zeichnen. Und Hut ab vor der kühlen Unverschämtheit des Schluß- Passus, die erst vann voSständig gewürdigt werden kann, wenn man erwägt, daß der Blum'sche Polizeistreich ganz darauf be- rechnet war, zu Ruhestörungen zu führen, und ohne vie politische Schulung der Sozialdemokraten auch unfehlbar dazu geführt häile. Und dieDeutsche Allzemeine Zeitung" trägt an der Stirn die stolze Devise:Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!" Prächtige Harmonie zwischen Theorie und Praxis. . Die Beschäftigung von Kindern unter IL Jahren i« de« Fabrike» ist reich«, esetzlich verboten. Kürzlich nun hat der konservative Bcreiu von Sachsen ein Flugblatt herausgegeben, in welchem enthüllt wird, daß in einem leider nicht geuannteu Dorfe, von 310 Schultinderu nicht mehr und»icht wcuiger als 86 mmderjährige Kinder zur Fabrikarbeit augehalten werden. Und solcher flagranten GesetzeSveiletzuug gegenüber getrauen sich die Atbeitgebcr noch, den Arbeiter» ein Contraktbruchgesetz auf- halsen zu wollen, weil hier und da ein Arbeiter contraktbrüchig geworden ist? Getrauen sich die Arbeitgeber noch, von einer Be- schränkung de« CoalitiouSrechtS der Arbeiter zu sprechen, welches doch die einzige legale Waffe ist, mittelst welcher sich dieselben der Uebergriffe seitens der Arbeitgeber erwehre» können? Freilich, für die Kapitalisten die Freiheit der Ausbeutung, für die Arbeiter der Zwang zur Arbeit; für die Kapitalisten der Gewinn für die Arbeiter der Hungerloh». Nicht wahr, so wäre eS recht? Kapitalistische Ausbeutung in Rußland . In Süd- rußland giebt es, ebenso wie überall, wo die kapitalistische Produc- tionSweise in Blüthe steht, Fabriken, wo Tag und Nacht gearbeitet wird. Die Arbeiter wechseln von 12 zu 12 Stunden, ohne Unter­schied des Geschlechtes und Alter«. Auch Kinder werden zu Nachtarbeiten verwendet. Zum Schutz der Thiere hat die BourgeoisieSchutzvereine" gegründet. Thierquälerei ist aus Menschlichkeit" verboten für die Arbeiter giebt es keine Mensch- lichkeit. In Kasan giebt eS eine Fabrik, in der 260 Kinder zehr, Stunden täglich arbeiten. In einer anderen Fabrik giebt cs 2S Prozent Kinder. Die Arbeitszeit ist von 2 Uhr früh bis 9 Uhr Abend«, also neunzehn Stunden. Der Lohn ist ohne Unter- schied 5 Kopeken gleich 10 Kreuzer. Neunzehn Stunden Arbeit für Kinder, ist das nicht offenbarer Kindermord?! Neunzehn Stunden Arbeit für Erwachsene, ist das nicht Menfchenquälerci? Wie könnte der Fabrikant aber sonst genügendEntbehrungslohn" erwerben? Wie könnten die Reichen sonst durchSparsamkeit" reicher werden? Wie weit eS kapitalistische Sparsamkeit bringen kann, beweist der russische Kaufmann Maljzov. Derselbe besitzt die Kleinigkeit von 107 Fabriken, 47�5 Quadratmeilen Landeigen­thum, 20 Werst Eisenbahn , 8 Dampsschlffe ic. Erunterhält" 128,354 Arbeiter und zahlt ihnen-inen über alle Beschreibung sparsamen" Lohn. Da« ist das R-z-Pt, wie man durchSpar- samkeit" reich werden kann. Die Arbeiter brauchen eS blos nach- zumachen nicht wahr HerrDr." Schultz- auS Delitzsch ? Parteigenosse Stäger, welcher wegen MajestätSbeleidigung eine Gesängnißhaft von 6 Monaten zu oerbüßen hatte, ist nach überstandener Hast am 2. September aus der Strasanstalt Plötzen- see entlassen und sofort ausgewiesen worden. Stäger ist Schweizer . Bringt man diese Thatsachc in Verbindung mit der Zeitungsnotiz, daß betreff« der Ablieferung Ausgewiesener zwischen Preußen und Oesterreich ein Uebeceinkommen getroffen sein soll, so gewinnt es fast den Anschein, als ob wir einer neuen AuSweisungS-Aera zusteuerten. Nun, uns soll'S recht sein. Ge- schadet habe» u«S die Ausweisungen von Parteigenosseu seither nicht und sie werden uns auch fürdcr nicht schaden. UebrigenS ist unser" Tessendorf von einer Erholungsreise nach Berlin zurück- gekehrt. Es kann also wieder losgehen. AuS Colditz , 10. September, wird uns geschrieben: Der Prozeß wider Paatzsch und Genossen ist nunmehr in allen In- stanze» entschieden und daS erste Urtheil bestätigt worden, nach welchem die Augeklagten Paatzsch, Krauß, Müller und Andreä zu 14 Tagen Gefängniß, Böttger und Weiße zu 6 Mark Strafe und Jeder zu einem Sechstheil der Kosten, welche in Summa Summa- rum die Höhe von 200 Mark erreichen dürsten, verurtheilt wor- den ist. Daö Verbrechen, dessen die Verurtheilten sich schuldig ge- macht haben, besieht in der Vertheilung staatsgefährlicher Wahl- aufrufe, bei der Nachwahl zum Reichstage vorigen Jahres. Es ist dies hier der erste Prozeß, welcher gegen die Sozialisten ange- strengt worden ist. Die Verurtheilten fühlen sich durch ihre Be- strafung in ihrer sozialistischen Ueberzeugung nur gekräftigt. Parteigenosse Leyendecker von Mainz stand vor Kurzem vor den Schranken der Strafkammer, angeklagt, in einer Schneider- Versammlung den§ 130 des D. St. G. verletzt zu haben. Trotz der glänzenden Vertheidigung des Herrn Dr. Beinganum wurde Leyendecker zu 2 Monaten verurtheilt. Die StaatSanwalischast hatte 6 Monate beantragt. Leyendecker hat sofort die Appellation angemeldet. Gewerksgenossenschaftliches. MetallarbeitergewerkSgenoff enschaft. Keilöroun. Alle Metallarbeiter werden hiermit darauf aufmerksam gemackt, nicht in die von derMaschinenbaugesellschaft Heilbroun" immerwährend ausgeschriebenen Stellen, als Gießer, Dreher, Schmiede u. s. f. zu gehen, da genanntes Geschäft wegen schlechter Bezahlung einen starken Wechsel hat. Die Accorde sind «icht fix, sondern der Werkführer berechnet nach seinem Ermessen, und was am Zahltag verabfolgt wird, muß genügen. NB. Die Arbeiterblätter werden um Abdruck gebeten. Berei« der Sattler und Berufsgen offen. Uerlitt, 10. September. In die, in Ztr. 104 desVolköstaat" veröffentlichte Abrechnung der Hauptkasse pro August hat sich ein unliebsames Versehen emgeschlichen. Unter der Einnahme fehlen Siei Posten, und zwar: Von durchgereisten Mitgliedern abgezogene eiträge Mrk. 2,0, ein Protokoll 0,25. Summa 2,25. Das Versehen ist bei der Uebertragung aus dem Hauptbuch in den Bericht für denVolksstaat" geschehen. Th. Weber, Kassirer, Berlin SW., Simeonstr. 6, Hos 4 Tr. , Allgemeiner deutscher Schueidervereiu. Ureme», 7. September. Die Chemnitzer Collezen werden aufgefordert, in Betreff der uns angeblich gesandten und nicht quittirten Strike-Untttstützungsgelder bei den damaligen Strike- Kassirer A. Post, Baztstr. Nr. 1, unverzüglich zu reklamiren. Mit collegialischem Gruß I. A.: Fr. Fellerman». Rreme«, 10. September. Da« ArbeitSuachweisungS Bureau, welches wir mit der Innung bisher gemeinschaftlich führten, ist von derselben wieder aufgehoben worden; wir haben deshalb so- gleich unser eigenes ArbeitSnachweisungS-Bureau wieder hergestellt, woselbst unentgeltlich Arbeit nachgewiesen wird, und empfehlen eS allen zugereiste» Collegen auf's Beste. Da« Bureau befindet sich auf unserm Verkehr, Haukenstr. 25, beim Gastwirth Lahmcyer. Da die Angelegenheiten mit der Innung sich noch in der Schwebe befinden, so ersuchen wir alle auswärtigen Collegen, den Zuzug nach hier möglichst fern zu halten. Mit Brudergruß I. A.: Fr. Feller mau». NB. Alle arbeitersteundlichen Blätter werden gebeten, von Obigem Notiz zu nehmen. Gewerkschaft der Schuhmacher. Mai«;, 5. September. Arbeiter! Collegen! Am 19. Sep­tember tagt in Mainz der erste mittelrheinische Schuh - mach er tag. Aus diesem soll gemeinschaftlich berathen werden, wie die Collegen iu diesen Orte», in denen Alle« noch in tiefem Wiuterschtafe liegt, aufzuwecken sind. So wie die Sonne im Frühling durch ihre heißen Strahlen AlleS, wa« in der Natur schläft und todt ist, zum Leben ruft, so soll ein Jeder daS Samen- korn der Erkenutniß, das ihm zu Gebote steht, au«säeu, damit eS Wurzel faßt uud Früchte weckt. Jeder Arbeiter muß seine Klaffen- läge erkennen lernen. Gerade unser Geschäft ist eS, i» dem so sehr viele Mißstände herrschen, die eine vollständige Reorganisation erheischen. Und eS bedarf eineS unermüdlichen Ringens und KämpfenS. Keine Mühe und kein Opfer darf gescheut werden, damit auS dem geringen Anfang ein große« Ganze wird. Bor Allem unseren Franksurter Collegen möchten wir zurufen, nicht kleingläubig zu sein und sich mit Vorurtheilen zu befassen! Soll für da» große Ganze etwas geschaffen werden, so bedarf e« einer einheitlichen Organisation. Daß Arbeitertage schon stattgefunden haben, die dem nicht entsprochen, waS man von ihnen erwartet hat, wollen wir nicht bestreiten, aber von einem Hieb fällt kein Baum. Darum aus Collegen nach Mainz ! Tagesordnung: 1) Die Agitation und die Verbreitung derselben. 2) Die Organisation und die Befestigung derselben. 3) Gründung von Agitation«- ComitöS. 4) Die Bewegung im Allgemeinen. Das Versammlungslokal ist steingasse bei Herrn Zappe, WallauischeS Lokal, wo die Delegirtea biS spätestens halb 10 Uhr Morgens eintreffen möchten. I. K... Correspondenzen. Leipzig , 3. September. Vorgestern Abend fand hier im Saale derTonhalle" eine Volksversammlung statt, welche zur TageSord- nung hatte:Die Sedanseier" uudDas Leben und Wirken Ferdinand Lassalle'S ". Dr. Otto-Walster aus Crimmitschau hatte daS Referat übernommen. Redner unterzog das Sedaufest einer strengen Kri- tik. Er sprach etwa Folgendes: Will man ein Fest feiern, so muß man sich fragen, was wohl für eine Veranlassung dazu sei. In früherer Zeit hatten die Todtenfeste große Bedeutung und das Nächstliegende wäre, die Sedanseier, für ein Todteusest zu halten. Taufende von Menschen sind an diesem Tage hingeschlachtet worden; es fand ein Hauptvölkermorden statt, und deShaib will man den Tag feiern? Denken wir unS aus daS Schlachtfeld da finden wir zerschlagene, zerstochene, zerschossene und auf alle mögliche Weise verstümmelte Körper; wird uns da nicht ein Gefühl tiefer Trauer beschleichen? Wollen wir uns darüber freuen, daß am Sedantaze ein Volk daS andere»iedergefchmettert hat? doch, wenden wir unfern Blick hinweg von diesem Bilde und fragen wir uns, was hat unS der Sedantag gebracht? Da sagen unsere Gegner, daß so viele Menschen bei der Schlacht umgekommen sind, das ist zwar zu bedauern, aber daS läßt sich nicht ändern. Wen» auch der Schlachttag an sich nicht Veranlassung zu einem Freudenfest ist, so sind es doch seine großartigen Errungenschaften. Der Sedantag hat die Deutschen zu besseren Bahnen hinübcrgeleitet. Au» ihm ist die deutsche Einheit und Freiheit herausgewachsen. Wir haben jetzt wirtlich eine außerordentlich- Einheit, angemall mit schwarzweißrothen Farben, nur hat sich leider auch seit dieser Zeit der BegriffReichSfreundlichkcit" undReichsfeindlichkeit" heraus- gebildet, und, was sehr zu denken giebt, bei dieser Vereinigung ist der älteste Sohn ver Familie, sind die Deutschen in Oesterreich , hinausgeworfen worden! So wie mit ver Einheit uud noch schlimmer steht e« mit der Freiheit. Wir sind frei geworden, merken»sie nichts davon? Freilich dürfen Sie nicht mehr so frei sprechen als früher. Wir haben jetzt deutsche Preßfreiheit, und seit der Zeit wandert ein Redakteur um den andern ins Ge- fängniß. Man staunt, wie jetzt mit Worten und Begriffen, die das Volk lieb gewonnen hat, ein Spiel getrieben wird uud wie man sucht, darauf ein anderes Wappen zu prägen, um sie als reichsübliche Münze in Umlauf zu bringen. BiSm arck ist auch freistunig, er hat eS selbst gesagt. Bismarck ist ein Mann deS Volkes, er hat sich sogar ausdrücklich verbeten, daß Jemand ihm gegenüber vom Volk sprechen dürfe. Bismarck ist auch Volk und wa» für Volk. Nun lebt der Mensch aber nicht bloS von Einheit und Freiheit, er will auch etwas anderes ge- nießen. Dazu haben wir ja fünf Milliarden von Frankreich erhalten. Mit diesen kam der große industrielle Aufschwung! Hunderte von Fabriken wurden gebaut, die Arbeiter langten nicht zu, man dachte schon daran, chinesische Kuli« nach Europa einzu- führen. Doch, gleich einem Riesenluftballon, der in ein Häufchen Lumpen zusammenfällt, wenn ein Junge einen Schlitz mit einem Taschenmesser dreiu macht, ist auch der industriell- Aufschwung hinabgesunken zu einem Häuschen Luuipen! Der Sedantag hat unS aber Frieden gebracht und daS ist viel werth. Wir werden Frieden haben, denn Moltke hat im Reichstag gesagt, daß wir fünfzig Jahre mit den Waffen schützen müssen, waS wir in einem Jahre mit den Waffen erobert haben. Wir haben nun auch El- saß und Lothringen annexirt, weil eS früher zu Deutschland ge- hörte. Allerdings ist eS eigenthümlich, daß Elsaß-Lothrinzen von Deutschland nichts wissen will,«nd eS ist nicht gerade takt- voll, Jemandem seine Liebe aufzuzwingen. Wenn sich ein Kind lieber dem Stiefvater anschließt, so ist daS kein gutes Zeichen für die Mutter. Elsaß-Lothringen haben wir auch genommen, um unsere Grenzen zu defestigeu. Dabei hört man leider immer wieder, daß der Friede gefährdet ist, und daß der Kriezsminister jede« Jahr sagt: wir müssen das Reich wehrfähiger machen und mehr Soldaten haben. Wir haben zwar mit den Züadnadelge- wehren Oesterreich und Frankreich geschlagen, aber sie reichen nicht mehr auS, Mausergewehre müssen wir haben! Ja wir können die Gewehre auch bezahlen. Wir haben ja fünf Milliarden. Zwar stehen uns neue Steuern in Aussicht, unter anderen Petroleum- steucr(Petroleum ist ja nun einmal wie bekanntreichsfeindlich"!), doch soll vor allem dieBörse" besteuert werden. Doch ich denke, wenn es mit demKrachen" so fort geht, wird wohl von der Seite wenig Wteuer zu erheben sei». Trotzalledem wird Sc- dan gefeiert. Fahnen werden an die Luft