ausgeübten Klassenherrschaft.»Nationalreichthum" auf der Vorder-, Massenarmuth und Prostitution auf der Kehrseite, ist die Signa- tur der Medaille unsrer Zeit! Die privilegirteEhre". Zu Ingolstadt in Bayern hat das OffizierSkafino Bankerott gemacht, weil sich die Herren Söhne des Mars ihre Speiseräume gar zu luxuriös eingerichtet und gar zu viel silberne Tischgeräthe angeschafft hatten. Das Defizit im Betrage von 21,000 fl. ist, wie man versichert, vom Kriegsministerium sofort gedeckt worden. Bayern ist zwar einconstitutioneller Staat", einRechtsstaat", werden unsere Schwärmer für stehende Heere und das moderne Prätorianer- thum sagen, aber diemilitärische Ehre"! Ja, diese theure »militärische Ehre", die keinen Anstand nimmt, ihre Löcher von denbürgerlichen Canaillen", den Steuerzahlern, wieder flicken zu lassen! Merkwürdig: dieselben Herrchen in Uniform, die eS für unverträglich mit ihrerEhre" halten würden, wenn sie so ein »schnautziger Ardeiter" berührte, haben doch gar nichts ddhegen einzuwenden, wenn ihre Schulde» mit denselben Werlhen getilgt werden, die dieselben Arbeiter geschaffen! Ist das vielleicht das höhereEhrgefühl" nach Plötz und Roon? Nachdem verschiedene Waschfrauen und Betrunkene wegenMajestätsbeleidigung" verurtheilt worden, ist man endlich so weit gekommen, adeligeDamen" zu Münster wegenMa- jestätsbeleidigung" anzuklagen, die sie in einer Adresse an den Bischof von Münster verübt haben sollen. Die Männer können sich gratuliren, daß daszarte Geschlecht" wenigstens einen Theil der vielen MajestätSbeleidigungSprozesse, dieser schönen Zugabc des »herrlichen Reiches", auf sich zu nehmen bereit ist. Welch inter - essanter Zukunft gehen da alle strebsamen Staatsanwälte entgegen! Eine hübsche Dame auf der Anklagebank das macht doch mehr Spaß als so einstruppiger" Sozialdemokrat! Einen ihrer eifrigsten Leser und Abonnenten hat die sozialdemokr. Presse in dem sächs. Justizminister, Hrn. Abelen, ge Wonnen. Daher auch die Menge vonProzessen, welche auf Veranlassung deS sächsischen Justizministeriums gegen dieselbe angestrengt worden sind. So hat Herr Abelen kürzlich entdeckt, daß sowohl der Staatsanwalt Roßtäuscher in Dresden durch denVolksboten", als auch die Leipziger Staatsanwälte durch denVoltsstaat" be- leidigt worden seien, und hat gegen beide Strafanträze stellen lassen, welche glücklich auch Verurtheilungen erzielt haben. Der früheren Strafanträge deS Justizministeriums gar nicht zu gedenken. Wenn Herr Abelen so fortfährt, werden wir wohl noch Genero- sität mit Generosität vergelten und ihm ein Freiexemplar des Volksstaat" übermitteln müssen. DaS neue Preßgesetz setzt bekanntlich keine Cautionen fest. In Preußen verlautet, daß die Behörden allen den Zeitungen, gegen welche zur Zeit gerichtliche Untersuchungen schweben, die Caution nicht zurückgeben wollen. Bekanntlich wurde ja auch s. Z. die Caution derDemokratischen Zeitung" in Berlin , als dieses Blatt einging, nicht herausgegeben, sondern zurückbehalten und die Jnserrions- kosten für die Steckbriese gegen den in die Schweiz geflüchteten Redakteur des Blattes bestritten. In Hessen-Darmstadt hat das Ministerium beschlossen, die Cautionen ohne alle Clauseln heraus- zugeben. Die Cautionen sind ein Mittelchen zur Erdrosselung der Preßsreiheit, von dem sich die Reaktion allerdings schwer trennen mag. Uebersetzerkunststückchen(S. Nr. 72 desV."). Hr. Biedermann sucht seine Uebersetzerehre dadurch zu retten, daß er ausführt, in einer andern Stelle