Herren, ich glaube, Recht, an da« Hau« Abgeordneter Liebknecht : Meine habe nach der Geschäftsordnung da« appelliren.(Widerspruch.) Präsident: Ich frage, ob Sie meiner Aufforderung Folge leisten, die ich auf Grund der Geschäftsordnung an Sie richte� und ich werde, wenn Sie meiner Aufforderung nicht Folge leisten� diejenigen Schritte thun, welche die Geschäftsordnung mir vor- schreibt. Abgeordneter Liebknecht : Meine Herren,''. ich hatte geglaubt, ehe mir ein Ruf zur Sache definitiv ertheilt werden kann, hätte ich das Recht, das Haus darüber abstimmen zu laffen.(Wider spruch.) Ich bescheide mich, ich sehe, daß eS ein Irrthum von mir ge- wesen ist. Meine Herren, ich muß mich also von diesem Punkte entfernen Ich glaube indeß, daß das Gelesene für meinen Zweck vollständig genügt hat. WaS nun den Bericht der Kommission betrifft, so will ich nicht de« Näheren auf denselben eingehen, bloS eine bestimmte Stelle muß ich zur Charakteristik des herrschenden Systems er- wähnen. Man hat nämlich, um zu beweisen, daß der Abge- ordnete Most menschlich behandelt worden sei, von feiten der Be- Hörde einen Brief angeführt, den Most an seine Frau geschickt hat, und in dem er sich mit der Behandlung im Gesängniß zufrieden erklärt. Meine Herren, versetzen Sie sich in die Lage eines Man- neS, der, nachdem er, aus langer Kerkerhaft entlassen, wenige Wochen der Freiheit genossen hat, plötzlich weggefangen wird, weggerissen von der Frau, die ihm neuvermählt ist, die er in den traurigsten Berhältnissen zurückgelassen hat, der der Gram da« Herz bricht und denken Sie sich nun an die Stelle des Mannes. Den Schmerz, den er selber empfindet, die Unwürdigkeiten, die er erleidet, sucht er, so wahr er ein Herz hat, seiner Frau zu verbergen. Er schil dert mit der„Heuchelei der Liebe" die Dinge nicht, wie sie sind, sondern wie er wünscht, daß sie seine Frau sehen möge. Ich habe häufig im Gesängniß gesessen, aber an meine Frau ist nie eine Klage über meine Behandlung gekommen, im Gegentheil habe ich ihr stet« versichert: die Behandlung sei so gut, wie sie überhaupt sein könne, und ich ganz glücklich und zufrieden. Der Mann, der in einem solchen Fall seiner Frau die volle Wahrheit mittheilte, wäre kein Mann, er wäre-in gefühlloser Feigling, und ich muß sagen, eS hat mich wahrhaft empört, das, was Most als suhlen- der Mensch seiner Frau geschrieben hat, die Wahrheit vertuschend, damit der Frau das Herz nicht breche, als BeweiSmatertal benutzt zu sehen, um die schmachvolle Behandlung, die ihm, sei eS gesetz- lich oder ungesetzlich, zu Theil geworden ist, zu beschönigen. M. H., ich muß nochmals auf die BelöstigungSfrage in Plötzensee kommen. Ich sprach vorgestern mit Most, ob die Kost ihm ge- uüge; er erwiderte mir, im allgemeinen könne man sich über die- selbe nicht beschweren, ihm persönlich aber sei sie nicht zuträglich, st- sei so würzloS, so einförmig, so monoton(Heiterkeit),— da« ist Tag für Tag ziemlich tafselbe— taß er, der doch an keine leckere Kost gewöhnt sei, sich nicht wohl dabei fühle und, bei der man- gelnden körperlichen Bewegung und der Lebensweise, die er im Gesängniß habe, in seinem System so erschlafft sei, daß er manch- mal zwei, drei Tage hintereinander nichts genießen könne. Jeder Arzt wird zugeben, daß die« eine ganz nothwendige naturgemäße Wirkung einer solchen Diät auf schwächliche Menschen mit schwacher BerdauungSkraft ist, wie eS bei Most unstreitig der Fall,— Sie kenneu ihn ja, Sie alle haben ihn jagesehen. Meine Herren, eS handelt sich hier um die Auslegung des § 16. Ich freue mich, daß die Majorität der Kommission über die Most'sche Petition einen im Wesentlichen günstigen Bericht er- stattet hat. Ich muß nun, damit das HauS mit möglichster Ein- müthigkcit in dtm Sinne der Kommission beschließe und wo möz- lich— doch die« zu bewirken, habe ich ja nicht die Macht— darüber hinaus gehe, noch daraus hinweisen, daß die Auslegung des§16, wie sie in Plötzinsee gilt, und wie sie von Seiten des Regierungskommissars Herrn Aschenborn vertheidigt worden ist, mit den Auslegungen der juristischen Autoritäten durchaus nicht übereinstimmt, daß sie im Gegentheile von dem juristischen Stand- punkte auS ebenso verurlhcilt werden muß, wie ich sie vor 9 Wochen, nach cirfacher Logik, von dem Standpunkte des Laien, der den Wortlaut und den Sinn und Geist ins Auge faßt, ver- urtheilen mußte. Ich habe hier den Kommentar eines ui ferer Herren Kollegen, de» Reichstagsabgeordneten Schwarze. Es heißt darin Seite 85 über den Z 16— in diametralem Widerspruche mit der Aus fassung in Plötzensee—: Insbesondere ist noch hervorzuheben, daß in der Gefangenen anstatt in Rücksicht auf die Beruft- und sonstigen Verhält- nisse de« Gefangenen der Gefangene mit jeder körper- liehen Arbeit verschont und ihm eine diesen Verhältnissen entsprechende Beschäftigung zugewiesen werden kann, voraus- gesetzt, daß letzterer(der Gesangeue) den bestimmten Ver- pfiegungSbeitrag gewährt und dieser auS den Mitteln de« Gefangenen beschafft wird. E« sind daher insbesondere auch literarische Arbeite», zu deren Honorirung der Verleger sich verpflichtet, zulässig. Meine Herren, wenn diese Auffassung in Plötzensce Platz ge griffen hätte, würde die Petition dem Hause nicht vorliegen. Wesentlich übereinstimmend ist die Auffassung ms Kommentars von Oppcnhosf. Da heißt eS Seite 52: Der wesentl che Unterschied der Gefärgniß- von der Zucht- hausstrafe besteht darin, daß der Zuchthaussträfling zu den in der Anstalt eingeführten Arbeiten angehalten weiden soll, während der Gesängnißsttäfling in einer seinen Fähig- leiten und Verhältnissen angemessenen Weise zu beschäs- tigen ist. Dagegen findet auch bei den Gefänznißsträflingen ein Ar- beitSzwang statt; durch die Fassung:„sie können— beschäftigt werden", sollte der Landesgesetzgebung die nähere Regelung der Sache vorbehalten werden; nur die Wahl der Beschäftigung, nicht die Frage de« ArbeitSzwangS selbst ist dadurch in das Ermessen der Gefängnißverwaltung gelegt n. s. w. ES ist hier das Wort„Arbeitszwang" gebraucht. Der Arbeits- zwang wird allerdings von Oppeiihvff festgehalten, d. h. festgehalten, daß in dem Gesängniß Keiner— und daS hat ja eine gewisse Be- rechtigung— freier Herr seiner Zeit ist, daß bei der Natur, dem Zwecke de« GesängniffeS nicht geduldet werden kann, daß der Ge- sangene müßig gehe. Ein ArbeitSzwang besteht also, und— ich wiederhole eS— in gewissem Grade mit Recht. Aber in Plötzen- see herrscht nicht ArbeitSzwang, sondern Zwangsarbeit; daS ist ein großer Unterschied. Gegen deu ArbeitSzwang in Ge- sängnissen kann und will ich mich hier nicht aussprechen. Aber daß in de» Gesängnissen Zwangsarbeit noch b-steht, das heißt den K 16 verletzen, das heißt daS Gesängniß zum Zucht- Haus machen. In ähnlicher Weise drückt sich Beruer in seinem Leh buch deS deutschen Strafrecht« au« und Dr. Theodor Reinhold in seinem Lehrbuche de« deutschen Strafrechts. Letzterer sagt: Die Gefangenen müssen nur dau», wenn fie e« selbst ver- langen, mit Arbeit beschäftigt werden, aber mit einer solchen, die ihren Fähigkeiten und Berhältnissen angemessen ist; in- wieweit diese Beschäftigung, auch davon abgesehen, stattzu- finden habe, ist zur Zeit der LandeSgesetzzebnng anheimge- geben; jedoch ist Anhalten zur Außenarbeit nur mit Zustim- muog de« Gefangenen statthaft. Sie sehen, daß Dr. Schütze sogar so weit geht, zu erklären, die Gefangenen müssen„nur dann, wenn sie e« selbst verlangen", mit Arbeit beschäftigt werden. Er erkennt also nicht einmal voll, obgleich der Ausdruck nicht ganz klar ist, den ArbeitSzwang im Gesängniß an. Die» die Auslegung des einschlägigen GesetzeSparazraphen von kompetentester Seite. Darnach, meine Herren, handelt es sich für den Reichstag einfach darum, zu erzwingen, daß die Gesetze, welche er selbst gegeben hat, respektirt werden. Ich will mich jetzt nicht auf allgemeine Fragen einlassen, weil e« sich um Erreichung eiueS bestimmten praktischen Zwecks handelt. Da« Gefängnißwefen, das ganze Strafverfahren, die Unterscheidung politischer und gemeiner Verbrecher, die sogenannte Gleichheit aller Verbrecher, die Gleich- heit in dem Regime der verschiedenen Gefängnisse, das System der Jndividualistrung, da« alle« find Fragen, die ausführlich be- handelt werden müssen, jedoch nicht hierher gehören. Sie werden uns in der nächsten Session beschäftigen. Ich begnüge mich also, eS dem Reichstag anheimzugeben, dafür zu sorgen, daߧ 16, der vom Reichstag beschlossene und zum Gesetz erhobene§ 16 respektirt werde, und daß im Einklang mit dem Geist und Wortlaut dieses§ 16 in Deutschland gemäß den Forderungen der Most'schen Petition ein einheitliches Strafvollzugsystem eingeführt und den jetzigen menschenunwürdigen— unsere Justiz- zflege mit Schimpf bedeckenden Zuständen ein Ende ge- macht werde. Schütze angeschen wird. WaS den Vorwurf der Kollusion, d. h. zu deutsch ; durch Verabredung Andere zu täuschen, betrifft, so ver- langen wir vom„Dr. Journ." nähere Erklärung hierüber, da sonst eine verläumderische Beleidigung de» Petzold vorliegt. Die Schwäche diese» Borwurfs tritt aber sofort zu Tage, wen» mau sich die Bemerkung näher ansteht, Petzold habe selbst au« dem Gesängniß KolluflonSoersuche gemacht. Da« ist ganz unmöglich. Der die Untersuchung führende Herr Exner war bei allen Unter- redungen de« Petzold mit seiner Frau, von jedem anderen Mea- schen war Petzold gänzlich abgeschlossen, zugegen. Alle Briefe de» Petzold wurden von Herrn Exner mit einem Z und einem Stempel versehen. Der ganze Versuch der Kollusion beschränkt sich darauf, daß Kayser an Petzold einen Brief schrieb, ebenso, wie er Herrn Advokat Freytaz mit der Bertheidiguug beauftragte. WaS: den dritten Grund der Beschwerdeführung anlangt, so hat Petzold nur von dem ihm zustehenden Rechte Gebrauch gemacht. Bei! all' den angeführten Gründen sucht einfach„das Kind eine Aus- rede". Schon 3 Tage, nachdem die Untersuchung erhoben, war jede Verdunkelung deS ThatbestandeS unmöglich, ein Fluchtverdacht; lag nicht vor, Petzold mußte also entlassen werden. Wir sind leider nicht in der Lage, die volle Wahrheit zu sage», warum Petzold so lange in Haft sich befindet, weil wir alsdann mindesten« ein halbes Dutzend Strafanträge zu erwarten hätten, und die Herren Assessoren, Staatsanwälte ic. thuen un< zu leid, als daß � wir ihnen bei ihrer jetzigen Ueberhäufang mit Geschäften noch neue; Arbeit machen sollten." Politische Uebersicht. — Die schamlose Ausbeutung der Arbeiter wird wieder einmal grell illustrirt durch nachfolgende Mittheilungen, die unS auS der Grafschaft Bentheim (Westfalen ) gemacht werden: In dem etwa 4 Meilen von unserer Grenze belegenen holläa- discheu Fabrikorte Almelo „feiern" 1500 Weber seit 14 Tagen. Sie haben zu arbeiten aufgehört, weil die Fabrikanten ihnen den doch schon sauer genug verdienten Lohn davurch noch mehr ver- kürzten, daß sie denselben in preußischem statt in holländischem Gelde ausbezahlten. DaS höllänvische Geld steht augenblicklich aber bei der Twenther Bank(Almelo liegt in dem Distrikt Twenthe) — Im preußischen Abzeordnetenhause kam am Sonnabend die um«»/la pCt. höher als das preußische, so setzten also die Fabri- Frage der Domainenparzellirung zur Besprechung. Nicht kanten den Arbeitern bei der AuSbezahlung noch etwa 5 pCt. ab. einer der Herren Volksvertreter sprach sich prinzipiell gegen die UebrigenS sind die feiernden Arbeiter unv der Exdemokrat Kapp erblickte darin sogar Parzellirung auS, ein untrügliches Mittel, nicht bloS der Auswanderung ein Ziel zu etzen, sondern auch die bereits Ausgewanderten zum Theil zurück- zulocken,„denn, meine Herren, wir müssen doch für L-ute sorgen, die das Vaterland venheidigen." Also statt deS nationalökono- mischen der Kanonenfutter- Standpunkt! Wir werden auf die in mancher Beziehung lehrreiche Debatte zurückkommen. — OsfiziöS wird geschrieben: Die im BundeSrathe einge- brachte Vorlage betreffs einer Enquete über die Verhältnisse der Gewerbe- und Fabrikarbeiter geht davon aus, daß daS Material, welches die ReichSregi rung nach der erfolglos geblie- denen Vorlegung des Gesetzes über g-werbliche Schiedsgerichte und Bestrafung des ContraktbrucheS von den Bundesregierungen über die von ihnen gemachten Ersahrungen aus dem einschlägigen Ge- biete erbeten hatte, nicht ausreichte, um die bis dahin mangelhafte llnterlage für die Gesetzgebung zu ergänzen. ES wird hervor- gehoben, daß„— zroßentheils zufolge des im Reichstage und in der Presse an den Gesetzentwurs geknüpften Erörterungen— in den gewerblichen Kreisen eine Bewegung hervorgetreten, welche über die Grenzen des Entwurfs hinaus die Beziehungen zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern zum Gegenstande vielseitiger Kritik und zahlreicher Wünsche gemacht hat. Nach der Ansicht deS Reichs- kanzleramts wird sich der Bundesrath einer ernsten Würdigung dieser Meinungsäußerung nicht entziehen können, bevor er sich über die endgiltige Erledigung der immer noch schwebenden Frage chlüssig macht"...„Die vereinzelten Unterlagen— heißt eS an einer anderen Stelle— werden sich nicht füglich anders als mit- telst persönlicher Vernehmung zahlreicher Gewerbtreibenden aus Grund eines einheitlichen Programms durch damit zu betrauende Beamte gewinnen lassen. Nur so werden die Ermittelungen Ob- jekrivität und Sachkunde vereinigen können." Demgemäß richtet der Reichskanzler an den Bundesrath den Antrag, daß über eine Reihe in einem Programm- zusammengestellter Fragen eine En- quete veranstaltet w? de, und zwar durch mündliche Vernehmung einer größeren Anzat l mit den Verhättnrssen de« Gewerbewesens praktisch vertrauter, vorzugsweise auS dem Stande der Ar- beitgeber(Fabrikbesitzer und Meister), sowie der Arbeit- nehmer(Fabr.karbeiter und Gesellen) unter Berücksichtigung der verschiedenen in dem gewerblichen Leben vertretenen Richtungen auszuwählenden Männer;— baß die Vernehmung unter Leitung der damit beauftragten Beamten in einzelnen gcw-lbfleißigen Orten — durch welche, was Preußen, Bayern , Königreich Sachsen, Württemberg, Baden und Hessen betrifft, sämmtlichc giößere Ver- waltungsbezirke vertreten erscheinen— staiisiaden sollen; daß die Antworten der Sachverständigen, unter Angabe des Berufes der letzteren, bei Gewerbetieibendca besonders des Standes(Fabrik- besitzer, Fabrikarbeiter, Meister, Gesellen) und deS Gewerbes in kurzen Protokollen niedergelegt und die Protokolle dem Reichs- kanzleramte eingesendet weeden sollen." DaS Programm geht von drei Vorbemerkungen auS:„1) ES handelt sich in der Unter suchung nur um Anschauungen und Wünsche, die in praktischer E sahrung gewonnen sind. Deshalb ist daraus hinzuwirken, daß alle Antworten au die konkreten Lebensverhältnisse, in w.'lchen die Gefragten steh-n, sich möglichst anschließen. 2) Auf Abänderung deS bestehende» Rechts gerichtete Wünsche sind, um unklare und undurchführbare Vorschläge s-rn zu halten, eingehend zu erörtern und nach allen Seiten in ihre praktischen Conseq uenzen zu ver- solgen. 3) Soweit die Antworten sich nur aus einzelne GewerbS zweige beziehen, sind diese ausdrücklich hervorzuheben." Das Pro gramm verbreitet sich über die Verhältnisse der Lehrlinge, Gesellen und Fabrikarbeiter in 29 Fragen. bis jetzt ganz ruhig geblie- ben, so daß die 36 Hasaren, welche die Regierung nach Almelo geschickt hat, bis jetzt keine Veranlassung zur Einmischung gefunden haben.„Die Spinner in Almelo — schreibt der„A nh. Crt."— arbeiten noch immer weiter, obschon auch sie mit preußischem Gelde bezahlt werden. Sie können den Verlust auch schon eher leiden, weil sie mehr verdienen als die Weber:r."— Also diese, weil sie einen besseren Lohn erhalten, al« die Weber, können, nach der Meinung der genannten Zeitung, so viel nicht dagegen haben, daß die Fabrikanten ihnen bei der AuSbezahlanz 5 pCt. abprellen oder sie um den zwanzigsten Theil ihres Lohnes betrügen.— Ja anderen Fabrikorten Hollands geschieht die Bezahlung halb in preußischem, halb in hollaadischem Gelde— z. B. in Oldenzaal , eine Meile von unserer Grenze. In hiesiger Gegend— Fabritorte Schüttorf , Bentheim , Gilde- Haus, Nordhorn — werden die Arbeiter auch möglichst von den Arbeitgebern ausgebeutet und geprellt. Unsere Arbeiter sind aber leider größtentheilS zu stupid, als daß sie nicht solche Mißhand- lung, wenn auch unter Murren, über sich ergehen ließen. DeS- cuezen wohnen auch die Fabrikanten in Palästen und ihre Arbeiter in Löchern, die nicht einmal gut genug zum ordeatlichea Betreiben einer Schweinezucht wären rc.— DaS Prinzip:„Was mau da« Arbeiter ab- oder entzieht, ist am sichersten und erste» verdient," gilt hier in seiner vollsten Stärke." — Berurtheilungen und Verhaftungen. Parteigenosse R. C. Wolf wurde am 26. Januar in Dülken (Kreis Kempen) verhaftet und geschlossen nach Cleve abgeführt. Wolf hatte am 25. und 26. Januar in Dülken in stark besuchten Versammlungen gesprochen. In der Versammlung am 26. Januar, die vom über- wachenden Bürgermeister aufgelöst wurde, fand die Verhaftung WolfS statt.— DaS KceiSgericht in Gotha verurtheilte die Par- teizenossen Giffey, wegen verleumderischer Beleidigung von Be- amten zu 6 Monaten Gesängniß, Müller und Fahreukamm, wegen Sergehen gegen ij 131 deS ReichSstrafgesetzbuchS zu 4 und 3 Wochen Gesängniß, und Schäfer, wegen Beleidigung eine» Beamten zu 10 Tagen Gesängniß oder 10 Thlr. Geldstrafe.— Der verantwortliche Redakteur der„Chemnitzer Freien Presse", Geilhof, wurde wegen Beleidigung deS Justizministeriums und des Leipziger Bezirksgerichts zu 5 Monaten Gesängniß verurtheilt. — In Forst i. L. wurde Parteigenosse H. Schmidt in seiner Wohnung verhaftet. Außerdem stehen Urban und Gen. unter der Anklage der Versitzung de» VereinSgesetze«. — Sächsische Justiz. Im Dresdener „Volksboten" lesen wir:„Das„Dresdener Journal" vom Dienstag brachte eine amtliche Erklärung der langen Inhafthaltung unsere» früheren Redakteurs Petzold. Hiernach liegen nicht nur simple Belei- diguugen, sondern auch ein- MajestätSbeleidizung vor. Als ob eine solche etwas Neue« wäre. Die lange Inhafthaltung soll aber darin ihren Grund gefunden haben, daß noch andere Personen der strafbaren Betheiligunz verdächtig sind und zur Vermeidung von Kollusionen, die selbst Petzold au» dem Gefängnisse heraus her- bciführeu wollte. Sodann, weil Petzold von dem Rechte der Be- schwerdeführung, trotzdem die Beschwerden gewöhnlich als unbe- gründet zurückgewiesen wurden, fortwährenden Gebrauch machte. WaS die st-afbare Betheiliguug anderer Personen anbelangt, so beschiäukt sich dieselbe darauf, daß Kayser, weil er die Korrektur la§, vom scharssinnigen Herrn Staatsanwalt als Mitangektagter — In der Schweiz ist unser braver Parteigenosse Jakob Morf gestorben. In der„Tagwacht" widmet ihm Genosse Gut«- mann folgenden Nachruf: Freitag, den 29. d. M., Morgen« 5 Uhr, starb nach vier- wöchentlichem Krankenlager unser treuer Genosse Jakob Schreiner. Die Kunde diese« bedauenSwerthen Ereignisse« traf uo« am 30. d. M. In Folge Austrage« mehrerer Arbeiter und Mitglieder deS BundeSkomiteS reiste Unterzeichneter dieses heut- nach Lausanne , um der Beerdigung diese» Geuossen beizuwohnen. Eine äußerst zahlreiche Meuschcnmeuge sammelte sich bei Ab- gang deS Leichenzuges um da« Trauerhau«. Circa 1000 Arbeiter, meistens Bundesgenossen, geleiteten die Leiche zum Grabe,— ein Beweis für die Liebe und Achtung, die Freund Morf sich durch sein Wirten bei den Arbeitern erworben hatte. Am Grabe selbst gab ich dem allgemeinen Gefühl der Trauer kurzgefaßten AnSdruck. Morf war einer unserer besten Partei- genossen! Seit langer Zeit in der Arbeiterbewegung thätig, unermüdlich die Lässige» vorwärtStteibend, Alle zu neuem Wirken begeisternd, waren die Ziele der APeiterpartei sein höchste« Iceal. Sein ganze« Leben war durchweht und bestimmt durch den Gedanken der Verwirklichung de« edlen MenschenthumS, der Emanzipation der Arbeiterklasse, und noch auf dem Todteubette forderte er die Seinen auf, der Albeitersache treu zu sein. Möge der Wunsch, den ich an seinem Grabe als Freund und Parteigenosse ausgesprochen, verwirklicht werden: Die Arbeiter der Schweiz sollen nie vergessen ihren Genossen und unermüdlichen Vorkämpfer Jakob Mors! Erklärung. Aus den Reihen unserer Parteifreunde in Amerika ergehen von den verschiedensten Seiten Aufforderungen au uns, zu dem zwischen den dortigen Parteigenossen ausgebrochen-» Zwist Stellung zu i
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7 (12.2.1875) 17
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