tationSmanöver zurück. Jetzt nun begegnen wir in den soeben veröffentlichten Bemerkungen der Ober-RechnungSkammer zur allgemeinen Rechnung über den Staatshaushalt des JahreS 1872 folgendem PasinS: Der Direktion der Berliner DiScontogefellschaft sind auf An- Weisung deS Herrn FiuanzministerS durch die Haupt- SeehandlungS- kasie aus den Beständen des vormaligen Staatsschatzes am 23. März 1872 drei Millionen Thaler darlchnSweife gegen 2'/« Prozent Zinsen gezahlt worden; letztere, und zwar von 2,300,000 Thlr. für die Zeit bi« zum IS., und von 200,000 Thlr. bis zum 17. Juni 1872, sind mit 17,676 Thlr. 12 Gr. in Ein- nähme nachgewiesen. Nach der seitens de« Herrn Finanzmiui- ster« gegebene» Erläuterung handelte e» sich im März 1872 darum, den Baarbestand de« vormaligen Staatsschatzes, der in Höhe von 26,632,000 Thlr. zur Einlösung der auf den 1. Juli 1872 geküudigten füllfprozentigeu Staatsanleihe vom Jahre 1859 bestimmt war, iu dieser Zwischenzeit möglichst nutzbar zu machen. Für ein DarlehnSgeschäft auf so kurze Zeit war in jener Zeit ein höherer Zinssatz al« Z3/, Proz. nicht zu erzielen. Nur zu diesem Zinssatz hat damals die DiScontogefellschaft zur Entnahme eine« Darlehn» au« der EtaatSkaffe sich bereit erklärt uud hätte der Verwaltung bei der damaligen Höhe der Bestände der General- Staatskasse nur erwünscht sein können, wenn noch weitere Summe» iu solcher Weise zeitweise hätten belegt werden können. Die hieran geknüpfte Frage, auf Grund welcher gesetzlichen Be- stimmung au« StaatSgelderu an Privatgesellschafte» eS überhaupt für zulässig erachtet werde obenein ohne genügende Sicherstellung Darlehne zu gewähren, ist von dem Herrn Fiuanzminister noch nicht beant- w ortet. Der Vorgang ist hier erwähnt worden, weil weiterhin darüber zu befinden sein wird, ob durch eine außeretatSmäßige Verwendung von StuatSgeldern von den Bestimmungen de« StaatShauShaltSetat abgewichen worden ist." So lautet wörtlich die Bemerkung der Oberrechnungskammer zu der betreffenden Position im Staatshaushalt pro 1372. Hier haben wir also Schwarz auf Weiß, daß aus dem Säckel der preußischen Steuerzahler StaatSgelder an Privatgesellschaften dargeliehen sind. Daß die Staatskasse, will man von der ge- ringen Verzinsung absehen, keinen materiellen Nachtheil dabei er- litten hat, weil da« Darlehen wieder bezahlt worden ist, fällt dabei «enig iu da« Gewicht; die Bemerkung der OberrechnuugSkammer, daß das Darlehn ohne genügende Sicherstellung gewährt worden, genügt, um hinlänglich zu erkennen, daß die DiSconto- gesellschaft sich in arger Verlegenheit befunden. Doch ist da«, wie gesagt, Nebensache. Die Hauptsache ist, daß eine Privat-Actien- gesellschaft vom Staat eine Subvention von mehren Millionen Th-lern erhalten, ohne daß die Volksvertretung dazu ihre Geneh- «igung ertheilt hat! Wie wird Hr. Camphaufen sich vor der letzteren rechtfertigen, und was werden unsere Volksvertreter zu der Finanzverwaltung sagen, die über deu Rahmen de« Gesetzes hinaus den Reichen mit Millionen beifpringt, während von den Armen und Bedrängten die NothstandSdarlehne durch den Executor eingetrieben werden? Und wa« werden unsrc Sozialdemokraten für ein Gesicht machen, wen» sie gewahren, daß nicht nur die Noten-Emission für die Reichen und Wohlhabende» vom Staat begünstigt, sondern auch die directe SiaatShilfe im eminentesten Sinne des Worte« auf Kosten der Aermste« im Staate solchen Leuteo gewährt wird, welche die Ausbeutung der Gesellschaft systematisch betreiben? Wußte denn Hr. Camphausen nicht, daß wir für die verzinsliche Veranlagung von StaatSgelderu die unter Staatsverwaltung stehende königliche Bank haben? War ihm denn nicht in den Sinn gekommen, daß da« SeehandluugS-Jnstitut, dessen Präsident ja Hr. Camphausen war uud durch dessen Vcrmittelung er da« Geschäft machen ließ, al« StaatSaustalt ganz eminent für solche Zwecke geeignet ist? Hrn. Miquel und Genoffen(ob auch Hrn. v. Bennigsen al« Concessionär der Hannover -Alteubekener Eisenbahn durch den behaupteten Ankauf der Aktien, ist noch nicht erwiesen) ist damals au« der Verlegenheit geholfen. In welche Verlegenheit müssen aber die Nationalliberalen kommen, daß unter ihrer Herrschaft solche Dinge möglich geworden sind, die man bis dahin im preußi­schen Staat nicht erlebt hat? Werden sie Hrn. Camphausen Indemnität ertheilen und die Ober-RechnungSkammer deSavouiren? Unmöglich wäre eS nicht; denn bei einem großen Theil der Ratio- nalliberalen gelte» infolge de« corrumpirenden Einflusses, welchen die vielfache Bctheiligung derselben an Gründungen aller Art auf ihre Ansichten geübt hat, die sogenannten höheren Rücksichten mehr al« die klaren Vorschriften des Gesetze« und die ersten Anfor- derungen der Gerechtigkeit. Wenn die letzteren die Grundlage der StaatSraison bildeten, dann hätten wir wenigsten« den sozialen Frieden; der Sozialismus der Gründer und ihrer Freunde aber bringt uns immer weiter ab von jenem Frieden, der eine Hauptbedingung für da» Aus- blühen unsrer Gewerbe und die Förderung de« allgemeinen Wohl- stände« ist." So dieStaatSbürgerzeitung". Was dieVolksvertretung" zu diesen Praktiken sagen wird? Nicht« keine Krähe hackt der andern die Augen au«. Und die Sozialdemokraten? Sie schrei- ben'SdemKlassenstaatunddembetr.Hrn. Praktikanten auf'S-Conto. Kusch! hat ER gesagt» und die kriegkläffende Meute Aegidi'S kuschte, so daßPfingsten un « zu einem FriedenSseste wurde". Der ER heißt aber nicht Bismarck , sondernVäterchen" Alexander, dem da« Sriegsühren noch nicht paßt. Als am 4. Dezember vorigen JahreS Jörg im Reichstag den neuen ER ankündigte, welches Hohngelächter der Nationalliberalen, welch spöttische, freilich schon relativ bescheidene Glossen Bismarck «! Und jetzt kusch! kusch!! Unglückliche Leute. Daß Fürst Bismarck vor Kull- männern keine ruhige Stunde hat, ist bekannt; jetzt erfahren wir, daß auch sein Amauuensis Falck(nach dem Sprüchwort: wie der Herr so der Knecht) sich von Attentätern bedroht sieht, und daß sogar König Wilhelm seine» Leben« nicht sicher sein soll. Und nicht besser ergeht's dembesten Freund" Alexander, der jetzt iu Berlin die gütige Vorsehung spielt. Wir lesen in den Zeitungen: Abgesehen von den zahlreichen Schutzleuten, die während der Anwesenheit de« Kaiser « von Rußland die GegendUnter den Linden " Patrouilliren oder da ausgestellt sind, wo der Monarch passtren muß, wird, wie diePost" berichtet, das Hotel der ruf- fischen Gesandtschaft persönlich von dem Polizeihauptmann Hoppe, 2 Polizeilieutenants, 2 Wachtmeistern, 2 Schutz- leuicn zu Fuß und 2 Berittenen beobachtet, außerdem sind täglich 60 70 Criminalbcamte in der Nähe des russischen KasserS in Bewegung, in dessen Gefolge sich 6 russische Cri- minalbeamte befinden." Wahrhaftig, eS ist zum Erbarmen! Und lebte jetzt Rousseau , er könnte mit größerem Recht al« vor 100 Jahren eine Epistel mit deu Worten beginnen:Wenn ich da« Unglück hätte Fürst zu sein."-- Freilich derRisirolohn" ist hoch. Geben ist seliger denn nehmen, sagt die Bibel. Da« evangelische Gewissen" sagt aber anders. Da lesen wir z. B. in derFrankfurter Zeitung " vom IS. d>: Schleswig , 12. Mai. Zu den mancherleiFriktionen", von denen der Fürst Bismarck heimgesucht wird, gehören bekanntlich auch seine Einschätzungen zu den verschiedenen Steuern. Oft wird er zu hoch eingeschätzt, dann remonstrirt resp. reklamirt er. Als ihm nach dem französischen Kriege die große Lauenburgische Do- mäne, der Sachsenwald» übereignet wurde, erzählten offiziöse Fe- dern, dieser Wald sei circa 1 Million Thaler werth, wogegen andere Angaben dahin gingen, daß der Werth nicht 1 Million Thaler, sondern 2'/,3 Millionen Thaler betrage. Nach der LdSztg. f. Schl.-Holst. nun hat die EinschätzunzSkommissiou für eine in Lauenburg zu entrichtende Steuer die Einnahme au« dem Sachsenwald auf jährlich 70,000 Thlr. geschätzt, und Fürst Bismarck sofort dagegen remonstrirt resp. reklamirt. Nach derselben Quelle soll die Kommission nicht ohne Weitere« auf die Remonstration einzugehen geneigt sein, weil der Fürst in einem Jahre für 90,000 Thlr. Holz aus den Waldungen ver­kauft habe. Ucber die endliche Erledigung dieser Friktionen werden die liberalen Blätter sicherlich besser unterrichtet sein." Unsere Leser werden sich über obige Correspondeziz nicht wun- dern. Fürst Bismarck hat schon häufize Proben seine« stark ent- wickelten EigenthumS- und Erwerbssinn«(der sich politisch al« AnnexionSstnn bcthätigt) abgelegt und damit sein Verstäadniß de« modernen bürgerlichen Geistes gezeigt. Die Herren Bourgeois wissen, warum sie den Mann verehren. Auch wir haben Respekt vor den bürgerlichen Talenten des genialen Fürsten, glauben auf diesem Gebiet sogar weit mehr an seine Genialität, al» aus politischem Gebiet doch, der Rest heißt Strasantrag des evau- gelischen Normalgewissen«.; Selbstmorde beim Militär. Nach dem amtlichen Gencralbericht für Monat März hat das deutsche Heer in dem einen Monat 199 Mann durch den Tod und darunter 19, in Buch- staben neunzehn Mann durch Selbstmord verloren. Da« ist ein Zehntel aller Todesfälle. Lungenschwindsucht uud Lungen- entzündung haben je 33, TyphuS 25 Opfer gefordert. Bei deu zum Tode führenden Krankheilen steht die Langenschwindsucht regel- mäßig voran, waS darauf schließen läßt, daß die Disposition zu dieser furchtbaren Krankyeit schon mitgebracht wird. E« beweist dies, daß die Aerzte bei Untersuchung der Militärpflichtigen viel- fach mehr Gewicht auf das Lob der Vorgesetzten legen, al« auf das Leben der ihnen anvertrauten Menschen. Nntionalliberale Culturblüthe. DaSLeipziger Tage- blatt" vom 13. d. enthält folgendesEingesandt": Wir können uns nicht versagen, ein am Dienstage hier in einer Privatschule vorgekommene«(wir möchten eS nennen) Wahl-Nebencuriofum mitzutheilen. In der gedachten Anstalt hatten sich nämlich die älteren Schüler in vernünftiger Weise nur zwei Parteien getheilt, wovon die eine für Goldschmidt, die andere für Bebel gestimmt war. Die zuerst in die Classe gekommenen Schüler gehörten der letzteren Fraktion au und hatten an die Tafel geschrieben:Wählt Bebel". Nachdem aber die Mitglieder der anveru Partei, welch: überwiegend mehr Anhänger zählte, die Oberhand gewonnen, wurde von ihr tabula rasa ge- macht und als wohlvertheidigtes Wahlplacat:Wählt Gold­schmidt" ausgestellt. Nun hatten sich zwei der stärkeren Schüler, von denen der eine rief:nur der Pöbel wählt Bebel", an die EingangSthür postirt und fragten jeden neu eintretenden Schüler: wen wählst Du?"; antwortete er:Golbschmidt", durfte er unbe- helligt passtren, sagte er aberCriegern", so erhielt er einen leichten Puff, entschied ein Schüler sich aber für Bebel, dann setzte e« einen starken Puff. Auch ein Z-ichen der Zeit!" Allerdings ein Zeichen der Zeit. Wie die Alten sungeu, so zwitschern auch die Jungen, sagt da« Sprichwort. Die Söhnchen der Herren Bourgeois und uur solche besuchen Privatschulen find gerade so roh, wie sie eS von ihren Herren Vätern und deren Zeitungen lernen. DaS Faustrecht ist ja da« letzte Wort der geistig und sittlich bankrotten Bourgeoisie, deren politische» Ideal sich in die Kürassierstiefel eine« hinterpommerschen Krautjunkers ge­flüchtet hat. Ein« aber mögen die Herren Bourgeois und Bour- geoissöhnchen sich merken: da« Faustrecht ist ein Knüppel, der um- gedreht werden kann, und obgleich die Sozialdemokraten als ge- bildete Leute, dem Faust- und Knüppelrecht nicht hold sind, so würden sie doch, wenn sie einmal dazu herabsteigen müßten, gewiß nicht zu kurz kommen. Die Leipziger NeichStagöwahl, ein Sieg der Sozisldemokratie. Die Leipziger Wahlschlacht ist vorbei, die sozialdemokratische Partei ist thatsäcklich unterlegen und doch ist, wie auch die Gegner sehr wohl fühlen*), diese Niederlage ein Sieg, ein größerer Sieg, als manch anderer positiver Wahlerfolg. Wer die inneren Verhältnisse Leipzig « kennt, wird das ohne Weitere« zugestehen. Es giebt wohl kaum eine zweite Stadt in Deutschland , in welcher die Bourgeoisie so vorherrscht wie in Leipzig . Ein ungemein zahlreicher Handelsstand, der eine Menge von Comptoiristen und Markthelfern beschäftigt, die in direktester Weise von ihren Prinzipalen beeinflußt werde» und, waS bisher alle ReichStagSwahlen bewiesen haben, in der großen Mehrzahl sich al«Stimmvieh" benutzen lassen; Kleinbürger, die ebenfalls zu einem großen Theil in direkter Abhängigkeit vom Handels- stände sich befinden, und bei politischen Akten ihreDankbarkeit" für die Arbeit, die sie von ihm erhalten, bethätigen müssen; eine mächtige gegnerische Presse, welche da« VerleumdungSgeschäft gegen die Sozialdemokratie mit wenig Skrupeln und vielem Eiser au«- übt; endlich die in der Stadt beschäftigten Lohnarbeiter meist von der Wahlschlacht ausgeschlossen, weil sie in den Dörfern vor der Stadt wohnen da« ist mit wenig Worten eine Kennzeichnung de« Bodens, auf dem die Leipziger Sozialdemokratie zu kämpfen hat. Bei der diesmaligen Wahl kamen noch einige bereit« in Nr. öl in dem Bericht unterLeipzig " erwähnten Umstände hinzu, welche al» ungünstige Momente für die Sozialdemokratie ange- sehen werden mußten, und deshalb einen bedeutenden Bruchtheil der Gesinnungsgenossen bestimmten, für die Wahlenthaltung in die Schranken zu treten. DaS Wahlresultat hat gezeigt, daß die Wahlenthaltung ein großer Fehler gewesen wäre, und eS muß al« ) DieNationalliberale Eorrespondenz" spricht offen von einemso- zialdcmokratischen Steg". ein B:w:iS guter Partfidiskiplia aaerkaaat w:rd:a, daß von dem Augenblicke an, wo beschlossen war in den Wahlkamof ein- zutreten, alle Patt-izenoss-n sich diesem Beschlüsse uaterordneten und ihre ganze Kraft für Erlangung eines möglichst günstigen Resultats einsetzten. Und welcher Art war diese» Resultat? Ein günstigeres, al« bei jeder früheren Wahl. Im Ganzen wurden 12,952 Sum­men abzezebea, also nur 3 Stimmen weniger als bei deu allgemeinen Wahlen de» vorigen Jahres. Bon diesen 12 952 Stim- men erhielt Bebel 4013, Dr. Golvschmidt, der national- liberale Candidat 8203, Herr von Criegern, der Caadidat der Coaservativen und Nltcamoatanen nur 731 Stimmen. Wenn trotz dieses handgreiflichen Erfolgs der Sozialdemo­kratie da«Leipziger Tageblatt " einen Siegeshymnu« anstimmt, indem e» schreibt:Diese« Resultat wir» nicht verfehlen, in den reichStreuen Kreisen de? deutschen Vaterlandes überall die freudigste Genugthuunz heroorjurufeu. Trotz der«ngeheuerftin Anstrenzungen hat die sozialdemokratisch: Partei nicht vermocht, den dritten Theil der abzezebenen Stimm-a auf ihren Candidaten zu vereinigen", so weiß Jedermann in Leipzig , daß diese» Stoßen in die große Posaune nur die allgemeine Niedergeschlagenheit ver- decken soll, welche da» Wahlresultat in den reichStreuen, nationalliberalen Kreisen hervorgerufen hat. Die.Deutsche Allg-m-inc Zeitung", wohl einsehend, daß die Bogel Strauß-PraxiS die drohende Gefahr nicht beseitigt, steht nicht an, im Gegensatz zumLeipziger Tageblatt " ihrer unanze- nehmen llebcrraschung über da«abermalige" WachStham der So- zialdemokcatie, da« sie nach deuhalb zaghasten" Erklärungen Bebel'« bei Gelegenheit der Frage, ob wählen oder nicht, nicht erwartet habe, unverhohlenen AuSoruck zu geben. Beiläufig be- merkt, war Bebel weder halb noch ganz zaghaft, das dürfte sein persönliche« Auftreten in der Wahlagitation iu unzweiselhafter Weise dargethau haben. Er beurtheilte die Verhältnisse auf Grund einer erst kurzen Anwesenheit, und erklärte sich sofort bereit die Candidatur anzunehmen und sein Möglichste» in dem Wahlkampfe zu thun, nachdem gewichtige Einwände seine Ansicht erschüttert, und die Majorität sich gegen dieselbe ausgesprochen. Aber eine bloße Darlegung der Zahlenverhältnisse der letzten Wahl genügt nicht, um den bedeutenden Erfolg der Sozial-De- mokcatie in'« rechte Licht zu setzen, und die gegnerische Presse wird sich hüten, diese SelbstoerurtheilungSarbeit vorzunehmen. Thuu wir sie also. Bei der diesmaligen Wahl wurden, wie bemzrkt, 12,952 Stimmen, bei der vorigen 12,955 Stimmen abgegeben. Bei der Wahl im Januar 1374 erhielt die nationalliberale Partei 9222 Stimmen, bei der diesmaligen 3203, st« hat at/'o eine« Fertnst von 1019 Stimme« ausjnmeise«. Die Sozialdemo- kraue erhielt 1374 3651 Stimmen, diesmal 4013, sie hat also einen Gewinn von 367 Stimmen. Die konservativ: Partei, die bei der vorletzten Wahl mit den Liberalen wählte, erhielt 731 Stimmen, die ebenfalls aus'«reichsfeindliche" Conto zu setzen sind. DaS Geschrei von demRückgang" der Sozialdemokratie stellt sich nicht blo» al« Lüge heraus, nein, die Sozialdemokratie hat einen Fortschritt aufzuweisen und die Gegnerschaft, die Bourgeoisie, ist eS, die in einer der bedeutendsten Domänen de» Nationalliberalismus einen ungemein empfindlichen Rückschlag zu verzeichnen hat. Die Leipziger Bourgeoisie hat am 10. Januar 1374 den Tag ihres höchsten Triumphe» gefeiert, indem sie auf ihren Candidaten 9222 Stimmen vereinigte. Sie ist seitdem im Rückgang be- griffen, und an der Sozialdemokratie ist c«, ihr möglichst bald ven Garau« zu machen. Hätte die Leipziger Bourgeoisie die Machtmittel, welche ihre soziale Stellung ihr in die Hand geben, nicht auch diesmal in der rücksichtslosesten Weise angewandt und den schwerste» Druck auf all- von ihr abhängigen Wähler au»- geübt, sie würde ohne Zweifel noch einige tausend Stimmen weniger gehabt haben und die Sozialdemokratie die gleiche Zahl mehr. Vielleicht wäre schon jetzt die Sozialdemokratie al« Siezerill au« der Urne hervorgegangen, wenn dieser TerroriSmu» nicht au«- geübt worden wäre. Hierzu ist noch in Rechnung zu stellen, daß wie früher so auch diesmal eine Menge Wähler nicht in de» Listen standen, wodurch der Sozialdemokratie sehr viele, den Gegnern nur wenige Stimmen verloren gingen; daß sich bei den Reserveübungen viele hundert wahlfähiger Männer befanden, die in der Mehrzahl sür die So- zialdemokcatie gestimmt hätten. Dann aber hat die Sozialdemo- kratie selbst keineswegs dieungeheuersten Anstrengungen" gemacht, wie da«Leipziger Tageblatt " ihr andichtet. Wir erkennen de» Opfermuth und die Rührigkeit unsrer Parteigenossen vollkommen an, aber unleugbar ist, daß in Bezug auf die so wichtige Beleh- runz der Wähler über die Ausübung de» Stimmrecht», in Bezug auf Maßnahmen gegen Beeinflussungen der Arbeiter durch ihre Prinzipale, wa« mit Leichtigkeit hätte geschehen können, so gut wie nichts geschehen ist, und diese Unterlassungssünde hat uns einige hundert Stimmen gekostet. Auch war die wirkliche Wahlazitations- zeit so kurz bemessen, daß in dem Moment, wo die Massen be- gannen in Fluß zu kommen, bereit» der Wahltag heraugekommea war; zwei oder drei Tage mehr Zeit' hätten uns einen großen Stimmenzuwachs eingebracht. Jndeß wir können mit dem Resultat sehr zuftiedeu sein, und diese Ansicht war die allgemeine in der am Wahltag Abend im Bellevue stattgehabten Zusammenkunst der Parteigenossen, wo man da? Wahlresultat entgegennahm. Allgemein war auch der Ent- schluß, daS gewonnene Resultat nach Kräften auszunutzen, in der Agitation nicht zu ermüden und namentlich durch umfassende Thätizkeit aus dem Gebiet der kommunalen Angelegenheiten dem Klcinbürgerthum zu beweisen, daß e« sein Interesse sei, Hand in Hand mit der Arbeiterklasse gegen die ausbeutende Macht de« Großkapitals anzukämpfen, und zwar auf sozialem, politischem und kommunalem Gebiete. Thatsache ist, daß viele Kleinbürger für die Sozialdemokratie stimmten, während nicht wenige Arbeiter feige und charakterlos genug waren, sich al« Stimmvieh der Bour- geoisie benutzen zu lassen. Noch nach einer andern Seite hin hat die diesmalige Leipziger ReichStagSwahl ihre Bedeutung. Bei der vorigen Wahl behaup- tete der Liberalismus, die 3651 sozialdemokratische Stimmen seien zum guten Theil der partikularistischen Partei zu verdanken, die mit der Sozialdemokratie gestimmt habe. Diesmal hatte diese Partei ihren eigenen Candidaten, und die 731 Stimmen, die sie inclusive der 32 ultramontanen Stimmen, die bei der vorigen Wahl auf einen nltramontanen Candidaten fielen, erhielt, beweisen, daß wenn die partikularistische Partei 1374 nnt irgend einer andern Partei stimmte, dies mit der nationalliberalen geschah. Die natio- nalliberale und die partikularistisch- ultramontane Partei zusammen- genommen, haben diesmal nicht die Stimmenzahl erreicht, die 1874 der nationalliberale Caadidat allein erhielt, sie bleiben noch um 283 dahinter zurück. Dagegen erhicli die sozialistische Partei, die sich durch ihre Redner in den Wählelversammlungen offen al«