des betr. Artikels derIn- dependance belge" sei auch voneinem reaktionären Eifer der sächsischen Regierung" die Rede, folglich habeuu vent de- action particulariste" nicht:ein Wind partikularistischer Re- action", sondern nur:ein reactionär partikularistischer Wind" heißen können. Nach derselben Logik wäre Herr Biedermann ein rabiater Eommunist, weil er in einer andern Stelle sich für den extremsten Communismus ausgesprochen. Er wünscht wohl, daß wir diese andere Stelle abdrucken? Der Spaß kann ihm gemacht werden. Im übrigen sind und bleiben wir der Ansicht, daß Jedermann, derreactionären Wind" bloS außerhalb Preußens bemerkt und die übrigen deutschen Regierungen für re- actionärer hält als die preußische, entweder fürs Irrenhaus reif ist oder für den Reptilienfonds. Die französische Regierung hat eine Anklage auf Schaden- ersatz für die Vendomesäule gegen den Maler Courbet erhoben. Felix Pyat erläßt deshalb in derTimes" eine Er- klärung, worin er sagt, daß Courbet die Niederwerfung der Ben- domesäule nicht veranlaßt habe. Als der bezügliche Beschluß ge- saßt worden, habe Courbet der Commune noch gar uicht ange- hört. Courbet sei mit der Ausführung des Beschlusses beauftragt worden, damit er das künstlerische Interesse wahre! Das Ur- theil ist zur Zeit noch nicht gesprochen. Bekanntlich wurde Courbet auf Antrag deS wahnsinnigen Obersten Gaveau vom Versailler Kriegsgericht wegen Betheiligung am Umsturz der Vendomesäule zu sechs Monaten Gefängniß verurtheilt. Wir erhielten folgende Zuschrift: Zu Sauhirts Culturideal. Mit großem Interesse lasen wir den Artikel in ihrem schätzbaren Organe vom 10. Juni, Sauhirts Culturideal" betitelt, in welchem der in Aussicht ge- nommene internationale Congreß, der den 27. Juli in Brüssel statt- finden wird, allerdings nicht vortheilhaft beleuchtet wurde. Wer die Oeffentlichkeit und Preßfreiheit liebt» dem können auch geg- nerische Ansichten nicht unwillkommen sein, da man ja darauf antworten kann, und weil eS nur möglich wird, der Wahrheit durch kritische Beleuchtungen näher zu kommen. Vor Allem möchten wir auf den Artikel derA. Allg. Ztg." vom 12. Juni: Die Universal-Allianz" aufmerksam gemacht haben, welcher direkt von dem Executiv-Comitö in London ausgeht, und neben den be- züglichen Absichten, das LooS der Kriegsgefangenen zu mildern, ein weit umfassenderes Programm entfaltet, welches vom Stand- Punkt desVolksstaat" alle Aufmerksamkeit verdient. Es handelte sich nämlich in erster Instanz hauptsächlich darum, einen Verein zu gründen, welcher weit über einseitige An- und Absichten hinaus- reicht, die eine universelle humanistische Bedeutung beanspruchen könnten in Mitte sehr verworrener Zustände. In dieser Absicht arbeitete ein Comitd schon seit Jahren ausschließlich in England auf ganz fteiem Boden, und ohne alle Unterstützung oder An- lehnung an gouvernementale Gewalten. Allein es handelt sich darum, den Continent in Mitleidenschaft zu ziehen. Wer nun mit den Regierungsverhältnissen hier bekannt ist, dem können auch die Schwierigkeiten, Vereine zu gründen, nicht unbekannt sein, und man wird zugeben müssen, daß-ine sehr hohe Protection dazu ge- hört, um eine universelle Völterverbindunz bezwecken zu können. Wie schon frühere Veröffentlichungen in verschiedenen Blättern be- künden, fehlte es nicht an Einladungen und Anfragen bei ver- schiedenen Cabinetten, welche leider alle ohne Erfolg geblieben waren, bis sich der friedliebende und hochherzige Kaiser Alexander entschlossen hatte, das Protectoral zu übernehmen. Allerdings erscheint eS auffallend und wenig schmeichelhaft für die übrigen Regierungen, vom Zaren aller Reußen an humanen Bestrebungen übertroffen worden zu sein, und man wird eS auch nicht befrem- dend finden dürfen, wenn derUltraliberalismus" mit einigem Mißtrauen auf diese Protection sieht. Allein nach allen Regeln der gesunden Vernunft, muß man das Gute da neymen, wo man es findet, ohne durch unmotivirtes Mißtrauen ein Werk stören zu wollen, welches sicherlich weit über die Machtsphären mächtiger Persönlichkeiten in seinen Zielen hinüberreichen wird. Schon der Umstand, daß sich England und Amerika an dem Werke hervor- ragend bethciligten, dürfte alle Zweifel beseitigen, welche vom Standpunkte desVolksstaat" erhoben werden können, da man kaum begreifen möchte, in Beziehung auf Freiheiten und Volks- rechte weiter gehen zu können, als diese beiden Reiche. Wenn mit geeigneter Anspielung bemerkt wird, desSauhirts Culturideal" würde herrlich erfüllt, müssen wir dieser treffenden Bezeichnung geradezu mit Bestimmtheit entgegentreten, weil Jedermann weiß, und dermalen in vielen Blättern herauslesen kann, daß gerade von dort her dem Zustandekommen des Vereins die größten Schwierigkeiten in den Weg gelegt worden waren, bis der All- mächtige in St. Petersburg ein Zeichen der Theilnahme gegeben hatte, welches man nicht zu mißachten traut. Wie bekannt, haben alle Regierungen seitdem ihre Bereitwilligkeit erklärt, Delegine zu dem Congresse nach Brüssel den 27. Juli zu entsenden, und es fragt sich somit nur noch, in welchem Verhältnisse die freien VereinS-Organe zu den gouvernementalen stehen werden, um den Erfolg großartiger völkerrechtlicher Beschlüsse zu ermöglichen und zu sichern. Für die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit deS Vereins als solchem bürgen die Namen der hohen Protectoren in England, Frankreich und Amerika , sowie des Executiv-Eomites, welche schon längst bevor der Kaiser Alexander von Rußland seine Protection zugesagt hatte, veröffentlicht wurden, und in letzter Zeit imMoniteur-Universell" undStandard" bekannt gegeben worden sind. Starnberg , den 14. Juni 1874. E. Baron von Linden, Mitglied des Executiv-Comites." Dies die Zuschrift. An dem von uns ausgesprochenen Urtheil vermag dieselbe nichts zu ändern. Daß unter den Gründern und Mitgliedern derUniversalallianz" sich Männer mit den humansten Absichten befinden, stellen wir nicht in Abrede; gewiß aber ist zweierlei: Erstens, daß denhohen Protektoren" derUniversal- allianz, keine humane Absichten zuzutrauen sind. WaS insbesondere den Czar Alexander betrifft, so verdient diese Person daS in obiger Zuschrift ihr gespendete Lob durchaus nicht wer so handelt, wie der jetzige russische Kaiser an Polen gehandelt hat, ist ein blutgieriger Despot; und wenn dieser blutgierige Despot humane Culturzwecke zu verfolgen vorgiebt, so stempelt er sich damit»bendrein zum verächtlichen Heuchler. Abgesehen von den hohen Protektoren" ist zweitens gewiß, daß eine Humanität, welche die Mitverung der Uebel des Kriegs zum Zweck hat, be- denklich an Halbheit leidet. Sie steht auf gleicher Stufe mit der Humanität des Dr. Guillotin , der durch Beseitigung der physischen Schmerzen bei Hinrichtungen die Sache der Menschheit und Mensch- lichkeit wesentlich zu fördern vermeinte.Meine Maschine, sagte er selbstzufrieden in der französischen Nationalversammlung, schneidet Ihnen den Kopf ab, ohne daß Sie es