verlangen auch die Zimmerer gleiche Ausbesserung, dann die Schneider, dann die Weber, dann die Schuster und andere Ge- werke, und so geht in Zeit von ein und zwei Jahren, wie wir'S erlebt haben, der Strike durch alle Gewerke. Mag dann auch durch freiwillige oder vereinbarte Unterstützung der Gewerke unter einander bei günstiger Zeitlage der Sieg errungen werden, so sind inzwischen die Bedarfsmittel theurer geworden, so daß kaum noch ein Erfolg de» StrikeS   zu verspüren ist. Hat aber durch eine Produktion, welche den faktischen Verbrauch übersteigt, der Fabri- kaut einigen Waarenvorrath, so werden schleunigst die mühsam er- ruugenen Arbeitslöhne herabgesetzt. Dann hungern entweder die Arbeiter bei der mageren Gewerk»-Unterstützung, während die Fabrikanten und Händler ihren Waarenvorrath zu theueren Preisen umsetzen, oder die Arbeiter unterwerfen sich von vorn herein den Arbeitsbedingungen, in jedem Falle bleibt die Fabrikanteuvereinigung der Herr, höchsten» daß sie sich auf einen Vergleich einläßt, weun sie vou vornherein wie ein Schacherjude unmögliche Bedingungen stellte, um später nachlassen zu könne». Nur ei» Mittel zum erfolgreichen Kampfe haben die Gewerke, die Gründung von Assoziationen, wie z. B. der allgemeine deutsche SchiffSzimmererverein sie in Memel   geschaffen(f.Volksstaat" Nr. 59, 60, 61); leider aber find die meisten Arbeiter außer Staude  , e» ihnen nachzumachen. Sehen wir doch au» jenem Be- richt, wie nur günstige Umstände nach schweren Entbehrungen hotz kameradschaftlicher Hülfe die Existenz der Genossenschaft er» möglichten. In den meiste» Fällen werden die Gewerkschaften sich mit kleinereu Aufgaben begnügen müssen. Sie werden durch statistische Fest- stellung der Arbeitsverhältnisse die Arbeiter über ihre eigene Lage aufklären; durch ArbeitSnachweifungSbureauS werden sie dem Einzelnen behülflich sein, ohne unnützen Zeit- und Geldverlust Arbeit zu findeu und zwar die Arbeit, welche sich noch am meisten lohnt; durch diese ArbeitSnachweifungSbureauS und durch Gründung von Ge- werkSkrankeukassen befteien sie die Arbeiter wenigstens theilweise au» der Gewalt ihrer Brodherreu; sie sind endlich ein Recht»- schutzverein, welcher die unzureichenden Gesetze zum Schutze des Lebens, der Gesundheit, des Lohnes und menschlicher Behandlung de» Arbeiters wenigsten» nach Möglichkeit auszunutzen versteht. Je mehr Arbeiter des Gewerbe» die Gewerkschaft umfaßt, um so besser wird sie den Einzelneu gegen Tyrannei und Vergewaltigung de« einzelnen Arbeitgeber« schützen, und ist zu diesem Zwecke eine Bereinigung der einzelnen Gewerkschaften unter einander, wie sie die Hirsch-Duncker'sche» Gewerkvereine haben, ganz unnütz, jede Gewerkschaft muß ihre Angelegenheiten frei und au» eigener Kraft ordnen. Gegen die Vergewaltigung der Arbeiter durch die ganze Capitalistenklasse aber, wie sie sich durch lange Arbeit und kurzen Lohn documeutirt, nützt weder Gewerkschaft, noch Gewerkoerein, am wenigsten natürlich jene Sorte von Gewerkvercinen, welche die Lüge von der Harmonie zwischen Arbeitgeber und Arbeit- «ehmer colportirt. Auf die Ohnmacht auch der bestorganisirten und bestgeleiteten Gewerkschaft in Bezug auf erhebliche und dauernde ArbeitSverkür- Sng und Lohnerhöhung sollte selbst bei der Agitation für die ewerkschaften der Arbeiter stets hingewiesen werden, damit nicht durch getäuschte Erwartung nach übertriebenen Hoffnungen der Ar- beiter muthlo» werde und der politischen Organisation der sozia- listischen Partei verloren gehe. II. Die politische Agitation ist die Hauptsache. Die Ar- beiter