als mancher andere. Bei der Badgetberathung ist die Fragemehrfach angeregt worden, und der Biinister des Janern hat erflirrt, daß er verschiedene Erlasse vorbereitet; aber entweder finddiese Erlasse nicht so, wie eS im Reichstage verlangt wurde, oderfie werden in den unteren Instanzen nicht befolgt. Zu den poli-tischen Gefangenen rechne ich auch die wegen Uebertretung derMaigesetze bestraften Geistlichen, die z. B. in Trier in Bezug ausden Aufenthalt, Beköstigung und Disziplin den gemeinen Berblechern gleichgestellt werden. Der Abgeordnete Most im Gesängeniß am Plotzensee kann heute noch immer nicht die Selbftbeköstngung erlaugen und befindet sich deshalb in großer Beforgniß umfeine Gesundheit; ein anderer nahezu sechzigjähriger Mann, ebenfalls wegen Preßvergehen verurtheilt, erhält ebenfalls nur dieGefängnißkost, die ihm so wenig bekommt, daß er statt derselbendeS Mittags sich mit Wasser und Brot begnügt; er hat jetzt dieBergänstigung erhalten, daß er viermal in der Woche Bonillonbekommt. Daneben fi»d in der letzten Zeit, obwohl die Tem-peratur e« wohl erfordert, die Zellen nicht geheizt, wohl aber dieLocalitäte«, in denen sich die Beamten aufhalten. Außerdem istdem Redner die Mittheilung zugegangen, daß ein wegen Preß-vergehen«»erurtheiltcr Manu, NamenS Frobcn(Frohme?) in Koblenzgehindert wird, sich literarisch zu beschäftigen. Die Interpellationist an die StaatSregierung gerichtet, weil e« nicht möglich war zufinden, wo die Competeuz des Justizminister» aufhört und diedes Ministers deS Innern aufäugt.(Hört!) E« ist unerträglich,daß fortwährend da« Gefäugnißwefen in zwei Ministerien behandeltwird. Während der Minister de« Innern sagt, er habe Jastruk-tionen vorbereitet, hat der Justizminister noch nicht« gesagt; wiekommt e«, daß, wenn Instruktionen erlaffeo sind, der bisherigeZustand noch unverändert fortbesteht?Justizminister Dr. Leonhardt: Ich werde selbstverständlichmeine Erklärung auf den Gegenstand der Interpellation beschrän-keo, indem ich die Einzelheiten um so mehr dahingestellt sein lasse,al« ich sie nicht übersehen kann. Der Interpellant fragt, ob dieStaatSregierung Anordnungen über den Bollzug der Strafen beipolitischen Gefangenen erlassen habe. Diese Frage habe ich imNamen der StaatSregierung mit Nein! zn beantworten. Ichkönnte mich auf diese Erklärung beschränken, trage aber kein Be-denken, mich über die Gedanken auszusprechen, welche die Staat«-regierung zu dieser Unterlassung bcwogeu haben. Die betreffendeAnordnung würde nur dahin gehen können, daß beim Strafvoll-zuge zwischen politischen und nicht politischen Gefangenen zuunterscheiden wäre. Eine solche Unterscheidung würde eine gesetz-widrige sein, den Borschrifteu de« Strafgesetze« widersprechen undeine unpraktische sein, weil der Begriff de« politischen BergehenSein völlig unbestimmter, für die Auwendung ganz unbrauchbarerist. ES würde durch eine solche Anordnung eine Neuerung ein-gesührt werden, wie sie weder in Deutschland noch sonstwo inEuropa besteht. E« isi Sache de« Gesetze«, mit Rücksicht auf dieQualität der strafbaren Handlung die eine oder die andere, oderauch mehrere Strafen«ahlweise anzudrohen; e» ist Sache desRickterS, die Individualität einer strafbaren Handlung zu wür-digen, insbesondere mit Rücksicht darauf, auf welche von mehrerenwahlweise angedrohten Strafen zu erkennen ist; dagegen muß derStrafvollzug sich richten nach der Berschiedenheii der Strafenunter Berücksichtigung der Individualität nicht der That, sondernde« ThäterS. Die Berücksichtigung der Qualität und der Jndivi-dualität der strafbaren That beim Strafvollzug führt zur Willkür,während der Strafvollzug nicht weniger wie da« Strafurtheil selbst«in gerechter sein soll.Aus den Autrag de« Abg. v. Schorlemer-Alst tritt da» Hau»in die Besprechung der Interpellation ein.Abg. Götting: Ich interesstre mich für das Gesängmßwesen,aber sür die Interpellation, wie sie hier gesaßt ist, kann ich michnicht echausfiren; fie beschränkt sich lediglich auf die politischen Ge-sangenen, einen solchen Begriff kennt weder die Wissenschaft nochda« Strafgesetzbuch. Der Abg. Windlhorft ist bereit, die renitenten Geistlichen und die wegen Preßvergehen« Berurtheiltcn zuden politischen Gefangene« zu zählen. Die wegen solcher VergehenBerurtheilteu sollen einer besonders humanen und ihrer indivi-duellen Neigung entsprechenden Behandlung unterworfen«erden.Ist denn nicht ein gebildeter, sonst vollständig intakter, nur durchirgend welche« Unglück dem Strafgesetze verfallener Mann einereben solchen Berücksichtigung werth? Denken Sie sich einen Kassen-beamten, deffea übrige Rechtlichkeit nicht in Zweifel gezogen wor-deu ist, der, al« er in die Kasse griff, nicht eine Ahnung davonhatte, daß er das Entnommene binnen 24 Stunden nicht wiederhineinlegen könne(Unruhe im Centrum), oder nehmen Sie uu-glückliche Leute, die ausgepfändet werden und in überwallendemGefühl sich an dem ExekutionSbeamten vergreifen; sollten solchegeblldete und sonst rechtliche Männer nicht dieselbe Berücksichtigungverdiene«? Eatkleiden Sie die Interpellation ihre« tendenziösenInhalt», führen Sie sie aus die Humaue Grundlage zurück undSie werden deu Beifall der Volksvertretung und vielleicht auchdie Neigung der Regierung finden. Dann dehnen Sie doch IhreFürsorge auch auf die UntersuchnugSgefangeuen au«; ein ver-urtheilter politischer Verbrecher ist doch immer schuldig, aber einUntersuchunglgefangener ist doch häufig unschuldig. Im Jahre1360 wurde in HildeShei« ein Gejänguiß für UntersuchuogS-iiesangeue gebaut, da« allen Ansordernnge» der Humanität wider-prach; die Zellen enthielte» nicht« weiter al« einen Stuhl, Nacht»wurde eine Matratze hiueiugebracht. Erweitern Sie Jhreu Antragdahin, daß innerhalb de« Rahmen« de« Sttasgesetzbuche« die Ge-sängnißordnung einer Revision unterworfen werden soll, so könuteich einen solchen Antrag nur empfehlen.(Schluß folgt.)Politische Uebersicht.— Da« Risiko der Arbeit. Ueber Unglücksfälle imHerzogthum Altenburg schreibt man dem.Crimmitschauer Bür-ger- und Bauernfteuud":„ mNachdem nunmehr 10 Jahr- verflossen sind, settdem der Bergbau de« Herzogthum« unter staatlicher«ontrole gestellt ist, hatdie herzogliche Berginspektion eine Statistik der in diesem Zeit-räume vorgekommenen bergmännischen Berunglückungen mit tödtlichem Ausgang ausgestellt, und die.«lteub. Ztg.- entnimmt der-selbenjolgende Angaben.E« sind in deu verflosseneu zehn Jahren überhaupt 27 tödtliche Berunglückungen vorgekommen, die meisten im Jahre 187»,nämlich 6, die wenigsten im Jahre 1366, nämlich gar keine. Diesämmtlichen Fälle lassen sich ihrer Ursache nach in drei Klaffe»bringen, nämlich in solche,a) wo dem Grubenbesitzer oder semen Beamten Uebertretungder bestehenden Vorschriften oder üblichen Sicherheitsmaß-regeln nachzuweisen war; hierher gehören 3 Fälle;d) wo den Verunglückten selbst eine Uebertretung der bestehen-den Borschrifteu oder übliche» SicherheitSmaßrezelu oder einMangel an gewöhnlicher Vorsicht nachzuweisen war; hierhergehören 9 Fälle;e) wo weder dem Grubeubesitzer resp. dessen Beamten, nochden Verunglückten eine Schuld nachzuweisen war; hierhergehören 5 Fälle.Die dem Brannkohleubergbau spezifisch anhaftenden Verschüt-tongen im Bruche durch plötzliches Hereinrollcn der GebirgSmassensind auffallender Weise bei unserm Bergbau gering an Zahl,nämlich 13 von 27 Gesammtfällen, also kaum SO Prozent, währendsie beim sächsischen Braunkohlenbergbau in den letzten 4 Jahren«2 Prozent, beim gleichen Bergbau im Reviere Zeitz»2 Prozentder Gesammtverunglückungen betrugen. Die Eigenthümlichkeitunserer Kohlenablagerung und unserer Abbaumethode birgt inWirklichkeit viel mehr Gefahren, al« in den zum Vergleich heran-gezogenen Distrikten, und e« lassen sich die statistischen Zahlennicht erklären.Da« scheinbare Walten de« Zufalls bei Berunglückungen ent-hüllt sich bei uäherm Nachforschen al« ein feststehendes Naturgesetz,und al» solche« hat fich in den größten bergbautreibenden StaatenEuropa«, uämlich in England und in Preußen, herausgestellt, daßauf 1000 Bergarbeiter jährlich 2., tödtliche Berunglückungen kom-men, und die Schwankungen jahraus jahrein gehen nur um großeKleinigkeiten unter und über diese Zahl. Sie betrugen z. B. inPreußen in den letzten 8 Jahren 2.»— 2,zl— 2,«,— 2,34—2,m— 2,63— 2,«— 2,5«.Je kleiner die Distrilte sind, welche man im Vergleich mit ein-ander stellt, um so größer werden dann naturgemäß die Schwan-tungen, denn dann spielen die Gefährlichkeitsgrade der einzelnenMineralvorkommen und ihrer Gewinnung, die Geschicklichkeit de«ArbeiterschlagcS und viele andere Verhältnisse eine große Rolle.Nun sind beim Altenburger Bergbau in den letzten 10 Iah enauf 1000 Bergarbeiter 2,5, Verunglückungen gekommen; dagegenbeim Braunkohlenbergbau im Königreich Sachsen 2,2«.«» Reviere Zeitz«.n„ h h QberbergamtSbez. Halle 2,?s..'» übrigen Preußen 2 z«und eS stellt sich also daS VerunglückungSoerhältniß beim Alten-burger Bergbau trotz dessen notorischer Gefährlichkeit und trotzdemdie Bergbauiudustrie hier erst in den letzten Jahren in die Höhe ge-schnellt und daher noch kein zur»ollen Geschicklichkeit gelangterArbeiterschlag vorhanden ist, als ein sehr günstige» heran«.DaS Berhältniß wird allerdings ein andere», wenn man dieBerunglückungen auf die geleisteten Fördert) uantitäten bezieht. E«entfallen nämlich auf eine Berunglückungbeim Braunkohlenbergbau d-S Herzogthums 1.995,330 C.in Sachsen 1,318,833... im Reviere Zeitz 2,135.692„im Bezirk Halle 3,271.041„„ im übr. Preußen 2,811,223.,Hier ist daS Berhältniß für Sachsen am ungünstigsten, währendoben Sachsen das günstigste war, und c» ist au» dieser Tabelleim Allgemeinen zu entnehmen, daß, je intensiver der Bergbau ge-trieben wird, d. h. je größer die Gruben sind und je flotter siefördern, um so weniger Berunglückungen— reduzirt ans die För-derquanten— dabei sich ereignen.Der Alteubnrger Bergbau ist erst seit dem letzten Jahre in dieReihe der Großindustrie getreten. Während in den vorhergehe».-den neun Jahren die Leistung pro Arbeiter jährlich 4472 Ctr.betrug, stieg sie im Jahre 1874 aus 7981 Ctr. und rechte sichdamit den Leistungen beim preußischen Braunkohleuergbau an,wo sie in den letzten acht Jahren durchschnittlich 3024 Ctr. betrug.Die sächsische Braunkohlenindustrie ist dagegen bedeutend im Ruck-stände, denn hier war die Leistung nach achtjährigem DurchschnittebloS 2948 Ctr. pro Arbeiter.So weit der Artikel des.Crimmitschauer Bürger- und Bauern-freund". Wir wollen bloS auf einen Punkt aufmerksam machen.Ein„feststehendes Naturgesetz" gibt eS für die Berunglückungennicht— dieselben sind nicht nothwendig, sondern erwiesenermaßenbei entsprechender Borficht ganz oder größtentheil» z» vermeiden.G»bt doch der Verfasser selbst zu, daß in Altenburg weniger Ver-uuglückuugen al« in andern Ländern vorkommen,„obgleich dieAbbaumethode in Wirklichkeit viel mehr Gefahre» birgt."Und wa« heißt da« ander«,, al« daß die menschliche Vernunft da«ogenannte„Natnrgesetz." über den Hause» geworfen hat?—— In SüdwaleS hat seit Montag vor 8 Tagen die AuS-.perruug dem Namen nach aufgehört, indem die Grubenbesitzer ihreWerke zu einer Lohnreduktion von 15 Proz. öffaetea. Der Sachenach dauert jedoch die Aussperrung fort, da sie unter unan-«ehwbaren Bedingungen aufgehoben wurde. Hauptzweck der Gru-benbesttzer ist, den Arbeitern da« Anrecht auf Armenunterstlltzungzn nehmen und ihnen so die letzten Zufuhren abzuschuerden.Nach deu letzten Berichten waren nur sehr wenige Arbeiter in dieGroben zurückgekehrt.— Im Kohlenbecken von Charleroi„ist die Ruhe wiederhergestellt". Allerdings ein Wunder, sintemalen die Ruhe dortüberhaupt nicht gestört, folglich auch nicht wiederherzustellen war.Man müßte denn,»a« freitlch richtig wäre, jedoch von denZeitungS-Berichterstattern nicht gemeint ist, da« Borgehen der Be-Hörden al» Ruhestörung auffassen.— Auch inden Verein»g teuS tasten find die Kohlen arbeiterim Kampf mit den Grubenbesitzeru. Im Staat Penusylvanienspielt sich ei» ähnlicher Klassenkampf ab, wie in SüdwaleS. DieGrubeubarsne fanden e« profitabel,„ihre" Arbeiter in dieser„schlechten Zeit" auSzuspnreu. wodurch natürlich viel Roth undElend erzeugt wurde. Gern hätte man den Arbeiter« zu Adergelassen, allein leider bewegten sie sich durchaus auf gesetzlichemBoden. Da kam plötzlich die Nachricht von Gewaltthätigkeitenund Auffuhr. Ein Schuppen, der den Arbeitern sicher nicht imWege stand, sollte von diesen in Brand gefieckl worden sein. E»war da« aber infam gelogen. Der eingeäscherte Schuppen ist,wie sich jetzt herausgestellt hat, von den Grubenbesitzern selber an-gezündet und die Brandstiftung dann den Arbeitern ia die Schuhegeschoben worden, um einen Borwaud zu haben, vomStaate dieersehnteHülse in Gestalt vonBürgermilizen zu erlangen.Die Bürgermiliz ist denn auch wirklich aufgeboten, sie hat aber,wie vorauszusehen war. bi« jetzt keine Verwendung finden könnenund wird wohl auch keine sindeo. Begreiflicher Weise hat dieseNiedertracht der Grubenbesitzer in hohem Grade die Entrüstung deramerikanischen Arbeiter wachgerufen, und wird in öffentlichen Ver-sammlungen in gebührender Weise gegen die Brandsiistcrbande zuFelde gezogen. So hat in Philadelphia eine Versammlung derdeutschen Arbeiter stattgehabt, in welcher folgende Resolution an-genommen wnrde:Ja Anbetracht, daß die Kohlen- Miner nicht selbst den Strikeprovozirt haben, sondern dieselben vielmehr durch die Habsucht undNiederträchtigkeit der Kohlenköuige ausgesperrt wurden;Ja Anbetracht, daß die Presse nach ihren corrupte» Begriffe»diesen Strike al» ungesetzlich bezeichnet, dann einen Nachtheil fürdie Kohlenbarone und die Zerstörung der peonsylvanische» In-dustrie erblickt;In Anbetracht, daß die Presse die allergemeinsten und gewissen-losesten Schmähungen gegen die Kohlen-Mincr geschleudert, sie alsRaubmörder und Brandstifter bezeichnete, um damit die große, un-wissende Masse de« Volke» gegen die Kohlen-MinerS aufzustacheln;In Anbetracht, daß der Mayor von Philadelphia in jene Ge-genden Special-Polizisten sendete, zum Schutze de» Capital» undzur Unterdrückung der Kohlen-Miner;In Aabetrachl, daß die Presse dahin wirkt, daß der Staat fürdie Kohlen-Rezioaen eine Staat»- Polizei errichte, um die Interessender Kohlenköaige zu schützen, zu befördern und die MinerS in alle»ihren Bewegungen zu hemmen und zu knebeln;So sei beschlossen von der heute ia der Turn-Halle tagende»Versammlung,1) Daß wir den Kampf der Kohlenminer in Pennsylvannienal« gerechtfertigt anerkennen und wir unsererseits ihnen unsere mo-ralische Unterstützung hiermit aussprechen;2) Daß wir die Berläumdungen, falschen und widersprechende»Berichte der hiesigen ZeituugSredaktion als bezahlte und käuflicheInstitutionen zurückweffeu und ihnen unsere tiefste Verachtung au»-sprechen;3) Dem Mayor der Stadt Philadelphia die tiefste Verachtungaussprechen, da er dorthin Spezialpolizisten sandte, und Leute oderIndividuen dazu verwendete, welche nicht würdig find, als Polizeizu fungireu;4) Daß wir energisch Protest erheben gegen da« Einschreite»der Militärgewalt in die Rechte eines in größter Ruhe befindlichenGegner«, und sprechen unseren höchsten Beamten de« Staate»unsere Verachtung au«."— Sonnabend, den 1. Mai hat unser ffüherer verantwortelicher Redakteur Preißer eine Gesäagnißstrase von einem Jahreim LandeSgefängniß Zwickau angetreten. Nicht eingerechnet sindverschiedene Strafen, so z. B. 6 Wochen wegen Beleidigungweimarischer Staatsbeamten, mit welchen Preißer noch bedacht ist.Aus Serbien.(Schluß.)Die rückhaltslose Sprache des VolkSabgeordneten Milia Ml-lowanowiez*) gibt uns ein Bild von den wirklichen Verhältuissenunsere» Volke» und den Zustände» in nnserem Lande, die wir inBetracht ziehen. Als Mitglied de« Finanzausschusses in derSkupschtina hat Milia zu dem Antrage**) betreffs Be-schränkung der Besoldungen und Pensionen der Staai«-beamten auf jährlich 1000 refp. 500Thlr., als Einziger in derAuSschußminorität, folgende Begründung vorgebracht:„Die Ausschußmajorität ist der Meinung, daß bei einerBesoldung von unter 1000 Thlr. Niemand studiren und Staat«-dienst nehmen wolle und daß, wer eS thun würde, unter der Handseine Stellung mißbrauchen, oder dieselbe mehr zu seinen eigenenInteressen ausnützen werde, und glaubte deshalb unseren An-trag ganz verwerfen zu sollen.— ES versteht sich von selbst,daß die„Herren" nur solche Resolutionen einzubringen vermögen,die nach dem„alten Liede" zu gar nichts nütze stad.„Eine Wissenschaft studirt der Mensch mehr um seiner natür-lichen Wißbegierde willen, die für MeS die Ursache zu ergründenstrebt. Euiem Jeden wird also zunächst der größte Lohn der sein,vaß er sich bewußt ist, ein gebildeter und gelehrter Mann zu sein.Wollte Jemand aber einem anderen eine Wissenschaft oder eineLehre nur um ein theure« Geld verkaufen, dann mag—so schmerzlich eS auch wäre— lieber die ganze Wissenschaft zumTeufel gehen.„Daß aber intelligente Leute oft mehr Neigung zum Staat«-dienste zeigen, al« zu anderer Arbeit, ist einleuchtend: denn„e«erscheint die Feder eben Solchen jedenfalls leichter al» die Hacke".Daß aber auch gut besoldete Staatsbeamte ihre Stellung oftmißbrauchen und sogar gemein stehlen, zeigt un« da« Beispiel de«Herrn Belimarkowiczl-) und Bischof Moisie.ffs-) welche nebstvielen andeven offiziellen und gutgezahlten Dieben zu erwähnensind.„Der Mensch ist eben ein schwer zu sättigende« Geschöpf, undje mehr er besitzt, um so mehr er noch haben will, und mankönnte deshalb anch sagen, daß„hohe" Besoldungen noch mehrzur Entartung verführen, den» sie steigern immer mehr die Bedürfnisse der Empfänger. Ehre bekomm» man nicht um'« Geld,sie will durch persönliche Verdienste erworben sein. Warum klagendenn stet» die Herren Offizianten über niedrige Besoldung? Darum,weil alle», wa» sie an sich tragen— vom Kopf bi« zur Fers«—,alle«, wa« sie im Hause haben, fremde theure Productiou ist.Ihre Frauen wollen nicht» von der Haushaltung wissen, fie finddazu viel zu verschwenderisch! Deswegen müssen dieBeaurteu, umihre Familien zu ernähren, um fie herrlich ausstatten zu können,fortwährend nach besserer Besoldung schreie».„Wa« die Behauptung betrifft, daß die Intelligenz und dieBildung die Bedürfnisse der Menschen st-igere, daß demnachdie Beamte» al» intelligente Leute auch mehr Bedürfnisse, daherauch bessere Besoldung haben müssen— so ist diese Behauptungfalsch. Nur der Reichthum verursacht jene Mehrbedürsniffe, die inLupuS arbeiten aber niemals die Bildung, die wirkliche Bit-düng. Ich bitte mir zu sagen, ob der gemeine Bauer nicht auchin der Equipage zu fahren wüßte;— er hat sie aber nicht! Erist ganz zufrieden, wenn er auf seinem Holzwazen mit viereckigenRädern fahren kann.„ES reitet nicht Derjenige da« Pferd, deme« paßt und der da« Reite» versteht, sondern Derjenige, der e« zu-fällig besitzt!"„Weiter. Wie lebt nun aber unser Volk, da« alle« bezahltund unterhält?— Unser Volk besteht beinahe au« lauter Bauern,95 Prozent siov Bauern, und 5 Prozent entfallen aus Beamte undKaufleute. Unser Volk, al« ackerbautreibende«, arbeitet 12— 15Stunden per Tag; in einem wirklichen Schweißbade verrichtet e«die schwerste Arbeit und ernährt sich mit der schlechtesten Kost,wie z. B. mit dem trockenen MaiSbrode, der wässerigen saureuKrautbrühe, der Zwiebel und der Brennessel. Der Bauer arbeitetsowohl bei Tag al« bei Nacht und öfter« hat er kein Brod,—denn nicht in seiner Macht liegt e«, regneu zu lassen oder nicht, undzu bestimmen, wie lange und io welchem Maße e« regnen soll, da«vermag er auch nicht. Er muß also manchmal da« Beste undLiebste verkaufen, um sich mit seiner Familie erhalten zu können.Wen» daher der Taglohu de« Volke« 5—6 europ. Piaster(eineuropäischer Piaster ca. 2 Silbergroscheu) beträgt, wie kann denn*) Ei» einfacher Bauer au» Temnitsch, Jagodmer Kreis.**) Mit drei Stimmen verworfe».Kriegimmister unter der Prästdeatschasi»»n Ristiez. Er hat a»der Staatskasse eine Defraudation von über 16,000 Dukate«»«übt.-ff) Moisie hat fich gleichfalls al»„Theiler" berüchtigt gemacht.