merken." DieMaschine" des Dr. Guillotin hat Wort gehalten; wir glauben jedoch nicht, daß der Verfasser obiger Zuschrift die Erfindung der Guillotine für einen Triumph der Humanität erklären wird. Die Todes- strafe ist eben gleich dem Krieg eine Verhöhnung der Humanität, schlägt gleich dem Krieg allen Forderungen der Humanität ins Gesicht, ist gleich dem Krieg die brutalste Negation der Humanität. Die Humanität hat sich prinzipiell gegen diese Negation der Humanität zuwenden: nicht aber soll sie ihr Augen- merk darauf richten, die Brutalität der Negation zu mildern und die Negation selbst ruhig fortbestehen zu lassen. Durch solches Verfahren wird nicht nur nichts genutzt, fondern im Gegentheil positiv geschadet. Das geschminkte, in feine Formen sich hüllende Verbrechen ist gefährlicher als das ungeschminkte in seiner ganzen Rohheit sich zeigende Verbrechen, weil eS nicht so abschreckend wirkt, die Meinung der Menschen besticht und korrumpirt. Je bestialischer die Staaten den Einzelmord(Todesstrafe) und den Massenmord(Krieg) betreiben, desto besser! denn desto schneller werden die Völker zur Erkenntniß kommen; desto ftüher und kräftiger wird die Reaktion der Humanität eintreten! lieber die Behandlung des Parteigenossen ZirfaS im Gefängniß zu Mainz berichtet dieSüdd. Bolksstimme" noch fol- gendes Nähere: Wir geben heute der Oeffentlichkeit, nach authentischem Be- richte, die bereits in voriger Nummer in flüchtigen Umrissen ent- worfene Leidensgeschichte unseres Parteigenossen ZirfaS, welcher im hiesigen Gefängniß(früher CorrektionShauS) wegen MajestätS- beleid ig ung eine zweimonatliche Gefängnißstrafe zu verbüßen hat. Parteigenosse ZirfaS steht als politischer Gefangener unrer der strengsten Hausordnung des hiesigen Gefängnisses, welche für gemeine Verbrecher bestimmt ist und in Anwendung gebracht wird. Die gewöhnliche Gefängnißkost, unter welcher Brod und Wasser Hervorragendes leisten, theilt er mit allen Sträflingen; ebenso die Scklafstelle mit 2225 Mitgefangenen. Alle Vorstellungen bei der Verwaltung, ihm eine halbwegs menschenwürdige BeHand- lung angedeihen zu lassen, blieben nicht allein erfolglos, sondern eS wurde ihm auch noch mit strenger Strafe bei Wieder- holung von Beschwerden gedroht. Seinen Spaziergang, täglich 3mal a 20 Minuten, muß er gezwungen in dem Ge- sängnißhofe mit den übrigen Sträflingen machen. Von der sonntäglichen allgemeinen Kirchenparade und dem öffentlichen Kirchgang bat Zirfas sich verschont zu sehen, allein statt dessen wurde ihm das Tragen einer Kette an Händen und Füßen für mehrere Tage in Aussicht gestellt, wenn er nicht sofort Gehör- sam leiste. ZirfaS gehorchte. Aufgestellt mit den übrigen Ge- fangenen zur Kirchenparade in Reih und Glied im Hose, hielt er nicht die gewünschte stramme militärische Stellung inne, d. h. die Absätze seiner Schuhe lagen nicht wider einander, es ward ihm dafür ein Rüffel öffentlich vor allen Gefangenen zu Theil, wie ihn sich ein Rekrut von dem gröbsten Unteroffizier aus dem Exerzier- platz nicht anders denken kann. Nach dem Gottesdienst wurde Zirfas wieder vorgeführt, bei welcher Gelegenheit ihm u. A. er- öffnet wurde, daß, wenn er wieder drohe, bei der Staats- behörde gegen solche Behandlung Beschwerde zu führen, der Herr Verwalter ihn sofort krumm schließen lassen werde. ZirfaS ist auf diese Weise jede Gelegenheit genommen, sich schriftlich oder mündlich an die Staatsbehörde zu wenden, wiS vielleicht erst möglich sein wird, wenn er seine Strafe längst