„Veppiidctep Mapstsmus9' Was ein Nazi nicht zu wissen brancht lieber der Roheit und Flegelhaftigkeit der Nazis vergißt man bisweilen ihre bodenlose Un wissenhcit So ist bei der allgermetaen Empörung, die die Schimpfkanonade des„Arbeiter- vertreters" Ley in Genf auslöste, ein Sätzchen übersehen worden, das hier noch nachträglich aufgespießt werden soll, weil es die grenzenlose Unbildung dieses Nazi-Gehims widerspiegelt. Das Sätzchen lautet: Und so was(die von Ley so titulierten „Idioten von Südamerikanern'* sind gemeint), soll die gleichen Rechte haben wie wir. Das ist doch Marxismus in Reinkultur, diese verrückte Phrase, daß alles, was Menschenantlitz trägt, gleich sei! ■ Das muß immer wieder gebrandmarkt werden in der Presse. Wissen die Nazis, von wem die„verrückte Phrase", über die Ley sich so erbost, herrührt? Wir wollen ihnen den„Marxisten in Reinkultur", der sie geprägt hat, denunzieren; es war der deutsche Philosoph Johann Gottlieb Fichte (1762— 1814), und die„verrückte Phrase" von der Gleichheit all dessen, was Menschenantlitz trägt, findet sich— am Schluß seiner berühmten„Reden an die deut sche Nation ". Dies sind die Reden, mit denen Fichte nach der Niederlage Preußens bei Jena i. d. Jahren 1807/1808 die Berliner Studentenschaft zu den Freiheitskriegen entflammte. Diese Reden schließen wirklich und wahrhaftig mit der Aufforderung Fichtcs an die freiheitsdurstige Jugend, ein Reich entstehen zu lassen, wie es die Welt noch nicht gesehen, ein Reich ohne Unterdrückung der Mehrzahl der Menschen als Sklaven, ein„Reich der Freiheit, gegründet auf Gleichheit all dessen, was Menschenantlitz trägt." Wenn das„Marxismus in Reinkultur" ist, so wären tatsächlich die Freiheitskriege von 1813- 1815 im Zeichen des Marxismus geschlagen worden! Das wäre umso wunderbarer, als der Vertreter des Marxismus . Karl Marx , erst 1818 das Licht der Welt erblickt hat! Wir schließen mit Ley:„Das muß immer wieder gebrandmarkt werden in der Presse." 9 von 10 adelig! Laut Berliner Wolfhneldung wurden folgende kommieurische Regierungspräsidenten endgültig ernannt: Prinz Philipp von Hessen (Kas> sei), Freiherr von Lünink(Westfalen ), Freiherr Hermann von Lünlnck(Rheinprovinz ), Dr. zur Bonsen(Köln-Rb.), von Menbart(Kassel ), Freiherr von Oeynhausen(Minden ), Dr. von Stockhausen, Zschlntzsck(in Wiesbaden ), von Pfeiler(Kassel ), Dr. von Bethke(Königsberg ). Von zehn neuen Regierungspräsidenten sind also neun Adelige. Ernannt vom Führer der nationalsozialistischen„Arbeiterpartei". Sein Weg zum Ständestaat führt direkt znm Feudalismus zurück. Brief einer Apbeitep- frau aus dem Jahre 1932 Berlin , den 3. 7. 1932. • Liebe Hanna! Nun ist auch der Junge arbeitslos geworden. Kaum aus der Lehre entlassen, es ist eine große Sorge. Nur eins hilft uns durch die schwere Zeit: die beiden Kleinen sind im Kindcrhehn wenigstens tagsüber gut aufgehoben, sie bekommen dort auch besseres Essen. Gestern habe ich mir das Heim einmal angesehen, es ist noch nicht lange eröffnet. Du, die schönen hellen Zimmer und der Garten— das kann einen richtig froh machen. Wie die Kinder im Freien turnen und spielen und Farbe kriegen! Wie vergnügt sie sind. Weißt du, wenn sie immer ruhaus hocken, müssen sie ja verkümmern, auch seelisch, denn wie in einer arbeitslosen Familie oft die Stimmung ist, das weißt du ja selbst Gelacht wird kaum mal, und das ganze Leben sieht grau aus. Ich meine, es ist ein großer Segen, daß es wenigstens für die Kinder ein zweites Heim gibt, wo sie nicht in der engen Stube oder im schmutzigen Hof zu spielen brauchen und wo sie vor allem mal munter sein dürfen... und eine Verfügung von 1933... Die letzte Berliner Stadtvesordnetcnver- sammlung hat auf Antrag des nationalsozialistischen Staatskommissars Lippcrt beschlossen, sämtliche Kinderheime und Erziehungsanstalten der Stadt Berlin mit sofortiger Wirkung zu schließen. Konzentriert ohne Lager Der nationalsozialistische Kommissar von Pirmasens hat den„politisch Verdächtigen" verboten, ihre Wohnungen nach sechs Uhr abends und vor neun Uhr morgens zu verlassen. Klarheit bei Messe Letzte Nachricht: Der Verlag Rudolf Mosse hat die Zahlungen eingestellt. Herrn Karl Vetter , einst Reklamechef der Berliner Gastwirtsmcssen und verwandter Branchen, heute Generaldirektor der dem Juden Hans Lachmann -Mossc abgepreßten Rudolf Mosse -Stiftung G. m. b. H., besagtem Vetter ist durch das raehrzöllige Fett etwas an die Nieren gegangen. Er hatte es sich so schön gedacht! Mit den behenden Füßen, die so schnell den Boden der Tatsachen fanden, im direktorialen Zimmer auf und abgehend, aus gewichtiger Zigarre den blauen Dunst hervorstoßend, den er jahrelang mit erprobter deutscher Treue allen Freunden vorgemacht hat, so also überlegte er: „Diese undankbaren Banditen, von jüdischen Lesern bestellen haufenweise das„Berliner Tageblatt" ab, trotzdem ich daraus eine braune Zeitung gemacht habe, neben der doch sogar der„Völkische Beobachter" erröten muß. Halt. ich hab's, ich muß diesen Judenschweinen noch deutlicher zeigen, wie ich mich für sie geopfert habe, um ihnen das„Tageblatt" zu erhalten! Ich werde dem Zeiz sagen, er solle in der „Brücke" über das Thema„Die Juden in Deutschland " schreiben lassen! Also Zeiz soll mal kommen"! Und A. H. Zeiz kam, denn er kommt immer. Er kommt, wenn feanz Rot die Modecouleur Ist und Spartacus das Messehaus besetzt und man sich dabei im Zimmer Wolfis, des„Tageblatt- Chefredakteurs", einige Tage lang als journalistischer Berater des Besatzungschefs aufspielen und großmächtig Ausweise unterschreiben kann. Er kommt, wenn, im Spiel der Farben, die sogenannte Demokratie sich rosa schminkt. Er kommt, wenn nach langer Nacht Deutsch land erwacht und allen, die das noch nicht gewußt haben sollten, zum Zeichen der nationalen Erhebung die Augen blau und die Rücken braun geschlagen werden. Dann marschiert A. H. Zeiz wieder Titelseite an Titelseite mit den neuen Kameraden und befolgt jedes Klingelzeichen. Zeiz ließ sich's von seinem Vetter nicht zweimal sagen, setzte sich auf den verläßlichen Hintern und diktierte Schreibcbriefe an alle, die da berufen sind, den jüdischen Lesern des „Tageblattes" mit der ganzen Aufrichtigkeit ihres deutschen Gemüts zu versichern, daß mau es eigentlich mit den„lieben Juden" gar nicht so schlecht meine. Da hat der Zeiz das nun so fein gefingert und mit dem Köder dicker und ausnahmsweise sofort zu bezahlender Honorare die trefflichsten Zeugen für den Opferdank des„Tageblatt" für das deutsche Judentum herangeholt.— Dennoch sind die unersättlich-jüdischen Leser undankbar genug, erst recht in hellen Haufen auf das bedruckte Kloscttpapier zu verzichten. Und jene Menschen, die unverschämt genug waren, den Aufenthalt im Ausland dem in Hitlers Zuchthaus-Deutschland vorzuziehen, diese Aufsässigen hatten gar die Unverschämtheit, zersetzende Kritik an dieser Kulturgroßtat zu üben. Das ist, wie gesagt, unserem lieben Vetter durch die ausgiebigen Fettpolster an die Nieren gegangen. Was tut man da? Man kommandiert den willfähigen Auslandskorrespondenten des Blattes, sofort aus den sie beherbergenden Ländern zu schreiben, welch gewaltigen Widerhall dort die„Diskussion"- in dem„deutschen Weltblatt" gefunden habe. So war es dann schwarz auf weiß zu lesen, daß man in London , Paris , Warschau , Prag . Budapest und Stockholm tagelang die eigenen Sorgen vollkommen vergessen und von nichts anderem als der Publikation im„Tageblatt" gesprochen hat Aber jerfen„gewissenlosen Grüppchen, namentlich In Wien und Prag ", wird es„in vollstem Einverständnis auch mit unseren jüdischen Redaktionskollegen" von der„Gesamtredaktion des Berliner Tageblafts" folgendermaßen und ordentlich gegeben:„Die, Kaffeehaus-Literaten und Schmocks, die bei ihrem vorübergehenden Gastspiel in Deutschland nur Durchfälle erleben konnten oder ihre Scheinerfolge lediglich dem Zusammenhalten ihrer Clique zu verdanken hatten, haben zu keiner Zeit etwas mit uns gemein gehabt. Sic spielen sich jetzt auf Kosten derer, die würdig ihr oft schweres Schicksal tragen, als Märtyrer auf und fühlen sich vollkommen zu Unrecht berufen, aus ihren sicheren Winkeln Schmutz und Unrat über unsere ernsten und aufrichtig gemeinten Bemühungen auszugießen." Also haben»ich die Pinners, Sinsheimers und sonstigen Konzessions- Juden wieder einmal für einige Wochen das Wohlwollen Ihres Göbbels ' erkauft. Und Ihr Vetter wird weiter das ihm gebührende Vertrauen seiner neuen(wievielten?) Gesinnungsgenossen genießen, als ihr junger Mann in den Gesamträumen der jüdischen Ausgabe des„Völkischen Beobachters" schalten können. Allerdings wenn-- —— wenn nicht inzwischen selbst Nazi- Behörden Bedenken kommen, neben ihrem Obersten Hauptmann von Köpenick noch einen zweiten Köpenicker zu dulden. Denn mittlerweile ist die Methode ruchbar geworden, mit deren Hilfe des Vetters Karl das Unternehmen Ru dolf Mosse -Haus in seine braunen Händchen zu bringen verstand. Zuckmayer hätte Stoff zu einer noch aktuelleren Komödie, also: Wenn man in den Tagen der„nationalen Revolution" durch das Mosse-Haus in der Jcrusalemerstraße ging, sah man allerorten und aller Oertchen stündlich sich vermehrende Tagesbefehle plakatiert, die in den größten Lettern unterzeichnet waren„Ohst, Staatskommissar". Ein Herr Ohst war nämlich eines Tages bei dem„reichsten Lehrling von Berlin ", genannt Lachmann-Mosse , in der schönen, in der neuen braunen Nazi- Uniform erschienen, hatte statt jeder besonderen Legitimation zwei Pistolen auf den Tisch gelegt, bestellte sich als„Staatskommissar für das Rudolf Mosse-Haus" und streckte dann seine deutschen Beine unter den Tisch im Zimmer des Tagblatt-Chefredakteurs. Wie war er ins Haus gekommen, wer hatte ihn geschickt? Jetzt ist es heraus: Zwischen Vetter und Ohst bestanden schon lange vor dem 5. März recht herzliche Beziehungen, er war die Rückversicherung des strammen Republikaners und lieferte für Gutes, dem jüdischen Mosse-Vcrlage entnommenes Geld verläßliche Nachrichten aus der Hitlerpartei. Als nun die„nationale Erhebung" kam. ohne den unermeßlich macht- und herschsüchtigen Vetter in den Rang eines Chefs des gesamten Hauses erhoben zu haben, war der Plan zwischen zwei Edelmännern schnell beschlossen:„Du, lieber Ohst, kommst einfach als„Staatskommissar", mistest den Laden aus und machst mit dem Juden Lachmann ganz kurzen Prozeß. Jetzt muß er raus, und wenn ich erst den Laden in der Hand habe, dann sollst Du mal sehen!" So beschlossen, so geschehen. Ein Greuelmärchen? Nun, dann lest gefälligst die hier folgende amtliche Erklärung des Berliner Polizeipräsidiums: „Polizeipräsidium der Stadt Berlin Abteilung 1. An...... Auf Ihr gefälliges Schreiben vom.... teile ich-Ihnen ergebenst mit, daß weder vom Polizeipräsidium noch von einer anderen amtlichen Stelle ein Kommissar beim Verlage Rudolf Mosse eingesetzt worden ist. Ebenso ■wenig Ist von mir eine Anregung über Per- sonalentiassungen oder Kürzungen von Gehaltszahlungen ergangen. Die Aufnahme des Herrn Ohst in dem Verlag beruht auf freien Vereinbarungen zwischen dem Verlage und Herrn Ohst Die Vereinbarungen sind ohne Mitwirkung und Wunsch einer behördlichen Stelle getroffen worden. Die von dem Vertreter des Verlages Rudolf Mosse vor dem Arbeitsgericht gemachten Angaben sind daher nicht zutreffend. Es ist selbstverständlich, daß der Verlag seinen tariflichen und sonstigen Verpflichtungen nachzukommen hat gez. Reinke. Sicher hätten die beiden munteren Knaben noch lange an der Quelle sitzen können und Ihr Krug wäre weiter zum Brunnen gegangen, wenn nicht der peinliche Zwischenfall mit Hanussen gekommen wäre. Jedenfalls: Karlchens Köpenickiadc ist entlarvt. Sein Osaf von Köpenick hat ausgespielt Glaubt nur, Ihr„gewissenlose Grüppchen, namentlich in Wien und Prag ", Ihr Kaffehaus- Literaten und Schmocks", der Generaldirektor der Rudolf Mosse -Stiftung G. m. b. H, würde Jetzt sehr gerne mit Euch tauschen! Aber, wer möchte es! Als er damals, in den Frühlingstagen der„nationalen Revolution", mit beiden Plattfüßen den Boden der Tatsachen betrat eröffnete er seine fröhliche Reise ins Dritte Reich mit dem Imperativ„Klarheit!" Nun, man hat vollste Klarheit über ihn. Den Tattiestand kann selbst ein Tintenfisch des„Berliner Tageblatt" nicht mehr verdunkeln. Waldemar Grimm. Moskau freut sich über Hitlers Regierungskunst. riPOBHblM UUAP m-n m .«wot. uhemnc r-iM nrouErr» Arbelterspriidie Hitler gib uns Brotl Sonst werden wir rot! • Lieber Gott, oh mach mich stumm, Daß ich nicht nach Dachau kumm. • Hakenkreuz ist Hungerkreuz. ♦ Pg— sind wenige Pj= sind viele.' An die Futterkrippe wollen sie alle. SA— Siehste Adolf SS— So en Saustall Audi die Börse wird arisdt Am 30. September erlöschen sämtliche fidr- senzulassitngen der Berliner Makler. Ausgc- schallel werden sollen, laut offiziöser Meldung„Elemente, die nach Herkunft, Gesinnung und Betätigung nicht an die Börse gehören." Wie die tollhäuslerische Kolonialdenkschrift der deutschen Regierung, die der Weltwirtschaftskonferenz vorgelegt wurde und die man dann vergeblich Herrn Hilgenberg allein aufzubürden versuchte, in Rußland gewirkt hat, zeigt die obenstehende Zeichnung aus der Moskauer „Iswestja". Die Stimmung gegen Deutsch land hat sich in Rußland aber noch weiter verschärft, als bekannt wurde, daß Berlin mit Tokio über einen Vertrag verhandelt, der sich naturgemäß nur gegen Sowjetrußland richten könnte und der ja auch ganz in der Richtung des Planes liegen würde, den die Denkschrift entwickelt, nämlich Teile des russischen Reiches von Deutschland aus zu kolonisieren. Das tolle Treiben der Hitlerregierung wurde so für Rußland ein letzter Anlaß zum Abschluß von Verträgen, die es schon seit längerer Zeit vorbereitet hatte. Zu seinem Nichtangriffspakt mit Polen hat es einen neuen mit der kleinen Entente hinzugestellt, Karl R a d e k erschien als Friedens- und Freundschaftsbote in Warschau und auch der Streit mit Rumänien wegen Bessara- bien wurde begraben. Inzwischen schloß Rußland einen neuen Frieden mit England, indem es den in einem Schädlings- prozeß verurteilten englischen Ingenieuren die Freiheit zurückgab und dafür die Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Beziehungen anstrebte. Auch in Paris und in Washington arbeitet Moskau mit sichtbarem Erfolg an der Verbesserung seiner Lage. Man kann zusammenfassend sagen, daß Hitlerdeutschland dem bolschewistischen Rußland denselben Dienst geleistet hat, wie dem französische«„Erbfeind". Seit Hitler in Deutschland am Ruder ist, steigt das Prestige dieser beiden Staaten von Tag zu Tag, während das Ansehen Deutschlands in dem gleichen Tempo sinkt. Herr G ö m b ö s, der ungarische Ministerpräsident, der vorwitzig eine Sympathiereise nach Berlin unternommen hatte, mußte gleich darauf nach Wien fahren, um sich deswegen zu entschuldigen. Aushalten, Brüder! Der große Wahlsieg in Finnland . Auch in Finnland wütete einmal der weiße Terror und mordete tausende unserer Brüder. Jetzt ist die faschistische Welle in diesem Land vorbei, wie die letzten Wahlen zeigten, die der Sozialdemokratie einen gewaltigen Aufschwung brachten. Da wir annehmen, daß die gleichgeschaltete Presse in Deutschland sich still um diese Tatsache herumdrücken wird, bringen wir nachstehend das Ergebnis: Sozialdemokraten 88 66+22 Faschisten 32 42—10 Konservative 54 59— 5 Fortschrittler 11 11— Schweden 21 21— Kleinbauern 4 3+1 Das ist die Katastrophe der Faschisten, die 25 Prozent ihres Besitzstandes verloren. Die Sozialdemokratie hat mit 88 Mandaten von 210 insgesamt 43 Prozent aller Wähler hinter sich.
Ausgabe
1 (16.7.1933) 5
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten