Beilage des neuen Vorwärts Nr. 4

Lehrer! Augen rrrechts!

Außerdem müsse die Erziehung zur Wehr-| reits abgebaut. Der Stellenhunger der ge­haftigkeit in der Schule schon so gefördert treuen" Nazis ist unersättlich. Die Methode der werden, daß der Keim des Werdegedankens Verläumdung schafft nicht ausreichend, vor schon in die heranwachsende Jugend gelegt allem gehts nicht schnell genug. Die Einzel­auslese bereitet zuviel Hemmungen

Seitdem das Dritte Reich in Deutschland werde. ausgebrochen ist, tragen alle Tagungen mehr Herr Dr. Frick hat offenbar noch den libe- Man machts also prinzipielle. Prinzipien ent­oder weniger den gleichen Charakter. Befehls- ralistisch- marxistischen Unterricht in der lasten das Gewissen und man kann ein wirk­mäßig marschieren alle noch geduldeten Ver- Schule gehabt. Sein Wehrwille war so stark sames Schema aufstellen. Also wird angeordnet: bände auf und lassen sich je nach ihrem besön- ausgebildet, daß er während des Krieges in deren Vereinszweck variiert, die gleichen ge- Pirmasens auf der Schreibstube saẞ. schwollenen nationalsozialistischen Phrasen ge­horsamst aufitischen.

1. Alle Beamten, die der Marxist Grimm angestellt hat, kommen zuerst daran.

2. Dann folgen die Beamten aus der Aera Becker. So gehts durch alle Aemter. Jetzt

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Schweizer Faschismus?

Zürich , Anfang Juli.

Seit dem 5. März, dem Tag der Reichs­ratswahlen, ist Unruhe in die schweize­rische Politik gekommen. Der jähe Aufstieg der deutschen Nationalsozialisten, die bru­tale Wucht der, Gleichschaltung" auf allen Gebieten, die Zerschlagung der freien Ge­werkschaften, vor allem aber das scheinbar Neue in der Hitler- Bewegung, haben auch in der Schweiz Bewunderer und Nachbeter gefunden.

Freilich hat auch hier die Krise einige Vor­direktor zwar national gesinnter Mann, arbeit geleistet. Die Arbeitslosigkeit alter Berufsbeamter, hervorragender Ge- hält sich zwar, verglichen mit den großen lehrter, Professor der Universität Berlin .

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europäischen Industriestaaten, in erträglichen Aber Herr Becker hat ihn berufen Grenzen. Sie trifft fast ausschließlich die Ex­also ab. Es wird ein Platz frei für einen Nazi. portindustrie, soweit diese Produkte liefert, die Prof. Justi, Leiter der Nationalgallerie. Weit stärker aber als das Elend, das heute ist, zu den Stapelartikeln des Weltmarktes gehören. Die Leute haben ihn zwar früher verdäch- ist die Furcht vor dem Elend von morgen. Sie tigt, daß er ein rechtsgerichteter Mann sei. beherrscht vor allem die Massen der Angestell­Aber er ist ein Freund der modernen, der ten und des Mittelstandes. Die dunkle Angst ,, Asphalt"-malerei. Er hat Ausstellungen mo- vor einer Katastrophe, über deren Was und derner Malerei im Krepniszerpalais veran- Wie man nichts weiß, deren Kommen man aber staltet, die Abteilung moderne Malerei in der mit unbegreiflicher Gewißheit voraussieht, Nationalgallerie eingerichtet. Schulze- Naun- macht diese Schichten dem scheinrevolutionä­burg hat ihn verurteilt, also Schluß damit. ren Konservativismus der faschistischen Pro­Es gibt einen stellungshungrigen Professor paganda zugänglich. Der jähe Absturz von dem in Halle, der ist Parteigenosse. Der Ersatz felsenfesten Vertrauen zum Kapitalismus, das ist also beschafft. früher geradezu Bestandteil der öffentlichen

Etwa in der gleichen Zeit, wie Herr Frick seine schulpolitischen Ideale anempfahl, sprach In Magdeburg waren die Erzieher an der sozialdemokratische Schulminister Dr. der Reihe.' Vorher waren alle Verbände von Dérer im Prager Rundfunk über die Aufgaben sind die Verwaltungen der staatlichen Museen den Kindergärtnerinnen bis zu den Hochschul - der Schulen. Er lehnte die Schule als Instru- an die Reihe. lehrern gleichgeschaltet worden und die vom ment einer kleinlichen Parteipolitik ab und for- A) Geheimrat Prof. Waelzold, der General­Reichskommissar eingesetzten nationalsoziali- derte, daß sie ihrer eigentlichen Bestimmung, stischen Unterkommissare vertraten dann aus der Förderung des Geistes, zu dienen habe. Die eigener Machtvollkommenheit 300.000 Erzieher, Schule der Tschechoslowakei habe sich in den die in der deutschen Erziehergemeinschaft zu- Dienst jener zu stellen, welche sich dem Gei­sammengefaßt waren. ste der Kultur, der Völkerverstän­Als der Deutsche Lehrerverein das digung, der Anwendung von friedlichen letzte Mal in Rostock zusammengekommen Mitteln bei der Erledigung von Streitigkei- B) war, hatte er als Thema für die nächste Ver- ten im Innern und Aeußeren verbunden fühle. bandstagung: Sinn und Aufgabe der deutschen Der Geist einer religiösen und nationalen Un­Volksschule" beschlossen. Die Erörterung sol- duldsamkeit dürfe nicht in die cher Fragen ist im Hitlerdeutschland überflüs- Schule einziehen. Jeder Versuch, die sig geworden. Von fachkundigen Ausschüssen Schule des Comenius in eine Schule des Ge­seit Monaten sorgfältig vorbereitete Sonder- waltgeistes umzuwandeln, werde im Keime er­fragen wurden abgesetzt, denn der Nationalso- stickt werden, dagegen solle die humani­zialismus liebt nicht die Arbeit, sondern nur täre. Staatside e in jedes Kindeherz ein­die Verkündung. Der neue pädagogische geprägt werden, und als Aufgabe der deutschen Paps in Deutschland ist Herr Schemm, der Schule müsse die Absicht gelten, der friedlichen seit einem Jahrzehnt mit Lüge, Verleumdung und nachbarschaftlichen Zusammenarbeit der und geschwollener Mystik die marxistische- Nationen zu dienen und sie zu fördern. Auf­dagogik totschlägt. Es kommt dabei Herrn gabe der Lehrer sei es, den Geist C) Schemm nicht so sehr auf die Mittel an: So der Liebe, der Arbeit, der gegen­wurde ihm schon vor einigen Jahren durch seitigen Achtung und des gemein­den Chemnitzer Lehrerverein nachgewiesen, samen Zusammenlebens zu fördern. daß er in einer einzigen kurzen Broschüre Von dem Geiste jeder Gewalt und von jeder allein 60 Fälschungen vorgenommen hatte. Die- Rassenideologie solle sich die Schule ser tüchtige Mann verkündete im Namen des fernhalten, nur auf diese Weise könne großen Adolf: man der einzig richtigen Schulpolitik gerecht ,, Adolf Hitler steht in jeder deut- werden, der Erziehung der Jugend zur Wahr­schen Schulstube... Die deutsche Leh- heit, Ehrlichkeit, Duldsamkeit, Staatstreue, rerschaft wird für die deutsche Jugend so sor- Volkszugehörigkeit und Völkerverständigung. gen, daß sie ganz in seiner Gedankenwelt Zwei Minister zwei Welten und seiner Willensrichtung aufgeht. Die Rich- und Kultur! tung, in die die deutsche Schule mar­schieren soll, ist vorgezeichnet." Die viel­

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- Barbarei

Prof. Friedländer: Er ist Schüler des Meinung war, bis zu diesem dunklen Mißtrauen weltberühmten Rode, auch selbst weltbe- hat eine Aufgeschlossenheit selbst und gerade rühmt durch Studien, wie sagt der Referent, der politisch Rückständigsten geschaffen, die- über ,, altdeutsche und altniederländische an und für sich hocherfreulich- sie heute dem Kunst." Was geht den Juden Rembrandt Bauernfängertum jeder Erneuerungs-" und und die deutsche Kunst an? Der soll Umbruchsbewegung" zugänglich macht. hebräisch schreiben und sich um Moses und Der Mittelstand revoltiert die Propheten kümmern!

Es ist kennzeichnend für diese psychologi­Der hätte niemals die Leitung eines deut- sche Lage, daß diese Erneuerungsbewegungen schen Museums erhalten dürfen. Der große bisher fast ausschließlich die Mittelschich­Adolf verlangt art- und blutreine Führung. ten erfaßt haben. Kaufleute, Handwer­Die Nazibarbarei ist weltbekannt. Wo aber Ker, Kleinhändler, mit einem Wort der bleibt die Berufsehre der Kollegen? ,, kleine Mann", füllen ihre Versammlungen. Der Kampf gegen die Einheitspreisgeschäfte, die Wir stellen fest, daß die Professoren- Warenhäuser, einen Großkonzern des Wander­mel und Koetschan( Düsseldorf ) und handels, kurz das Programm der nationalsozia­Schardt( Halle ) eine Berufung trotz dieser listischen Mittelstandsretter in Deutschland , gibt Umstände angenommen haben. Wir werden uns den Grundton. Das kleine revoltiert gegen das Preußisches Kultusministerium . Der Herr die Namen merken für die Zeit, wenn einmal Große, die wirtschaftlich Zurückgebliebenen Sind das die Nachfragen eines Fichte oder Minister ist in arger Verlegenheit. Alle Mar- Menschenwürde in Deutschland wiederum Gel- wehren sich gegen die Gesetze der kapitalisti­Pestalozzi? Ist das der Abschluß der stolzen xisten und marxistenähnliche Leute sind be- tung haben wird. pädagogischen Tradition der deutschen Lehrer­vereine?

tausendköpfige Versantmlung wird nach diesen Braune

inhaltsreichen Aussprüchen sicher genau wis Museumpflege

sen, welche Aufgaben sie zu erfüllen hat. Es

fehlt nur noch: Stillgestanden! Abtreten!

Herr Schemm hat aber auch in Bayern , wo er Kultusminister ist, den Hitlerkult durch­geführt. An jedem Tag muß in jeder bayrischen Schule folgendes Schulgebet von den Kindern gesprochen werden:

,, Du lieber Gott, ich bitte Dich, ein frommes Kind laß werden mich. Schütz Adolf Hitler jeden Tag,

daß ihn kein Unfall treffen mag,

Du sandtest ihn in unserer Not, bewahr ihn uns, o Gott ."

So zwingt man die Kirche, Gott zu lästern!

Zwei Reden

Zwei Welten!

Neulich hatte Herr Dr. Frick, der im Deut­schen Reiche Polizei und Kultur amtlich zu verwalten hat, die Unterkommissare der gleich­geschalteten Länder zusammen, um ihnen die Aufgaben der deutschen Schule auseinanderzu­setzen. Es ist selbstverständlich, daß er zu­nächst eine Schimpfkanone gegen die ,, marxi­stische" und ,, liberalistische" Bildung vom Sta­pel ließ. Das gehört bereits zu den Selbstver­ständlichkeiten, die jeder Nazi schon auswendig herleiern kann. Aber Herr Frick hat wenig­stens schon eine ruhmreiche" Vergangenheit auf dem Schulgebiet. Er ist der Mann, der das blühende Einheitsschulwesen Thüringens , das Werk des Sozialisten Greil, in kurzer Zeit vernichtete und den sozialen und humanen Geist dieses pädagogischen Aufbaues durch seine berüchtigten Haßgebete ersetzte. Herr Frick ordnete an, daß in den Schulen, die völ­kische Entwicklung aus dem eigenen Boden und der Rasse" aufgewiesen werde. Der Rassenkunde sei auf allen Schulen ge­nügend Raum zu belassen. Dem Schüler solle der Blick für die Rassen beobachtung geöffnet werden, und vor der schädlichen Verfolgung der Rassen verschlechterung, vor der Ueber­fremdung deutschen Blutes, vor allem mit jü­dischen und farbigen Blute müsse gewarnt werden. Andererseits sei die Bedeutung der nordischen Rasse zu betonen. Adolf Hitlers Geburtsort Braunau liegt be­kanntlich nördlich von--

Konstantinopel .)

Nächtlicher Gast

im Schlafzimmer eines Hakenkreuzführers

Pst! Ist es gestattet, Sie aufzuwecken?

Sie leiden wohl manchmal an Atemnot? Verzeihn Sie, ich wollte Sie nicht erschrecken.

Nein lassen Sie Ihren Revolver stecken,

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er nützt Ihnen nichts, ich bin leider schon tot.

Sie zittern so komisch ist etwas geschehen? Ach so, ich vergaß ganz, ich hab kein Gesicht, ich hab um die Augen nur einen zähen, blutklebrigen Brei, und mich anzusehen,

ist sicher kein Spaß. Ich gefall Ihnen nicht.

Warum hat mich Ihre SA. so zerschlagen? Ich war noch sehr jung, hatte Kinder zuhaus, ich war schöner als Sie doch das will nicht viel sagen, jetzt müssen Sie halt meinen Anblick ertragen, Ihr neues Reich sieht nicht lieblicher aus.

Ein deutscher Arbeiter bin ich gewesen. Sind Sie bleich? Oder täuscht mich der fahle Schein, in dem ich stehe? Ich habe mal gelesen, am deutschen Wesen soll die Welt genesen. Wie war das? Sie wollten mich doch befrein?

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Jetzt hat man mich auf der Flucht erschossen. Von vorn kam die Kugel zehn Morde in einer Nacht. Ich hab viele hundert Todesgenossen,

es wurde viel deutsches Blut vergossen. So sieht das aus, wenn Deutschland erwacht?

Sie brauchen vor mir nicht zurückzuweichen!

Sie schützt die SA, uns hat sie zu Tode gequält, jetzt modern entstellte, zertretene Leichen

in deutschen Gräbern und Gruben und Teichen ganz Deutschland ein Pestloch, vom Gifthauch durchschwelt.

Wir warten in dumpfigen Gräbern und schweigen, Ihr feiert Feste, noch seid Ihr die Herrn, doch werden wir schreiend zum Lichte steigen, um mit blutigen Fingern auf euch zu zeigen.

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Nicht stöhnen! Ich geh schon. Die- Zeit.

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ist nicht fern.

Cato.

schen Entwicklung, die sie bedrohen.

Dagegen fehlt die eigentliche sozialistische Phrase. Man hört zwar viel vom Kampf gegen das Großkapital und die Hochfinanz- aber die Betonung liegt dabei ausschließlich auf dem ,, Groß", nicht auf dem ,, Kapital". So gern die Arrangeure der Erneuerungsbewegung" auch die Arbeiter in ihre Reihen sähen, getragen wird die Bewegung vom Mittelstand, und ihre Anziehungskraft auf die Arbeiter ist verschwin­dend klein.

Das Generationenproblem

Nicht zu unterschätzen ist dagegen die An­ziehungskraft der neuen Organisation auf die Jugend, vor allem die Studenten.

Es ist kein Zweifel, daß alle schweizerischen Parteien die Bedeutung des Generationenpro­blems unterschätzt haben, den starken Bruch zwischen der Vorkriegs- und der Nachkriegs­generation übersahen.

Trifft das für alle Parteien zu, so sind zwei­fellos die bürgerlichen Parteien darin am wei­testen gegangen. Sie spüren daher die Aufleh­nung der Jugend auch weitaus am stärksten. Hat bisher das Wirtschaftsleben mit seinen großen Möglichkeiten diese Jugend von der Po­litik abgelenkt, so trägt nun die dunkle Furcht, eine Wende nahe heran, die ihr diese Aufstiegs­möglichkeiten verbauen werde, dazu bei, die Jugend des Bürgertums stärker als je zuvor in die Politik hineinzuführen. Waren die bürger­lichen Parteien Vertreter des Finanzkapitals und somit Bahnbereiter für die kapitalistische Entwicklung, die den Mittelstand zerstört- so erscheinen die neuen Organisationen als jène Kräfte, die das verlorene Wunderland zurück­bringen sollen. War der Leitstern der bürger­lichen Politik die nackte Interessenvertretung, ' so erscheinen die neuen Organisationen mit ihren für die Schweiz neuartigen Parolen

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und ihren schwer faßbaren Zielen als ideelle Kräfte. Die Verschwommenheit der Phrase ist nicht nur kein Hemmnis, sondern geradezu die Voraussetzung der Anziehungskraft auf die Ju­gend. So sind hier die neuen Bewegungen ge­radezu der Einbruch der Romantik in die schweizerische Politik.

Den eigentlichen Grundton aber geben üble Kara. Geschäftemacher der Politik an, die die Kräfte,