ver- büßt hat; eS müßte denn geschehen, daß der Zufall den Herrn Staatsprokurator oder den Herrn Polizeirath in die Anstalt führt. Was es mit der Reinlichkeit für eine Bewandtniß hat, ob Zirfaß nicht vom Ungeziefer gepeinigt wird, darüber können wir nichts Bestimmtes angeben, aber die Annahme liegt sehr nahe, daß er auch von diesem Uebel(für einen Gefangenen daS schwerste Leiden) heimgesucht wird. Man bedenke nur 22 25 Mitgefangene in einer Zelle! Die Luft, die noch durch ein gewisses Gefäß, dessen sich alle bedienen müssen, verpestet wird, und man wird eS sehr begreiflich finden, daß es für einen Menschen, der halbwegs ge- wöhnt ist, menschlich zu fühlen, eine Tortur ist, unter solchen Umständen leben zu müssen. Eine solche Behandlung steht im schreienden Widerspruch mit den geringsten Forderungen an Mensch- lichkeit und Bildung. Für den gemeinen Verbrecher verlangt der Mensch, vom Standpunkte der Humanität, eine menschliche Be- Handlung, wie viel mehr darf man sie für einen Menschen forder», der nichts verbrochen hat, als daß er den Muth hatte, feine poli- tische Meinung auszusprechen. Auch wisseu wir nicht, ob eS nach der Gefängnißordnung zu- lässig ist, daß ein Gefangener sich selbst beköstigen kann, aber wir wollen zu Gunsten der Hessischen Regierung annehmen, daß sie eS im Zeitalter der Humanität und Civilisation" keinem Gefangenen verwehren wird, sich für sein eigenes Geld eine Nahrung anzu- schaffen, welche seiner Gesundheit zuträglich ist. Wir Sozialisten haben schon Vieles erlebt, aber vorliegender Fall ist uns etwas zu stark. Wir finden es eher noch begreiflich, wenn ein Beamter im staatSretterischen Uebereifer glaubt, für die Sozialdemokraten gebe es kein Gesetz undRecht" und in Folge dessen ihre Versammlungen aufgelöst und ihre Vereine sistirt wer-' den, daß man aber das Recht habe, einem Manne, der nichts weiter verbrochen hat, als daß er seinem Unwillen über bestehende Zustände Ausdruck gegeben hat, in dieser Weise zu behandeln, das ist uns neu. Wir richten auS diesem Grunde an den Herrn Gefängniß- Verwalter die Frage: 1) Mit welchem Recht kann man Zirfas zum Kirchengehen unter Androhung von Ketten strafe zwingen? 2) warum verweigert man ZirfaS sein unbestreitbares Recht, sich beschwerdeführend an die zuständige Behörde zu wenden? Wir fordern im Namen des mißachteten Rechtes von der einschlägigen Behörde strenge und schleunige Untersuchung dieser Vorgäuge." Am 2. Juli hat Bebel die ihm vor jetzt 2 Jahren vom Leipziger Bezirksgericht wegen sogenannter Majestätsbeleidigung zu- erkannte neunmonatliche Gefängnißstrafe im Landcszefängniß zu Zwickau angetteten. Die moralische Selbstbesieckuag der Gesellschaft. Es wird und muß eine Zeit kommen, wo man die Vernage- lung eines menschlichen Gehirnes als ein größeres Unglück ansehen wird als die Vernagelung einer Kanone; dann wird man sich aber auch um die Seelen deS menschlichen Nachwuchses mehr kümmern als um die Seele der Geschützrohre und ein Krupp in Essen wird alSdann nicht mehr als einer der vorzüglichsten Seelenkundizen gelten. Man wird alsdann auch weniger von dem Geiste sprechen, von welchem ein Truppenkörper beseelt ist und wenn man jetzt der Ausbildung des soldatischen Geistes volle Aufmerksamkeit und Sorgfalt widmet, wird man dann an die Kultivirung des nicht uniformirten Geistes denken, obschon die Träger desselben auch mit einem nichtprobemäßigen" Arbeitskittel uniformirt sind. Dieß ist die Zeit, wo die Arbeiterbloufe als ehrenvollste und schönste Uniform gelten wird. Eine jede Zeit hat ihren Aberglauben! sagt man und bis zur Zeit hatte man hierin nicht Unrecht, aber es fragt sich nur, ob jede Zeit ihren Aberglauben in der That haben muß. So lange nicht Wissen, aber Glauben als Fundament diesseitiger und jenseitiger Glückseligkeit gilt, so fehlt dieser Zeit zum Theil dasWissen", noch weit mehr krankt dieselbe aber amaber Glauben". Der Aberglaube beruht auf einer Durchttänkung deS Gehirne» mit geistigen Unrathstoffen aller Art. Die DeSinfection von diesen miasmatischen Stoffen bietet außerordentliche Schwierigkeiten, Car- bolsäure ist bei weitem nicht ausreichend. Abergläubische Gehirne sind die fruchtbarsten Brutstätten für Mordspatriotismus, kuror teutouieus, Kulturkampffanatismus jc. jc durch welche epidemisch grassirenden Seuchen beständig die Gesundheit der Gesellschaft be- droht wird. Wollte man sich des Verbrechens schuldig machen einem Men- schen Aberglauben einzuimpfen, so dürste man ihm nur bereits in der zartesten Jugend, starke die Sinne bethörende und die Phantasie erhitzendegeistige" Getränke und Speisen tagtäglich und zwär obligatorisch verabreichen. Die andauernde Anfül- lung des kindlichen und deshalb außerordentlich eindrucksfähigen Gehirns mit Mährchen aller Art, welche man, wohlgemerkt nicht als Mährchcn vorsetzt, sondern als die sublimsten Wahrheiten ver- schleißt, würde den ganzen Gehirnmechanismus arg beschädigen und die und jene Schraube für lange Zeit oder für die Dauer locker machen, daS oder jene? Rad auf Zeit oder für die ganze Lebenszeit einrosten lassen. Soll ein derartiger Frevel an der Menschheit begangen werden, so muß mit der Gehirnvernagelunz schon sehr frühzeitig begonnen werdsn; unter allen Umständen darf dieß nicht lange nach jener Zeit geschehen, wo der junge Nachwuchs körperlich selbstständig geworden ist und auf seinen eignen leiblichen Füßen stehen gelernt hat. Es ist aber gar nicht so leicht jene durch die angeborene Ehrlichkeit und Auftichtigkeit und durch die aufklärende Belehrung der Sinnesorgane drohende geistige Selbst- ständigkeit zu himertteiben. DieEngelmacherinnen", zu denen bekanntlich die Kinder schon in der zartesten Jugend von jenen verzweifelten oder verkommenen Eltern, welche die Natur der heutigen Gesellschaft zu Rabenvätern und Rabenmüttern machte, gethan werden, damit die Aermsten recht bald zulieben Engeln" werden, jene Engelmacherinnen pflegen ihren Pflegbefohlenen gewöhnlich schlechte und unzu- reichende Nahrung zu geben und ihnen zugleich einberuhigen- deS" Träukchen einzufüllen. Will man gegen die kindlichen Ge- Hirneengelmacherisch" zu Werke gehen, so ist eS nothwendig, dem Kinde tagtäglich unzureichende und schlechte geistige Nahrung zu geben und ihm bei jeder Gelegenheit ein, den gesunden Men- schenverstand erwürgendes, hirnzerrüttendes Ammenmährchenttänkche« einzufüllen; je glaubensstärker dieses Tränkchen desto besser; am besten wird dasselbe durch das Ohr einfiltrirt, weil das Ohr der leichtgläubigste Sinn ist. Im Uebrigen würde man das Kind nebenbei in einigen mechanischen Fertigkeiten abrichten können- Schreiben und Lesen sind an sich rein mechanische Fertigkeiten, aber niemals schon an sich ein hoch anzuschlagender Grad von Bildung, sie sind Mittel zum Zweck, Mittel zum Zweck weiterer geistiger Ausbildung. Etwas mechanisch nachmalen nach einer Vorschrift, -»off usB US ( ianl er 8 V es E >rcst Heu, >T i>rnl U hur<l «d i ileib <1 l . A, % pay Nr X, iftlöl liefcf «S i