könnten durch ihre Menge die Macht im Staate haben, während sie ökonomisch gerade durch ihre Menge(durch die Menge der Magen und die Knappheit de» Geldbeutels) machtlos sind. Durch eiumüthige» energische« Vorgehe» erlangen sie die politische Macht. Räch den bestehenden Gesetzen freilich ist die Macht durch eine sozialistische Majorität im Reichstage eine zunächst werthlose, denn nur durch Billigung de»hohen" BundeSratheS, und in milltarüsSeiner Majestät" des Kaiser  », erlangen die ReichStagSbeschlüsse gesetzliche Wirksamkeit. Wenn z. B. der nächste ueugewählte Reichstag beschließen würde: der Arbeitstag für alle Arbeiten, welche nicht im Juteresse de» öffentlichen Wohles oder öffent- lichen Vergnügens zu anderer Zeit zu leisten sind, dauert Wochentags von früh 7 bis Abend« 5 Uhr(refp. von 64 Uhr) mit den je nach Schwere und GesundhcitSgefahr der Arbeiten abgemessenen Er- holungSpausen; Arbeitgeber und Arbeitnehmer, welche außer der gesetzlichen Zeit arbeiten lassen oder arbeiten, unterliegen, außer CoufiScation de« Arbeitsprodukte» und der Arbeitsmittel, den ge- setzlichen Strafen so scheint dieser Beschluß ein Schuß in» Blaue, deun unser BuudeSrath mit dem Reichskanzler an der Spitze braucht ihm seine Genehmigung nur zu versagen, und un- sere festgegliederte Polizeimacht braucht unsere Fabrikanten in ihrem Jesetzlichen Rechte nur zu schützen. Die Möglichkeit zu diesem Ver- alten von BuudeSrath, Capitalisteu und Polizei existirt allerdings, und sind ihnen hierbei nicht einmal die Gesetze im Wege; ob aber BuudeSrath, Capitalisteu und Polizei einem derartigen Majorität»- Beschlüsse die Ausführung versagen würden, da» käme doch erst «uf die Probe an. Um die Probe zu machen, genügen freilich nicht ca. 400,000 Stimmen, wie bei der vorigen ReichStagSwahl, obwohl der Umstand, daß zum Stimmen Männer gehören, die ihrer Stimme in allen Cousequenzen treu bleiben, sehr in« Ge- wicht fällt. Hente find noch die Herren Camphausen und Achenbach das Echo der Bourgeoispartei Deutschlands  :Deutschland   muß lernen billiger produciren, der Arbeiter muß bei geringerem Lohn mehr arbeiten." Wohlan! agitiren wir fleißig und in der rechten Weise, damit wir bald Minister erhalten, welche da« Echo der fozialisti- scheu Arbeiterpartei DentschlandS sind, welche die Forderungen unseres Programms zu verwirklichen mit Energie in Angriff nehmen. III. Die sozialistische Arbeiterpartei Deutschland  » hat mit Recht eine einheitliche Organisation, damit durch Cougrcsse ein einheitliche», sich fortentwickelnde» Programm festgestellt werde, da- mit durch die Parteibehördeu und Parteipreffe einheitliche Agita- tio» und einheitliches Borgeheu in jeder Parteisache veranlaßt und vermittelt werde; diese einheitliche Organisation gestattet aber »ach den zur Zeit bestehenden Gesetzen nicht eine Theilung in ein- 6 lue örtlich abgeschlossene Sectionen. Die sozialistisch gesinnten rbeiter(da« Wort im allgemeinsten Sinne, auch die sogenannten Geistesarbeiter umfassend) eines Ortes oder kleineren Bezirke« haben indessen so viel Interessen gemeinsam, daß ihnen die vor- übergehende Vereinigung und Besprechung in einzelnen VolkSver- sammlungen nicht genügen kann; e» ist daher nothweudig, daß ganz unabhängig von der allgemeinen Partei-Organisation Mit- glieder, welche auch sür örtliche Zwecke ein Interesse haben, feste örtliche Bereinigungen gründen. Diese örtlichen Organisationen werden sich am besten nach den Wahlkreisen zum Reichstage ab- grenzen. Die Agitation sür Durchdringung sozialistischer Candi- daten ist schon, abgesehen vom schließlichen Erfolge, unter de» jetzigen ungünstigen Verein«- und Preßgesetzen und bei den Be- strebungen vieler Fabrikanten, die Arbeiter von der Wahlurne fern- zuhalten, eine Uebung und ein Gradmesser der wachsenden Macht der Sozialisten. Größere Bezirke als die ReichStagSwahlbezirke zu bilden, wird wohl durchweg unpraktisch sein. Auch für Städte wie Berlin   empfiehlt sich wegen der Ausdehnung der Stadt die Theilung in die entsprechenden Bezirke; kleinere Bezirke zu bilden, kann durch örtliche Verhältnisse geboten erscheinen. Diese örtliche» Vereine«erden je nach Stärke der sozialistisch gesinnten Elemente und je nach anderen örtlichen Verhältnissen ein sehr verschiedene« AnSsehen gewinnen, überall werden sie den Ver- einSgenossen in öffentlichen und Mitglieder- Versammlungen Ge- legenheit zur Agitation und zum Meinungsaustausch bieten. Außer- dem werden sie an dem einen Orte Einfluß gewinnen auf die Verwaltung städtischer oder ländlicher Angelege»heiten. Am anderen Orte werden sie einen Consumverein gründen; der wird freilich nicht die Arbeiternoth beseitigen, aber weshalb sollen die Arbeiter ihre Lebensmittel und sonstigen Bedürfnisse theurer bezahlen al« die Reichen, welche bei größeren Einkäufen leicht S oder 10 pCt. Rabatt erhalten? und weshalb solle» die Arbeiter mehr al» nöthig ist, Kaufleute ernähren, welche, wo sie nur können, gegen die Sozialisten austrete»? Thatsächlich giebt e« bereit» in Hauptorten der sozialistischen   Bewegung vo» Sozialdemokraten gegründete und geleitete blühende Confumvereine. Am dritten Orte stellen die Vereine einen Arzt an, am vierten Orte gründen sie eine locale Zeitung, am fünften und sechsten geschieht alle« zusammen und so überall da», wozu Bedürfniß und Möglichkeit vorhanden ist. Wir fürchten nicht, daß durch solch' Streben nach kleinen Bortheilen die Agitation für die schließlich allein Hülfteiche politische Organi- sation Schaden leide. Die sozialistischen   Arbeiter trage» da« Be­wußtsein vo» dem Recht ans den vollen Arbeitsertrag viel zu lebhaft in sich, um mit den Brosamen, die sie durch solch' örtliche Selbsthülfe erlangen können, zufrieden zu sein und ihre Ueber- zeuguug von der Nothwendigkeit einer gründlichen sozialen Refor- mation durch den freien Volksstaat wird, wie bisher, sich immer weiteren Kreisen mittheilen, und zwar um so rascher, je manich- faltiger die Beziehungen sind, welche die Sozialisten mit den gleichgültigeren Schichten der Arbeiterwelt verknüpfen. Nothweudig ist nur, daß gerade so wie die Agitation sich hüten muß, von der gewerkschaftlichen Organisation goldene Berge z« versprechen, sie auch den gelegentlichen örtlichen Unternehmungen der Vereine von vornherein nur nebensächlichen Werth beilegen darf. Unter diesen Voraussetzungen wird uns die Manichsaltigkeit unserer Bestre- buugen nur fördern, so daß wir bei der nächsten ReichStagSwahl die zehnfache Stimmenzahl haben, und für jede Stimme auch ein ganzer Mann, ein echter Sozialist mit seiner ganzen Kraft einsteht. Wieder Herr Camphause«. Gewisse in das Jahr 1874 fallende Finanzoperationen der preußischen Seehandlung(Ausleihen von StaatSgelderu an eine Privatbank ohne genügende Sicherheit StaatShülfe für die Bourgeoisie) hatten die OberrcchnungSkammer zu einer Rüge veranlaßt. Die Sache kam vor da» preußische Abgeordnetenhaus und führte am 10. d. MtS. zu einer sehr lehrreichen Debatte, welche dem Finanzmiuister Camphaufen Gelegeuheit gab, sich aber- malS   auszuzeichnen. Die Finanzkommission deS Abgeordneteu- hauseS brachte nachstehenden Antrag ein: Nachdem der Herr Finanzminister erklärt hat, daß die Unter- lassung der Sicherstellung de« Darlehens feiten» der Seehandlung auf einem Jrrthum beruht hat, und in Erwägung de« Umstände«, daß e» an gesetzlichen Bestimmungen über die zeitweilige zinsbare Anlegung disponibler StaatSgelder mangelt, über das Monitum der Oberrechnungskammer Hinwegzogehe», dagegen die kgl. Staat»- regierung wiederholt aufzufordern, in der nächsten Session einen Gesetzentwurs, betr. die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben de« Staats(Etatsgesetz), dem Landtage zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme vorzulegen." Der Abgeordnete v. Kardorff, zur konservativen Grund- besitz»-Partei gehörend, ergriff da» Wort, indem er seineu Tadel gegen da» bisherige Ausleihen d» StaatSgelder zu so ungemein niedrigem Zinsfüße aussprach. Er erklärte:Ich bin entschieden gegen daS Fortbestehen der Seehandlung. Einen Hauptnachtheil finde ich darin, daß die Seehandlung gewissnmaßen al« Firma und Aushängeschild benutzt wird von gewissen Bankfirme», um ihre Projekte durchzuführen, von denen sie dann ihrnjeit» einen größeren Nutzen ziehen al« die Seehandlung selbst. Ein weiter» Nachtheil liegt auch darin, daß die Seehandlung gezwungen ist, al» Bankinstitut Geschäfte zu machen, die sich mit der Würde eine« Staatsinstituts nicht verttagen. Endlich ab» meine ich, daß da» Fortbestehen der Seehandlung den Geld- und Geschäftsverkehr i» einer ungerechtfertigten Weise durchkreuzt. Nachdem ma» die Milliarden Frankreichs   erhalten hat, liegt der Handelsverkehr in einer Weise darnieder, wie nicht seit den Kriegen von 1813 und 15. Man arbeitet mit einer fortdaunnden, heute noch immer wachsenden Unterbilanz(ungünstige Handelsbilanz, im Verhältniß zur Einfuhr abnehmende Ausfuhr), während Fraukreich umgekehrt bei dem entgegengesetzten wirthschastlichen System, welches es verfolgt, sich mit der größten Elastizität emporgnafft hat und da« Vntrauen dort in größirem Maße �wiedergekehrt ist, als bei un». ES ist die» eine Kette schwerer wissenschaftlich» Berirrungeu, welche un» zu diesen Zustande geführt haben, und als deren intellektuellen Ur- heb» betrachte ich allerdings zum Theil den Finauzminist«. Dem Anttage der Commission werde ich nicht zustimmen. Ich behalte mir dagegen vor, in der nächsten Session einen Antrag auf Auf- Hebung der Seehandlung zu stellen, und hoffe, daß mich da« HauS darin unterstützen wird." D» Finanzminister Campha»sen erwiderte:D» Vorredner ist der Ansicht, daß die Hergabe von Geldern, die dem Staate angehören, zu einem niedrigen Zinsfüße die ganze Baakpolitik durchkreuzen könne, und meint, daß ich bei B»athung de» Bank- gesetzes im Reichstage der Bank eine» Vorwurf gemacht habe, d» mit«»doppelter Gewalt den Staat, refp. die Seehandlung, treffen würde. E« kann sich da» nur auf eine Aeußerung in mein» Rede vom 18. November v. I. beziehen» welche wörtlich also lautet:Wir wirken darauf hin, daß die Bank selbst sich bemühe, Geld an sich zu ziehen, und nicht zu dem leichten AuSkuuftSmittel der Notenfabrilatton zu greise». Die Möglichkeit, zu diesem Au»- kuuftSmittel stet« greifen zu können» hat selbst eine so solid ver- waltete Bank, wie die preußische Hauptbank, wie ich glaube, iu große Jrrthümer geführt, so daß die Masse d» ungedeckten Noten von Jahr zu Jahr in ihrem Umfange gestiegen ist." Nu» frage ich, ist diese Aeußerung irgendwie in einen Zusammenhang zu bringen mit der Frage, zu welchem Zinsfuß in ein» gegebenen Zeit Geld herbeizuleihen ist? Bei der ganzen Verhandlung habe ich zwar nicht diejenige Solidität angestrebt, die bei der großen englischen   Bank Tag für Tag geübt wird; aber doch anuäherung»- weise eine solche. Und, meine Herren, kommt eS denn der eng- lischen Bank jemals in den Sinn, daß man Geld nicht sollte zu niedrigen Prozenten hergeben dürfen? Auf die Behauptung, daß die Operationen der Bank im März 137S dazu beigetragen haben, eine allzu ausgedehnte Circulation der Geldmittel herbeizuführen, will ich anführen, daß, während man jetzt allgemein der Ansicht ist, die Kapitalien der Bank seien jetzt außerordentlich wenig in Anspruch genommen, iu diesem Augenblicke die Bankanlage be- trächtlich höher ist, als sie im März 1872 war. Der Vorredner meinte sodann, die Seehandlung betheilige sich an Gründungen und schraube dadurch den Kur« hinauf. Wie ist den« da» Ver- hältniß? Die Seehandlung ist ein mit großer Umsicht seit langen Jahren geleitete« Institut, da« sich nur auf ganz sichere Unter- nehmungen einläßt. In Folge dessen sagt sich da» Publikum, so- bald die Seehandlung sich an einem Unternehmen betheiligt: die Sache ist eine gute und solide, die den Preis werth ist. den man verlangt. Ich bin endlich vom Vorredner als intellektueller Ur- Heber unserer ganzen WirthschaftSpvlitik bezeichnet worden. Die» Lob oder diesen Tadel für mich in Anspruch zu nehmen, kann ich doch meinem Freunde Delbrück   gegenüber nicht verantworten. Die Vorstellung übrigens, daß etwa Deutschland   allein von den Folgen der Ueberspekulation bettoffen würde, die sich entwickelt hat nach dem Abschlüsse de» letzten Kriege«, der auf lange Jahre hinaus Europa   den Frieden zu sichern schien(?), die Vorstellung, daß sich diese KrisiS auf Deutschland   beschränkt habe, ist eine durchaus irrige. Wenn gegenwärtig Deutschlaads Eisenindustrie krankt, so bedarf e« nur ein» kurzen Reise nach Belgien   und England, einer größereu nach Am»ika, um sich zu überzeugen, daß mau dort ganz an denselben Folgen leidet, und da« ist einzig und allein die Folge der Ueberspeknlatton, die Folge davon, daß sich die Fabrikation»- stätten darauf eingerichtet haben, mehr Waare zu erzeugen, al« d» Komsum bedarf. Daß Deutschland   in dieser Hinsicht am meisten zu leiden habe, glaube ich nicht. Wie ist cS aber möglich, daß ein Mann, der so viel im Leben sich umsteht, wie ich die« von dem Vorredner voraussetze, den Satz ausstellen kann, unsere wirthschastlichen Verhältnisse wären mehr zerrüttet, als sie jemals seit dem Kriege von 1813 gewesen wären? Wer einen Blick für die thatsächliche» Zustände hat, kann Der denn nur einen Augen- blick vergessen und die Thatsache übersehen, wie außerordentlich günstig sich die Verhältnisse für die untersten, ärmsten Schichten der Bevölkerung gestaltet haben, kann der über- sehen, daß die Löhne zum Theil ganz rapid und in un- verhältnißmäßiger(?) Weise in die Höhe gegangen waren, daß sie seitdem allerdings einen mäßige»(!!) Rückgang er­litten, daß sie sich ab» jetzt auf einem Stande erhalten, den sie niemals früher gehabt haben. Ich bin der Meinung und d» Ueberzeugung, daß die unterste Schicht der Bevöl- kerung, daß die handarbeitende Klasse iu unserem Laude aus die Dauer noch niemals in einer so günstigen Lage(!!!) ge- wesen ist, al« sie sich gegenwärtig befindet/ Nachdem noch der Abg. v. Bend» gesprochen, bemerkte hi»- auf nachträglich v. Kardorff:Ich habe all»dings Bedenke» gettagen, mit Ausführungen über unsere gesammte wirthschaftliche Lage so spät aufzutreten; ich hielt e« aber für nothwendig, vor dem Lande zu erkläre«, daß wenigsten« einige Leute sich um diese Fragen bekümmern. Die KrisiS, in der wir un« besindeu, hat ihren Höhepunkt noch nicht erreicht, und He» v. Beuda kennt die Verhältnisse nicht genau, wenn er behauptet, ich habe mit zu düster« Farben gemalt. Ich bestreite, daß die unteren Schichten der Bevölkerung sich nie in besserer Lage befunden haben, zumal auch auf den fiskalischen Werken die Löhne herabgesetzt worden sind, von unserer Eisenindustrie habe ich gar nicht gesprochen; ich will aber hierbei bemerken, daß unsere Textilindustrie viel mehr darnicderliegt, al« die Eisenindustrie." Damit war der Gegenstand für da» Abgeordnetenhaus er- ledizt. Der Standpuntt de» Herrn v. Kardorff ist natürlich nicht der unfrige. Aber mögen seine Mottve sein, welche sie wollen, darin hat er recht, daß die wirthschaftliche Lage Preußens und Deutschlands   überhaupt eine höchst ungünstige ist, und daß da» herrschende System hieran die Schuld ttägt. Freilich nicht bloß ein Theil diese« System», die Freihandelspolitik, wie» vermeiut, sondern da» System der herrschenden Bourgeois-Oekonomie in seiner Gesammtheit. Jedenfalls aber hat He» Camphausen, indem er behauptet,die handarbeitende Klasse sei noch niemals in einer so günstigen Lage gewesen, al« sie sich gegenwärtig be- findet," eine Unwahrheit ausgesprochen, wie sie gröber nicht ge- dacht werden kann. Und wen» wir uns in« Gedächtniß zurück­rufen, daß die» die« derselbe Herr Camphausen ist, der zu Ansaug de» Jahre» amtlich die Thatsache veröffentlichte, daß sechs und eine Biertelmillion steuerpflichtiger Preußen ein Jahre« Einkommen von weniger als 140 Thalcru haben, also dem Proletariat angehören, dann muß da« WortUnwahr- heit" un«»och als zu mild erscheinen. Abgesehen von einigen Ausrufen de» Zweifel«" und dem schwachen Protest Kardorff», nahm da« Abgeordnetenhaus diese kolossale WahrheitSver- drehuug ruhig hin. Das arbeitende Volk möge e» sich merken. So redet ein Vertteter der Regierung, und Solche» dulden die Vertret» de« Volk«"! Politische Uebersicht. Neue Steuern in Sicht; neue ReaktiouSmaßregelu iu Sicht; eine kleine Rebellion unter den kleineu Bundesregierungen, denen dieHerrlichkeit" zu theuer wird und die dengenialen" Staatsmann in der, sein« Zeit vom bösen Jörg in jener famosen ReichStagSfitzuog vom 4. Dezember befürworteten Weiseunter Curatel" nehmen wollen; dergeniale Staatsmann" selbst auf«nbe- stimmte Zeit in Urlaub, um sich von seinen neuesten Heldeuthate« zu erholen und Arm in Arm mit seinem tteuen Wagener über den Undank d» Welt zu philosophire» da« ist, nebst d« jüng- sten Camphauseuiade, über die wir an ander» Stelle bnichteu, so ziemlich da» Einzige, wa« au« dem Reich der Gottesfurcht und frommen Sitte zu melden wäre der obligaten Säbelaffaire», Soldatenmißhandlungen, Soldatenselbstmorde, Polizeistückchen, Bis- marckbeleidigunge» und sonstiger»berechtigtigten Eizcnthümlich- ketten" d»BiSmarck'schen Schöpfung" nicht zu erwähnen. Zur BrntalitätSstatistik schreibt dieSang»häuser Zeitung" vom 10. d. M.: Sangerhausen  , 9. Juni. Heute erschien in uns«» Ex- pedition ein Mädchen, um eine Ausforderung an ihre bisherig« Dienstherrschaft ergehen z« lasse». Jndeß verschwieg sie hartnäckig den Namen der letzteren, welche e« wohl verdiente, bekannt z« werden. Wir bringen die betreffende Annonce an dieser Stell«, «eil wir der Ansicht sind, daß e« Angesicht» der neuerdings is erschreckend» Weise überhandnehmenden gesetzwidrigen Exeesse in den niederen BcvölkerungSklassen von der übelsten Wirkunz aus die Moral derselben sein muß, wenn ihnen die sogen, bessere? Stände darin mit einem bösen Beispiele vorangehen. Die Anst forderung lautet: