««Hierdurch fordere ich meine frühere Dienstherrschaft auf, binnen acht Tagen den ohne Grund zurückgehaltenen Lohn und mein Dienstbuch mir aushändigen zu wollen. Ich mache darauf aufmerksam, daß ich diese Aufforderung unter NamenS- Nennung wiederholen werde, wenn ich binnen dieser Frist nicht befriedigt sein sollte. Damit die betreffende Herrschaft nicht im Zweifel sein kann, ob sie gemeint sei, theile ich Fol- gendeS mit: Der Herr schlug mich, als ich mir daS verletzende Schimpfen der Frau verbat. Gewarnt, hatte ich mich au» Borsicht nicht für längere Zeit vermiethet, und verließ ich den Dienst sofort, wenn auch die Frau mir meine Sachen, Lohn und Dienstbuch vorenthielt. Als ich Tags darauf wiederkam, annehmend, daß sich der Zorn in- zwischen verkühlt habe, um meine Sachen zu holen, wurde ich von der Frau ohne jede Veranlassung mit den Wer- ten abermal» geschlagen:«Da hast Du von mir we- nigstenS auch eine." Auf mein Geschrei kam auch der Herr hinzu, schlug mich, warf mich zu Boden und trat mich mit Füßen aus Leib und Brust. Da« Letztere geschah im Beisein eine» hiesigen Bürgers, der die Wahrheit mir gern bezeugen wird.'" Wir würden Vorstehendes nicht abgedruckt haben, hätten wir unS nicht durch Rückfrage bei dem Zeugen der Mißhandlung der Wahrheit versichert. Zeuge ist ein achtbarer Mau», der allen Glauben verdient." So die«Sangerhäuser Zeitung". Was die Sache noch pikanter und lehrreicher macht, ist, daß der Held diese« Cultur- kampfabenteuer« im Stile BindingS, wie uns mitgetheilt wird» ein wohlbestallter Kreisgerichtsrath ist. Ein Bindiug als RechtSlehrer, ein Mädchenprügler als Richter— kann man sich über unsere herrlichen Justizzustände wundern? Au« Kruppamühle unter dem 24. Mai bei Keltsch in folgende Corre- — Der Moloch. Oberschlesien geht un« spondenz zu: „Die Oberschlesische Actieu- Gesellschaft für Fabrikation von Lignose(Schießbaumwolle) in Kruppamühle beschäftigt ca. 200 Arbeiter, wovon fast die Hälfte dem weiblichen Geschlecht angehört, und zwar bei einer täglichen Arbeitszeit von 12 Stunden. Die Lohnsätze für die Frauen sind L Sgr., für die Männer 10—23 Sgr. Diejenigen, welche die höchste Löhnung beziehen, wüsten sich solch' schädlichen Arbeitsverrichtungen unterwerfen, daß selbst der stärkste Organismus inner- halb 3 Jahren zerstört wird. Diese gesundheitsschädliche Beschäftigung besteht darin, daß die betreffenden Arbeiter die Schießbaumwolle in eine Mischung von Stickstoff und Schwefel- säure hineinlegen und, nach vollständiger Sättigung, unter die Centn fuge*) schassen müssen. Bei dem Wegsall jeder Muskel- Anstrengung erscheint zwar die Arbeit al« leicht und gering, aber «S entwickeln sich hierbei Stickstoff und Schwefelgasc in solcher Menge, daß dessen ungewohnte Arbeiter nicht eine Stunde in dieser Atmosphäre weilen können. Die Einathmung dieser gesähr- liehen GaSarten zieht den Verlust der Zähne, da« An- schwellen de« Gesichts und der Hände herbei, und hiermit zugleich treten die ersten Anzeigen der Lungenkrankheiten auf. — Wie menschenfreundlich man hier mit den Arbeitern umgeht, beweist auS jüngster Zeit folgende Thatfache: Zu der oben ge- schilderten Beschäftigung wurde von Seiten de« Verwalter« ein Schwindsüchtiger angestellt. Auf die Vorstellung, daß der Kranke seine Lungen in 2— 3 Tagen vollständig ruinire, erwiderte jener Menschenfreund:«Was gehen un« seine Lungen an, das ist seine Sache." Derselbe Correspondeut bemerkt, daß in der Umgegend von