fasser de» Artikels, für die, welche» eine übermäßige Zwangsarbeit aufgebürdet ist, welche vor Hitze verschmachten und vor Kälte er- frieren, welche vor Hunger sterben in ihrer verräucherten Erdhütte.* Wahrhastig, eine Civilisation, die solche Gräuel schafft, die als Bedingung ihrer Existenz da» Elend der Massen erheischt, ist werth, daß ste untergehe!*_ — Nach un» zugegangenem Bericht ist Parteigenosse Richard Wolf von dem Gericht in Cleve von der Anklage de» Vergehen» gegen die ZZ 130, 131 und 166 dcS Reichsstrafgesetzbucha freigesprochen. Von den acht Mitangeklagten Süchteln «: Parteigenossen ist dagegen Schrör« zu 10 Thlr. Strafe verurtheilt worden. Der Seltenheit halber wollen wir noch mittheilen, daß der Polizei- dien«, welcher Wolf von Süchteln nach Cleve trauSportirte, sich äußerst human gegen denselben benahm. — Parteigenosse Daschner ist am 4. März in Kaisers- lautern in seiner Wohnung verhastet worden, um eiue Gefängniß- strafe von 29 Tagen zu verbüßen, die ihm da« hessische Gericht in Mainz wegen Prozeßvergehens zuerkannt hat. Selbstbekösti- gung ist Daschn« nicht gestattet, dagegen darf er nach Belieben sich beschästigen.__ — Seiten« de» Bürgermeister Stromer von Nürnberg geht un« die nachfolgende Berichtigung zu, welche wir nach dem Reich«- Preßgesetz gezwungen sind, ohne Einschaltungen zu ver- öffentlichen. Einen Commentar zur Stromer'schen Berichtigung bringen wir in nächster Nummer. Nürnb«g, den 4. März 1876. Stadtmagistrat Nürnberg . Mit Hinblick aus den gegen mich in Nr. 24 Ihre« Blattes wegen der Auflösung de« hiesigen sozialdemokratischen Wahlver- ein« gerichteten Angriff gewärtige ich die Aufnahme folgender Be- richtigung in Ihrem Blatte: „Die Behauptung in Nr. 24 de«„Volksstaate«*, daß die Bestimmung, nach welcher der Nürnberger sozialdemo kratische Wahlverein aufgelöst wurde, im baherischen Ver einSgesetze nirgend« enthalten sei, ist geradezu unwahr. Der Art. 19 desselben sagt:„Jede Polizeistelle oder Behörde ist befugt, Vereine zu schließen, wenn dieselben l,r>:c. ic. oder 5. die religiösen, sittlichen, gesellschaftlichen Grundlagen de« Staat« zu untergraben drohen.* Stromer. weiter beschränken, al« e« durch diese« Gesetz �geschieht, werden aufgehoben. § 40. Die vefugniß zur Dispensation von Ehehindernissen steht nur dem Staate zu. Ueber die Ausübung dieser Besugniß haben die Landesregierungen zu bestimmen. Der weitere angezogene Paragraph 77 lautet: Wenn nach dem bisherigen Rechte auf beständige Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett zu erkennen sein würde, ist fortan die Auf lösung de« Bunde « der Ehe auszusprechen. Ist vor dem Tage, au welchem die« Gesetz in Kraft tritt, aus beständige Tren- nung von Tisch und Bett erkannt worden, so kann, wenn eine Wiedervereinigung der getrennten Ehegatten nicht stattgefunden hat, jeder derselben auf Grund de« ergangenen UrtheilS die Auf- lösung dcS Bandes der Ehe im ordentlichen Prozeßverfahren be- autragen. Das um Reichseherecht. Der Abschnitt III de« ReichSgesetzcS über die Beurkundung de« Personenstände «, welcher das materielle Eherecht enthält, ist für den preußischen Staat durch königliche Verordnung bereit« mit dem 1. März in Kraft getreten, und geben wir den Wortlaut diese« Abschnitt« wegen seiner Wichtigkeit, die er für jeden deut fchen Staatsangehörigen hat, hiermit bekannt: Erfordernisse der Eheschließung: § 23. Zur Eheschließung ist die Einwilligung und die Ehe Mündigkeit der Eheschließenden erforderlich. Die Ehemündigkeit de« männlichen Geschlechts tritt mit dem vollendeten zwanzigsten Lebensjahre, die de« weiblichen Geschlecht« mit dem vollendeten fechszehnten Lebensjahre ein. Dispensation ist zulässig. § 29. Eheliche Kinder bedürfen zur Eheschließung, so lange d« Sohn da« fünfundzwanzigste, die Tochter da« vierundzwanzigste Lebensjahr nicht vollendet hat, der Einwilligung de« Varer«, nach dem Tode de« Vater« der Einwilligung der Mutter und, wenn ste minderjährig sind, auch de« Vormunde«. Sind beide Eltern verstorben, so bedürfen Minderjährige der Einwilligung des Vor- munde«. Dem Tode de« Vater« oder der Mutter steht e« gleich, wenn dieselben zurAbgabe einer Erklärung dauernd außer Stande sind, oder ihr Ausenthalt dauernd unbekannt ist. Eine Einwilligung de« Vormunde« ist für diejenigen Minderjährigen nicht erfordcr- lich, welche nach kandeSreckt einer Vormundschaft nicht unter- liegen. Inwiefern die Wirksamkeit einer Vormundschaft«- Be- Hörde oder eine« Familienrathe« stattfindet, bestimmt sich nach Landesrecht. § 30. Auf uneheliche Kinder finden die im vorhergehenden Paragraphen für vaterlose eheliche Kinder gegebenen Bestimmungen Anwendung. ß 31. Bei angenommenen Kindern tritt an Stelle de« Va terS(§ 29) Derjenige, welcher an KindeSstatt angenommen hat. Diese Bestimmung findet in denjenigen Theilen de« Bunde «- Jebiete« keine Anwendung, in welchen durch eine Annahme an ftndeSstatt die Rechte der väterlich.» Gewalt nicht begründet wer- den können. tz 32. Im Falle der Versagung der Einwilligung zur Ehe- schließong steht großjährigen Kindern die Klage auf richterliche Ergänzung zu. Z 33. Die Ehe ist verboten: 1) zwischen Verwandten m auf- und absteigender Linie, 2) zwischen voll- und halbbürtigen Ge- schwistern, 3) zwischen Stiefeltern und Stiefkindern, Schwieger- eltern und Schwiegelkindern jeden Grade«, ohne Unterschied, ob da« Verwandtschaft«- oder Schwägerschafts- Verhältniß auf ehe- licher oder außerehelicher Geburt beruht, und ob die Ehe, durch welche die Stief- oder Schwiegelverbindung begründet wird, noch besteht oder nicht, 4) zwischen Personen, deren eine die andere an KindeSstatt angenommen hat, so lange diese« Verhält niß besteht, 5) zwischen einem wegen Ehebruchs Geschiedenen und seinem Mitschuldigen. Im Falle der Nr. 6 ist Dispensation zulässig. tz 34. Niemand darf eine neue Ehe schließen, bevor seine frühere Ehe aufgelöst, für ungültig oder für nichtig erklärt ist. § 35. Frauen dürfen erst nach Ablauf de« zehnten Monat« seit Beendigung der ftüheren Ehe eine weitere Ehe schließen. DiS- pensation ist zulässig. § 36 Hinsichtlich der rechtlichen Folgen einer gegen die Be- stimmungen der§§ 23 bi« 36 geschlossenen Ehe sind die Vorschriften de« Landesrechte« maßgebend. Dasselbe gilt von dem Einflüsse de« Zwanges, Irrthum« und Betrug« auf die Gültigkeit der Ehe. Z 37. Die Eheschließung eine« Pflegebefohlenen mit seinem Bormund oder dessen Kindern ist während der Dauer der Vor- mundschaft unzulässig. Ist die Ehe gleichwohl geschlossen, so kann dieselbe als ungültig nicht angefochten werden. § 38. Die Vorschriften, welche die Ehe der Militärpersonc», der LandeSbeamteu und der Ausländer von einer Erlaubniß ab- hängig machen, werden nicht berührt. Auf die Rechtsgültigkeit der geschlossenen Ehe ist der Mangel dieser Erlaubniß ohne Eiu- fiuß. Ein Gleiche« gilt von den Vorschriften, welche vor der Eheschließung eine Nachweisung, Auseinandersetzung oder Sicher- stellung des Vermögens erfordern. § 39. Alle Vorschriften, welche da« Recht zur Eheschließung Jvnere Partei-Angelegenheiten. Den Parteigenossen zur Notiz, daß im Laufe dieser Tage ein Cirkular an die Vertrauensmänner versandt wurde, und empfehleo wir den Inhalt desselben zur besonderen Berücksichtigung. Als Vertrauensmänner wurden weiter dem Ausschuß vor- geschlagen und sind von diesem nebst Revisoren bestätigt: Mannheim : Fr. Pfeifer. Heidelberg : Chr. Anthe«. Fürth : G. Götz. Der Partei neu angeschlossen hat sich Pfullingen in Würt- temberg und ist als Vertrauensmann: Ferd. Renz eingesetzt. Den Parteigenossen in Württemberg diene weiter zur Notiz, daß von der Agitation«-Reise Emil Roland'« vorläufig abge- sehen wurde. Hamburg , den 4. März 1376. Mit sozialdemokratischem Gruß Der Ausschuß I. A.: I. Auer, Breitcstraße 39. Gewerksgenossenschaftliches. Gewerkschaft der Schuhmacher. Hotha. Diejenigen Genossen, die noch im Besitz der Nr. 2 de«„Wecker" sind, ersuche ich freundlichst, uns einige Exemplare zurückzusenden, da wir deren nothwenbig bedürfen. Mrt Gruß__ 333. Bock. Allgemeiner deutscher Schiffszimmerer-Verein. Kamburg. Kameraden! Hiermit mache ich Euch allen die Ur- fache bekannt, welche unsere Lübecker Collegen bewogen hat, bei den Meistern ordnungsgemäß zu kündigen, um anderSwo Arbeit zu nehmen. Der Contract, welchen ste mit den Meistern immer auf ein Jahr abschlössen, und der von keiner Seite gebrochen wurde, war am 11. Februar abgelaufen. Unsere Kameraden mußten daher einen neuen Contract mit den Meistern abschließen, wenn sie weiter arbeiten wollten. Da nun der Lohn im Sommer bei einer Arbeitszeit von 6 bis fhUhr 1 Thlr., und diesen Winter 24 Gr. betrug, derselbe aber wegen des steten Steigen« sämmt- licher Lebensmittelpreise nicht mehr ausreichte, um davon existiren zu können, verlangten die Collegen 6 Pf. pro Stunde mehr. Hierauf erhielten sie die Antwort von den Meistern, daß sie nicht mehr Lohn geben würden, da die allgemeine G-schäftSlage auf eine Ermäßigung der Löhne hinweise. Ferner hielten sie eine gleichmäßige Löhnung sämmtlicher SchiffSzimmerleute nicht mehr für zweckoienlich. Ueberhaupt wüßten ste nicht, weshalb sie mehr Lohn geben sollten, von einer Theuerung sämmtlicher Lebensmittelpreise könne doch keine Rede sein, da sie kaum etwa« davon bemerkt hätten. Hier- auf kündigten unsere Kameraden ordnungsgemäß und stellten am 10. Februar die Arbeit ein. Die meisten haben schon Lübeck den Rücken gekehrt, unbekümmert, ob die Meister nachgeben werden oder nicht, indem sie ja einen solchen Lohn allenthalben verdienen können. Unsere Memeler College» liegen ebenfalls noch immer im Kampfe feit dem 23. November v. I. Die Meister geben sich zwar der Hoffnung hin, unsere Collegen würden zu Kreuze kriechen, da besonders der lange Winter, der die Schiffe im Esse festhält, zu der Meister Gunsten ausfällt. ES ist diese Kälte also ein Schlag für unsere Memeler Collegen wie auch für manchen andern Arbeiter. Die Meister aber freuen sich und hoffen, daß die Zeit endlich kommen muß, wo unsere Collegen ihnen zu Füßen fallen weröen. Arme Thoren, die sich einer solchen Hoffnung hingeben! Denken die Herren, daß die SchiffSzimmerleute Deutschlauds er- lahmen? Orer denken die Herren, daß die Arbeiter so dumm sind, nachdem sie den Winter über gefeiert und sich durchgeschlagen haben, daß sie zum Frühjahr ihnen nachgeben würden? Zu be- dauern sind die Herren, die sich solchen blödsinnigen Gedanken hingeben.— Unsere Kameraden in Memel wie in Lübeck werden fest stehen, und zwar so lange, bis die Herren SchssfSbaumeister den Gedanken fallen lassen, unseren Kameraden den Lohn kürzen oder sie in Klassen eintheilen zu wollen. Euch aber, Kameraden Deutschland «, rufe ich einfach zu: Auf den Posten! Heinrich Groß. Correspondenzen. Leipzig . Dr. Stephani, der sich gegenwärtig zur Kur in dem Bade Meran in Oesterreich aufhält, gab bekanntlich vor einiger Zeit seinen Posten als Vicebürgermeister von Leipzig auf, und zwar au» Gesundheitsrücksichten. AuS denselben Gründen hat Dr. Stephani jetzt auch sein Mandat als ReichStagSabgeordneter für Leipzig niedergelegt. Wir stehen also vor einer Neuwahl. Von gegnerischer Seite rührt auch bereits die„Deutsche Allgem. Zeitung" die Lärmtrommel und ermahnt ihre Getreuen, bei Zeiten Vorbereitungen zur Wahtschlacht zu treffen. Nun, auch wir wer- den auf dem Posten sein.— Weiter haben wir, unter Auffor- derunz zum stillen Beileid für den armen Delinquenten, die Mit- theilung zu mache«, daß„unser" Hüttner wegen Beleidigung Bracke'S, begangen durch Abdruck der verleumderischen Angriffe de« Dr. Jahn im„Leipziger Tageblatt ", auch in zweiter Instanz zu 14 Tagen Gefängniß verurtheilt worden ist. Er kann jetzt sozialdemokratische Studien machen! Leipzig . Der hiesige Arbeiter- Bildungsverein beging am 27. Februar in den Räumen der„Tonhalle" die Feier seines 14jährigen Bestehen« unter starker Betheiligung. Conzert, Ge- sangSvorträge, von den Säugern de« Verein« vorgetragen, Fest- rede und Ball bildeten auch heuer das Festprogramm. Dem Jahresbericht des Vorsitzenden Richter entnehmen wir, daß der Verein etwa« über 300 Mitglieder zählt, welche in den verschie- dcnsten Lehrfäckern unterricfclet werden. Nach Beruf gehören dem Vereine an: 81 Tischler, 76 Schneider, 76 Schriftsetzer, 76 Co Pisten, 64 Schlosser, 49 Markthelfer, 45 Schuhmacher, 41 Buch binder, 32 Kaufleute, 30 Glaser rc. Da« Ausland ist darunter durch 11 Ocsterreicher, 6 Schweizer , 6 Russen, 3 Däne« und 2 Schweden vertreten. An 60 Abenden wurden von 13 Herren Borträge naturwissenschaftlichen, geschichtlichen, literarischen und sozialpolitischen Inhalt« gehalten, sämmtlich unentgeltlich. An 25 Abenden lieferte der Fragekasten Stoff zu DiScnssionen und gab den Mitgliedern GUegenheit, sich in der freien Rede zu üben. Der ertheilte Unterricht(meist durch fteiwillige Lehrkräfte) umfaßte Turnen(2 Abende mit durchschnittlich 38 Theilnehmern), Gesang (2 St. 20 Th.), Buchführung mit Wechselkande(1 St. 60 Th.), Rechnen(1 St. 20 Th.), deutsche Sprache und Schönschreiben (1 St. 30 Th.), GabelSberger Stenographie(4 St. in 2 Surfen mit 30 und 8 Th.), englische Sprache(2 Curse und 2 St., 24 Th.), ftanzösische Sprache(2 Curse, 2 St., 7 und 20 Th.), Zeichnen(2 St. Sonntag«, 16 Th.). Die stenographische Sectio» des Verein« mit 13 ordentlichen und 18 correspondirenden Mit- gliedern ist auf 6 stenographische Zeitschriften abonnirt und corre- spondirt unter Aaderm auch mit Stockholm , Petersburg und Philadelphia . Die Bibliothek, welche durch Geschenke und Kaufe fortwährend vermehrt wird, zählt 2000 Bände; 2600 Bände wurden ausgeliehen. Ja dem allabendlich geöffneten Lesezimmer liegen 30 Zeitschriften au«. Diese Zahlen sprechen deutlich für die ersprießliche Wirksamkeit de« Vereins.— Die Festrede, von Liebknecht gehalten, werde» wir gelegentlich nach den stenogra- phischen Aufzeichnungen bringen. Freudige Sensation erregte ein Telegramm des Dresdener ArbeiterbildungSvereins, der in seinem Bestreben, die durch Staat und Gemeinde so arg vernachlässigten Arbeiter heranzubilden, sich in edlem Wettstreit mit dem hiesige» Vereine befindet. Da« Fest verlief, wie die« ja nicht ander« zu erwarten war, unter würdevollem Frohsinn der Theilnehmer ex- c-llent. Und in der That, warum sollten die Arbeiter nicht auch Feste feiern? Ist da« Leben der Arbeiter, so rief der Festredner Liebknecht au«, nicht eiue ununterbrochene Kette von Arbeit und Mühsal? Und das Leben der herrschenden Klassen, ist e« nicht ein Fest ohne Ende? Wenn daher Jemand berechtigt ist, Feste zu begehen, so sind die« die Arbeiter. Möge der Leipziger Arbeiter- bildungsverein noch viele solcher Feste begehen, möge er blühen und«starken zum Heile der Arbeiterklasse; möge er fortwirken, bi« der große Verein, genannt Staat, seiner Bestimmung gemäß da« Volk so bildet, daß eine Nachbildung nicht erforderlich ist. Da« wünschen wir, und danach streben wir. Leipzig . Man schreibt un«: Begräbniß einer Prole- tariersamilie in Leipzig . Am 24. v. M. hatte sich am pa- thologischen Institute in der Waisenhausstraße eine unzählige Menge Iheilnehmender und neugieriger Menschen versammelt, um dem Begräbnisse der bei dem Brande in der Dorotheenstraße erstickten Familie des LackirerS Hylsen beizuwohnen. Die drei Leichen (Vater, Mutter und Tochter) waren in einer Parterrelokalität dem Publikum zur Schau ausgestellt worden, und Hunderte drängten ich heran, mit wehmüthigem Ernste die unglücklichen Opfer jener Katastrophe zu betrachten. Die drei Proletarierleichen hatte man in einfache Särge gelegt und zwar ganz rn demselben Zustande d. h. in denselben zerrissenen, schmutzigen, alten Kleidern, in welchen man die Verunglückten auf der Brandstätte aufgesunden hatte. Nicht einmal die übliche Reinigung der Leichen hatte mau für nöthig gehalten! Wozu auch eine Reinigung der Leichen! E« waren ja nur Proletarierleichen! Wie sich der gesunde Sinn der Beschauenden über die hier verübte Rücksichtslosigkeit und diese« der GefühlSweise eine« jeden nur einigermaße» gebildeten Menschen Hohn sprechende Gebahren feiten« der städtischen Krankenhaus- Verwaltung äußerte, da« entzieht sich freilich der Darstellung an diesem Orte. Den Angehörigen HylsenS ist für diese würdige Be- taltunz die Kleinigkeit von 35 Thalern berechnet worden. Bon mehreren Leipziger Lokalblättern ist der Wunsch um Aufklärung dieser Angelegenheit ausgesprochen worden. E« hat sich aber bi« jetzt noch nicht«„von competenter Seite" vernehmen lassen.— So geschehen in der großen„Seestadt" Leipzig , die sich gar gern ihrer Bildung undj. Humanität wegen rühmen hört— im Jahre de« Heij« 1876! Planitz bei Awicka«, 20. Februar. In der heute hier ab- gehauenen Volksversammlung war der Reichstagsabgeordnete I/ Mottcler anwesend, um über„die Thätigkeit de« Reich«- tagS" Bericht zu erstatten. Referent warf einen einleitenden Rückblick auf die ftüheren politischen Parteien, namentlich auf die heftige Opposition im preußischen Abgeordnetenhause zur Zeit de« Militärkonflicte«, der nach 1866 die Opposition fast ausschließlich ins Regierungslager hinübergeführt habe. Zur gleichen Zeit und während anderweitige Parteien sich, zersetzten, habe sich dagegen eine Partei in Deutschland entwickelt, welche dem Grundsatze der höchstmöglichen polUischeu und wirthschastlichen Bedürfnißlosigkeit entschieden entgegen zu treten sich zur Aufgabe stellte und im Än- äng ihres Entstehen« nicht verschmäht habe, selbst die bescheidensten Mittel zu versuchen, um die Lage der großen arbeitenden Massen zu verbessern, welche durch die Theorie der unnatürlichsten Be- dürfnißlosigkeit heruntergebracht seien. Gründung von Consumver- einen, Kranken- und Jnvalidenkassen»c. sei zahlreich versucht wor- den, bis man sich überzeugt habe, daß damck den Massen nicht geholfen werden könne, und daß im Erringen politischer Macht zunächst ein wirkungsvollere« Hilfsmittel zu ergreifen fei. Die sozialdemokratische Arbeiterpartei habe ihr Programm da- hin festgestellt, daß die politische und wirthschaftliche Freiheit sich gegenseitig bedingen und demgemäß sich zum Kampfe organistrt. Der Staat als solcher müsse die Aufgabe haben, Zustände und Einrichtungen zu schaffen und zu erhalten, durch welche seine An- gehörigen sich körperlich und geistig entfalten und wohlbefinde« können, und daß der heutige Staat als Klassenstaat, mit seiner Ktassenzesetzzebung in wirthschaftlicher wie politischer Hinsicht die« nicht erreichen könne» zeige sich am schlagendsten an den Wirren, durch welche nach den stündlichen Bekenntnissen der herrschende» Parteien selbst, dieser Staat sich mühselig zwischen Kriegen, Ge- schäftSstockunKen und gesellschaftlichen Viiwickelungeu aller Art hin- durchschleppe. Ans der einen Seite fallen alle Lasten zur Erhal- tung dieser Zustände den arbeitende« Klassen zu, deren politische Rechte andererseits fast auf Null stehen, und auf der andern Seite machten die herrschenden Klassen ihren ganzen politischen und wirthschastlichen Einfluß geltend, so daß eine Aenderung zum Besseren nicht abzusehen sei. Lassalle habe in seinem Werkchen: „Die indirekten Steuern«, am preußischen Staate schlagend nach- gewiesen, daß nur einige hunderttausend Menschen im Staate sich für diesen ausgeben, und ihn nach ihrem Gutdünken einrichten, ausschließlich von ihren Jateresienstandpunkten ausgehend. Wahl- gesetze mit direktem und indirektem Censu« führen»othwendig zu einer Klassengesetzgebung, die ihren Ursprung nicht verleugnen könne, und das allgemeine direkte Wahlrecht de« deutschen Reich« sei durch die Diätenlosigkeit gleichfalls mit einer Art CensuS umgeben worden.— Die letzten, sowie die bisherigen RerchStagSleistunzen feien eine ganz würdige Ergänzung der bisherigen Klasscngesetz- gebung, und die Machtlosigkeit des Reichstage« gegenüber dem
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7 (10.3.1875) 28
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