieder ließ er mir sagen, waS da unten geschehe, sei von ihm angeordnet, ich solle mich an den Assessor Bochmann wenden. Noch einmal gehe ich zu dem Letztgenannten und frage:„Werden Sie mir eine Bescheinigung geben?-— „Nein!-—„Die Versammlung ist aber angemeldet."— .Nein."—„Sie haben die Meldung ja in der Hand! Die Ver- ammlung wird also stattfinden."—«Nein, sie wird nicht statt- rnden."— Und mit dem Fuße aufstanipfend, sagte ich:„Sie indct statt!" und entfernte mich, denn ich hatte es unendlich att, mich nach den Launen dieses Beamten zu richten. Der un- gesetzliche Widerstand, den die Polizeibehörde leistet, sagte ich mir, muß gebrochen werden.— Und die Versammlung hat gestern Nach mittag getagt und ist günstig verlaufen. Die Arbeiter waren zahl reich erschienen. Ich rcferirte ungefähr in fünfviertelstündiger Rede über die ReichStagSwahlen mit gutem Erfolg. Die Polizei ließ sich nur auf einen Augenblick in Gestalt eines Gensdarmen sehen, der sich aber sofort wieder entfernte, ohne auch nur den leisesten Versuch zu wagen, uns zu stören. Aehnlich, wie bei dieser Versammlung ist es uns gegangen mit einer Versammlung in Großschirma , einem Orte von 1700 Einwohnern, die am Donnerstag Abend tagen sollte, ich habe dort ebenfalls, entgegen dem Verbot der Polizei, gesprochen. Außerdem haben wir noch Lersammlungeo abgehalten Freitag in Wegefahrt, wo Wolf und ich reserirten und am Sonnabend in Klein« ab therSdorf, wo Wolf allein thätig war. Nach jedem Dorfe, in dem wir bisher Versammlung abhalten wollten, mußten wir 3 bis 4 Mal wandern und uns wegen der Chicanen der Polizei Tage lang versäumen. Aber das soll nun aufhören. In den nächsten Tagen werden wir hier in Freiberg eine öffentliche Versammlung abhalten, in der das Treiben des WahlkommifsarS der Oeffentlichtkeit zur Beurtheilung übergeben werden wird. Gleichzeitig ist auch meine Beschwerdeschrift an die Kreisdirectiou in Arbeit, aber ich vermuthe, daß die Wahlen schon vorüber sein werden, ehe die Entscheidung der KreiSdirection ein- treffen wird, denn in solchen Angelegenheiten sofort zu entscheiden, daS kann man von einer Behörde in Sachsen nach dem bisher Erlebten wohl nicht erwarten. AuS alledem werden die Parteiae- genossen ersehen, mit welchen Schwierigkeiten wir zu kämpfen ha- den, dazu kommt noch der JndifferentiSmus und der Stumpfsinn der Arbeiter im Freiberger- und Brander-Bezirk, die nicht die ge- ringst« Ahnung davon zu haben scheinen, daß sie Menschen sind und die Gleichberechtigung fordern könnten. Wir werden Alles daransetzen, um die Massen aufzurütteln, um den jetzt noch todten und leblosen Körper des Brander und Freiberger Arbeiter-Vereins Leben einzuflößen und über alle uns entgegenstehende Hindernisse hinweg zum Siege zu gelangen. Mit Gruß und Handschlag Adolph Uhle. Ueber einen weiteren versuch, die Wahlagitation durch Ver- kümmerung de« Verein«- und Versammlungsrechtes lahm zu legen, berichtet un« R. A. Wolf: Für Sonntag, den 14. war in Pottendorf bei Hainichen eine Versammlung einberufen und die Anzeige vorgelegt. Der„Herr" Bezirksamtmann, welcher doch die Bescheinignng laut Gesetz„so- fort" auszustellen hatte, gab dieselbe„nicht" her, unter dem Vorwande, er werde sie dem Einberufer zusenden. Im Gesetze heißt e« aber: die Behörde hat„sofort" die Bescheinigung aus- zustellen, es steht hier ebenfalls keine Sulbe, daß die Bescheinigung nur dem Einberufer zuzustellen sei. Samstag Nachmittag jedoch kam der Amtsdiener in die Wohnung des Genossen, welcher die Anzeige präsentirt« nnd machte demselben bekannt, die Bescheinigung könne bei dem andern AmtSdiener abgeholt werden. Sonntag morgen« verfügte sich der Betreffende zum Amt«- diener, woselbst er aber den sehr schönen Bescheid erhielt: Die Bescheinigung hat der Herr Amtmann unter Schloß und dieselbe wird, da sie gestern nicht abgeholt wurde, nicht auSgefolgt. Abend« sollte die Versammlung stattfinden, e» kamen die Arbeiter von allen Ecken und harrten in Erwartung der Dinge, die da komme« sollten und richtig sie kamen. Bor der noch anberaumten Zeit erschien ein GenSd'arm, besichtigte den Saal, ob derselbe auch i« Stand« sei, die große StaatSgefährlichkeit, welche da stattfinde« sollte, auSzuhalten, forderte dann die Bescheinigung, von welcher er gut wußte, daß dieselbe entweder nicht ausgestellt wurde, od« hinter Schloß und Riegel lag, und da ihm dieselbe nicht vorge- legt werden konnte, untersagte er die Versammlung!!! O heilige Hermandad, erbarme dich doch aller deutschen E-Hren- männer! Der Arm des Gesetze« war im vollsten„Rechte" und alle Proteste, welche von Seite der Arbeiter erhoben wurden, hat- fen nichts. Charakteristisch ist der Umstand, daß der Wirth trotz de? sich ihm bietenden GeschästSvortheile« auf einmal von ein« später abzuhaltenden Versammlung nicht« mehr wissen wollte und sich mit beiden Händen gegen ein solches Projekt wehrte. Em solcher„Zwiespalt der Natur" läßt sich eben nur durch da« Bor- handensein diverser, harter Thaler erklären.— Nun ja, jeder Mensch macht gerne ein„ehrliche»" und„ehrbare«" Geschäft. Da wir sahen, daß gegen den amträthlichcn Uka« und den Ver- treter der Behörde nicht aufzukommen sei, zogen wir iuZge- schlossenen Reihen ab. Da« ist die„Freiheit" nach der„Einheit", da« ist der Respekt, welchen man dem.ß 17 deS ReichSwahlgesetzeS angedeihen läßt. Die Genossen, welche Versammlungen einberufen, mache ich ans- merksam, ja nicht früher die Amtsstube zu verlassen, bis sie die Bescheinigung haben, denn sofort heißt nach den Begriffen aller denkenden Menschen nicht drei bis vier Tage. E« ifi Pflicht de« Beamten, sofort zu bescheinigen, und derselbe hat kein Recht» die Bescheinigung unter was immer für einem Vorwande vorzu- enthalten. Dienstag wird eine Versammlung in Mobendorf stattfinden und eS ist Sorge getragen, daß die Pappendorfer zahlreich erscheinen und die uns zugefügte Chikane spurlos an uns vorübergehe. Zu bemerken ist»och, daß Genosse Sonntag au« der„Chemnitzer freien Presse" etwas vorlesen wollte, wa« jedoch vom Wirth und GenSd'arm verboten wurde. Sonntag ließ sich jedoch nicht irre machen und las trotz der Verbote der beiden E— deldenkenden fort.— Da» Vorgetragene fand bei den Anwesenden Anklang. Mögen gewisse„Herren" auch bemüht sein, auf den Verstand des Volkes einen Dämpfer zu setzen, es wird sich doch da», von den Pfaffen den Kindern gelehrte, angebliche„Wort GotteS ": ES werde Licht! bewähren. Den Hiiren Amt- und anderen Männern aber empfehle ich ein fleißiges Studium der Gesetze, damit ähnliche Schwabenstreiche für die Zukunft unmöglich werden. Rudolf August Wolf. Kainiche«. Zur Wahlagitation. Em moderner Salo- mon ist der Ortsrichter Lämmel in Gerstorf, welcher nebenher auch Schmiede-„Meister" ist und in dieser Eigenschaft viel mit Pferden, Maulthieren und Eseln behufs„BeschlazenS" zu thun hat. Diese „Beschlagungspraxis" hätte der edle Mann am 11. ds. MtS. auch von Herzen gern an meiner Wenigkeit in Anwendung gebracht und zwar aus folgendem Grunde. Am obbenannten Tage ver- fügte ich mich mit einem Arbeiter zu obenbenanntem Weltweifea, um behufs der Einberufung einer Versammlung für den mich be- gleitenden Mann ein Attest zu holen. Von dem„geehrten Manne" wurden wir aber sehr ungnädig empfangen und derselbe wollte daS betreffende Attest erst dann ausfolgen, wenn er, Salomou II., vom Amtmanne dazu die Erlaubniß erhielte. Auf meine Anfrage, ob er denn die Gesetze kenne, antwortete der„Herr" Richter: Ich kenne die Gesetze und habe„bessere" Gesetze wie Sie, auch haben wir unfern liberalen Kandidaten und brauchen keinen Sozial- demokraten. Wir balgten uns mit dem„gebildeten" Manne fast eine Stunde herum, doch er blieb bei dem stcrotypen: I gib vi paar Zeilchen nich har! Und richtig, er gab auch die Zeilcheu nich har! Bravo OrtSrichter! Die Nachwelt wird dir Kränze winden! Auch der Wirth wollte, um den Sozialdemokraten nicht uf die „Beene" zu helfen, den Saal nicht„hargeben", denn er befürchtete, daß die„paar kaputen Balken" unter soviel StaatSgefährlichkeit brechen würden. Wenn aber mehrere 1000 Menschen springen und tanzen, da gehen die„kaputen" Balken nicht zu Grunde. Wir danken Euch, ihr verbohrten und vernagelten, mit einem Brett vor dem Hirnkasten versehenen D— enker für die Agitation, welche ihr unbewußt für unsere Sache in Scene setzt; unser Kandidat wird durchgehen trotz vernagelter Richter und noch vernagelterer Wirthe. Carl Ferdinand Sonntag. Zleukädtet. 13. Dezember. Im Saale des Karlsbader Hau- ses fand Donnerstag Abend eine von 3—400 Personen besuchte Volksversammlung statt, in der al» Referent Nauert aus Leipzig auftrat. Der Einberufer M. Köpel, Schuhmacher, von hi« fungirte als Vorsitzender. Referent beleuchtete zuerst den Parlamentarismus im heutigen Staate in der deutlichsten Weife und hob besonders hervor, daß derselbe in seiner heutigen Beschaffenheit auf keine Weise die Wünsche de« Volkes befriedigen kann, indem die jetzigen Parlamente und Landtage:c. meist nur au» Grafen , Baronen und großen Rittergutsbesitzern beständen, denen die wahren Bedürfnisse de« Volkes fremd und weit hinter ihren eigenen Interessen fiehend erscheinen. Darauf nahm er die Herren Nationalliberalen derb aufs Korn und legte in der trefflichsten Weise die Zustände der heutigen Staaten, sowie die Uebelstände des arbeitenden Volkes auseinander, wobei er besonders die in- direkten Steuern, die auf den Lebensbedürfnissen namentlich der Arbeiter ruhen, gedachte. Redner berührte alle Classen und ihre Stellung im heutigen Staate, von dem kleinen Handwerker, Arbeiter und Bergleuten-c. bis zu dem höchsten Staatsbeamten und leistete hierin so Treffliche», daß wohl jeder der Anwe enden auf das Deutlichste unterrichtet worden, wie nothwendig ei fei, andere Verhältnisse zu schaffen. Cr empfahl hierauf der Versammlung» den für den 19. Wahlkreis aufgestellten Candidaten Wilhem Lieb- knecht in Hubertusburg, welcher schon früher einmal den Wahlkreis vertreten und ein treuer Känipfer für de» Volkes Recht und Wohlfahrt sei, und ersuchte alle Wähler, denselben ihre Stimmen zu geben und daß keiner der Wahl sich entziehen soll. Ferner be- leuchtete er wie die fünf Milliarden vertheilt und angeweudet worden sind.— Da sich kein Gegner zum Worte meldete, munterte Herr Nauert nochmals alle Arbeiter auf, sich alle recht rege an der Wahl zu betheiligen und endete unter großem Beifall. Hierauf wurde vom Vorsitzenden die Versammlung gegen 10 Uhr Abend« geschloffen. M. Köpel. Aus der sächsischen ASerlausitz(dem sächsischen Mecklenburg ). Großröhrsdorf , 7. Dezember. Die Arbeiterbewegung und da« Programm der sozialdemokratischen Arbeiterpartei, sowie die bevor- stehenden ReichStagSwahlen bildeten die Tagesordnung zu der
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5 (19.12.1873) 126
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