und die übrige» Angeklagten zu Arrest von einer Woche bis vi» Monaten bestraft. Gegen drei Angeklagte, die Ausländer waren. wurde die Anklage fallen gelassen. Lon einem ausführlichen Bericht über diesen Prozeg müssen wir für heute absehen, da uns daS erforderliche Material fehlt. In eingehendster Weife wird eine demnächst erscheinende Broschüre über den Prozeß Aufklärung geben. Die Verhandlungen sind nämlich stenographisch aufgenommen, und wird die Broschüre demnächst im Verlage der I. steicrmärkischen Genossenschafts- Buchdruckerei zu Graz erscheinen. Der erzielte Reingewinn ist für einen wohl thätigen Zweck bestimmt. Die Arbeiterblätter sind gebeten, die letztere Notiz bekannt zu geben. — Man schreibt uns aus Magdeburg : Am 15. d. M hat auch hier die Berlin -Magdeburger „Volkszeituug" daS Licht der Welt erblickt und zwar, wie sie mittheilt, unter sehr erschwerenden Umständen. Da im Kopfe der hiesigen Fortschrittler der Plan, billige Provinzial-Zeitungen herzustellen und sich mit Herrn Dunckcr in Verbindung zu setzen, zuerst entstanden ist, so be- greifen wir gar nicht, warum so lauge gewartet wurde, da doch schon ähnliche Ableger unter allen möglichen Namen in folgenden Städten sich eingeschmuggelt haben, um dem Fortschritt der Fort- fchnttler neue Bahnen zu eröffnen, da die alten ausgefahren zu fein fcheiaen. Die Orte sind: Beuthen , Danzig , Potsdam , Rosen- berg, Spandau , Lauenburg , Rostock , Friedberg . Da nun jeden- falls in der Provmz Sachsen der Versuch gemacht wird, auch noch andere Orte mit einem solchen Blatte zu beglücken, so mögen die Parteigenossen hiermit vor diesem Wolf im Schafspelz gewarnt fein. Der Chefredakteur für Magdeburg ist ein Herr Greiner, Lieutenant a. D., flüher Redakteur am hiesigen konservativen „Correfpoodent". Die Quednauer Revolte vor dem Schwurgericht. (Fortsetzung.) Nach Einführung der neuen KreiSordnung zeigte sich in ver- schiedenen Gegenden der Provinz namentlich in den Kreisen Königs- berg und Fischhausen eine eigenthümliche Mißstimmung unter den Landarbeitern, die schließlich an mehreren Orten zu Angriffen und Zerstörungen der AmtSgesängnisse führte. Solche kleinen Gefängnisse werden von den Littauern Kalusen genannt; in den rein deutschen Gegenden der Provinz ist das Wort in Klüsen ver- wandelt worden. Nach der neuen Kreisordnung sollte jeder Amts- bezirk, der sehr häufig mit einem Gutsbezirk zusammenfällt, eine Kluse haben. Wo sie nicht schon vorhanoen war, wurde sie schleu uig gebaut, an andern Orten die vorhandene erweitert. Die Arbeiter glaubten bald zu finden, daß die Sache durchaus kein Scherz fei; die AmtSvorstcher, fast immer auch ihre Herren, fände» jetzt sehr viel häufiger Einsperrungen notyweudig, als vor Erlaß der neuen Kreisordnung die Pollzeiverwalter. ES gab deswegen erst böse Worte und endlich schlimme Thaten. Nachdem in Po- narth, Medenau, Tragheimsvorf und Ernsthof Zusammenrottungen stattgefunden hatten, die Amtsgefängnisse zerstört, Beamte miß- handelt und Personen gewaltsam auS dem Arrest befreit wordeu waren, kam es am 6. Juli zu einem sehr ernsten Ausstände. Nach Samitten, dem Gute eiueS Herrn von Gottberg, war Gensdarm Oldenburg geschickt oder gerufen worden, um eine Arbeiterfrau Lmk zum Gehorsam zu bringen. Er traf Mittags ein, als die Leute gerade von der Arbeit zum Essen heimgekommen waren. Er stieg beim Inspektor Wilutzky ab, und während er noch mit diesem sich unterhielt, kam der Kämmerer und meldete, eS erklärten die Leute, nicht eher wieder zur Arbeit gehen zu wollen, bis„die Blankmütze" fort fei. Es hatte sich nämlich das Gerücht ver- breitet, der Gensdarm sei gekommen, die Frau Lmk zu verhaften. Als gleich darauf Oldenburg den Gutshof verließ und auf die Chaussee heraustrat, fand er etwa 30 Arbeiter hier versammelt. Oldenburg trat grüßend an den Hausen heran und fragte, wo sich die Link aufhalte. Die Antwort lautete:„Hier wird nicht arretirl! Wir lassen Keinen arretiren, wir wollen nach der Stadt gebracht seiu." Im Nu sah sich Oldenburg umzingelt uud im nächsten Augenblick! seiner Waffen beraubt. Ein Arbeiter rief:„Schlagt den Rattenfänger todt!" und entriß ihm das Gewehr, ein anderer den Säbel. Gleichzeitig erhielt Oldenburg einen Schlag über den Arm und mit einer Mistforke wurde ihm der Helm vom Kops geschleudert. Dem nunmehr hinzugekommenen Inspektor Wilutzty wollte eS nicht gelingen die Leute zu beruhigen; als er einen Schlag in'S Gesicht erhalten und ein Angriff mit dem Gewehr- kolben gegen ihn versucht worden, hielt er es für gerathen, sich mit dem GenSdarm nach dem Gutshause zurückzuziehen. Olden- bürg fand von da auS später Gelegenheit, über die Felder uach Königsberg zu entkommen, um militärische Hilfe zu requiriren. Inzwischen zog der ganze Haufe der Tumultuanten umer dem Feldgeschrei«Nur immer fest!" nach Beydritten. Administrator Petersen, welcher auf dem Felde die Kl-eernte inspicirte, sah in 3 Kohorten die Aufrührer anrücken. Er eilte nach dem Gutshofe, wo gleichzeitig mit ihm auch seine auf einem anderen Felde be- schäfligt gewesenen Knechte mit den Gespannpferden eintrafen, um sich den Samittern auf dem Zuge nach Quednau anzuschließen. Sie wollten hierzu durch schwere Drohungen gezwungen sein. Uebrigen« wurde festgestellt, daß sich die Beydritter gar nicht so sehr haben zum Mitgehen nöthigen lassen, vielmehr hat der dor- tige Gifpannknecht Goyke, der bereits am Tage vorher bei der Abrechnung Skandal gemacht, sein Lohnbuch zerrissen, dem In- spektor Nordmann vor die Füße geworfen und, als dieser mit dem GenSdarmen gedroht, geantwortet, der König habe den Besitzern gar nicht das Recht gegeben, Leute arretiren zu lassen, daS hätten sie sich selbst angemaßt, sofort beim Herannahen der Samitter seine Mitknechte aufgefordert, auszuspannen uno mit gen Quednau zur Zerstörung der Kluse und zur Züchtigung des Amtsvorstehers Schnell zu ziehen, und, als die Samitter nahe genug waren, diesen mit lauter Stimme zugerufen:„Nehmt uns mit, o nehmt uns Alle mit!" Andere riefen:„Ja, ja, mit! Wir dürfen mit den Herren machen, was unS beliebt, der König giebt zu deren Schutze kein Militär her." Fast fämmtliche B-�dritter zogen mit. Nachdem sich die Leute im Beydritter Kruge gestärkt, zogen sie uach Balieth. Hier sollen sie auf Diejenigen, welche sich am Zuge nicht betheilrgen wollten, mit Mistforken und Stangen losgegangen und den sich Weigernden den Tod angedroht haben. Den 76jäh- rigeu Schwiegervater des Besitzers Schulz, Partikulier Dering auS Berlin , schrie Wilhelm Godau mit erhobenem Gewehr an:„Wenn er nicht ein so alter Kerl wäre, würde ich ihm gleich eins über den Kopf geben." Jnstmann Henfel aus Beydritten holt- den im!durch v. Schmidt eine Anweisung an den Gastwirth'deS Orts Garten versteckten Gärtner Lauvien herbei, mit dem Bemerken, er! auf Verabsolgung des Gewünschten ausstellen lassen und Nelson habe gar nichts zu verantworten, er möge nur unverzagt mit- hatte das so günstig lautende Papier bereits freudig in die Tasche jetzt ihren Leuten erlauben, mit»ach Quednau zu gehe», um die Kluse einzureißen." Ewert entgegnete:„Kinder, das