gehangen, sogenannte Festrede» werdet geredet und wir werden morge» sehen, wie die Spitzen der Intelligenz hinter einem Leichammel herlaufen, der eS vielleicht übermorgen vorzieht, nach Amerika »»«zuwandern, weil ihn sonst der Staatsanwalt beim Ohrläppchen kriegen möchte. Am Schlüsse seiner Rede erwähnte Walster noch de«Hermanns- fest-S" und wies nach, daß Hermann nicht« weniger als der Be- freier der Deutschen vom Römerjoche gewesen sei, da»och Jahr- hunderte»ach seinem Tode die Römer Castelle in Deutschland inne gehabt hätten. Der lebhafte Beifall, der dem Redner zu Theil wurde, beweist die Stimmung der Versammlung uud die Stellung der Arbeiter zum Sedantage. Motteler bestieg»un die Tribüne: Der Sedantag ist für un» ein Tag der Rechenschaft, ein Tag, an dem wir Rechenschaft von unfern Gegnern fordern müssen. Wir wissen, daß daS Jahr 1366 ein Vorspiel deS JahrcS 1870 war; eS ist un» bekannt, daß Sc dan nur die Fortsetzung von Sa- dowa gewesen ist. Wir sehen, daß man seit der Zeit bemübt ist, die Völker mit äußere» Angelegenheiten zu beschästigen, seit die Arbeiterbewegung in Deuffchland Fuß gefaßt hat, seit Lassalle dem Volk zurief: Proletarier vereinigt Euch!... M. H. Dieselbe Presse, die heute da« Volk anfeuert, den Sedautag zu feiern, war es, welche laut aufjubelte, als der meineidige Präsident der fran- zöstschen Republik, Bonaparte, den Kaifcrthron in Frankreich er- richtete und auf sein Banner schrieb: DaS Kaiserreich ist der Friede. Die Presse war es, die seinem Thun und Treiben lauten Beifall zollte. Di-selbe Presse, die heute daS deutsche Volk für den Sedantag zu begeistern sucht, war cs, die damals immer und im- mer wieder in die Welt hinausposaunte: daS Kaiserreich ist der Friede nicht bloS für Frankreich , sondern für Deutschland , für Europa. AlleS lag im Staube vor der Allmacht und Weisheit Bonaparte's. Als die Internationale im Jahre 1866 gegen den Bruderkrieg protestirte, als wir für den Frieden plaidirten, da ver- höhnte und verlachte man unS. Als wir bei der Ueberschreitung der Mainlinie sagten, daß dieses einen französischen Krieg zur Folge haben würde, da verhöhnte man unS, nannte unS Kleinstaatler und Vaterlandslose. Wie habe» sich die Dinge gestaltet? Die Presse versuchte alles Mögliche, da« deutsche Volt gegen daS fran- zösische aufzuhetzen. Es kam der französische Krieg, eS kam Sc- dan, wo an einem Tage 10,000 Leichen und nicht weniger als 30,000 mehr oder weniger schwer Verwundete daS Schlachtfeld be- deckten. Napoleon zog mit einer Schaar von Köchen uud Dienern auf das schönste Schloß Deutschlands . Geben uns diese Umstände Veranlassung, Sedan zu feiern? Bei dieser Gele- genheit will ich«och erwähnen, was die Leipziger Einwohner für da» Sedaufest zu bezahlen haben. Die Notizen sind der Haupt- rechuung der Stadtkasse zu Leipzig für daS Jahr 1874 ent- nommen. In diesem Jahre wurve auSgegebcn für daS Sedanfest und bei ähnlichen Gelegenheiten: Feier des Geburtstags deS Kaisers 153 Thlr. 16 Gr. Feier deS 2. September 1,223 Thlr. 12 Gr. 4 Pf. Aufwand, welcher bei der Durchreife Sr. Majestät des deutschen Kaiser« erwachsen ist, 25 Thlr. Aufwand zu den Fest- lichkeiten bei Gelegenheit der Anwesenheit der kgl. Majestäten in hiesiger Stadt, in den Tagen vom 28. Januar bis mit 1. Febr. 1374 6,970 Thlr. Beitrag an die Schützenzesellschaft 107 Thlr. 22 Gr. Feier des Geburt«tagS Gr. Majestät deS Königs 679 Thlr. 7 Gr. 5 Pf. Beitrag zum Aufwand für die Be- wirthung der Mitglieder des sächsischen Forstvereins 200 Thlr. Summa: 9,362 Thlr. 27 Gr. 9 Pf. oder 23,033 Mark 79 Pf. Wir sind leiver wegen de» Raummangels genöthigt, un« mit diesen wenigen Sätzen aus der Rede, die den lebhaftesten Beifall fand, zu begnügen. Zum Schluß sprach Walster in würdiger Weife über den zweiten Punkt der Tagesordnung, hervorhebend, daß Lassalle der Bahnbrecher der sozialistischen Ideen in Deutsch - land gewesen sei, dem die deutschen Arbeiter deshalb zu Dank ver- pflichtet seien. Nachdem noch Ramm einig- wohl zu beherzigende Worte an die Versammlung gerichtet, zum Eintritt in die Partei und zum Abonnement auf sozialistische Blätter aufgefordert hatte, nahm die Versammlung folgende Resolution einstimmig an:Die von liberaler Seite veranstalteten sozeuanuten National- und Sie- gesfeiern sind nichts Anderes, als vergebliche Versuche, die kritische Lage der innereu wirthschaftlichen Verhältnisse Deutschlands vor dem Volk- und nach auße» hin zu bemänteln uud das Bewußtsein der politischen Unsicherheit deS R-icheS abzuleugnen. Sie erkennt in der Feier des SedantageS die Absicht, den na- tionalen Haß zwischen Franzosen und Deutschen fortgesetzt anzu- schüren und somit das Volk für die«eiteren Bestrebungen der deutschen Kriegspartei greigneter zu machen. Deshalb protestirt sie entschieden gegen den Versuch der Presse und ihrer Brodherren, die Sedanseier als aus dem BolkSbedürfniß und VolkSgemüth her- ausgewachsene« Nationalfest darzustellen und das Volk für die späteren Folgen der liberalen Sünden mit verantworlich zu machen. Sie protestirt serner gegen den Mißbrauch der Jugend zu politischen Schaustellungen, sowie gegen die Anmaßung einer Haß und Nationaldünkel predigenden Minderheit, im Namen deS ganzen Volkes sich nach inneu und außenhin aufzuspielen und zu diesem Zwecke endlich noch den VolkSsäckel in Anspruch zu nehmen". Daraus wurde die Versammlung die trotz des Regenwetters von ca. 1000 Personen besucht war geschlossen. E. K. Kkeinischocher"). In der«m 18. August abgehaltenen und sehr zahlreich besuchten Volksversammlung in H. Lange'S Restau­ration rcferirte Herr Naturheillehrcr Löwe auS Leipzig überdaS neue Jmpfgesetz" zur größten Zufriedenheit der Versammlung. An den ersten Punkt anknüpfend, referirte Trost überdie Zwangs- impfung i» unserer Schule" unter großem Beifall. Trost stellte zunächst folgende drei Fragen an den anwesenden Gemeindevor- stand: 1) Ist der Gemeinderath von der, von Herrn Dr. Götz auS Lindenau , al« Bezirksimpfarzt, am Sonnabend, den 14. Aug., vorgenommenen Zwangöimpfunz in unserer Schule in Kenntniß gesetzt gewesen, oder nicht? 2) Ist die Zeit von'/«9 Uhr ab Unterrichtszeit, oder nicht? 3) Zahlt die Gemeinde dem Herrn Dr. Götz die von ihm geforderten 1'/, Mark pr. Kopf der Impf- linge, oder nicht? Der Gemeindevorstanb Herr Rammelt erklärte Folgende»: Der Gemeinderath sei, eben so wenig wie er selbst, von der Impfung in Kenntniß gesetzt worden. Auch sei von »/«9 Uhr Vormittags ab keine Unterrichtsstunde mehr. Nach zwei- *) Wir veröffentlichen nachfolgende Eorrespondenz mit dem ausdrück­lichen Bemerken, daß die Spalten desVolksstaat" einer thatsächlicheu Berichtigung au« Grundsatz niemal« verschlossen sind. R. d. B.