liche Geschlecht hinsichtlich der Schulbildung im Verhältniß zummännlichen günstiger steht, att bei den übrigen ReligionSgemein-schuften.Zwischen den einzelnen Regierungsbezirken besteht hinsichtlichder Schulbildung ein sehr bedeutender Unterschied. Wiesbaden,Berlin, Sigmaringe», Merseburg haben 1,1» bis 2,«% männlicheund 2,ii bis 4,ä» 0/o weibliche Analphabeten, während Posen, Dan-zig, Bromberg, Marienwerder mit 30, 31 bis 34,62 bezw. mit 37,«bis 41,040/0 an denselben betheiligt sind.— Zwei Millionenzweihundertsechzigtausend Personen über 10 Jahr inPreußen, die nicht lesen und nicht schreiben können!Und das nennt sich„Jntelligenzstaat"!— Gegen den Patriotismus in der Schale wendet sichdas in den Schulen des CantonS Zürich eingeführte gcschicht-liche Lehr- und Lesebuch der Professoren S. Vögelin undI. J. Müller in folgenden beherzigenSwerthen Worten:„Unsere Geschichtslehrbücher haben bisher besonder« einen„patriotischen" Charakter angestrebt. Sie suchten durch eine Aus-wähl von Heldenthaten den Kindern zu zeigen, wie hoch unserVolk über andern stehe, um dadurch die Liebe zum Vaterlande inihnen zu wecken und zu pflegen. Mit der Tendenz sind wireinverstanden; da« Mittel verwerfen wir. So wird im Lehr-mittel namentlich die Darstellung der Entstehung des Schweizer-bunde« Manchem beftemdlich, nackt und kühl erscheinen. ES wirddiese Entstehung im Ganzen als eine Bewegung, die sich vonandern gewaltsamen Freiheitsbewegungen wenig unterscheidet, nach-gewiesen; nicht mehr aber wird da von jenen uralten Rechten ge-sprechen, die unsere Vorfahren schon aus Schweden mitgebracht.Da möchte man nun einwenden, diese Behandlung könne dochunmöglich den Patriotismus wecken; im Gcgentheil, sie werde ihnunterdrücken. DaS ist nun freilich unsere Meinung nicht. Aller-dings knüpfen wir nicht an jene fabelhaften Freiheitsrechte an, dieunsere Vorfahren von Anbeginn der Zeiten innegehabt und durchalle Epochen bewahrt haben sollen; wohl aber an die unverjähr-baren Rechte der Freiheit und der freien Selbstbestimmung, diejeder Mensch und jede Volksgemeinschaft hat; an jene Rechte, diesich unsere Vorfahren durch Intelligenz und Kraft selbst erworben.E« soll die Jugend fühlen, daß eS in der Welt noch höhere An-sprüche giebt als die auf Pergament verbrieften, und daß nebendiesen allgemeinen Menschenrechten alle von Kaisern und Königenertheilten Privilegien in den Staub sinken.— ES ist ferner innothwendigem Zusammenhang mit der angeführten Anschauungdie Schweizergeschichte bisher dargestellt worden als ein unauSge-setzter Versuch der Oesterreicher, unsere Freiheit zu unterdrücken.Daraus rguhte ein glühender Haß gegen die österreichischen Vögteentstehen, und dieser Haß gegen die Vögte mußte zum Haß gegenOesterreich und gegen Deutschland überhaupt auSarren. Werden Nationalhaß für ein Unglück hält, darf ihn also der Jugendnicht schon mit der Schulmilch eintränken. Aufhören muß eineDarstellung, wo wir immer Recht haben, die Andern dagegenimmer Unrecht, ja wo diese inSgesammt als Buben, FreiheitS-schänder u. s. f. erscheinen. Jene Erzählungen von den Schand-thaten der Vögte, die ja zum Glück ins Reich der Fabel be-ziehungsweise der Lüge gehören, müssen fallen. ES ist freilichwohl möglich, daß dann von jener wunderbaren Nationalherrlich-keit Einiges abfällt, aber eS dient unserm Volk offenbar nichtzum Unsegen, wenn eS von seinem Nationaldüntel etwas abgiebt.Jener hochmüthige Standpunkt ist im IS. und 16. Jahrhundertim frischen Gefühl deS Kampfes mit der ganzen Umgebung auf-gekommen, hat sich durch das 17. und 13. Jahrhundert fortge-pflanzt und schleppt sich als ein Erbe jener Periode noch heutefort. Er stammt also aus einer Zeit, wo wir Schweizer in unsereUuterthanenländer selber Landvögle setzten, die Vieles hinter sichließen, was an Gräuelthaten und Unfläthereien fremden Vögtenzugeschrieben wird. Wir haben also durchaus keinen Beruf, sogroßsprecherisch aufzutteten. Ueberhaupt hat das Gefühl,„quenous rnarchons ä la töte des nations"(„daß wir an der Spitzeder Nationen marschiren") den Völkern noch selten ersprießlicheFrücht- getragen. Die Epempel liegen nahe und sind auch füruns da zum Beherzigen. Wenn die Bibel nur Ein„Volk GottcS"anerkennt, so sagen wir uns von einer solchen Auffassung loS.Nun gut, aber so wenig) als wir außer uns ein„Volk GotteS"im spezifischen Sinne anerkennen, d. h. ein solches, für das Gottin eigener Person auf den jSchauplatz und Kampfplatz tritt, nebendem die andern Völker„sFeinde GotteS" sind— ebensowenigwollen wir eine solche ausnahmsweise„Erwählung" unserem eigenenVolke zuschreiben. Erstirbt darum die Liebe zum Vaterlandc?Wenn und so weit sie nur auf Täuschung gebaut ist, offenbar.Wir pflanzen die Liebe zur Mutter nicht ein, indem wir diese als einhöheres Wesen darstellen; so auch nicht die Liebe zum Baterlaude;nur die Wahrheit hat seine andauernd belebende Kraft. ES istdabei wichtig, zu zeigen, daß die Ding- nicht so gegangen, wieuns alte Sagen überliefern. Dann aber wird die Liebe zumVaterland- eine höhere, wenn man dieses als ein Glied der großenVölkersamilie nachweist, mit eigenen Vorzügen und eigenen Auf-gaben, als wenn man es auf einen Jsolirschemel stellt. Ferner:Wenn daS Kind erfährt, daß erst seit Ende des 18. Jahrhunderts, ja erst seit 1830 wieder ein wahre« politisches Leben undStreben in der Schweiz sich zeigt, und die großen Aufgaben derRepublik erfaßt werden, glaubt man, daß dann die Jugend nichtauch da« Vaterland der Gegenwart, der Zukuust lieb gewinne,—nicht auch mit Begeisterung erfüllt werde, wenn man ihr zeigt,welche Kräfte unseres Volkes jetzt sich entfalten? Diese Begeiste-rung muß eine höhere und wärmere sein als die für Tell; dennjetzt gilt es keine Aepfel mehr von den Köpfen zu schießen. Wirsind völlig überzeugt, daß das Lehrbuch auch einen patriotischenZweck erfüllen soll, aber nicht in Opposition gegen den KoSmo-poliliS>»uS."Was hier speziell von der Schweiz gesagt ist, findet, mit dennöthigen Aenderungen, seine Anwendung auf die Geschichtsbücheraller übrigen Völker, und auch ganz besonders auf die deutschen,in denen die lächerlichsten Mährchen verbreitet, die unrichtigstenund schädlichsten Vorstellungen über das eigene Volk und diefremden Völker(„Erbfeinde") zum Ausdruck kommen.— ZurBehandlung politischer Gefangenen. In Bautzenverbüßt seit etwa vier Wochen der Sozialdemokrat, Pietschmannaus Königsbrück eine viermonatliche Gefängnißstrafe wegen desnicht mehr ungewöhnlichen Vergehen« der Kaiserbeleidignng. Diesemverweigert der Untersuchungsrichter Assessor Donath ivgar dasZeitungslesen! Dieser Gelehrte ließ sich dahin auS: Gefangenen,welche eine Strafe verbüßen, käme e« nicht zu, Zeitungen zu lesen,daS könnte unter keinen Umständen zugelassen werden, das Zei-tungslesen sei keine Strafe.