sie es auch thäte». Denn der Lohn unserer Collegen in Vegesackwar stets einer der niedrigsten in ganz Deutschland. Auch wußtendie Meister sich in jeder Weise zu sichern, sie benutzten vortefflichdie Zeit, als unsere Collgen noch unorganisirt dastanden; nichtallein wurde der Lohn in 3 bis 4 Klassen eingctheilt, wovon derhöchste Lohn 1 Thlr. betrug, sie beuteten unsere College« sonst nochauf jegliche Weise auS, so gründeten sie z. B. Krankenkassen, welchesie selbst verwalteten, und zogen unfern Collegen alSdann vonjedem verdienten Thaler 6 Pf. als Beitrag zur genannten Kasseab. Wer dann krank wurde, bekam«eistentheilS nichts, wer sichbei der Arbeit verwundete, bekam etwas. Abrechnung wurde nie«als gegeben.Ich erwähne dieses, Kameraden Deutschlands, um Euch Klarheit über Vegesack auS der Vergangenheit zu verschaffen. Gehe»wir nun jetzt auf die gegenwärtige Lage in Vegesack etwa» ein.Die gegenwärtige Lage ist eine durchaus miserable für unseredortigen Collegen. Arbeiteten früher daselbst 7 bis 800 Mann,so sind jetzt höchstens 60 bis 70 SchiffSzimmerleute beschäftigt,und zwar auf der EisenschiffSbau-Werft Ulrichs. Die meistenunserer Collegen mußten daher auswandern, um anderSwo zu ar-beiten, doch ist noch immer Arbeitskraft reichlit genug vorhanden,um die Arbeiten in Vegesack zu verfertigen. Unsere Collegen ver-richten daher, um alle Arbeit zu bekommen, verschiedene Arbeiten,welche gar nicht in daS Bereich des SchiffSzimmerhandwerkS ge-hören, so z. B. vernieten sie die Platten am Schiffe und der-gleichen Arbeiten mehr. Daher sucht der Meister Ulrichs in Folgedes Angebots von Arbeitskraft seine Leute auf jegliche Art undWeise zu chikaniren und ihre Arbeitskraft auszubeuten, so z. B.hatten unsere College» im Frühjahr einen Konflikt mit MeisterUlrichs, indem er für 100 Nieten nur 2 Thlr. zahlen wollte, wo-bei unsere Collegen unmöglich bestehen konnten, ebenfalls wollte ersie zwingen, in die von ihm gegründete Krankenkasse(zu der alleaudcrn auf der Werft beschäftigten Eisenarbeiter bereits gehören)einzutreten, wogegen sie sich jedoch bi» auf den heutigen Tagenergisch sträubten.Unglücksfälle kommen in Folge der Treibereien, und weil nichtdie dazu gehörigen Vorsichtsmaßregeln bei der Arbeit getroffenwerden, fast alle Augenblicke vor. Wer sich auf der Werft Ulrichsnach de» dort beschäsiigten Arbeitern umsteht, darf sich nicht wundern, wenn er zahlreiche Arbeiter erblickt, welche entweder miteinem Auge, oder mit wenigen Fingern an der Hand, oder mitsonstigem Schaden am Körper, welchen sie sich bei der Arbeit aufUlrich» Werst zugefügt, umherlaufen.In Folge der größten Fahrlässigkeit von Seiten deS Schiffs-baumeisterS Ulrichs konnte auch nur das Unglück, welches am16. Juli sich zugetragen hat, stattfinden. Jeder Fachkenner wirddarüber gewiß in größtes Erstaunen versetzt werden, wenn er hört,daß aus der Werst Ulrichs ein Schiff, welches»och im Bau be-griffen war, plötzlich einige Fuß herunterlief, und sich auf dieSeite legte. Auf die Frage, ob ein solcher Fall sich zutragenkann, wenn ein im Bau begriffenes Schiff ordnungsgemäß, wiees schon seit alten Zeiten üblich und Gebrauch ist, befestigt ist?wird ein jeder Fachkeuner, wenn er keine Heuchelei zu treiben bc-absichtigt, mit einem entschiedenen Nein antworten. Wir kommendaher zu der Frage, auf welche Weise konnte diese« Unheil nurgeschehen? Die Antwort ist: daS Schiff war nicht gehörig be-festigt, wie e« schon seit alten Zeiten Gebrauch und üblich war.ES lag daher eine Fahrlässigkeit zu Grunde, und diese ist, daßdaS Schiff nicht auf beiden Seiten mit gehörigen Kreuzlazecnversehen war; wenn auf jeder Seite ein Kreuzlager gelegen hätte,dann hätte daS Schiff sich nicht auf die Seite legen können. Manschreibt zwar in der Vegesacker Wochenschrift, daß plötzlich durchunaufgeklärten Zufall daS Schiff vom Helgen rutschte, und sichseitwärts legte, die stützenden Balken zersplitternd.Die Bcgesacker Wochenschrift kann aber versichert sein, daß,wenn auch für sie der Zufall unaufgeklärt erscheint, cS doch fürjeden Fachkcnner klar genug ist; es kann auch von stützendenBalken aus der Seite keine»Äede sein, die wären nicht zersplittert,es waren vielmehr leichte dünne Spieren. Der Hauptgrund liegtaber nicht allein in dem Nichtvorhandensein von Kreuzlager», son-dern darin, daß man keinen Balken am Hintersteben befestigt hatte,der gegen das Schiff anstrebt, um e» vor dem Rutschen zu schützen.Auf beiden Seiten Kreuzlager und einen guten am Balken Hin-tcrsteben, daS sind Gegenstände, welche die Neger in Afrika nichtvergessen würden. Jedoch Meister Ulrichs übersieht solche Sachen.Und was ist denn für ein Unglück passtrt? wird man fragen.Nun, weiter nichts, als daß ein Schiffszimmermann Namens Bern-Harb HarjeS aus Lehmwerder von dem Rumpfe des Schiffes zer-quetscht wurde— gegen 6 Uhr Nachmittag» war es erst gelungen,den Körper zu befreien; um dies zu bewerkstelligen, mußte einCanal unter dem Schiffe in die Erde gegraben werden. Einerwurde am Kreuz beschädigt und leidet sehr, und einem Anderenwurde der ganze Arm zerrissen und viele Andere haben sich leichteVerletzungen zugezogen. Herr Ulrichs, erröthcn Sie nicht, wenn Siedaran denken, welches Unheil durw Ihre Fahrlässigkeit angerichtetwurde? Der verunglückte SchiffSzimmsrmann hinterläßt Frauund Kinder, Herr Ulrich»! Weshalb haben Sie jetzt Kreuzlageram Schiffe angebracht? Warum auch erst jetzt bei dem andern' im Bau begriffenen Schiffe? Ich frage Sie, Herr Ulrichs, warumbeachteten Sie die Schutzmaßregeln nicht früher alle? Oder stagenSie nicht darnach, ob Ihre Arbeiter dabei zu Krüppeln werden?Sre freuen sich wohl besonders, daß da» Schiff keinen Schadenerlitte« hat? Die Arbeiter kümmern Sie wohl wenig? Ich hoffeaber, daß dieser Borsall näher von dem Staatsanwalt untersuchtwird, damit der§ 222 des deutschen Reichs- Straf- Gesetzbuche«nicht übertreten wird. Euch, Kameraden, liefert dieser Vorfall aberwieder den besten Beweis, welche traurigen Folgen eS hat, wennwir nicht eiumüthiglich zusammenhalten und ein Jeder sich unsererOrganisation unterwirst. Wenn unsere Collegen in Vegesack Allefür Einen und Einer für Alle stehen würden, dann hätten sieMeister Ulrichs zeigen können, daß er verpflichtet war, sowohlKreuzlager unterm Rumpfe d-S Schiffes anzubringen, als auch einenBalken am Hintersteben zu befestigen, wodurch da« U»glück ver-hütet worden wäre. Sobald aber nicht alle einmüthig zusam-anenhalten, fürchtet Jeder sich ein Wort deS Recht« zu sprechen,indem er zu fürchten hat, daß er de» Abend» Feierabend bekommtund seine übrigen Collegen nicht für ih» eintreten. Daher,wo am Orte solche Sklaverei existirt, dann ist die Schuld an solchemUnglück den Leuten selber zuzuschreiben, deswegen rufe ich allen Den-jenigen, die uns bis jetzt noch immer ferngestanden haben zu, sichsofort unserer Organisation anzuschließen. Pflicht ist eS ebenfalls,daß die SchiffSzimmerleute in Vegesack darauf sehen, daß nur ge-lernte SchiffSzimmercr zur Arbeit zugezogen werden, dann werdensolche Unglücksfälle nicht vorkommen und dann wird auch dieschädliche Coucurrenz unter uns beseitigt. Laßt Euch daher die»«ine Waruung sein. Mit sozialdemokratischem GrußH. Groß, St. Pauli, Bergstr., Hof 23, Bude.Der Strike in Aauenvurg ist stegreich beendet, die dortige»Meister haben voll und ganz in unsere gestellten Forderungen eingewilligt.In Lübeck und ItensBnrg dauert der Kampf jedoch hartnäckig fort. Diese» allen Collegen zur Notiz.Mit sozialdemokratischem Gruß H. Groß.Allgemeiner deutscher Ma«rer- und Steinhauerbnud.Ka«v«rg, 8. Aug. In Nr. 89 des„BolkSstaat" befindetsich unter der Rubrik: Gewerkschaft der Maurer und Zimmererein Artikel, welcher zum Theil ans einem Jrrthum beruht, undeiner kurzen Berichtigung bedarf. Die gemeinschaftliche GeneralVersammlung der Gewerkschaft der Maurer und Zimmerer und desAllgemeinen deutschen Maurer- und Steinhauer- BsndeS hat erklärt, eS fei besser, we»n jede Geschäftsbranche für sich gesondertorgauistrt sei, es hätten daher die Mitglieder der Gewerkschaft sichin der Weise zu trennen, daß die Maurer in die z» schaffende gemeiusame Organisation der Maurer, die Zimmerer in die derZimmerer einzutreten hätten. Es wurde hierbei vorausgesetzt, daßmit dem deutschen Zimmerer- Berei» ebenfalls eine Bereinigungstattfinden würde, da die» nun unterblieben ist, so wird seiteu» derVerwaltung den Zimmerern, welche Mitglieder der Gewerkschaftsind, empfohlen, sich dem deutsche» Zimmerer-Berein anzuschließen,aber gezwungen wird dazu Niemand, sondern wer beim Allgemeinendeutschen Maurer- und Steinhauerbund bleiben will, der bleibe,Niemand wird ihm etwas in den Weg legen. Was das Kranken-kassenwesen anbettifft, so bleibt die Ceutralkrankenkassc ganz so be-stehen, wie die Gewerkschaft sie eingeführt hat, und alle Mitglie-der derselben gehören ihr an, so lange sie wollen, ganz gleich, obsie Mitglieder de« Allgemeinen deutschen Maurer- und Stein-haucrbuude» oder de» deutschen Zimmerer- Vereins werden. Eswird sorgfältig darüber gewacht werden, daß Niemand in seineuRechten gekränkt wird. Sollte noch Jemand in Betreff dieser An-gelcgenhcit sich nicht ganz klar sein, so möge er sich nur direkt anmich wenden. Mit GrußH. Schöning, Jakobikirchhof 29.Berei« der Gattler und Berufsgeuosscn.Deutz. Den Mitgliedern zur Nachricht, daß die Wohnung deSVertrauensmannes der Mitgliedschaft Cöln a. Rh. sich zu Deutz,Louiseustr. 6, 1 Tr., befindet.A. Kirstein, Vertrauensmann.Gewerksgenossenschast der Mauufaktur-, Fabrik-«ud Haud-arbeiter beiderlei Geschlechts.(Sitz Weimar).ßrimmitscha«, 9. Aug. Für April, Mai und Juni habenabgerechnet: Crimmitschau Mark 22.10, Gotha 8.20, Pößneck 2.40,Großenhain 32.00, Oelsnitz 6.10, Dresden 15.00, Pfersee 12.60,Plauen 12.80, Schweinau 37.37, Gera 7.30, Apolda 2.40/ Langensalza 24.00, Augsburg 11.00, Wolfenbüttel 2.30, Lambrecht8.40, Reutlingen 20.10, Leifertc 11.08, NowaweS 16.30. Extra-steuer haben eingesandt: Crimmitschau 15.00, Großenhain 18.00,Oelsnitz 3.50, Pfersee 7.30, Plauen 4.00, Schweinau 28.20, Gera7.00, Langensalza 14.00, Augsburg 90.20. Freiwillige Beiträgefür die Brünuer Strikenden wurden der Verwaltung zugesandtauS Großenhain: Mark 1.00 von 4 Tuchmachern in der FabrikAugust Schillings durch Genosse Noak, 0.60 von Feie, 4.45 vonden Arbeitern Emil Schillings durch Wittenberger, 2.90 von denArbeitern der Gebrüder ZfchilleS durch Lönig, 4.60 von den Arbeitern der Fabrik von Tschuke u. Otto durch Kunz, 5.95 von de»Arbeitern der Sächs. Tuchfabrik durch König, 2.30 von den Ar-beitern der Kattunfabrik durch Börner, 8.70 von der mechanischenWeberei Nenndorf durch Riedel, 60.60 von der mechanischen We-berei der sächsischen Tuchfabrik durch Sickart, 3.00 von den Ar-beitern BuchwaldS durch Nossak, 0.50 von Ernst Schön, 4.40 vonden Arbeitern August ZfchilleS. Von Augsburg von einem AuS-flug auf den Kobel 6 fl., von der Kammgarnspinnerei 1 fl.Die Genossen werden nun noch ersucht, Anträge zur General-Versammlung bis zum 15. d. MtS. einzusenden, später eingehendeAnträge können»icht veröffentlicht werden.(Siehe ß 27 derStatuten.)Im Auftrage der Verwaltung: C. Poser.Correspondenzen.Leipzig. Sonntag den 8. und Montag den 9. d. M. tagtehierorts der deutsche Schneidcrkongreß. Anwesend waren auS allenTheileu Deutschland» 30 Delegirte, die 39 Mandate verttaten.ES wurde vollständige Einigung erzielt und Montag Nachtsum 2 Uhr unter Enthusiasmus der neue Verein proklamirt, woraufder Schluß des Congresses erfolgte. Näherer Bericht folgt.WeichenSach i. iß. Wir haben seiner Zeit die nach der letztenReichstagSwahl von denConservativen im 22. sächs.WahlkreisegcscheheneGründung eine«„Reichstreuen Vereins deS gemäßigten Fortschrittsberichtet. Die Gründung geschah hauptsächlich wegen der uner-warteten Wahlsiege der Sozialdemokraten auf dem Lande und hattezum Zweck, für fernere Wahlen selbständiges Handeln zu ermöglichenbez. der üblichen Fusion mit den Nationalliberaleu mehr und mehrzu entsagen. Deshalb wurde auch der Reichstreue und dem Fort-schritt im VereiuSuamen Ausdruck gegeben, damit man nicht ferner-hin diese größtentheilS auS Beamten, Geistlichen, Gutsbesitzern:c.bestehende Partei als sächsische Partikularisten und Reactionärebettachten könne. ES war hierdurch zugleich den NationalliberalenGelegenheit geboten, mit dieser Partei ihre erhabenen Ziele weiterzu verfolgen und im Bunde mit der Reaction unter der Firma„ReichStreue und Fortschritt- durch einfachen Beitritt weiter zustreiten, wie dieS ja bei alle» Wahle», wo die Sozialdemokratieauf den Kampsplatz ttat, geschah und geschieht. Doch welche Täu-schung. Vor wenigen Tagen kam ein Aufruf zur Gründung eines„Logtl. freisinnigen Verein«-, wonach daS Hauptstreben einesguten Deutschen sein muß, der Führung des Reich» imVolke eine feste und dauernde Stütze zu schassen, unddaß zu diesem Zwecke genannter Verein seine Thätigkeit entfaltenwird. Die Constituirung hat am 25. Juli in Treuen stattgefunden,e» wird also baldigst in erwähnter„Freisinnigkeit- gemacht werden.Wir Sozialisten wollten immer durch Verbesserungen der Reichs-einrichtungeu das Reich und damit auch die Führung dem Volkelieb und werth machen, hier wird uns aber gezeigt, wo angefangenwerden muß, sowie auch, wie wackelig Manches ist, da es sonstnicht» zu stützen gäbe.Rob. Mütter.Nertt«, 25. Juli. Heute fand in dem Lokal„Zum deutschenKaiser- eine Generalversammlung der Akkordträger, Bau- undErdarbeiter statt mit der Tagesordnung:„Die Nothwendigkeit dereinheitlichen Organisation-. Al« Referenten funzirten die HerrenNaumann und Unterzeichuetcr. Nachdem Herr Baumann dieNothwendigkeit der Organisation aller Arbeiter im Allgemeinenund ich die Nothwendigkeit für unfern Beruf selbst beleuchtethatte, wurde folgende Resolution einstimmig angenommen: Dieheutige außerordentliche Generalversammlung der Akkordträzer, Bau-und Erdarbeiter Berlin» erklärt: eS ist die erste Pflicht eines jedenAnwesenden, mit allen Kräften und mit allen uu« gesetzlich zu Ge-böte stehenden Mitteln dahin zu wirken, daß alle unsere Collegensich dem Berliner Akkordttäger- und Bauarbeitcr-Vereiu anschließenund für Verbreitung der allgemeinen Arbeitcr-Prinzipien Sorgetragen. Mit sozialdemokratischem Gruß Wilh. Weißmanu.Aranllfurt a. M.. 5. Augost. Gestern Abend fand imPfuhl'schen Lokale auf der Zeil eine sehr zahlreich besuchte Volk«-Versammlung statt. Die Tagesordnung«ar: 1) Die reichsfreund-liche unv die reichsfeindliche Presse. 2) Die Bier- und Pretroleum-steuer. Klein referirte über den 1. Punkt in einstündiger Redeunter dem Beifall der Versammlung und geißelte in scharfen Zü-gen das Verhalten der reichsfreundlichen Presse, die alle Blätter,welche nicht mit ihr in ein Horn blasen, als reichSseindlich be-zeichnen. Redner wieS daraus hin, daß alle Blätter, die nichtauS dem Reptilienfonds zehren, von der regierungsfreundlichenPresse als reichsfeindlich betrachtet werden. Redner kritisirte auchdas Verfahren der Regierung gegen die Redakteure der„FraukfurterZeitung" und wurde eine von H. Sabor gestellte Resolutioneinstimmig angenommen. Die Resolution lautet: Die heutigeVolksversammlung erklärt: da» Vorzehen der königlich preußischenStaatsanwaltschaft gegen die Redakieure der„Frankfurter �Zei-tung- ist ein in allen europäischen Ländern— vielleicht mit Ausnahme Rußland«— unerhörtes. Ein solches Vorgehen droht dienothwendigen LebenSbedingungeu der Presse zu vernichten, welcheden Staat nicht einem orientalischen Despotismus entgegengettiebe«wissen will-. Der 2. Punkt wurde dahin erledigt, daß e» die An-stcht der Redner war, alle Steuererhöhungen aus Lebensbedürfnisseseien nur gegen die Interessen der Arbeiter gerichtet sind undeS sei unter aller Bedingung dagegen zu protestircn. Schließlicherinnerte Kunz noch, daß es Pflicht und Schuldigkeit ist, die Ver-breitung der Arbeiterorgane zu fördern, nur a»s diese Weise seider heutigen Lügenpresse ein Damm entgegen zu stellen.— Wirhabe» den Tod eines tapferen Sozialisten zu beklagen. Schrift-fetzer Kulo ist plötzlich beim Nachhausegehen vom Schlage ge-troffen und gestorben. Kulo hat immer seine volle Schuldigkeitgethan und für das arbeitende Volk gekämpft. Friede sei mit ihm!B. Liudheimer.Wei»i«gen, 1. August. lArbeiterbildungsverein.) Um denParteigenossen zu zeigen, wie man die Wahrheit und Aufklärungin den hiesigen Lokalblättern zu verbreiten sucht, lasse ich hier eineKritik meiner Correspondenz in Rr. 74 de«„BolkSstaat- folgen,welche wahrscheinlich ein sehr gelehrter Volksbildner von hier indie„Weimarische Zeitung" hat setzen lassen und welche in Nr. 156deS hiesigen Tageblattes sofort, trotz der verschiedenen Wortver-drehungen, zum willkommenen Abklatsch kam. Man überlegte dabeinicht, daß die meisten der hiesigen Einwohner doch so ziemlich dieWahrheit meiner Correspondenz erkannten, denn die Nr. 74 de»„Volkestaat" wurde mit einem wahren Heißhunger gelesen undallgemein gut aufgenommen. Ich lasse jetzt die fragliche Kritik,die, wie schon gesagt, auch im hiesigen Tageblatt Aufnahme fand,folgen:„Aus Meiningen, 5. Juli, wird der„Weim. Ztg." geschrieben:Obgleich die Sozialdemokratie bei uns keinen festen Grund undBoden hat, so wird doch neuerdings wieder in den sozialdemo-kratischeu Blättern von dem hiesigen Fortgang der sozialdemokra-tischen Bewegung gemeldet. Diese staatSretterischen Ideen findenjedoch unter unserer Arbeiterbevölkerung im Ganzen wenig Theil-nähme; in einer Versammlung der Tischler behufs Gründung einerGewerkschaft betonte z. B. ein Wortführer unter anderm sehr stark,daß sie nicht« mit den Sozialdemokraten zu thun hätten;„wirwollen keinen Verein gründen", sagte derselbe,„wo man nur denVergnügungen nachgeht, und wo jeder Mistgabelgeselle aufgenommenwird, sondern wir wollen eine Gewerkschaft, mit deren Hilfe dieLage der Tischler gehoben werden kann." Infolge des Wieder-aufbaues de» abgebrannten StadttheilS befinden sich unter denBauarbeitern auch sehr viele Belgier und Italiener, welche meisten«zur Backsteinfabrikation und zu Erdarbeiten verwendet werden unddurchschnittlich täglich 2'/, bis 3 Mark verdienen. Di; Zurück-Haltung von der Sozialdemokratie, ihre einfache Lebensweise undihre unverdrossene Thätigkeit ist aber den hiesigen wenigen Sozial-demokraten ein gewaltiger Dorn im Auge, sie benennen dies- Ar-bester nur die Meininger Kalis. Freilich entziehen solche Arbeiterden sozialdemokratischen Großsprecher« allen Boden."Was nun de» erster» Satz der Kritik betrifft:„Obgleich dieSozialdemokratie bei uns keinen festen Grund und Boden hat,"so zeigt eben der Verfasser, daß er mit den Gesinnungen der Ar-bester und kleinen Meister sehr wenig bekannt ist, denn obgleichhier in dieser Sache noch sehr wenig Aufklärung herrscht undman überhaupt hier noch in den meisten Fällen den Verstand unddie nöthigen Kenntnisse zu einem gesunden und natürlichen Fort-schritt im heiligen Geldsack und in einer hohen Stellung sucht(da« beweist die letzte Gemeinderathswahl und die jetzige Zusammen-stellung deS Gemeinderaths), so erklärten sich doch in der erstenhierzu einberufenen Volksversammlung, welche am 2. Dezbr. 1873hier abgehalten wurde und in welcher Jmhof referirte, trotzdemdieselbe sehr schlecht besucht war, also als eine verfehlte zu be-trachten war, 22 Arbeiter zu Mitgliedern unserer Partei, und am15. Dezember 1873 traten in einer zweiten Versammlung wieder10 Arbeiter der Partei bei, und so bildeten wir mit 32 Arbeiternzum neuen Jahr 1874 den Arbeiter-BildungSverein, welche Zahlsich bis zum 15. Februar auf 41 steigerte, trotzdem unterdessenauf Veranlassung de» hiesigen BildungSvereinS Dr. Lindwnrm iueiner Versammlung am 30. Januar 1874 seine Weisheit hörenließ, z» welchem Ohrenschmauß der Vorstand gedachten Verein«eS für nöthig hielt, mich und unfern Verein brieflich einzuladen.Am 15. Februar hielt nun in einer von mir einberufenen öffent-licheu Versammlung unseres Verein» Herr Wilh. Bock auS Gothaeinen Vortrag vor einer sehr stark besuchten Versammlung, wosich ebenfalls wieder 21 Arbeiter einzeichneten, und so ging eS fortso daß wir bald eine Miigliederzahl von 81 hatten. Da abernun die Herrn Meister in Verbindung mit den Herrn Nationalliberalen ihre Hetzjagd einleiteten, und wir weiter keine Versamm-lungen abhalte» konnten, so war eS ganz natürlich, daß wiede.sehr viele zurücktraten. Trotz der Hetzjagd hat die Zahl der ge-Heimen Sozialdemokraten in letzter Zeit hier sehr zugenommen undhaben wir mehr festen Boden als der Herr Verfasser der„Kritik"glaubt, und es darf nur agitirt werden und unser Verein würdezum Strecken deS Verfassers ganz erstaunlich zunehmen. Unser-Sache ist also ebensoweuig im Rückschritt begriffen, wie anderSwoauch. Was nun die staatSretterische Idee öetrifft, so freut eS umsehr, daß unS der Herr Verfasser diese Idee zutraut, denn daßwir mit unserer Idee weit eher einen Staat retten könnten, alndie privilegirten StaatSretter und deren Anhang, das wird jedeuvernünftigen Menschen, der unsere Sache genau verfolgt hat, einleuchten. Wa» nu» die Versammlung der Tischler betrifft, so kannk