geht nicht, zieht ruhig Eurer Wege, hindern kann ich Euch nicht an Cure« Vorbaben, aber meine Lente brauche ich zum Klee-Einfahren". „Laß' das doch den Jung' besorgen!" rief Einer aus dem Haufen, auf den IKjährigen Sohn des Besitzers, den Gymnasiasten Arthur Ewert zeigend, und als dieser sich erkühnte ,ju bemerken:„DaS «erde ich doch nicht thun", erhielt er einen ischlag auf die Hand, daß sie blutete. Und als nun der alte Evert sprach:„Laßt den doch zufrieden, der hat Euch ja nichts gethan" erhielt er einen Schlag mit einer Heugabel über den Kopf, daß er bewußtlos niedersank, und aus den am Boden Liegenden wurde noch mit Knütteln cinzehauen. Ueberall, in Ernsthof, Fräuleinhof, Gr. und Kl. Maraunenhof erhielt der Zug Zuwachs und kam nun auch nach Rothenstein , einer dicht bei Quednau gelegenen großen Zregelei. Hier wurde ebenfalls zum Anschlüsse mit Erfolg geworben, wobei mehreren Per- sonen die Spitze der Heugabel, unter ver Drohung, sie zu erstechen, auf die Brust gesetzt sein soll. Mau suchte sich zu bewaffnen; ein Arbeiter nahm den großen Hammer aus der Schmiede, meh- rere nahmen Stangen und einer spitzte sich eine Schiene von der Fabrikeisenbahn zu. Fast sämmtliche in der Ziegelei beschäftigten Männer, etwa 100, schlössen sich dem Zuge an. Die Zahl der Tumultuanten war auf mehrere Hundert anze- wachsen, als sie nach Quednau gelangten. DaS massive AmtSge- fängniß wurde im Nu der Erde gleich gemacht, ebenso ein kleines Gebäude, das früher als interimistische Kluse benutzt worden. Eine Partie fiel in das Gasthaus„Eisenbahnschlößchen". Ar- beiter Falk langte die auf einer Stange hängenden Würste her- unier und vertheilte sie. Ein Faß Branntwein wurde geleert, der Tochter der Wirthin eine Flasche an den Kopf geworfen und als die unartigen Gäste abzogen, zertrümmerten sie noch die Fenster. Bor diesen war ein Schneider, ein Hauptanführer, dagewesen, hatte gegessen und getrunken, gesagt, er habe jetzt keine Zeit zum Bezahlen, er habe Wichtiges mit dem Amtsvorsteher Schnell vor, die Nachkommenden würden seine Zeche glatt machen. Dann war er mit einem Troß vor die Wohnung Schnell's gezogen und hatte dort, indem er mit dem Stock um sich gefochten und auf Geländer und Fensterköpfe geschlagen, die unsinnigsten Redensarten geführt. Zuerst hatte er Schnell und, als ihm gesagt worden, der sei nicht zu Hause, Frau Schnell zu sprechen gewünscht. Diese erschien auf dem Balkon vor dem Hause und fragte nach seinem Begehren. Heinrich sagte, sie kämen nur in der freundlichen Absicht, ihren Mann aufzuhängen, die Stricke hätten sie gleich mitgebracht. Dem Gensdarm hätten sie das Fell schon gut ausgegcrbt. Dr. Malern in Rothenstein habe er selbst einen Brief eingehändigt, worauf dieser seinen Arbeitern gesagt, sie möchten nur mitgehen. Heinrich verlangte von Fran Schnell die Schlüssel zu dem„Pcison", in den sie jetzt einmal den Amtsdiener Fövdermann auf 3 Tage ein- sperren wollten, denn die Herren hätren die Gefängnisse auf eigene Hand gegen den Willen des König? eingerichtet. Während Hein- rich noch mit Frau Schnell unterhandelte, kam die Meldung, daß man der Schlüssel zu dem Prison nicht mehr benöthigt sei, denn das Ortsgesängniß sei bereits bis auf das Fundament abgebrochen. Nun drang man in das Schnell'sche Wohnhaus ein, durchstöberte dasselbe von oben bis zum Keller, plünderte die Speisekammer und verlangte von Frau Schnell Schnaps. Als diese erklärte, sie habe nur Bier zu Hause, so forderte man Geld. Die Frau Amts- Vorsteher gab einen Thaler und da die Tumultuanten