(Manchmal doch!) Al« nun Pietsch-mann darauf hinwies» daß ihm früher die« doch ohne Weiteresvom Direktorium gestattet worden, da bekam er die Antwort:dann sei ihm zuviel bewilligt worden. Und als nun Pietschmannweiter vorstellte, er sei doch ein politischer«»efangmer, da lauteteder Bescheid dahin: das bliebe sich ganz gleich, ob er wegen Dieb-stahl oder MajefiätSbeleidigung die Strafe erleide, Strafe feiStrafe. Wem fällt da nicht der Direktor des Gefängnisse« vonPlötzensee ein, der nun freilich kein studirter Mann ist? Im Straf-gesetzbuch stehe ausdrücklich, daß jeder Gefangene nach seinen Fähig-knien zu beschäftigen sei, vom ZeiwnzSlesen stände da nichts.Da baben wir gleich einen neuen Commentar! Eben so vergeb-lich, beantragte Pietschmann, daß ihm daS Lichtbrennen gestattetsei. Die übrigen 60 Gefangenen dürften auch kein Licht brennen,hieß e« da und da könne mit ihm auch keine Ausnahme gemachtwerden. Pietschmann bewohnt eine der dunkelsten Zellen im Be-zirkSgerichtSgefängniß, wo es bei solcher Witterung gar nicht or-deutlich Tag wird. Es ist wirklich merkwürdig,«aS für eine Ge-rechtigkeit manchmal in den Gerichten herrscht. Wenn Einer imSommer zur Haft kommt, hat er den ganzen Tag Helle, wenn erim Winter hineinkommt, wird er zugleich mit Dunkelarrest be-straft, warum denn auch nicht mit Kälte? Warum denn nichtmit Hungern? Essen ist auch keine Strafe. Was aber Allem dieKrone aufsetzt, ist, daß Pietschmann nicht einmal einen Tischbekommen konnte. Man sagte ihm, e« sei keiner mehr vorhanden.Schöner Grund! Giebt'S in Bautzen keine Tischler? Wenn manJemanden vier Monate einsperrt, mag man sich auch die Mühenehmen, ihm einen Tisch zu besorgen.Pietschmann hat sich wegen Nichtbeförderuug seiner Briefe,wegen Verweigerung de« Licht« und der Zeitungslektüre an daSMinisterium der Justiz beschwerdeführend gewendet, ist aber damitabschläglich beschieden worden, indem Alles dem Ermessendes Herrn Donath anheimgestellt wird.— Der Commentar wirdim Reichstag gemacht werden.— Arbeiterentlassungen. Die Folgen der Gründer- undSchwindelepoche brechen jetzt in ihrer ganzen Schwere über dieArbeiter herein. So hat, wie schon erwähnt, der Polizeipräsidentvon Wien ein Memorandum an den Kaiser abgefaßt, tu welchemer die soziale Lage der Hauptstadt und die Stimmung der arbei-tenden Bevölkerung angesichts der täglich drückender werdendenNothlage schildert.Die„Deutsche Zeitung" entnimmt dem Memorandum fol-«ende Stelle:„In den Arbeiterkreisen Wien» herrscht tiefgehendeVerstimmung, hervorgerufen durch die Arbeitslosigk it und Verarmung. Die Arbeiterentlassungen nehmen immer größere Dimen-stonen an und fallen um so mehr in'S Gewicht, als die trübenZeitver�ältnisse eine Vertheilung der disponiblen Arbeitskräftenach den Provinzen unmöglich machen. Ein grelles Bild derSituation in den Arbciterkreisen liefern die massenhaften Exe-kutionen ärmlicher HauSwirffchaften infolge Verschuldung. Dabeihält in einzelnen dichtbevölkerten Vorvrten Wiens bereits derHunger seinen Umzug, und die eingetretene rauhe Witterung drücktschwer auf die Gcmüther."Aber nicht nur in Wien, auch in Berlin und wohl in allenJndustriecentren Deutschlands jsieht eS ähnlich aus um die Lageder Arbeiter. Die„VolkSzeitung" kündigt z. B. Entlassungenvon Arbeitern an, die zu Neujahr in der Borsig'fchen Fabnkstattfinden sollen. Sämmtliche Feilenhauer dieser Fabrik sollenauf die Straße geworfen werden, außerdem