verlangen auch die Zimmerer gleiche Ausbesserung, dann dieSchneider, dann die Weber, dann die Schuster und andere Ge-werke, und so geht in Zeit von ein und zwei Jahren, wie wir'Serlebt haben, der Strike durch alle Gewerke. Mag dann auchdurch freiwillige oder vereinbarte Unterstützung der Gewerke untereinander bei günstiger Zeitlage der Sieg errungen werden, so sindinzwischen die Bedarfsmittel theurer geworden, so daß kaum nochein Erfolg de» StrikeS zu verspüren ist. Hat aber durch eineProduktion, welche den faktischen Verbrauch übersteigt, der Fabri-kaut einigen Waarenvorrath, so werden schleunigst die mühsam er-ruugenen Arbeitslöhne herabgesetzt. Dann hungern entweder dieArbeiter bei der mageren Gewerk»-Unterstützung, während dieFabrikanten und Händler ihren Waarenvorrath zu theueren Preisenumsetzen, oder die Arbeiter unterwerfen sich von vorn herein denArbeitsbedingungen, in jedem Falle bleibt die Fabrikanteuvereinigungder Herr, höchsten» daß sie sich auf einen Vergleich einläßt, weunsie vou vornherein wie ein Schacherjude unmögliche Bedingungenstellte, um später nachlassen zu könne».Nur ei» Mittel zum erfolgreichen Kampfe haben die Gewerke,die Gründung von Assoziationen, wie z. B. der allgemeine deutscheSchiffSzimmererverein sie in Memel geschaffen(f.„Volksstaat"Nr. 59, 60, 61); leider aber find die meisten Arbeiter außerStaude, e» ihnen nachzumachen. Sehen wir doch au» jenem Be-richt, wie nur günstige Umstände nach schweren Entbehrungen hotzkameradschaftlicher Hülfe die Existenz der Genossenschaft er»möglichten.In den meiste» Fällen werden die Gewerkschaften sich mit kleinereuAufgaben begnügen müssen. Sie werden durch statistische Fest-stellung der Arbeitsverhältnisse die Arbeiter über ihre eigene Lageaufklären; durch ArbeitSnachweifungSbureauS werden sie dem Einzelnenbehülflich sein, ohne unnützen Zeit- und Geldverlust Arbeit zu findeuund zwar die Arbeit, welche sich noch am meisten lohnt; durchdiese ArbeitSnachweifungSbureauS und durch Gründung von Ge-werkSkrankeukassen befteien sie die Arbeiter wenigstens theilweiseau» der Gewalt ihrer Brodherreu; sie sind endlich ein Recht»-schutzverein, welcher die unzureichenden Gesetze zum Schutze desLebens, der Gesundheit, des Lohnes und menschlicher Behandlungde» Arbeiters wenigsten» nach Möglichkeit auszunutzen versteht.Je mehr Arbeiter des Gewerbe» die Gewerkschaft umfaßt, um sobesser wird sie den Einzelneu gegen Tyrannei und Vergewaltigungde« einzelnen Arbeitgeber« schützen, und ist zu diesem Zwecke eineBereinigung der einzelnen Gewerkschaften unter einander, wie siedie Hirsch-Duncker'sche» Gewerkvereine haben, ganz unnütz, jedeGewerkschaft muß ihre Angelegenheiten frei und au» eigener Kraftordnen. Gegen die Vergewaltigung der Arbeiter durch die ganzeCapitalistenklasse aber, wie sie sich durch lange Arbeit und kurzenLohn documeutirt, nützt weder Gewerkschaft, noch Gewerkoerein,am wenigsten natürlich jene Sorte von Gewerkvercinen, welchedie Lüge von der Harmonie zwischen Arbeitgeber und Arbeit-«ehmer colportirt.Auf die Ohnmacht auch der bestorganisirten und bestgeleitetenGewerkschaft in Bezug auf erhebliche und dauernde ArbeitSverkür-Sng und Lohnerhöhung sollte selbst bei der Agitation für dieewerkschaften der Arbeiter stets hingewiesen werden, damit nichtdurch getäuschte Erwartung nach übertriebenen Hoffnungen der Ar-beiter muthlo» werde und der politischen Organisation der sozia-listischen Partei verloren gehe.II. Die politische Agitation ist die Hauptsache. Die Ar-beiter könnten durch ihre Menge die Macht im Staate haben,während sie ökonomisch gerade durch ihre Menge(durch die Mengeder Magen und die Knappheit de» Geldbeutels) machtlos sind.Durch eiumüthige» energische« Vorgehe» erlangen sie die politischeMacht. Räch den bestehenden Gesetzen freilich ist die Machtdurch eine sozialistische Majorität im Reichstage eine zunächstwerthlose, denn nur durch Billigung de»„hohen" BundeSratheS,und in milltarüs„Seiner Majestät" des Kaiser», erlangen dieReichStagSbeschlüsse gesetzliche Wirksamkeit. Wenn z. B. der nächsteueugewählte Reichstag beschließen würde: der Arbeitstag für alleArbeiten, welche nicht im Juteresse de» öffentlichen Wohles oder öffent-lichen Vergnügens zu anderer Zeit zu leisten sind, dauert Wochentags vonfrüh 7 bis Abend« 5 Uhr(refp. von 6—4 Uhr) mit den je nachSchwere und GesundhcitSgefahr der Arbeiten abgemessenen Er-holungSpausen; Arbeitgeber und Arbeitnehmer, welche außer dergesetzlichen Zeit arbeiten lassen oder arbeiten, unterliegen, außerCoufiScation de« Arbeitsprodukte» und der Arbeitsmittel, den ge-setzlichen Strafen— so scheint dieser Beschluß ein Schuß in»Blaue, deun unser BuudeSrath mit dem Reichskanzler an derSpitze braucht ihm seine Genehmigung nur zu versagen, und un-sere festgegliederte Polizeimacht braucht unsere Fabrikanten in ihremJesetzlichen Rechte nur zu schützen. Die Möglichkeit zu diesem Ver-alten von BuudeSrath, Capitalisteu und Polizei existirt allerdings,und sind ihnen hierbei nicht einmal die Gesetze im Wege; ob aberBuudeSrath, Capitalisteu und Polizei einem derartigen Majorität»-Beschlüsse die Ausführung versagen würden, da» käme doch erst«uf die Probe an. Um die Probe zu machen, genügen freilichnicht ca. 400,000 Stimmen, wie bei der vorigen ReichStagSwahl,obwohl der Umstand, daß zum Stimmen Männer gehören, dieihrer Stimme in allen Cousequenzen treu bleiben, sehr in« Ge-wicht fällt.Hente find noch die Herren Camphausen und Achenbach dasEcho der Bourgeoispartei Deutschlands:„Deutschland muß lernenbilliger produciren, der Arbeiter muß bei geringerem Lohn mehrarbeiten." Wohlan! agitiren wir fleißig und in der rechten Weise,damit wir bald Minister erhalten, welche da« Echo der fozialisti-scheu Arbeiterpartei DentschlandS sind, welche die Forderungenunseres Programms zu verwirklichen mit Energie in Angriffnehmen.III. Die sozialistische Arbeiterpartei Deutschland» hat mitRecht eine einheitliche Organisation, damit durch Cougrcsse eineinheitliche», sich fortentwickelnde» Programm festgestellt werde, da-mit durch die Parteibehördeu und Parteipreffe einheitliche Agita-tio» und einheitliches Borgeheu in jeder Parteisache veranlaßtund vermittelt werde; diese einheitliche Organisation gestattet aber»ach den zur Zeit bestehenden Gesetzen nicht eine Theilung in ein-6 lue örtlich abgeschlossene Sectionen. Die sozialistisch gesinntenrbeiter(da« Wort im allgemeinsten Sinne, auch die sogenanntenGeistesarbeiter umfassend) eines Ortes oder kleineren Bezirke«haben indessen so viel Interessen gemeinsam, daß ihnen die vor-übergehende Vereinigung und Besprechung in einzelnen VolkSver-sammlungen nicht genügen kann; e» ist daher nothweudig, daßganz unabhängig von der allgemeinen Partei-Organisation Mit-glieder, welche auch sür örtliche Zwecke ein Interesse haben, festeörtliche Bereinigungen gründen. Diese örtlichen Organisationenwerden sich am besten nach den Wahlkreisen zum Reichstage ab-grenzen. Die Agitation sür Durchdringung sozialistischer Candi-daten ist schon, abgesehen vom schließlichen Erfolge, unter de»jetzigen ungünstigen Verein«- und Preßgesetzen und bei den Be-strebungen vieler Fabrikanten, die Arbeiter von der Wahlurne fern-zuhalten, eine Uebung und ein Gradmesser der wachsenden Machtder Sozialisten. Größere Bezirke als die ReichStagSwahlbezirkezu bilden, wird wohl durchweg unpraktisch sein. Auch für Städtewie Berlin empfiehlt sich wegen der Ausdehnung der Stadt dieTheilung in die entsprechenden Bezirke; kleinere Bezirke zubilden, kann durch örtliche Verhältnisse geboten erscheinen.Diese örtliche» Vereine«erden je nach Stärke der sozialistischgesinnten Elemente und je nach anderen örtlichen Verhältnissen einsehr verschiedene« AnSsehen gewinnen, überall werden sie den Ver-einSgenossen in öffentlichen und Mitglieder- Versammlungen Ge-legenheit zur Agitation und zum Meinungsaustausch bieten. Außer-dem werden sie an dem einen Orte Einfluß gewinnen auf dieVerwaltung städtischer oder ländlicher Angelege»heiten. Am anderenOrte werden sie einen Consumverein gründen; der wird freilichnicht die Arbeiternoth beseitigen, aber weshalb sollen die Arbeiterihre Lebensmittel und sonstigen Bedürfnisse theurer bezahlen al«die Reichen, welche bei größeren Einkäufen leicht S oder 10 pCt.Rabatt erhalten? und weshalb solle» die Arbeiter mehr al» nöthigist, Kaufleute ernähren, welche, wo sie nur können, gegen dieSozialisten austrete»? Thatsächlich giebt e« bereit» in Hauptortender sozialistischen Bewegung vo» Sozialdemokraten gegründete undgeleitete blühende Confumvereine. Am dritten Orte stellen dieVereine einen Arzt an, am vierten Orte gründen sie eine localeZeitung, am fünften und sechsten geschieht alle« zusammen undso überall da», wozu Bedürfniß und Möglichkeit vorhanden ist.Wir fürchten nicht, daß durch solch' Streben nach kleinen Bortheilendie Agitation für die schließlich allein Hülfteiche politische Organi-sation Schaden leide. Die sozialistischen Arbeiter trage» da« Bewußtsein vo» dem Recht ans den vollen Arbeitsertrag viel zulebhaft in sich, um mit den Brosamen, die sie durch solch' örtlicheSelbsthülfe erlangen können, zufrieden zu sein und ihre Ueber-zeuguug von der Nothwendigkeit einer gründlichen sozialen Refor-mation durch den freien Volksstaat wird, wie bisher, sich immerweiteren Kreisen mittheilen, und zwar um so rascher, je manich-faltiger die Beziehungen sind, welche die Sozialisten mit dengleichgültigeren Schichten der Arbeiterwelt verknüpfen. Nothweudigist nur, daß gerade so wie die Agitation sich hüten muß, von dergewerkschaftlichen Organisation goldene Berge z« versprechen, sieauch den gelegentlichen örtlichen Unternehmungen der Vereine vonvornherein nur nebensächlichen Werth beilegen darf. Unter diesenVoraussetzungen wird uns die Manichsaltigkeit unserer Bestre-buugen nur fördern, so daß wir bei der nächsten ReichStagSwahldie zehnfache Stimmenzahl haben, und für jede Stimme auch einganzer Mann, ein echter Sozialist mit seiner ganzen Krafteinsteht.—Wieder Herr Camphause«. �Gewisse in das Jahr 1874 fallende Finanzoperationen derpreußischen Seehandlung(Ausleihen von StaatSgelderu an einePrivatbank ohne genügende Sicherheit— StaatShülfe für dieBourgeoisie) hatten die OberrcchnungSkammer zu einer Rügeveranlaßt. Die Sache kam vor da» preußische Abgeordnetenhausund führte am 10. d. MtS. zu einer sehr lehrreichen Debatte,welche dem Finanzmiuister Camphaufen Gelegeuheit gab, sich aber-malS auszuzeichnen. Die Finanzkommission deS Abgeordneteu-hauseS brachte nachstehenden Antrag ein:„Nachdem der Herr Finanzminister erklärt hat, daß die Unter-lassung der Sicherstellung de« Darlehens feiten» der Seehandlungauf einem Jrrthum beruht hat, und in Erwägung de« Umstände«,daß e» an gesetzlichen Bestimmungen über die zeitweilige zinsbareAnlegung disponibler StaatSgelder mangelt, über das Monitumder Oberrechnungskammer Hinwegzogehe», dagegen die kgl. Staat»-regierung wiederholt aufzufordern, in der nächsten Session einenGesetzentwurs, betr. die Verwaltung der Einnahmen und Ausgabende« Staats(Etatsgesetz), dem Landtage zur verfassungsmäßigenBeschlußnahme vorzulegen."Der Abgeordnete v. Kardorff, zur konservativen Grund-besitz»-Partei gehörend, ergriff da» Wort, indem er seineu Tadelgegen da» bisherige Ausleihen d» StaatSgelder zu so ungemeinniedrigem Zinsfüße aussprach. Er erklärte:„Ich bin entschiedengegen daS Fortbestehen der Seehandlung. Einen Hauptnachtheilfinde ich darin, daß die Seehandlung gewissnmaßen al« Firmaund Aushängeschild benutzt wird von gewissen Bankfirme», umihre Projekte durchzuführen, von denen sie dann ihrnjeit» einengrößeren Nutzen ziehen al« die Seehandlung selbst. Ein weiter»Nachtheil liegt auch darin, daß die Seehandlung gezwungen ist,al» Bankinstitut Geschäfte zu machen, die sich mit der Würdeeine« Staatsinstituts nicht verttagen. Endlich ab» meine ich, daßda» Fortbestehen der Seehandlung den Geld- und Geschäftsverkehri» einer ungerechtfertigten Weise durchkreuzt. Nachdem ma» dieMilliarden Frankreichs erhalten hat, liegt der Handelsverkehr ineiner Weise darnieder, wie nicht seit den Kriegen von 1813 und15. Man arbeitet mit einer fortdaunnden, heute noch immerwachsenden Unterbilanz(ungünstige Handelsbilanz, im Verhältniß zurEinfuhr abnehmende Ausfuhr), während Fraukreich umgekehrt bei dementgegengesetzten wirthschastlichen System, welches es verfolgt, sichmit der größten Elastizität emporgnafft hat und da« Vntrauendort in größirem Maße �wiedergekehrt ist, als bei un». ES istdie» eine Kette schwerer wissenschaftlich» Berirrungeu, welche un»zu diesen Zustande geführt haben, und als deren intellektuellen Ur-heb» betrachte ich allerdings zum Theil den Finauzminist«. DemAnttage der Commission werde ich nicht zustimmen. Ich behaltemir dagegen vor, in der nächsten Session einen Antrag auf Auf-Hebung der Seehandlung zu stellen, und hoffe, daß mich da« HauSdarin unterstützen wird."D» Finanzminister Campha»sen erwiderte:„D» Vorrednerist der Ansicht, daß die Hergabe von Geldern, die dem Staateangehören, zu einem niedrigen Zinsfüße die ganze Baakpolitikdurchkreuzen könne, und meint, daß ich bei B»athung de» Bank-gesetzes im Reichstage der Bank eine» Vorwurf gemacht habe, d»mit«»doppelter Gewalt den Staat, refp. die Seehandlung, treffenwürde. E« kann sich da» nur auf eine Aeußerung in mein»Rede vom 18. November v. I. beziehen» welche wörtlich alsolautet:„Wir wirken darauf hin, daß die Bank selbst sich bemühe,Geld an sich zu ziehen, und nicht zu dem leichten AuSkuuftSmittelder Notenfabrilatton zu greise». Die Möglichkeit, zu diesem Au»-kuuftSmittel stet« greifen zu können» hat selbst eine so solid ver-waltete Bank, wie die preußische Hauptbank, wie ich glaube, iugroße Jrrthümer geführt, so daß die Masse d» ungedeckten Notenvon Jahr zu Jahr in ihrem Umfange gestiegen ist."— Nu» frageich, ist diese Aeußerung irgendwie in einen Zusammenhang zubringen mit der Frage, zu welchem Zinsfuß in ein» gegebenenZeit Geld herbeizuleihen ist? Bei der ganzen Verhandlung habeich zwar nicht diejenige Solidität angestrebt, die bei der großenenglischen Bank Tag für Tag geübt wird; aber doch anuäherung»-weise eine solche. Und, meine Herren, kommt eS denn der eng-lischen Bank jemals in den Sinn, daß man Geld nicht sollte zuniedrigen Prozenten hergeben dürfen? Auf die Behauptung, daßdie Operationen der Bank im März 137S dazu beigetragen haben,eine allzu ausgedehnte Circulation der Geldmittel herbeizuführen,will ich anführen, daß, während man jetzt allgemein der Ansichtist, die Kapitalien der Bank seien jetzt außerordentlich wenig inAnspruch genommen, iu diesem Augenblicke die Bankanlage be-trächtlich höher ist, als sie im März 1872 war. Der Vorrednermeinte sodann, die Seehandlung betheilige sich an Gründungenund schraube dadurch den Kur« hinauf. Wie ist den« da» Ver-hältniß? Die Seehandlung ist ein mit großer Umsicht seit langenJahren geleitete« Institut, da« sich nur auf ganz sichere Unter-nehmungen einläßt. In Folge dessen sagt sich da» Publikum, so-bald die Seehandlung sich an einem Unternehmen betheiligt: dieSache ist eine gute und solide, die den Preis werth ist. den manverlangt. Ich bin endlich vom Vorredner als intellektueller Ur-Heber unserer ganzen WirthschaftSpvlitik bezeichnet worden. Die»Lob oder diesen Tadel für mich in Anspruch zu nehmen, kann ichdoch meinem Freunde Delbrück gegenüber nicht verantworten.—Die Vorstellung übrigens, daß etwa Deutschland allein von denFolgen der Ueberspekulation bettoffen würde, die sich entwickelthat nach dem Abschlüsse de» letzten Kriege«, der auf lange Jahrehinaus Europa den Frieden zu sichern schien(?), die Vorstellung, daßsich diese KrisiS auf Deutschland beschränkt habe, ist eine durchausirrige. Wenn gegenwärtig Deutschlaads Eisenindustrie krankt, sobedarf e« nur ein» kurzen Reise nach Belgien und England, einergrößereu nach Am»ika, um sich zu überzeugen, daß mau dort ganzan denselben Folgen leidet, und da« ist einzig und allein die Folgeder Ueberspeknlatton, die Folge davon, daß sich die Fabrikation»-stätten darauf eingerichtet haben, mehr Waare zu erzeugen, al«d» Komsum bedarf. Daß Deutschland in dieser Hinsicht ammeisten zu leiden habe, glaube ich nicht. Wie ist cS aber möglich,daß ein Mann, der so viel im Leben sich umsteht, wie ich die«von dem Vorredner voraussetze, den Satz ausstellen kann, unserewirthschastlichen Verhältnisse wären mehr zerrüttet, als sie jemalsseit dem Kriege von 1813 gewesen wären? Wer einen Blick fürdie thatsächliche» Zustände hat, kann Der denn nur einen Augen-blick vergessen und die Thatsache übersehen, wie außerordentlichgünstig sich die Verhältnisse für die untersten, ärmstenSchichten der Bevölkerung gestaltet haben, kann der über-sehen, daß die Löhne zum Theil ganz rapid und in un-verhältnißmäßiger(?) Weise in die Höhe gegangen waren,daß sie seitdem allerdings einen mäßige»(!!) Rückgang erlitten, daß sie sich ab» jetzt auf einem Stande erhalten, den sieniemals früher gehabt haben. Ich bin der Meinung undd» Ueberzeugung, daß die unterste Schicht der Bevöl-kerung, daß die handarbeitende Klasse iu unserem Laude aus dieDauer noch niemals in einer so günstigen Lage(!!!) ge-wesen ist, al« sie sich gegenwärtig befindet/Nachdem noch der Abg. v. Bend» gesprochen, bemerkte hi»-auf nachträglich v. Kardorff:„Ich habe all»dings Bedenke»gettagen, mit Ausführungen über unsere gesammte wirthschaftlicheLage so spät aufzutreten; ich hielt e« aber für nothwendig, vordem Lande zu erkläre«, daß wenigsten« einige Leute sich umdiese Fragen bekümmern. Die KrisiS, in der wir un« besindeu,hat ihren Höhepunkt noch nicht erreicht, und He» v. Beuda kenntdie Verhältnisse nicht genau, wenn er behauptet, ich habe mit zudüster« Farben gemalt. Ich bestreite, daß die unteren Schichtender Bevölkerung sich nie in besserer Lage befunden haben, zumalauch auf den fiskalischen Werken die Löhne herabgesetzt wordensind, von unserer Eisenindustrie habe ich gar nicht gesprochen; ichwill aber hierbei bemerken, daß unsere Textilindustrie viel mehrdarnicderliegt, al« die Eisenindustrie."Damit war der Gegenstand für da» Abgeordnetenhaus er-ledizt. Der Standpuntt de» Herrn v. Kardorff ist natürlich nichtder unfrige. Aber mögen seine Mottve sein, welche sie wollen,darin hat er recht, daß die wirthschaftliche Lage Preußens undDeutschlands überhaupt eine höchst ungünstige ist, und daß da»herrschende System hieran die Schuld ttägt. Freilich nicht bloßein Theil diese« System», die Freihandelspolitik, wie» vermeiut,sondern da» System der herrschenden Bourgeois-Oekonomie inseiner Gesammtheit. Jedenfalls aber hat He» Camphausen,indem er behauptet,„die handarbeitende Klasse sei noch niemalsin einer so günstigen Lage gewesen, al« sie sich gegenwärtig be-findet," eine Unwahrheit ausgesprochen, wie sie gröber nicht ge-dacht werden kann. Und wen» wir uns in« Gedächtniß zurückrufen, daß die» die« derselbe Herr Camphausen ist, der zu Ansaugde» Jahre» amtlich die Thatsache veröffentlichte, daß sechs undeine Biertelmillion steuerpflichtiger Preußen ein Jahre«Einkommen von weniger als 140 Thalcru haben, alsodem Proletariat angehören, dann muß da« Wort„Unwahr-heit" un«»och als zu mild erscheinen. Abgesehen von einigen„Ausrufen de» Zweifel«" und dem schwachen Protest Kardorff»,nahm da« Abgeordnetenhaus diese kolossale WahrheitSver-drehuug ruhig hin. Das arbeitende Volk möge e» sich merken.So redet ein Vertteter der Regierung, und Solche» dulden die„Vertret» de« Volk«"!Politische Uebersicht.— Neue Steuern in Sicht; neue ReaktiouSmaßregelu iuSicht; eine kleine Rebellion unter den kleineu Bundesregierungen,denen die„Herrlichkeit" zu theuer wird und die den„genialen"Staatsmann in der, sein« Zeit vom bösen Jörg in jener famosenReichStagSfitzuog vom 4. Dezember befürworteten Weise„unterCuratel" nehmen wollen; der„geniale Staatsmann" selbst auf«nbe-stimmte Zeit in Urlaub, um sich von seinen neuesten Heldeuthate«zu erholen und Arm in Arm mit seinem tteuen Wagener überden Undank d» Welt zu philosophire»— da« ist, nebst d« jüng-sten Camphauseuiade, über die wir an ander» Stelle bnichteu, soziemlich da» Einzige, wa« au« dem Reich der Gottesfurcht undfrommen Sitte zu melden wäre— der obligaten Säbelaffaire»,Soldatenmißhandlungen, Soldatenselbstmorde, Polizeistückchen, Bis-marckbeleidigunge» und sonstiger»berechtigtigten Eizcnthümlich-ketten" d»„BiSmarck'schen Schöpfung" nicht zu erwähnen.— Zur BrntalitätSstatistik schreibt die„Sang»häuserZeitung" vom 10. d. M.:„Sangerhausen, 9. Juni. Heute erschien in uns«» Ex-pedition ein Mädchen, um eine Ausforderung an ihre bisherig«Dienstherrschaft ergehen z« lasse». Jndeß verschwieg sie hartnäckigden Namen der letzteren, welche e« wohl verdiente, bekannt z«werden. Wir bringen die betreffende Annonce an dieser Stell«,«eil wir der Ansicht sind, daß e« Angesicht» der neuerdings iserschreckend» Weise überhandnehmenden gesetzwidrigen Exeesse inden niederen BcvölkerungSklassen von der übelsten Wirkunz ausdie Moral derselben sein muß, wenn ihnen die sogen, bessere?Stände darin mit einem bösen Beispiele vorangehen. Die Anstforderung lautet: