auSgepfiffeue— Sieb von der Selbsthilfe. Bergleute, die sichnach und nach Bergwerke ersparen und die Herren auskaufen, ge-wiß ein erhebendes Bild! Den Rath, die Armenkafseu in An-fpruch zu nehmen, werden die Arbeiter wohl befolgen müssen,und da nach dem Gesetz jede hilfsbedürftige Person UnterstützungauS Gemeindemittelu beanspruchen kann, träte damit die Sache inein neues Stadium. Wenn die Arbeiter die Scheu vor dem Ge-danken, öffentliche Unterstützung zu beanspruchen, abstreifen undsich iu großen Maffen auf die Armenkassen werfen, werden es sichdie Herren Unternehmer, welche natürlich zur Armensteuer beitragenund somit einen guten Theil der Kosten einer Aussperrung tragenwürden, wohl überlegen, dieses jetzt so beliebte Mittel anzuwenden,ihre Arbeiter kirre zu machen. Ob da« bestehende Armengesetznicht in Fetzen gehen müßte und der Kampf zu einschneidendenReformen Anlaß gäbe: diese Fragen will ich vorläufig unerörtertlassen. Die nächste Zeit wird lehren, ob die ausgesperrten Arbeiterwirklich in Masse an die Pforte des Arbeitshauses um Unterstützung(out-äoor relief) kommen werden. Die Armenpfleger(guardiuns)scheinen eS zu befürchten und die frommen, wohlbeleibten Väterder Gemeinde Merthyr, von denen eine gute Zahl als Kohlen-oder Eisenmaßer in den Streit verwickelt sind, hatten deshalb nichtsEiligeres zu thun, als den ohnehin elenden Lohn, welchergewöhnlich für Steinklopfen gezahlt wird, bedeutendherabzusetzen und mittelst eines Beschlusses ledige Leute vonjeder Unterstützung auszuschließen. Die frommen Seelen habenaber damit die Suppe versalzen und müssen sie nun selber aus-löffeln. Nachdem im Laufe der letzten Woche ein Vortrab vonüber 100 Arbeitern um den erwähnten Hundelohn zum Stein-llopseu ausgenommen worden war, mußten die Herren Armen-Pfleger auf Geheiß des kgl. General- Inspektors für Süd-WaleSihre Beschlüsse wieder ausheben. Der genannte Beamte erklärtekurz und bündig, daß nach dem Gesetz kein Hilfsbedürftiger vonder Untetstützung ausgeschlossen werden könne und daß die Unter-stützung im Verhältniß zum Bedürfnisse zu stehen habe. DieLöhne wurden wieder aus die gewöhnliche Höhe gebracht und dieabgekühlten Christenseelen haben sich nach anderen Mitteln umzu-sehen, den Ausgesperrten da« Armenbrod möglichst karg und bitterzu machen. Die außerhalb der Armenverwaltung stehenden Unter-nehmer sehen der Sache natürlich nicht gleichgiltig zu, sondernversuchen, die ihnen zugemuthete Last auf andere Schultern zuübertragen. Einer der bedeutendsten Oesenbesitzer hat bereits umEnthebung von der Armenfieuer angesucht, mit der Begründung.daß seine Werke, für welche er besteuert ist, gegenwärtig stillstehen.Letzten Montag legte die Regierung im Uuterhause ein Gesetzzur Verbesserung der Wohnungen der arbeitenden Klas-sen vor. Bei dieser Gelegenheit hielt der Minister des Innern,Herr Croß, eine Rede, in welcher er mit dankensweriher Offen-heit den Zustand der Wohnungen der arbeitendeu Klassen in Eng-land schilderte. Er sagte u. A., er wolle bei Behandlung der Fragenicht in genaue Einzelheiten eingehen, welche die Sterblichkeits-rate betreffen. Da jedoch letztere in England 22'/-, dagegenin London 24'/z und in vielen großen Städten mehr per Tausendbetrage, halte er es für geboten, nach der Uisache des Unterschiede«zu forschen und zu versuchen, dieselbe aufzuheben. Die durchschnitt-liche Sterblichkeitsrate während zehn Jahren war in Manchester3v, in Liverpool 38 und in Suuderland 37 per Tausend—und diese Thatsacken zeigten, daß in den genannten Städten irgendEtwa« nicht in Ordnung sein müsse.(Schluß folgt.)Fr. Chr. Schlossrr's Weltgeschichte für das deutscheVolk.Besorgt von Dr. OScar Jäger und Prof. Dr. Th. Sretzenach.Neue Ausgabe. 1370—1874. 13 Bände.IL. Wenn man den Werth einer Weltgeschichte beurtheileu will, soMuß man sich vor allen Dingen klar machen, was die Geschichts-lenntniß vergangener Jahrhunderte und Jahrtausende überhauptfür die moderne Generation bedeutet. Soll sie blos zur Unterhaltung oder zur Zerstreuung dienen? Soll sie Moral lehrenoder den Leser fähig machen, sich schneller und leichter mit derPolitik der Gegenwart bekannt zu machen? Soll sie die Bildungdes Einzelnen befördern? Von einer wahrhaft guten Weltgeschichteverlangen wir, daß sie unterhält und Moral lehrt, die Bildungbefördert und das Berfländniß der modernen Geschichte weckt.Leger, wir diesen Maßstab an die vielen Weltgeschichten an,welche in diesem Jahrhundert veröffentlicht worden sind, so müssenwir ohne Zweifel dem Schlosser'schen Werke die Palme reichen,obgleich in neuester Zeit von Seiten moderner Historiker(vonEhbel, Treitschke) in Schriften und Reden alles gethan wird, umdas deutsche Volk diesem Altmeister der Geschichtsschreibung zuentfremden. Schlosser(geb. zu Jever 1776, gest. zu Heidelberg- 1861) war einer der ersten Historiker, welcher sich von der imvorigen Jahrhundert so sehr beliebten Geschichtssärbung und subjectiven GeschichtSsälschung frei machte, welcher seinen Wissenschaft-lichen Schriften eine genaue und exacte GeschichtSkevntniß zu! Ärunde legte und mit unabhängigem Sinne, klarem Geiste undi großem Scharfsinne den Leser in das Labyrinth der Vergangenheit' einführte, Überall mit der Leuchte der Wahrheit Gutes und Böse«» scharf beleuchtend. Er war ein echt deutscher Mann, welcher seinVolk liebte, wie wohl selten ein Professor. Er unterschied sich vonf vielen seiner College« dadurch, daß er nicht in bedeutungslosen! Haarspaltereien, unftuchtbaren philologischen und philosophischeni Untersuchungen seine Fähigkeiten und Kenntnisse vergeudete, viel-t Mehr den aufgehäuften Stoff organisch gliederte, um auch den, Laien das Verständniß der Geschichte zu erleichtern, und an den' einzelnen geschichtlichen Handlungen nach den Grundsätzen einer° keinen, unbefangenen Moral Kritik übte. Ganz besonder» ver-' folgte er mit seiner„Weltgeschichte", die er dem deutschen Volke■ widmete, diesen Zweck. Der erste Band derselben erschien im■ Jahre 1844 und wurde mit lebhaftem Beifall im Volke aufge-' vommen, mehr und mehr aber steigerte sich das Interesse, al« die: folgenden Bände erschienen. Da« Jahr 1848 mit seinen Revo-c lutionSwehen vermochte dieses Interesse nicht abzuschwächen, im- Gegentheil griff man in dieser Zeit gerne zu einer Weltgeschichte,t welche die Wahrheit nicht scheute und mit echt demokratischer Be-« geisterung auf den Geist der Freiheit hinwies, welcher nie undf vimmer in der Vergangenheit gefehlt hat, fteilich meistentheils ge-t bunden und gefesselt war. AIS die Revolutionsära vorüber ware Und die Fürsten wiederum die Völker in das Geleise reactionärer• Despotenpoliiik hineinführten, da retteten nur wenige ihren unab-i, hängigen Sinn, ihre wahrheitsliebende Kritik der Vergangenheit« vnd Gegenwart; zu diesen gehörte Schlosser. Er beugte sich nichtt dem herrschenden Zeitgeiste, noch flüchtete er, wie viele andere Col-it legen, in da« Gebiet der objectiven Geschichtsforschung, welche dieGeschichte vom Leben, die Vergangenheit von der Gegenwarttrennt, um nicht in einen mißliebigen Conflict mit den herrschen-Lden Staatsgewalten zu kommen. Inmitten'der schlimmsten Reac-tionSzeit beendeten Schlosser und sein treuer Mitarbeiter Dr. Knegkihr nationales Werk. Der fünfzehnte Band, welcher bis zum Jahre1315 reichte, erschien im Jahre 1357.Der Dank des Volkes blieb nicht aus— in unzähligenExemplaren verbreitete sich das Buch über ganz Deutschland, vondem Volke verehrt, von den Fürsten und Fürstendienern heimlichverfolgt. Weßhalb daS Letztere? Weil der allverehrte greife Hei-delberger Professor auS feiner Liebe zum demokratischen Geiste,auS feinem Haß gegen anmaßende Fürstengewalt keinen Hehlmachte. Vom ersten bis zum letzten Bande ist daS Werk miteiner edlen Leidenschaftlichkeit geschrieben, deren schneidende Kritiksich nicht scheute, bisweilen und gelegentlich auch moderne Jnstitu-tionen anzufeinden. Schon damals schämten sich manche Anhän-ger der sogenannten exacten Geschichtsforschung nicht, dem greifenVerfasser den Vorwurf der Geschichtsverdrehung und-Färbung zumachen. Man nannte ihn parteiisch, subjectiv und ungenau in derDarstellung, man bemühte sich mit peinlicher Haarspalterei ihmFehler und Unkeuntniß nachzuweisen. E» gelang diesen Kritikernauch wohl Unrichtigkeiten und Ungenauigkeiten aufzuspüren, aberwas wollte das sagen bei einem so riesenhaften Werke? Schlosserhätte allwissend fein müssen, wenn er nicht bisweilen geirrt hättein der Feststellung de« Thatfächlichen. Aber eine falsche, schiefeMoral, einen excentrischen, wahrheitswidrigen Parteigeist konntekein Mensch aus dem Werke herausbeweisen, denn an alle Ver-Hältnisse und Zustände in der Geschichte trat er mit der Frageheran: Wo ist Wahrheit, wo ist Lüge? Wo ist Ehrlichkeit, wo istUnehrlichkeit? Mit grandioser Offenheit verweigerte er niemalsdie Antwort auf die selbstgestellten Fragen, und wenn sie ihmselbst in's Herz schneiden mochte. Er konnte sich nicht mit jenemHauptgruudsatz der Politik und der Jesuiten:„der Zweck heiligtdas Mittel" befreunden. Wo er nur konnte, deckte er die llnehr-lichkeit der Politik auf, ob sie von Fürstengewalten oder einerirregeleiteten demokratischen Regierung ausgingen. Schlosser warweder in politischer, noch geschichtlicher Beziehung ein Parteimann,wenn man nicht die Anhänger ungeschminkter Wahrheitsliebe zurPartei stempeln will. Er war der Ansicht, daß die Moral nichtnur in Privatverhältnissen, fonvern auch in politischen Angelegen-heilen stet« gewahrt bleiben müßte. Daß er aber unter„Moral"nicht die Befolgung eines knöchernen«siltengeseyes, sondern ledig-lich eine überzeugungstreue, offenherzige Gesinnungstüchtigkeit ver-stand, werden wir gleich weiter unten sehen, wenn Schreiber diesesauf die Agriffe gegen Schlosser seitens moderner Historiker zusprechen kommt. Vorerst fei eine kleine Abschweifung erlaubt,welche den Zweck hals, darauf hinzuweisen, daß bei einer allge-meinen Weltgeschichte für Laien der Schwerpunkt nicht in derAufhäufung de« Stoffe«, sondern in der Gesinnung des Autorsliegt.—Wenn man eine Weltgeschichte zur Bildung des Volkes schrei-ben will, so ist die vornehmste Bedingung, eine möglichst genaueKenntniß des Thatfächlichen. In früheren Zeiten sah man vondieser Bedingung ab, theilS weil die Quellen nicht vorhanden oderschwer zugängltch waren, theilS weil man die GefchichtSkenntnißnicht für nothwendig, ja für schädlich hielt. Die Scholastiker,denen die Bibel und die Kirchengeschichte als oberste Richterinuenin weltlichen und kirchlichen Dingen gelteu, bemühten sich nicht,das Dunkel der Geschichte zu erhellen. Wenn eS ihnen nothwendig und praktisch erschien, aus der profanen Geschichte Beweiseund Belege ihrer kirchlichen Anschauung zu gewinnen, so griffensie zu den alten Geschichtsschreibern, um deren Glaubwürdigkeitoder Unglaubwürdigkeit sie sich nicht kümmerten. Selbstverständlichwurde durch solche Manipulationen die Kenntniß in Unkenntnißverdreht. Erst gegen Ende des vorigen Jahrhundert«, seit Lesstng,begann man in unbefangener, unparteiischer Weise die Resultateder bisherigen Geschichtsforschung zu prüfen, doch erstreckte sichdiese Kritik nur auf gewisse Länder und Völker, und auch nur ineinfeitiger Beziehung. Lefsing und Winkelmanu beschäftigten sichhauptsächlich mit den künstlertschen Zuständen der alten Griechen.Die politische Geschichte der Völker blieb ganz unberührt. Erstin diesem Jahrhundert wandte man auf dem Gebiete der Kirchen-geschichte und politischen Geschichte eine unbefangene Kritik an.Die Kritik der Kitchenzefchichte hat zuerst den Anlaß gegeben zuder modernen Beurtheilung der christlichen Kirche und ihrer Ent-stehung. Die Kirchenhistoriker Bauer, Strauß tc. geriethen baldin Streit mit den Anhängern der traditionellen Anschauung. DerKampf wüthet augenblicklich noch fort, da die sich unfehlbar dün-kende Kirche ihre früher allgemein anerkannte gefcbichtliche Grundlage nicht fallen lassen will. Anders ist es mit der politischenGeschichtSfoifchung, welche in den letzten Jahrzehnten einen sogroßen Ausschwung genommen hat. Die Regierungen unterstütztensie sogar, da ihre Resultate harmloser Natur und nicht zu con-trastiren scheinen mit den bis heute üblichen Glauben«- und Moral-sätzen. Die politischen Geschichtsforscher gingen auch nicht soaggressiv vor, wie die aufgeklärten Kirchenhistoriker, sondern be-gnügten und begnügen sich noch heute damit, die Resultate ihrerexaclen Forschung aufzuhäufen, ohne da« gewonnene Material über-sichtlich zu ordnen. Fürwahr, ein solcher Sammelfleiß verdientdaS größte Lob!Wer je als Student zu den Füßen eines Ranke, Köpke,Maitz k. gesessen hat, weiß ei, welche Mühe, welche Arbeit, welchgroße Anstrengung des Geistes dazu gehören, um längst veralteteLsrurtheile und Anschauungen zu beseitigen. Jahrelange Studiensind oft vöthig, um nur ein Jahrzehnt z. B. des Mittelaltersrichtig beurtheiien zu können. Man betrachtet jetzt da« bis dahinso viel geschmähte Mittelalter mit ganz anderen Augen als früher,obgleich eine unbefangene Würdigung und Kritik desselben auchjetzt noch nicht möglich ist. Andere Zeitalter kannte man schonzu Schlosser» Zeit genau, besonders die spätere Geschichte der Rö-mer und Griechen, sowie die Neuzeit seit der Reformation warenschon nach allen Seiten mit vieler Mühe durchforscht. Die Ge-fchichts forsch er, welche die verborgene Wahrheit an'S Licht bringen. haben aber nicht den Beruf, und sehr häufig auch nicht dieFähigkeit, eine Geschichte für'S Volk zu schreiben. Ihre dickenBücher sind angefüllt mit dem Stoff, de» der Geschichtsschreiberverbreiten soll. Das Volk kann aus den Büchern der Forscherkeine Bildung gewinnen, bloße Kenntniß des Geschehenen genügtnicht, um daS sittliche Bewußtsein de« Laien zu stärken. ES ge-braucht einen philosophisch und historisch gebildeten Führer in demLabyrinth der Thalsacheu, welcher ihm die geheimen Beziehungen,den politischen Vor- oder Rückschritt in der Geschichte zeigt. Einsolcher Führer soll der Geschichtsschreiber sein. Deutschland hatmehrere vorzügliche Männer dieser Art aufzuweisen, wenn auchnicht viele. Manche von denen, die sich Geschichtsschreiber nennen,maßen sich allerdings diesen Namen mit Unrecht an, sie sind weiternichts als Compilatoren(Sammler), welche die Resultate der Einzel-forschung planlos an einander reihen und die« dicke Wert dann eineWeltgeschichte nennen. Zu diesen Autoreu muß man besonders denallbekannten Weber rechnen. Derselbe hat, wenn auch nicht al«Geschichtsforscher, so doch als Compilator einiges Verdienst. Seingroßes Werk:„Allgemeine Weltgeschichte," ist entschieden eines derbrauchbarsten Handbücher deS Historikers, wegen des ungeheuerenMaterials, welches dasselbe enthält. DaS lernbegierige Volk wir»allerdings wenig Nutzen davon haben, eben so wenig wie vonden kleinen Schulwerken desselben Verfassers. Auf eine Kritikdieser letzteren einzugehen ist hier nicht der Ort, ei genüge zusagen, daß diesen leider so beliebten Büchern vor Allem die Ord-nung und eine kräftige, moralische Kritik deS Gegebenen fehlt.—„Becker's Weltgeschichte" ist gewiß ein vortreffliches Buch, aberdoch nur für die reifere Jugend und nacherzählende Unterlehrergeschrieben. Es enthält eine große Zahl abgerundeter Geschichts-bilder, treffliche Charakterschilderungen, welche die jugendliche Be-geisterung erwecken können, doch der vollständige Mangel einerfortlaufenden politischen VerfassungSgeschichle macht eS zur nichtnutzbringenden Lecture für Erwachsene. Diese Letzteren können undmüssen mehr verlangen, als Anekdoten und„Heldenthaten". Esgilt nicht blo« Begeisterung zu erwecken, sondern Lehren vomStaatSwohl auS der Geschichte zu ziehen. Wer diese Leeren klarund deutlich darlegen kann, der ist befähigt ein WeltgeschichtS-fchreiber zu fein. Freilich auch über das StaatSwohl können diebesten und ehrlichsten Menschen verschieden denken, aber damitwird jeder ideal gesonnene Historiker übereinstimmen, daß nurEhrlichkeit und Wahrheit zum Ziele führt und zum Ziele geführthat. Wer diesen Standpunkt als Autor»erläß', oder ihn auchnur als nebensächlich ignorirt, verfällt entweder in Parteiauschauungoder giebt jeden Einfluß auf den Leser auf. Im letzteren Falleüberläßt der Autor den Leser ohne Compaß dem brandendenMeere der Geschichte, im elfteren Falle verfällt der Autor uuwill-kürlich in Geschichtsfärbung und Verdrehung. Wolfgang Men-zel's Weltgeschichte ist dafür ein hinreichender Beleg. Wer aberThatsachen färbt, darf nicht als Geschichtslehrer gelten; schon auSdem einfachen Grunde, weil daS Volk ihn nicht kontrolliren kann.(Schluß folgt.)Gewerksgenossenschaftliches.Allgemeiner»entscher Töpferverei«.Wiesvadeu. Collegen! Da wtr von keiner Seite etwas hören,was einer besonderen Thätigkeit entspricht, so finden wir uns vev-anlaßt, etwas von uns hören zu lassen. AIS voriges Jahr derMünchener Strike ausbrach und die dortigen Collegen sich an un«wandten, da fühlten wir da« Bedürfniß, uns auch zu organiflre»und uns dem großen Ganzen anzuschließen. Wir entfalteten sofortunsere Thätigkeit aus die Nachbarstädte, wo eS in Darmstadt sofortgelaug, eine Mitgliedschaft zu gründen. Mit den Darmstädternopernten wir dann gemeinschaftlich, und wurde Frankfurt eben-salls gewonnen. Auch hat sich in Mainz seit 14 Tagen eine Mit-gliedschaft gebildet. Den zweiten Weihnachtsfeiertag hatten wireine Zusammenkunft in Darmstadt, in welcher eS sehr bedauertwurde, daß von keiner Seite zur Agitation etwas gethan würde.Sollten denn die StrtkeS in Hamburg und München nicht genugzu bedenken geben und den Collegen nicht die Augen öffnen? Oversehen die Collegen überhaupt noch nicht ein, daß gerade in unsererGeschäftsbranche der größte Absolutismus unter den Meistern undFabrikanten herrscht? Bedenkt nur die gegenwärtige Zeit! Darumauf, Collegen, die Ihr schon organisirt seid, zur Agitation; rütteltdie Schlafenden aus und denkt nicht, weil Ihr organisirt seid,nun wär Alles gethan. Gerade jetzt vor der Generalversammlungmuß alle« aufgeboten werden, damit wir die übrigen Städte er-obern; ich bin überzeugt, daß eS nicht so schwer fem wird, wennnur etwas gethan wird. Denn wa« sollen unsere Beschlüsse aufder Generalversammlung, wenn wir selbst dem JndifferenttSmuShuldigen? Bedenkt, Collegen, daß wir in unserer Geschäftsbräuchenoch nicht so übervölkert sind, daß deshalb die Arbeit eine leichteresein wird, wenn wir unsere Kräfte ein klein wenig anspornen.Wir fordern Euch deshalb auf, mtt vereinter Kraft die Agitationin die Hand zu nehmen. Jede Mitgliedschaft muß die nächsteStadt in« Auge fassen, und wenn eS einmal nicht hilft, so gehtman daS zweite und dritte Mal daran, dann muß sie erobert fein;und nehmt die Arbeiterblätter mehr zur Hand, wo man sich gegen-seitig aussprechen kann. Um die Correspondenz besser unterhalte»zu können, bitten wir auf diesem Wege die bestehenden Mitglied-schaften um Bekanntmachung ihrer Adressen. DaS ArbeitS-Nach-weisbureau ist Schwalbacherstr. 11. Bevollmächtiger ist ReiuholdBollschweiler. Alle Briese sind au denselben zu rechten.Jos. Schwei», Schriftführer.Gewerkschaft der Schuhmacher.Würzvurg. Alle Collegen werden hiermit aufgefordert, de»Zuzug nach hier fernzuhalten, indem Maßregelungen von Seite»der Arbeitgeber bevorstehen. Weiterer Bericht folgt.ITC. Alle arbeitersreundlichen Blätter werden ersucht, diese»zur Veröffentlichung zu bringen.Correspondenzen.Aerki«, 15. Februar. Ist Preußen ein Polizeistaat oderein—? Doch halt, lassen wir den preußischen Minister derJustiz die Antwort erlheilen. Auf meine Beschwerde an de»Justizminister vom 24. Oktober v. I.(stehe„BolkSstaat" Nr. 132vom v. I.) über die Ober-StaatSanwaltschaft de« hiesigen Kammer-gerichtS wegen Rechtsverweigerung, erhielt ich unter dem 4. Äa°nuar d. I. noch folgenden Bescheid:„Berlin, den 4. Januar 1875.Ihre Beschwerde vom 24. Oktober v. I. betreffend die Ver-fügung des Ober- Staatsanwalts beim Kammergencht vom 12.desselben Monat«, wonach die gegen den Polizei- Lientenautvon Arnauld Ihrerseits erhobene Beschuldigung deS Amtsmißbrauchs zurückgewiesen ist, hat nach Einsicht und Prüfung derVerhandlungen als begründet nicht befunden werden können.Der Justizminister. In dessen Vertretung: Friedberg.An den Herrn Hermann Grimpe."Diese Antwort bedarf keine« Kommentars. Sie zeigt uns, wieweit wir eS in Preußen mitsammt der Verfassung und den Gesetzenzu bringen vermögen, so lange uns daS freie Anklagerecht fehltund wir immer erst der Mittelspersonen, d. h. der Staatsanwalt-schaften bedürfen, um, fall» es denselben genehm ist, oder aberdieselben von„Oben" nicht am Einschreiten gehindert find, eineGesetzesverletzung zur Bestrafung zu bringen.Eine diesbezügliche Petition an den Reichstag(da ich mir voneiner Beschwerde an daS preußische Abgeordnetenhaus nicht« versprach, so unterließ ich diesen Weg und wählte den ersten, uuunseren Abgeordneten Gelegenheit zu geben, zum Worte zu gelangen) befindet sich in den Händen de« ReichStagSabgeordneteiLiebknecht, um bei Wiedereröffnung deS Reichstag« bei der Berathung über die deutscheu Juftizgesetze als Material verwendet ji.werden. H. Grimpe.