Kruppamühle bei einer Arbeitszeit von dreizehn bis vierzehn Stunden durchschnittlich der Lohn für Männer 10—12 Sgr., für Frauen 4 Sgr. beträgt. — Avis an die Maurer und Zimmerer. Die Berliner «Volkszeitung" schreibt: «Ueber den gegenwärtigen Stand der Bauthätigkeit in Berlin und den Mangel an Bauarbeitern kam eS in der letzten General- Versammlung des Bundes der Bau-, Maurer- und Zimmer- meister zu sehr lebhaften Debatten, die zu folgenden Beschlüssen sührteu: 1) Schritte zu thun, um von außerhalb Deutschland « weitere Arbeitskräfte heranzuziehen zur Deckung de« bereit« vor- handenen Mangels an solchen; 2) fall« dadurch ein Ueberfluß von Gesellen erreicht werden sollte, jedem BondeSmitgliede bis zu V pCt. seiner Gesellen auS der Zahl dieser neu zugezogene» zu überweisen, zu deren Beschäftigung das betreffende Bundesmitglied mindestens 14 Tage lang verpflichtet sein soll." UnS scheint, daß dem Bunde der Bau-, Maurer- und Zimmer- meister nicht sowohl der«Maugel an Bauarbeitern" als vielmehr die gehaßte und gefürchtete Organisatton der Berliner Bauarbeiter ei» Dorn im Auge ist, und daß man auf deren Sprengung (innt. Wir find überzeugt, daß von maßgebender Stelle bei Zeiten ür Gegenmaßregeln gesorgt wird. Dresden . Nach einer fast Ivmosatlichen Untersuchungshaft soll am 22. Juni die Hauptverhandlung im Prozeß Petzold und Genoffen stattfinden, doch soll dieselbe geheim sein. Petzold ist der MajestätSbcleidignng, mehrere Bismarcksbeleidigungen, der Be- leidiguug de« preußischen Justizministers und der hiefigen Polizei angeklagt, während Kayser bei den Bismarckbeleidigungen und der Beleidigung d-S preußischen Justizminister» Beihilfe geleistet haben soll. Gerade bei politischen Prozessen ist die vollste Oeffentlichkeit nothwendig, sie ist da« einzige Korrektiv gegen eine» Tendenprozeß. Im Interesse de« Staat« soll e« liegen, daß die Verhandlung ge- heim sei. Wo dieses Interesse des Staat« steckt, möchten wir gern erfahren. Der Prozeß hat nämlich feine Hauptursache in der Beleuchtung der Kullmanniade, und da soll wahrscheinlich da« Interesse de« Staat« darin stecken, daß die Kullmanniade nicht noch einmal vor die Oeffentlichkeit gezogen wird. Irankrnberg. Parteigenosse F. Röhl ed er war bekanntlich wegen Anschlagen« eine« Plakat» zu 15 Mark Strafe oder fünf Tagen Hast(die vorsüudfluthliche Rechnung 1 Tag— 1 Thlr.!) verurtheilt worden. Rohleder hatte nicht Lust, wegen der 5 Thlr. volle 5 Tage im Gefängniß zu sitzen, da er aber da» Geld zur bestimmten Zeit nicht hatte, bat er beim Rath um Verlängerung der Zahlungsfrist. Jedoch man schien e« sehr eilig zu haben, denn da« Gesuch wurde abschläglich bcschieden und Rohleder am 2. Juni verhaftet. So hat er nun seine 15 Reichsmark redlich absitzen müssen. Dabei hat er noch die Cutdeckung gemacht, daß man im Frankenberger Stadtgefängniß ein Waschbecken zu den ganz überflüssigen Luxussachen rechnet; er fand kein solche« vor, und al» er den Wärter über diesen Mangel interpellirte, war *)(Sine mechanische Vorrichtung zum Trockuen verschiedener Körper; Trockenmaschwe. dieser ganz erstaunt ob der seltsamen Forderung; mau solle sich über den Kübel witschen, meinte der Beamte. Und so geschah eS auch, wie wir zur Charakteristrüng des in Frankenberg offiziell maßgebenden KulturgradeS ausdrücklich konstatiren. („Chemn. Fr. Presse.") Münch««, 9. Juni. (Sozialisten-Prozeß.) Da» kgl. Bezirksgericht München l. d. I. hat heute Nachmittags in der Untersuchung gegen den Sozialdemokraten Michael Jung und 75 Genossen folgende« Urtheil publizirt: 1) Die Untersuchung gegen den Maurer Mich. Böxler wird dem Militärgerichte über- wiesen, da Beklagter z. Z. als Soldat im 1. Artillerie- Regiment dient. 2) 41 Arbeiter werden von der Anschuldigung eine« Ler- gehen« wider Art. 17 des VereioSzesetzeS— Affiliation mit der sozialdemokratischen Arbeiterpartei(Eisenach )— freigesprochen. 3) Jg. Drechsler, Vorstand de« Fachvereins der Maler, wird von der Anschuldigung eioeS Vergehen« gegen Art. 14 de« Vereins- gesetze«(Angehörigkeit zum Localverein der sozialdemokratischen Arbeiterpartei), ebenso 4) weitere 9 Arbeiter von der Uebertretung der Wiederversammlung eine« geschlossenen Vereins freigesprochen, dagegen 5) die Schriftsetzer Maximilian Ernst und Alois Kiefer wegen Zuwiderhandlung wider Art. 17 und 21 des Vereinsgesetzes, sowie deS GeuossenschaftSgesetzeS zu je 17 Tagen Gefängniß und 10 Thlr. Buße, Schriftsetzer Franz Ernst wegen Uebertretung und Vergehen wider Art. 14, 17 und 21 des VereinSgesetzeS zu 15 Tagen Gefängniß und 4 fl. Buße; 6) die Arbeiter Ellwanzerund GleiSmiller wegen Vergehens wider Art. 17»nd 21 de» Verein«- gesetzeö zu je 12 Tagen Gefängniß; 7) Vertrauensmann Michael Jung wegen Uebertretung des Art. 14 und Vergehens wider Art. 17 de« VereinSgesetzeS zu L Tagen Gefängniß und 7 fl. Buße; L) Tischler L. v.Berg und Lackirer Lacroix wegen derselben Reate zu 6 Tagen Gefängniß und 4 fl. Buße; S) Maler Jgnaz Drexler wegen 3 Vergehen wider das VereinSgefetz zu 6 Tagen Gefängniß; 10) Redakteur Bruno Geiser und 9 Arbeiter wegen Vergehens der Affiliation mit politischen Vereinen zu je 4 Tagen Gefängniß; 11) 13 Vorstände ausgelöster Vereine wegen eineS Vergehens wider Art. 14 und 17 des VereinS-GesetzeS zu 3 Tagen Haft und 4 fl. Buße; 12) Handschuhmacher H. Oehme wegen Unterschlagung von GenossenschaftSgeldern zu 3 Monaten 6 Tagen Gefängniß und wegen Zuwiderhandlung wider Art. 14 ünd 17 de» VereinS-GesetzeS zu 10 Thlr. Buße(event. 5 Tage Haft) ver- urtheilt; 13) jeder Verurtheilte wird zur Tragung der auf ihn treffenden Kosten verurtheilt, die Geldstrafen aber werden dem KreiSschulfondS von Oberbayern überwiesen; endlich 14) wird die unterm 5. Octobcr 1874 beim Handelsgerichte eingetragene erste Buchdruckergenossenschaft ohne Anspruch aus Entschädigung gericht- lich ausgelöst.— ES sind demnach 39 Arbeiter gänzlich frei- gesprochen, 37 aber verschiedentlich verurtheilt worden. Die letzteren haben sämmtlich gegen da« wahrhaft unerhörte Urtheil appellirt. Insbesondere ist die Berurtheilung Oehme'S, dessen Verthcidigung gegen die ganz frivole Anklage der Untersuchung wir nachstehend mittheilen, ein Hohn auf alle Justiz. München. (Sozialistenprozeß.) Nach dem Bericht de« „Zeitgeist" vertheidigte Oehme sich wie folgt: «In Bezug auf die mir schuldgegebenc Unterschlagung muß e» mich zunächst beftemden, daß von Seiten der Anklage nur Ge- wicht auf die belastenden Aussagen der Polizeikommissäre, aber nicht auf die meiner Frau und die meiuigen gelegt wird. E« könnte, nachdem der Herr Staatsanwalt mit ganz besonderer Wärme alle belastenden Momente hervorgehoben hat, fast scheinen, al» ob derselbe ein ganz besondere« Interesse daran hätte, gerade mich sür möglichst lange Zeit für die sozialistische Agitation sozusagen unschädlich machen. Ich für meine Person glaube nun da« aller- diogs nicht, da mir eben die Motive hierzu vollkommen uuerfind- lich sind. Aus