erwartet noch 1500andere Arbeiter daS gleiche Loo». Im Ganzen sollen sich dieArbeiterentlassungen in den Maschinenfabriken von Berlin aufetwa 8000 belaufen. Und wie zwingend müssen nicht erst dieGründe sein, die den Mordwaffen-Fabrikanten Krupp in Essenbestimmen, sein Personal von 16,000 auf 3000 zu reduziren,trotzdem ein Staat den andern zu überbieten trachtet in kriegerischenZurüstungen?Und wohlgemerkt: an all dem Elend, das jetzt über die Ar-beiterklasse hereinbricht, sind die Arbeiter so unschuldig wie einneugeborncS Kind. Aber so gewiß die Zeit nicht mehr fern ist,wo die Arbeiter begriffen haben werden, daß in der heutigen Ge-cllschaft ihrer nur Roth und Elend harrt, so gewiß eilen wir derZeit entgegen, wo an die Stelle der heutigen sozialen Mißwirth-schaff das harmonische und glückliche Zusammenleben der Menschentritt.— Der Klassenkampf. In England hat da« neue Jahrden seit Monaten drohenden allgemeinen Strike der Kohlen-arbeiter von SlldwaleS als erstes Angebinde gebracht. Nach-dem alle bisherigen Verhandlungen zwischen Arbeitern und Gruben-besitzern fruchtlos geblieben waren, kam man gegen Jahresschlußüberein, am 30. Dezember in Cardiff eine gemeinsame Conserenzder Grubenbesitzer und Arbeiterdelegirten abzuhalten. Auf derConserenz waren über 50,000 Arbeiter vertreten. Man unter-handelte lange, indeß auch diesmal wurde eine Einigung nicht er-zielt. Um zu beweisen, daß sie sich vollkommen im Recht fühltenund nicht leichtsinnig in den Kampf stürzen wollten, schlugen dieArbeiterdelegirten zuletzt noch ein Schiedsgericht vor; derBorschlag wurde jedoch von den Grubenbesitzern abgelehnt,und am 1. Januar ist in Folge dessen in sämmtlichen Kohlen-bergwerken von SüdwaleS die Arbeit eingestellt worden. Wie vieleMenschen hier durch die Habsucht und UnterdrückungSwuth derKapitalisten der regelmäßigen Subsistenzmittel beraubt sind, läßtsich noch nicht übersehen— weniger als eine Viertelmillion(Frauenund Kinder eingerechnet) wohl schwerlich. Herr Max Hirsch aberhat Stoff zu einem neuen Artikel über die„Harmonie" zwischenKapital und Arbeit, und die Allheilkraft der sozialen Wunder-mezin, genannt Schiedsgerichte.—— In Spanien frischer Scenen- und Koulissenwechsel. Nach-dem der„edle" Republikaner Castelar den militärischen Glücks-rittern die Republik in die Hände gespielt hat, haben besagtemilitärische Glücksritter jetzt gclhan, was sie nicht lassen konntenund was wir von vornherein in Aussicht stellten: der Republikden Hals umgedreht, und die Monarchie proklamirt— mitAlphonS, dem noch nicht hinter den Ohren trockenen Sohne derTugendrofen-Besitzerin Jsabella als König. Nun— wieder einKönig zum Fortjagen! Lang wird der Schwindel nicht dauern.— Einige Tage vor dem �letzten Staatsstreich, das fei noch er-wähnt, war dessen Hauptmacher Serrano(der al« ehemaligerSchürzenstipendiat der Jsabella vielleicht in mehr denn Einer Be-Ziehung für den jungen König verantwortlich ist) bei Castelar zumBesuch und dankte ihm in zärtlichster Weise für seine Verdiensteum die gemeinschaftliche Sache des Vaterlandes. Gewiß vonHerzen!— Besondere Liebenswürdigkeit. Unser spezieller Freund,Herr Professor Johannes Scherr zu Zurüch, hat nicht unter-lassen wollen bei der neulicheu Herausgabe der zweiten Auflageseines„PasstouSspieleS zu WildiSbuch" auch unserer mit gewohnterZartheit zu gedenken.„Wie mag solche» angehn?" möchte manmit dem Katechismus ftageo: WaS haben wir mit dem WahnsinndeS cousequent gewordenen MuckerthumS zu thuu? Nichts frei vlich! Aber der gute Wille hilft über viele Schwierigkeiten hinweg. Herr Johanne« schreibt eine neue Borrede, spricht in derselben über den„MolochiSmuS" im Christenthum und verfällt be'dieser Gelegenheit auf folgenden Prachtsatz:„Ich weiß recht gui'daß die Mehrzahl der sogenannten Christen auS dem MolochiS-!muS nie herauskommen wird, wie ich ja auch recht gut weiß.daß eS den giftigen Gaunern, welche die kommunistische'BlödsinuSbotschaft predigen, nie an gläubigen Gim-'peln fehlen wird."Bei Betrachtung dieses„namenlos elenden GegeiferS"— dieseBezeichnung ist von Scherr formulirt— drängt sich unwillkürlichdie Frage aus: Tobt der Mann so au« Unverstand oder au« Be-rechnung? Herr Johannes schreibt seit langen Jahren für dasPublikum, damit es ihn bezahle— nicht allein deswegen! Be-hüte Gott. Rein, vor allen Dingen, damit er dasselbe belehre,warne, erhebe, zu seiner eigenen CivilisationSstufe erziehe. Dieseredle Zweck soll unbestritten bleiben; jener ökonomische Nebenzweckwird ja damit keineswegs ausgeschlossen, denn man soll bekanntlich„dem Ochsen, der da drischt, daS Maul nicht verbinden". Nunliegt es aber in der Natur aller vierbeinigen und zweibeinigenOchsen, daß sie bei diesem Doppelgeschäft sallmähliz einen besser'ausgebildeten Instinkt für den Gebrauch des MauleS, als für dender dreschenden Klauen bekommen, und eS ist nicht abzusehen,warum dieS Naturgesetz sich nicht auch im vorliegenden Falle gel-tend machte. Bei gegenwärtigem Bestände deS literarischen Markte«im„heiligen Reich" hat eine Geisteswaare offenbar keine glänzen-den Chancen, wenn sie sich durch besonder« rothe Färbung auSzeichnet. Hat man nun ein Buch geschrieben, daS auf religiösemGebiet diesem Zeitbedürfnisse durchaus nicht gerecht wird— wiebequem» eS dadurch mit einer kleinen Empfehlung auszustatten,daß man ihm einen noch so sehr an den Haaren herbeigezogenenAusfall gegen den sozialen Radikalismus einfügt!Doch ganz abgesehen von diesen allgemeinen Thatsachen— eSläßt sich auch bei Herrn Johannes ein individueller Zug ecken-neu, der sein flegelhafte« Benehmen uns gegenüber erklärt. Inder menschlichen Natur stehen offenbar die religiöse und die ethischeBegabung in solcher Verbinduag zu einander, daß nur da, woeine jede von ihnen ihre vollste harmonische Ausbildung erlangthat, ein gesunde« Zusammenwirken beider entsteht. In allenanderen Fällen— also fast immer; bei Beachtung der kleinsten Züge,gradezu immer— tritt eine Beeinträchtigung der einen Naturdurch die andere ein. Jeder Mensch ist in dieser Beziehung mehroder weniger einseitig, und, soweit er„daS Thier" in sich nicht gebän-digt hat— welches sowohl ein sittlicher Hund sein kann, al« einefromme Katze— zur Ungerechtigkeit gegen die andere Seite ge-neigt. Die Arbeit für die Neugestaltung der Gesellschaft ist einedurchaus ethische und deshalb ist zur Entfaltung religiöser Nei-ganzen und Talente in unserer Partei kein- Gelegenheit. HerrJohannes ist von Haus auS eine religiöse Natur— andernfallshätte er sein PasstonSspiel nicht mit solcher verve schreiben könnenwie unleugbar!— und eine, die keineswegs zu irgend welcheharmonischen Ausbildung gekommen ist— was Wunder, wenn„daS Thier" in ihm un« Vorstellungen giebt, glücklicherweise biSjetzt nur. mit Katzenmusik?— Am 7. d. M. trittjsder Reichstag wieder zusammen, undwird voraussichtlich bis zum Ende des MonatS tagen. Es stehenwichtige Verhandlungen bevor, und die Vertreter der Arbeiter«erden am Posten sein.—Die Bolksschnle utib die Lage ihrer Lehrer in derProvinz Preußen.Eine Skizze von einem Ostpreußen.Vorwort-jDer wahrhaft Grauen erregende Abschluß der ostpreußischerLandarbeiter Revolten vor dem Schwurgerichte zu Königsberg unddie darüber in der„Frankfurter Zeitung" erschienenen, in den„Bolksstaat", sowie in verschiedene andere Arbeiterblätter überge-gangeneu Aussätze über dieselben, baben einen tiefen Blick in dieLage der ländlichen Arbeiterbevölkerung unserer Provinz thur.lassen. ES ist wohl jedem Unbefangene», der dem Gange dieserEreignisse und ebenso den Gerichtsverhandlungen mit Aufmerksam--keit gefolgt ist, klar geworden, auf einer wie tiefen Bildungsstufeunser so grenzenlos geistig vernachlässigte« Volk in der Provinzsteht, die man so häufig„den Vorposteu deutscher Sitte undCivilisation" gegen den östlichen„Erbfeind" genannt hat. Keinevon allen Provinzen des preußischen Staats hat solche Drangsaleerlitten, wie diejenige, die dem ganzen Lande den Namen gegebenhat, keine ist aber auch für alle von ihr gebrachten Opfer an Gutund Blut schlechter gelohnt worden, al« gerade diese. Man er-innere sich nur der Jahre von 1807 bis 1813, der auf den blut-getränkten Feldern von pr. Ehlau und Friedland in dem erstererJahre geschlageneu mörderischen Schlachten, der jahrelangen Occupation der Provinz nach denselben durch die französische Armee,wodurch der ganze Wohlstand derselben zu Grunde ging undTausende und aber Tausende an den Bettelstab kamen, ferner de«Durchmarsches der Franzosen im Jahre 1812 zum Kriege gegenRußland und der gewiß nie geahnten Erhebung der Provinz inihrer Landwehr im Jahre 1813. Man gedenke endlich der zahl-reichen Choleraepidemien, die gerade hier die zahlreichsten Opferforderten, und des NothstandsjahreS 1367, in dem nicht alleineine totale Mißernte eintrat, sondern auch noch der in der erstenZeit von der offiziellen und offiziösen Presse hartnäckig abgeleugneteHunger-TyphuS Tausende von fleißigen Menschen hinwegraffte.Nimmt man Alles dieS zusammen, bedenkt man ferner die allenVerkehr mit dem Osten hemmende russische Grenzspeere, die dünneBevölkerung der Provinz und die verhältnißmäßtg wenigen Jer-kehrstraßen in derselben, so hat mau ein Bild von ihrer Lage,wie eS kaum trostloser gedacht werden kann. Fragen wir nun:wie und auf welche Weise ist die StaatSregierunz hier helfendund fördernd eingetreten und was hat sie zur Hebung der Bildungd-S Volk«, der Industrie, deS Ackerbaues und Verkehr« gethau?so müssen wir beschämt die Augen niederschlagen und ant-worten— so gut als nichts!DaS Erste aber, wa« Jeder aus dem Volke vom Staate zufordern berechtigt ist, ist, daß der Staat Jedem durch die Volk«-schule, deren Besuch obligatorisch sein muß, die nöthige Bildung,die erst den Menschen zum Menschen macht, angedeihen läßt undihn zu einem tüchtigen Staatsbürger erzieht, nicht aber zu einemblind gehorchenden Sklaven und gedrillten Soldaten, der nur demCommando folgt und Alle« über sich ruhig ergehen läßt.Zweck dieser Schrift ist es, dem Leser ein Bild von der Lageder Volksschule der Provinz Preußen und der ihrer Lehrer inskizzenhaften Zügen zu entwerfen; sie macht keinen Anspruch aufVollendung, sondern versucht nur in wahrheitsgetreuen Umrissen