Hitler ohne Maske errat am Sozialismus. Fortführung der Revolution ist Staatsverbrechen. Die letzten Kundgebungen der Hitlcr-Regierung haben in den Schichten, die in der Hauptsache den Kampf für die Machtergreifung der Hakenkreuzler geführt haben, also im deklassierten Mittelstand, bei den landhungrigen Kleinbauern und im natio­nalistisch betäubten Proletariat, helles Entsetzen wachgerufen. Besonders die For­mulierung des Innenministers Dr. Frick, daft jeder, der jetzt noch von einer zweiten Revolution oder auch nur von einer Fortsetzung der Revolution rede, ein Staats­verbrecher sei, hat dem Faß den Boden ausgeschlagen. Die jetzt kommende Phase der Hitlerdiktatur wird im Zeichen blutiger Auseinandersetzungen mit diesen pro- letarisierten Schichten stehen. Der Klassenkampf, die marxi­stische Erfindung, existiert nicht mehr. Der Arbeiter ist ein Glied der Volks- Kemeinschaft, hat Hitler verkündet. Der deutsche Arbeiter muß zu einem Herrenmenschen werden, lallte der Trun­kenbold Ley... Der totgesagte Klassenkampf wird mit aller Energie geführt innerhalb der nationalsozialistischen Partei. Aber er ist ein verfälschter, denaturierter, unvoll­ständiger Klassenkampf. Die Arbeiter­schaft ist von vornherein geknebelt, ihrer Organisationen beraubt, ihre Wortführer tot, verjagt im Gefängnis und an ihre Stelle sind die Exekutoren der Klassen­feinde getreten. Die Organisationen der Unternehmer, die Organisationen des Mit­telstandes, der Bauern, der Händler, sind nicht nur geblieben, sie sind durch Staats- Sanierung verstärkt; in ihre Leitung sind die rücksichtslosesten unid ungehemmte­sten Vertreter ihrer Interessen eingesetzt. Während alle ehrlichen Wortführer und Sachwalter der Arbeiterschaft restlos be- seitigt sind, ist nicht nur r. B. Herr von Krupp an der SpHze der U nternehmerorganisation geblieben, sondern der beriichtigste der deutschen Scharfmacher, der Feind jeder gewerkschaftlichen Organisation, der er­bittertste Bekämpfer der Arbeitslosen­versicherung und des Tarifwesens, der konsequenteste Vertreter des Untefneh- merabsolutismus, der.- Dr. Fritz Thyssen . Ist soeben zum Führer** der westdeutschen Industrie, zum Vorsitzenden der Gruppe Nordwest und des Langnamvereins gewählt wor­den. Das Ist eine offensicht­licheGleichschaltung" der neuen Staatsmacht mit den In­teressen des rücksichtslose­sten großkapitalistischen Un­ternehmertums. Unterdrückung je­der Bewegungsfreiheit und jedes Selbst­bestimmungsrechtes der Arbeiterklasse einerseits, Stärkung aller Organisationen der Unternehmer andererseits diese Situation muß man sich klar machen. Dann wird man über das Ergebnis der Klassenkämpfe, die augenblicklich in der nationalsozialistischen Partei ausgefoch- ten werden, kaum einen Zweifel hegen können. In zwei Reden, in Reichenhall vor den Naziführern, und in Berlin vor den Reichs­statthaltern hat Hitler In den Klassen­kampf eingegriffen. Zum ersten Mal in seinem politischen Leben hat er seine An­sichten nicht verdunkelt, verhüllt, in einen vieldeutigen Phrasenbrei eingewickelt, sondern klar und deutlich ausgesprochen. Und was Hitler sprach, war Kampf gegen den Sozialismus, war schran­kenlose« Bekenntnis zum Kapitalis­mus! DieRevolution" ist abgeschlossen, eine zweite Revolution darf es nicht ge­ben. Denn eine zweite Revolution, weiß Hitler , das wäre die Erfüllung der sozia­ listischen Versprechungen, das wäre die Durchsetzung der Erwartungen der pro­letarischen und proletarisierten Schich­ten, die den Versprechungen Glauben ge­schenkt haben, und davon will Hitler nichts wissen. Er und seine Kumpane haben den Staat als Beute genommen und damit genug. Jetzt Schluß! Die Revolution ist kein pennaaenter Zustand, sie darf nicht nu einem Dauer­zustand sich ausbilden. Man muß den frei gewordenen Strom der Revolution In das sichere Bett der Revolution hinüberleiten." Deshalb droht Hitler , diezweite Revo­lution" zu zerschmettern,. Es ist fürwahr keine leere Drohung. Das beweisen die Erschießungen von SA. -Rebellen durch SS. -Kameraden. die sich häufenden Auf-i iösungen von SA. -Formationen, die Fül-1 lung von Konzentrationslagern mit ihren Angehörigen, kurz die Niederwerfung aller sozialistisch rebellischen Elemente innerhalb des Nationalsozialismus. !hr bildet Euch ein, wir müssen auch den sozialistischen Teil des Programms durchführen? Nein, sagt Hitler ,es kommt jetzt nicht auf Programme und Ideen(!) an". Die Erziehung der Menschen ist das Wichtigste und dazu kann sich Hitler Zeit gönnen, denn;Wir müssen unser Han­deln auf viele Jahre einstellen und in ganz großen Zeiträumen rechnen.'" Hitler hält seine Macht für gesichert, er kann auf den Schwindel mit dem Vier ja h- r e s p 1 a n jetzt ruhig verzichten. Große Zeiträume sieht er vor sich und der Pro­let mag sich in Geduld fassen, bis seine Erziehung" beendet ist. Der Unternehmer aber muß vor allen Eingriffen bewahrt werden. Er darf nicht abgesetzt werden, weil er kein Nationalsozialist ist.Die Wirtschaft ist ein lebendiger Organismus, den man nicht mit einem Schlage verwandeln kann. Die Wirtschaft baut sich nach pri­mitiven Gesetzen auf, die in der mensch­lichen Natur verankert sind." Nein, nicht Verwandlung der Wirtschaft, sondern Erhaltung, des Kapitalismus, seine Stärkung durch Aufhebung jeder Be­wegungsfreiheit der Arbeiterklasse, das ist die Erfüllung des Nationalsozialismus. Einhaltung der wirtschaftlichen Gesetze, die auf der menschlichen Natur benrhett"', das ist eben die Erhaltung der kapitalistischen Ausbeutung, die als notwendiges Naturgesetz von den Manchesterliberalen einer vergangenen Zeit proklamiert wor­den war. Hitlers Stellungnahme kann nicht über­raschen. War er doch von jeher ein Gelber! Feind, nicht nur des So­zialismus, sondern aucli der Gewerkschaf­ten, hat er sich sogar im Anfang gegen die Aufahme des WortesSozialismus" in den Namen seiner Partei gewandt. Er hat eigentlich nie ein Hehl daraus gemacht. daß die Massen, die in der Politik von einigen wenigen Führern beherrscht wer­den, auch in der Wirtschaft vonfreien Unternehmerpersönlichkeiten" ausgebeutet werden müssen. Für ihn ist die Vorspie gelung des Sozialismus ein Mittel zur Er­oberung der Macht gewesen, neben Mord, Totschlag, Terror und Betrug. Die betro genen Betrüger erfahren jetzt nur, was wir ihnen stets vorausgesagt haben. Staatssekretär Gottfried Feder , hat sich mit seinem Vorgesetzten, dem Wirtschaftsminister Dr. Schmitt und mit seinem Führer gleichgeschaltet. In den programmatischen Ausführungen den wievielsten? in denen er seine Pläne im neuen Amt erläutert, erklärte er feierlich, daß erjeden S o z i a 1 i s i e rungs versuch ablehne, weil jedes Sozialisierungs-Experiment die Gefahr in sich birgt, das schöpferische Element, das ist die Persönlichkeit, aus dem Wirt­schaftsprozeß auszuschalten. Die freie Persönlichkeit sei aber die Grundlage des gesamten Wirtschaftssystems", womit auch Herr Feder, der Theoretiker, seine Gleichschaltung mit den ältesten und abgestandesten Theorien des Man­ chester -Liberalismus vollzogen. hf t..Der Sozialismus_des Fe­der-Programms ist verflogen, es bleib' nur die Inflation. Die Entscheidung Hitlers im Klassen kämpf ist aber nicht nur eine Entschei­dung für das Großkapital und gegen die Arbeiterklasse, sie ist auch eine Entschei­dung für das Großkapital gegen den Mittelstand und gegen die Bauern. Der Herr Dr. Darre, der Nachfolger Hilgenbergs im Ernährungsministerium, Deutsches Tischgebet muß seine Pflöcke zurückstecken. Schon erklärt er, daß er die Maßnahmen Hugen- bergs nicht mehr grundsätzlich ablehne. Schon wird die Notwendigkeit wenigstens einer teilweisen Erhaltung des ost­preußischen Großgrundbesit­zes proklamiert. In diesem Punkte schei­nen die Bitten Hindenburgs bei Hit­ ler weitgehendes Verständnis gefunden zu haben, das um so leichter, da Herr Hitler schon längst den Großgrundbesitzern senr bestimmte und beruhigende Zusicherun­gen gemacht hatte. Aber die Arbeiter und Bauern, die werden nicht die allein Betrogenen sein, auch der Mittelstand erfährt seine Enttäuschungen. Es war ja schon bisher bezeichnend, daß die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik, ja selbst der Antisemi­tismus an eine bestimmte Sehranke ge­stoßen war, an das Bank-Kapital. Das Bank-Kapital ist nicht gleichge­schaltet worden, und während der kleine jüdische Händ­ler mißhandelt und-bedroht wurde, blei­ben die reichen Bankjuden un­angefochten und unberührt in ihren mächtigen Wirtschaftspositionen. Jetzt wird der nationalsozialistische Schutz noch ausgedehnt. Der Kampf gegen die Warenhäuser ist eingestellt worden. Die Schädigung der Warenhäuser bedeutete nicht nur Be­drohung ihrer zahlreichen Lieferanten und ihrer Angestellten, sondern vor allen Dingen auch der Kredite, die sie bei den Banken in reichlichem Maße haben. Der schöne Elan, mit dem sich die natio­nalsozialistischen Einzelhändler und ihr nationalsozialistischer Kampfbund auf die Warenhäuser gestürzt haben, wird jetzt gebrochen. Auch der kapitalistische Groß­handel wird für den Hitlersozialismus ein Kräutlein Rührmichnichtan". Es wird für den Mitteistand nur ein geringer Trost sein, daß ihm statt dessen wohl die Ar- beiterkonsum vereine ausge­liefert werden. So sieht der Klassenkampf im Dritten Reich aus und das sind seine Resultate! Anders waren die Versprechungen vor der Eroberung der Staatsmacht und anders ist ihre Erfüllung. Die Nationalsozialisten hatten Versprechungen gemacht dem Großgrundbesitz und dem Großkapital, dem Mittelstand und den Arbeitern. Die Versprechungen an die Arbei­ter sind gebrochen, die Kraft der Arbeiterschaft erlahmt, die Proletarier ihren Klassenfeinden ausgeliefert. Die Versprechungen an das Großkapital und den Groß­grundbesitz werden restlos erfüllt und die Versprechen an den Mittelstand soweit gehalten, als sie mit den Interessen des Großkapitals verein­bar sind. Aber der Klassenkampf geht weiter. Die Enttäuschung der betrogenen, ausgebeuteten, entrechteten Masse wird wachsen. Die nächsten Entschei­dungen in diesen Klassenkämp­fen werden ganz anders aus­sehen als die, die heute gefal­len sind! Dr. Richard Kern. Konkordat mit Hitler! Während sich alle Staaten der Welt von Hitlerdeutschland entrüstet abwen­den, und selbst das' faschistische Italien Zeichen des Unbehagens über den auf­dringlichen neuen Freund nicht unter­drücken kann, hat sich der Papst be­eilt, mit den neuen Herren Deutschlands einen Vertrag zu vereinbaren, der kürzlich in Rom paraphiert worden ist und in einigen Wochen unterschrieben werden soll. Es ist klar, daß sich der Papst für die äußere Machtstellung der katholischen Kirche in Deutschland die größten Vorteile erwarten muß, wenn er sich dazu entschließen konnte, mit einem solchen nicht mehr zweifelhaften Ver­tragspartner zu paktieren. Die mora­lische Einbuße jedoch, die die ka­ tholische Kirche durch diesen Vertrags­abschluß erleiden wird, dürfte tausendmal schwerer wiegen, als alle äußeren Vor­teile, die Herr von Papen als erfahre­ner Schieber in allen dunklen Geschäften dabei der Kirche zugeschoben haben mag. Vielleicht wird den Herren in Rom nichts daran liegen, wenn jene breiten, uicht- katholrschen Bevölkerungskreise Deutsch­ lands , die bisher der katholischen Kirche wegen ihrer menschlichen Haltung in vielen politischen und sozialen Fragen Achtung und Sympathie entgegenbrach­ten, ihre Auffassung revidieren. Aber es wird auch gute Katholiken geben, die das­selbe tun werden!