den Aussagen de« PolizeikommissärS Gehret geht ganz unzweifelhaft hervor, daß hier am Orte jeder irgendwie her- vorragende Socialist unter einer spezielle« polizeilichen Aussicht und Ueberwachuug steht, denn nur dadurch find die Angaben über innerste Familien- und Geschäftsangelegenheit erklärlich, die,»eben- bei bemerkt, zum großen Theil durchaus unrichtig find. Ich komme nun zu den polizeilichen Depositionen selbst. Zunächst betreffend da« in meiner Wohnung aufgenommene Protokoll muß ich wieder- holt coustatiren, daß der Passus, welcher besagt, daß meine Frau das fehlende Geld zu ihrer Lebsucht verwendet habe, von mir bei der Vernehmung vollständig falsch verstanden und deshalb auch sofort nach der richtigen Auffassung korrigirt worden ist. Wenn die Aussagen der Polizeikommissäre in dieser Beziehung ander« lauten, so muß ich bemerken, daß nach meiner Auffassung unbeschol- tenen Leuten, wie mir und meiner Frau, doch wohl auch von Gerichtswegen eben so viel Glauben beizumessen ist, wie einem Polizeikommissär, da ja die Fälle ebenfalls schon dagewesen sind, daß auch Polizeibeamte falsche Eide geleistet haben und deshalb bestraft worden sind. Mein Parteigenosse Steiuberger hat im Laufe der Verhandlung konstatirt, daß u. A. auch dem Polizei- kommissär Gehret bereits von Gerichtswegen eine falsche Denun- ziation nachgewiesen ist, die Glaubwürdigkeit desselben also nicht über allem Zweifel erhaben dasteht. Daß überhaupt das Geld nicht ohne Weiteres sofort hivgelegt wurde nach der Haussuchung, wie die« ja auf Grund deS Nachweise», den ich bereits auS den Geschäftsbüchern geliefert habe, sehr leicht hätte geschehen könne», lag eineStheilS darin, daß ich in Folge meiner Jnhastirung von dem Verkehr mit der Außenwelt«nd meiner Frau vollständig abgeschlossen war, und anderntheilS in dem gespannten Verhältniß meines CompagnonS Eckstein zu meiner Frau. Ueber die Ursachen desselben hier nähere Aufschlüsse zu geben, halte ich für unnöihig und für die Herren Richter ziemlich uninteressant. Zu meinem Leidwesen muß ich jedoch hierbei konstatiren, wie auch Herr Kiefer gestern bereits angeführt hat, daß Eckstein durchaus nicht als Freund und Parteigenosse in diesem Falle an mir gehandelt hat, indem er hier, wo eS die Rettung meiner Ehre galt, in der Ge- uosseuschastSversammlung aus falschem Ehrgeiz oder irgend welchen anderen Motiven abgeleugnet hat, daß sich die betreffende Summe in seinem Geschäft befand. ES ist mir sehr unangenehm, daß ich im Interesse meiner Vertheidiguug gezwungen bin, diese Thatsache öffeullich zu konstatiren, da die gegnerischen Blätter hieraus sehr leicht Capital schlagen dürsten in Bezug auf die Handlungsweise verschiedener Socialisteu untereinander. Daß mich meine Gesin- nungSgenossen einer ehrlosen Handlung nicht für sähig halten, dafür dürste auch wohl die Thatsache sprechen, daß ich kurze Zeit nach meiner Haftentlassung in der ersten größeren Arbeiterversamm- lung nach längerer Zeit, in welcher der Reichstagsabgeordnete Motteler referirte, zum zweiten Borsitzenden gewählt wurde, was jedenfalls im andern Falle nicht geschehen wäre. Wen» der Herr Staatsanwalt gesagt hat, es wäre ja zur Verhütung einer Anklage jedenfalls sehr angezeigt gewesen, fall« daS Geld zu jeder Zeit nach meiner Aussage im Geschäft vorhanden war, dasselbe dann sofort der Polizei einhändigen zu lassen, so muß ich hierauf be- merken, daß selbst, wenn ich durch meine Jnhastirung nicht an jeder freien Disposition gehindert gewesen wäre, eS mir al« Social- demokrat niemals hätte einfallen können, die Gelder der Arbeiter der Polizei zu überliefern, sondern daß ich dieselben nur in die Hände der GinossenschastSvorstände, als der zu ihrer Verwaltung berechtigten Orgaue, niedergelegt haben würde." Der Angeklagte geht hierauf auf einige vom Herr» Staatsanwalt angezogene Handlungen seiner Frau näher ein und rechtfertigt dieselben vom geschäftliche» Standpunkte. Ferner erklärt derselbe, daß es unwahr sei, daß sein früherer Compagnon Eckstein, wie der Herr Staats- anwalt ausführte, unter Zurücklassuag seiner Möbel und Schulden sozusagen bei Nacht und Nebel«verduftet" sei. TS sei vielmehr die frühere Firma vollständig ordnungsgemäß aufgelöst, er als Liqui- dator derselben eingesetzt und Eckstein dann nach vollständiger Auseinandersetzung mit ihm und mit seiner Familie, und unter Mitnahme seiner sämmtlichen Habseligkeiten, bei hellem Tage wieder nach Sachsen abgereist. Unrecht sei e« allerdings von demselben, daß er ihm über seine» späteren Aufenthaltsort keine Mittheilung gemacht habe, da er denselben sonst zum Zeugniß herangezogen und seine Unschuld sich hierdurch ganz unbedingt herausgestellt haben würde, welches Borgeheu er sich übrigens, fall» der jetzige Senat von seiner Nichtschuld noch nicht überzeugt sein sollte, für die Appellinstanz vorbehält. Der Angeklagte greift hieraus zum Schluß nochmals auf die ersten beiden Anklagepunkte zurück und bemerkt bezüglich derselben, daß e« die RechtScinheit in einer etwas wunderbaren Weise illustrire, wenn in Hunderten von Orten in Deutschland die Parteimitgliedschaften mit der ganz gleichen Organisation unangefochten von Polizei und Staatsanwalt schon jahrelang bestehen, während sie in einer Anzahl anderer Orte und hauptsächlich in großen Städten polizeilich aufgelöst und die Mit- glieder bestraft werden. ES habe die» wohl darin seinen Grund, daß eS eben Polizeibehörden gebe, die eS für ihre Pflicht hielten, nicht nur die öffeutlichen Meinungsäußerungen, sondern sogar die Gedanken sind Gesinnungen der Arbeiter zu überwachen und die, sobald die Arbeiterorganisationen an einem Orte einen größeren Umfang annehmen, darin ein- Gefahr für Staat und Gesellschaft erblicken und deshalb schleunigst zu ihrer Auflösung schreiten. Daß ein solche« Vorgehen nicht geeignet sei, den Glauben an die sogenannte wächserne Nase de« Rechts in ,deu Herzen und Köpfen der juristisch nicht gebildeten Arbeiter zu vernichten, sei wohl zweifellos, und um die große Masse der Arbeiter nicht glauben zu machen, daß e« zweierlei Recht, für die Besitzenden und Nicht- besitzenden, gäbe, sondern um vielmehr daS R-chtSbewußtsein unter der großen Masse deS arbeitenden Volke» zu stärken, erwartete er zuversichtlich seine und seiner Mitangeklagten Freisprechung. Wien . Die Haussuchungen und Verhöre dauern fort. Am 30. Mai wurde in Gloggnitz Genosse Schrödl verhört und in seiner Wohnung und im Lokale de» Arbeiter-BildungSvereinS nach „kompromittirenden Papieren" gefahndet. In Fürsteuseld hatte« die Genossen Seitz, Kubisch und Lahnthaler Verhöre zu bestehe». In Linz wurde am 24. Mai Joh. Beck verhaftet, einige Stunden später jedoch mit ZwaugSroute in feine Heimath nach Vorarlberg geschickt. Ja Leoben wurden Debenz und Brenner verhört, und in der Wohnung Eulcr'S vergeblich gesucht. Ja Jägerndorf wurde bei Josef Reimanu gesucht und nicht« gefunden. Reimann wurde wegen Nichtablicferung seiner Marschroute mit 43 Stunde» Arrest betheiligt. Ein Telegramm zum Cougreffe in Gotha wurde nicht befördert. AuS Römerstadt wird un« geschrieben, daß bei Josef Nick- manu nicht weniger als vier Hausdurchsuchungen stattfanden. Hier handelte eS sich um die Papiere Wanke'«. Da jedoch solche nicht gefunden wurden, begnügte sich die fünf Mann starke Com- Mission mit der Wegnahme seiner— Kleider(!). Auch bei Wilhelm Strauch daselbst wurde untersucht. In Brünn erhielteu die Genossen Jadra , Bradaczek und Joh. Zacharias Besuch. Bei letzterem nahm die Polizei eine große Anzahl werthloser Papiere mit, die im Lause des nächsten Tage« wieder zurückgestellt wurden. Genosse Meisinger in Salzburg , dessen Verhaftung wir im letzten Blatte meldeten, wurde bereits freigelassen und»ach dem gewöhn- lichen Rezepte mit einer Marschroute nach Hause geschickt. Nach- träglich wird uns au« Jägerudorf berichtet, daß daselbst auch bei Johann Böhm Durchsuchung gehalten wurde, die Verhöre nehmen kein Ende. Ja Trieft geschah dasselbe bei den Genossen Seykota und Augenmüller. Es wurden einige— mehrere Jahre alte— Briefe TauschinSki'« und L. R. Zimmermann'« gefunden und mitgenommen. Triumphircnd rief der Polizeicommissär au«: «Nun ja, wir führen keinen Schlag, wenn wir unserer Sache nicht gewiß sind!" Dann hielt er noch eine kleine ErmahuungS- rede, versicherte, daß von Seite der Polizei nicht« veröffentlicht werde, und rieth den Genossen, dasselbe zu thun,— welcher gute Rath indeß nicht befolgt wurde. Die«Neue Freie Presse" läßt sich aus Prag telegraphiren: e« seien in Prag und dessen Polizei- rayon zahlreiche Haussuchungen bei Arbeitern vorgenommen worden. Selbstverständlich fehlen auch die«kompromittirenden Papiere" nicht. Ob darunter wieder da« Vereinsgesetz verstanden wird, wie seinerzeit bei der Verhaftung A. Scheu'«, ist noch nicht bekannt. („Gleichheit".) J««ere Partei-Angelegexheite». Den Parteigenossen zur Nachricht, daß am 10. Juni die Wahl der Controlkommission in Leipzig vor sich ging und in die- selbe folgende Parteigenossen gewählt wurden: August Bebel , Theodor Burckhardt, Carl Petzold, Wilh. Krctzschmar, Paul Krey, August Schäfer, Eduard Ehrlich. Nach Schluß der Versammlung traten die Gewählten zur Cou- stituirung zusammen und wurden hierbei gewählt: August Bebel , 1. Borsitzender. Carl Petzold, dessen Stellvertreter. Theodor Burckhardt, 1. Schriftführer. Paul Krey, dessen Stellvertreter. Indem wir die« zur Keuntaiß der Parteigenossen bringen, be- merken wir noch, daß alle für die Coutrolkommisston bestimmte» Zuschriften w. an August Bebel » Laugestraße 47, zu richte« find. Hamburg , den 14. Juni 1375. Der Vorstand der sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands . C. Deroffi, I. Auer, große Rosenstraße 36, II. Gewerksgenossenschaftliches. Allgemeiner deutscher Töpferverein. Wiesbaden . Den Mitgliedern zur Nachricht, daß sich der Vorstand constituirt hat. Zum Haupttassirer wurde gewählt Rein- hold Bollschweiler, Schwalbacherstraße 11, an den alle Gelder einzuschicken sind; zum zweiten Vorsitzenden Karl Eichmann, Blechstraße 11; zu Beisitzern: Wilh. Kador, Jos. Käfer, Heinr. Oswald, K. Roth, K. Herborn, PH. Raul. Ich bitte, um der Vorortsverwaltung ihre Aufgabe zu erleichtern, sich an die bestimmten Adressen zu halten. Sendungen, die nicht an de»
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7 (18.6.1875) 68
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