mit Unge- stüm erklärten, das sei nrcht genug, leerte auch noch Fräulein Horn, die zum Besuche bei Frau Schnell war, ihr Portemonnaie unter dieselben. Nun wurde der Garten durchsucht und dort AmtSdiener Fövdermann versteckt aufgefunden. Dieser sprang, als er sich ent- deckt sah, über den Zaun querfeldein, wurde verfolgt, eingeholt und gemißhandelt. Nachdem Alle von ihm abgelassen, faßte rhu der Arbeiter Strauß beim Kragen, nöthigte ihn inS WirthShaus und verlangte, er solle ein Quartier(etwa'/s Liter) Branntwein geben, dann wolle er sich mit ihm vertragen. Föddcrmann ging darauf nicht ein und Strauß— zog seiner Wege. Hauptsächlich wurde der Garten Schnell's nach diesem selbst durchsucht. Der aber saß auf einem Lindenbaum, wo er nicht bemerkt wurde. Schlimm erging es dem AmtSschrciber Weißsemmel, der sich in der Wagenremise eingeschlossen hatte. Der Versteck wurde verrathen, die Thürs eingeschlagen, der Schreiber he- auSgeschleppt und furcht- bar geprügelt. Er entwand sich den Händen der Wüthenben, wurde aber wieder ergriffen und unter dem fortwährenden Rufe: „Werft ihn in den Teich, werft ihn iu de» Teich!" von Neuem mit Knütteln bearbeitet, er erhielt sogar einen Messerstich in den Hinterkopf und kam nur, wie durch ein Wunder mit dem Leben davon; eS gelang ihm nämlich nochmals zu entschlüpfen und sich zu verbergen. Noch einmal durchsuchten sie vergeblich daS Schnell'sche HauS nach ihm. Er steckte dort unter einem seidenen Kleid verborgen, wiederholt ging man dicht an ihm vorüber, fand ihn aber nicht. AuS Aerger darüber schlug man einige Fenster ein. Der 60jährige Tsschler Nelson aus Samitten zerschmetterte unter dem Ausrufe:„Freiheit muß sein!" den Rahmen eines Fen- sters in der Waschküche, erhob auch gegen Fräulein Horn seinen Knüttel, fragend, ob sie gar nicht Angst habe, und raisonnirte, daß sie zu wenig Geld gegeben. Mit der neue« Kluse war auch das Dach der Schmiede, an welche dieselbe angebaut war, demolirt worden. Einer der Tumultuanten, Loschwitz aus Beydritten, hatte auf Bitten des Schmieds dessen Dach wieder zugedeckt, von dem er eben vorher selbst Dachpfannen hinabzeworfen. ES soll auch von einigen, ganz unbetheiligten, zufällig des Weges kommenden Personen auf der Dorfstraße Geld erpreßt worden sein, indem man sie mit Todtschlag bedrohte. In daS HauS des Besitzers An- drewsky drang ein Haufen ein und er sah sich genöthigt, damit man ihm nicht den GarauS mache, Jedem 1 Sgr. zu verabreichen. Nachdem man in dieser Weise zwei Stunden lang in Quednau gehaust, ging es nach Trutenau, wo ebenfalls, wie bereits Hein- rich zu Frau Schnell geäußert, die Kluse niedergerissen und Ge-, neralpächter Lack aufgehängt werden sollte. In N-sselbeck wurden im GutShause Eßwaaren geraubt, Inspektor Mischpeter wurde ge- mißhandelt und in den Graben geworfen. In Trutenau wurde, nachdem das AmtSgefängniß demolirt worden, vor daS GutShauS gerückt und Lücke herausverlangt. AlS ulan erfuhr, daß nur dessen Frau und Rechnungsführer v. Sckmidt zu Haufe seien, war es der alte Nelson, welcher Frau Lücke auseinandersetzte, daß ihr Mann hängen müsse, die Stricke hätten sie schon mitgebracht, sie seien nicht so dumm. Vor allen Dingen aber verlangte man die Hergäbe von Speisen und Getränken. Frau Lücke hatte eben kommen und helfen die Kluse zerstören. Und weiter ging's nach SegerShof. Auch hier fand mau die Leute bei der Klee Ernte. Eiu Sprecher trat hervor und wendete sich an den auf dem Felde anwefendeu Gutsbesitzer Ewert mit den Worten:«Sie werden gesteckt, als GcnSdarmerie-Obcrwachtmeister Kiymann mit verhängten Zügeln daher gesprengt kam und die Ausstän- dischen aufforderte, auS einander zu gehen, daS Militär fei dicht hinter ihm, wen« sie nicht Folge leisteten, so würden ste durch 'Waffengeioalt auseinander gesprengt werden. Gastwirth Iarusche- �oitz aus Quednau war nach der Stadt gefahren, um Hilfe nach- jzusuchen, bort hatte er Kitzmann getroffen, der mit ihm hinaus- > gefahren kam. Al? nun die Kürassiere anrückten, ließ Kitzman» Einen derselben absitzen, schwang sich aus dessen Pferd und sprengte in oben bezeichneter Weise voraus. Auf den so entschlossenen Mann sprang Oelsner aus Gr. Maraunenhof heran und führte mehrere Hiebe mit einer Stange nach ihm, indem er schrie: „Schlagt ihn todt!" Kitzmauu parirte die Hiebe nothdücstig mit dem Säbel, so daß sie nicht seineu Kopf treffen konnten, sondern an seinem und des Pferdes Körper hinabglitten. Aber bald sah er sich umringt, Kobleit entriß Neumann eine Axt, die dieser mit- gebracht und drang damit aus Kitzmann ein. In diesem Augenblicke rasselten die Kürassiere heran. Da die Aufruhrer auch der Aufforderung des Kommandanten(Rittmeister v. Schmiedeseck) ruhig auseinander zu gehen, nicht Folge leistete», so kommandirte er zum EinHauen. Die etwa 400 Mann starke Bande wurde ohne große Mühe von der Eskadron in ein Korn- feld jzetriebcri; 105 wurden zu Gefangenen gemacht und außerdem 15 Schwerverwundete davongetragen. Das ist die Quednauer Revolte nach den vom Gericht ange- stellten Erhebungen. Als charakteristisch seien noch zwei Thatsachen angeführt, die in der Anklage-Akte keine Stelle gefunden. Wenige Tage nach der Revolte enthielt die„Ostprcußische Ztg." folgende Notiz: „Sonnabend wurden im Kaseruenhofe am Schloßplatze 6 Küras- sterpferde meistbieteud verkauft, welche durch Verletzungen, die sie im Kampfe gegen die Aufständischen in Quednau davongetragen, dienstunfähig geworden sind. Der durch ein spitzes Elsen am Uebelsten zugerichtete, kreuzlahm gewordene Gaul brachte nur 4 Thaler, ein zweiter ging für 5 Thaler fort, für die vier übrigen wurden etwa» bessere Preise erzielt, nämlich 24 Tyaler, 36 Thaler, 45 Thaler und 63 Thaler. Einzelne Kürassiere zeigten unS ihre furchtbar grün, gelb, braun und blau geschlagenen Gliedmaßen. Diese Vergißmeinnichte, die noch heute in voller Blüthc stehen, rühren von Hieben mit Essenschisnen her." Darauf wurde dem ebrenwerthen Blatte von dem königl. Kommando des ostpreußischen Kürassier-RegimentS Nr. 3 fzlgeude Berichtigung zugefertigt:„ES sind allerdings am Sonnabend, den 25. d. MtS. 2 Pferde auf dem Schloßkasernhof verkauft worden, von denen das eine kreuz- lahm war, das andere an StrahlkrebS litt; diese Pferde waren nach längerer Behandlung als unheilbar anerkannt und wurden deswegen al« zum Militärdienst unbrauchbar verauktionirt. Es ist aber bei der Revolte in Quednau und bei den Affairen in Cranz und Willkühnen, zu denen Theile d-S unterzeichneten Re- giments ausgerückt waren, weder ein Mann noch ein Pferd beschädigt worden." Die etwa 400 wilden, vom Schnaps erhitzten Aufrührer haben also nicht den geringsten Widerstand der bewaffneten Macht ge- leistet! Etwa 150 Mann der„wilden Horde" kamen auf dem Zuge nach Quednau auch auf das Gut Maraunen. Hier zogen die Ar- beiter vor daS Herrenhaus, vor dessen Thüre der Besitzer faß. Sie grüßten ihn höflich und der alte Herr fragte sie:„Kinder, was wollt Ihr?" Die Arbeiter erwiderten:„Ihre Leute. Wo sind die? Wir ziehen nach Quednau, um dort die Kluse zu zerstöre», und auch Ihre Leute werden mitgehen!"—„Meine Leute", sagte der alte Herr,„sind auf dem Felde bei der Arbeit. Was aber Euren Gang nach Quednau betrifft, so denke ich, Ihr lasset den- selben lieber bleiben."— die Arbeiter kehrten sich nach dieser Mahnung allerdings nicht, zogen, ohne hier etwas zerstört oder jemanden mißhandelt zu haben, nachdem sie sich von dem Guts- besitzer höflich verabschiedet hatten, auf dessen Feld, seine Leute schlössen sich ihnen ebenfalls an, und der Zug ging nun weiter nach Quednau.(Forts, folgt.) Gewerkszenossenschaftliches� Gewerksgenossenschaft der Maurer uud Zimmerer. Araunschweig. Die Erklärung des Herrn M. Prcißer in Nr. 113 d. Bl. zwingt uns zu nachfolgenvec Erwiderung: Wenn Herr M. Preißer das Protokoll der Generalveisammluug nachlesen will, so wirv er finden, daß eS nicht wahr ist, daß der Vertreter der VorortSverwaltung für die Anstellung erneS besol- deten Vorsitzenden gestimmt hat. Der besagte Vertreter, und mrt diesem die Mehrheit der Braunschweiger Mitglieder, sind heute noch, wie früher, ver Ansicht, daß die Besoldung deS Borsttzenden unsere ohnehin nicht starken Geldmittel iu bedenklicher Wesse an- greife. Der Vorwurf, daß nur in sehr beschränktem Maße die Agitation betrieben worden sei, berührt die Braunschweiger Mit- glieder nicht. Hätten die Genossen an anderen Orten ebenso fleißig agitirt wie die Braunschweiger, so hätte sich die Mitgliederzah! seit dem Vorjahre gewiß verdoppelt. Will uns Herr Preißer viel- leicht für die Nachlässigkeit Anderer verantwortlich machen? Aller- dingS ist e« Pflicht des Borsitzenden, agitatorisch und organisa- torisch zu wirken, aber auch die einzelnen Mitgliedschaften müssen ihre Kreise bearbeiten und sich nicht allein aus die VorortSver- waltung verlassen. Erst jetzt wird in Bayern agitirt, was schweres Geld kostet. Sollte aber auch der Vorsitzende immer auf Agita- tion gehen, dann müßte man folgerichtig auch dessen Stellvertreter honoriren, und die Hauptkasse würve beständig leer bleiben. Oder will vielleicht Herr Preißer so viel Geld einschicken, wie nöthiz ist, um eine stetige Agitation zu führen, dann sind wir hierzu gern bereit und wollen dessen Rathschläge befolgen. Wir können Unmögliches nicht möglich machen. Wenn die Mitglieder über die Beschlüsse der letzten Generalversammlung nachdenken, werden ste selbst da« Gute finden. Wir sind uns bewußt, im Interesse unserer Genossenschaft gehandelt zu haben, und das ist unser Trost gegenüber den unbegründeten Angriffen eines Mitgliedes. Mit Brudergruß und Handschlag Im Auftrage der Mitgliedschaft: Carl Weber, Bev. Gewerkschaft der Schuhmacher. Leipzig . Der Mehrzahl unsrer jünger« Mitglieder wird eS unbekannt sein, und die ältern werden jedenfalls augenblicklich nicht daran denken, welchen wichtigen und für uns beveutungSoollen Tag wir vor uns haben. Am 1. Juni 1369 erließen eine Anzahl Leipziger College» im„Demokratischen Wochenblatt" einen Aufruf an vie Schuhmacher aller Länder, woriu zur Grünvung einer Schuhmachergewerkschast aufgefordert wurde. Aufrufe wurden separat versandt, Statuten ausgearbeitet, mit einem Wort, eS wurde Alles gethan, bis der Zweck erreicht war und eine Anzahl Collezen aus veifchiedeuen Stäoten Deutschlands mit der Be- gründung einer Gewerkschaft sich einverstanden erklärten. Am 31. Oktober uud 1. November 1869 fand denn auch die erste Generalversammlung in Leipzig statt, auf der der Grundstein zu einer eudgültigen Organisation gelegt wurde. Auf dieser Ge-
Ausgabe
6 (30.10.1874) 127
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten