ner 1933 am schärfsten zu tadeln pflegen, war diese Feststellung recht interessant Auf der anderen Seite wiederum waren es Renaudel, Georges Weill und andere, die darauf hinwiesen, daß der Sieg Hitlers eine Internationale Lage geschaffen habe, die die französische Arbeiterklasse vor eine ganz besondere Verantwortung stelle. Die Schilderung des grauenhaften Todes von Johannes Stelling durch Vander- velde, die Darstellung der entsetzlichen Leiden der deutschen Arbeiterklasse durch Grumbach haben in dem sonst so gespaltenen Kongreß einen einmütigen Ausdruck der Abscheu ausgelöst, Aber bezüglich der Lehren, die aus diesen furchtbaren Geschehnissen zu ziehen wären, blieb die Partei bis zuletzt geteilter Meinungen. Ein letzter Versöhnungsversuch von Leon Blum blieb vergeblich. Die Mehrheit bestand auf ihrem Tadelsvotum, das der rechte Flügel auf keinen Fall hinnehmen wollte. In einer Schlußerklärung hat allerdings Renaudel mit einem taktisch geschickten Schachzug angekündigt, daß er und seine Freunde gegen dieses Urteil vor der Internationale Berufung einlegen würden. Für die internationale Konferenz, die Im nächsten Monat in Paris zusammentritt, wird es keine leichte Aufgabe sein, als Schiedsrichter zwischen den verschiedenen Richtungen der französischen Partei Stellung zu nehmen. Immerhin wird dadurch Zeit gewonnen und gerade die Austragung dieser Gegensätze vor dem Forum der Internationale wird hoffentlich dazu beitragen, daß das große Unglück einer Spaltung der französischen Soziallstischen Partei in der heutigen kritischen Zeit abermals vermieden wird. llenderson bei Hitler Die„Internationale Information" schreibt: Die Arbeiter in allen Ländern werden durch die Nachricht, daß Arthur Hender- son am 20. Juli nach München gekommen ist, um Adolf Hitler zu besuchen, in tiefste Bestürzung versetzt. Wir wissen, daß Henderson nicht als Sekretär der Labour Party , sondern als Präsident der Abrüstungskonferenz seine Reise unternommen hat. Wir wissen, daß ihn in dieser Funktion nicht grausen darf vor dem Umgang mit Canaillen aller Art und daß er in diesem Pflichtbewußtsein zu Mussolini und schließlich sogar zu Hitler gereist ist. Wir kennen die persönlichen Gefühle Arthur Hendersons gegenüber den Diktaturen, wir wissen, mit welcher Energie er, zur Zeit, als er Vorsitzender der Sozialistischen Arbeiter- Internationale war, gegen die Verfolgungen in Horthy -Ungarn , in Pllsud- s k i- P o 1 e n und in anderen Ländern der Knechtschaft protestiert hat, wir erinnern uns an die zahlreichen Kundgebungen gegen das Unterdrückungssystem Mussolinis und nicht zuletzt an seine eindrucksvolle Rede bei der Enthüllung des Denkmals Matteottls in Brüssel . Wir wissen, daß er noch kurz vor dem Antritt seiner Rundreise durch eine namhafte persönliche Spende an den M a 1 1 e o 1 1 i f o n d s mit der ausdrück- Ilclien Widmung für Deutschlands Arbeiterklasse seinen Gefühlen für die Opfer des Hltlertums offenen Ausdruck gegeben hat Wir wissen, daß alles, was Henderson tut, aus kristallklarem Gewissen entspringt daß er bei seiner Reise einzig und allein das Motiv hatte, der Sache des Friedens zu dienen, aber obwohl wir dies alles wissen, bleibt die tiefe, schmerzliche Erschütterung nicht nur der unmittelbaren Opfer des deutschen Faschismus, sondern aller, die sich mit ihnen solidarisch fühlen. Für uns ist es kein Trost, daß die Kommunisten als Beherrscher Sowjetrußlands noch ärgeres getan haben, daß sie sich über die Gefühle ihrer in den deutschen Kerkern schmachtenden Genossen hinweggesetzt und mit dem Hitlerregiment den Frieden- und Freundschaftsvertrag erneuert haben, daß sie im Interesse der Handelspolitik Sowjetrußlands ihre Anhänger in allen Ländern davon abhalten, sich an der Boykottbewegung gegen Hitlerdeutschland zu beteiligen. Alle Mächte der Welt sind gezwungen, es in den Kauf zu nehmen, daß Hitler heute Deutschland repräsentiert. Hitler zeichnet den Viermächte-Pakt neben Frankreich und Enlgand, Hitler schließt das Konkordat mit dem Papst, Hitler erneuert den Frieden- und Freundschaftsvertrag mit Sowjetrußland, die Gesandten aller Länder der Erde sind in Berlin und verkehren nach allen Regeln der Diplomatie mit Hit ler , trotz alles Hasses und aller Verachtung, die das Schandgericht der Barbarei allen zivilisierten Menschen einflößt. Das, was die Kommunisten Im Interesse der Handelspolitik Sowjetrußlands tun, das glaubt Henderson im Interesse des Gelingens der Abrüstung tun zu müssen. Er sieht nur die eine große Aufgabe, die ihm heute als Präsident der Abrüstungskonferenz auferlegt ist, er sieht nicht den Widerspruch, in den er gerät zu den elementarsten Gefühlen der Arbeiter aller Länder. In diesem Deutschland des Grauens, wo die Barbarei auf die Spitze getrieben wird durch das System, schuldlose Anverwandte als Geiseln auszuheben, in diesem Deutschland , das durchbebt ist von den blutigen Schauem des Terrors, von den sinnlosen Massenschlächtereien, wie sie unmittelbar vor Hendersons Eintreffen in Köpenick und Braunschweig stattfanden, in diesem Deutschland gibt es für Vertre ter der Arbeiterklasse keine Hoffnung auf die Möglichkeif der Bekehrung Hitlers , sondern ist einzig wahr, was das Manl fest des Vereinigten Nationalrates der Britischen Arbeiterbewegung sagt:„Diese aller Gefühlsregungen bare Tyrannei muß mit anderen Waffen bekämpft werden." Niemand zweifelt an Hendersons gu tsm Glauben, niemand darf seine Motive, der Abrüstung und dem Frieden zu die nen, in Frage stellen. Aber jeder, der weiß, was die Arbeiterbewegung Groß britanniens und der ganzen Welt dem Lebenswerk Arthur Hendersons verdankt, wird es auf das schmerzlichste empfinden, daß er nun in den tragischen Konflikt gerät, sich mit den unmittelbarsten Gefühlen, die heute die antifaschistische Welt erfüllen, in Widerspruch zu setzen. Labour ruft zum Boykott Der Vereinigte Nationalrat, der den Gewerkschaftskongreß, die Arbeiterpartei und die parlamentarische Fraktion der Arbeiterpartei vertritt, wendet sich in einem Manifest unter dem Titel:„Aechtung deutscher Waren und deutschen Verkehrs" an die Arbeiter mit der Aufforderung, den jüngst beschlossenen Boykott wirksam zu gestalten. Das Manifest sagt: Gegenüber Hitlers Herrschalt haben die gewöhnlichen Methoden des Protestes und des Aufniles versagt. Diese unsinnige Tyrannei muß mit anderen Waffen beklmoft werden. Viele Artikel deutscher Herstellung werden In unserem Lande verkauft. Hansbalts- artlkel verschiedener Art, photographische und optische Materlallen, Uhren nsw* wollene und andere Textilwaren, Spitzen und Garnituren, Lederwaren(elnschlleBlicb Schuhe und Stiefel), Schreibmaterialien usw., Motor- und Rad- teile, elektrische Apparate, Musikinstrumente und eine Menge anderer Artikel für den gewöhnlichen Gebranch, werden weithin vertrieben. Gewisse Artikel für den häuslichen Konsum, wie Gemüse, besonders Kartoffeln, Konserven, Wein und Bier werden ebenfalls von Deutschland eingeführt Deutsche Filme werden In britischen Llcbtspielhänsern gezeigt Deutscher Schiffsdienst und deutsche Sehenswürdigkeiten werden weithin angekündigt Der Vereinigte Nationalrat ruft alle auf, die mit den englischen Arbeitern das Entsetzen und den Absehen gegenüber der Zerstörung menschlicher Freiheit und bürgerlicher Rechte in Deutschland teilen, bis zur weiteren Bekanntgabe den Kant und die Benutzung dieser Waren, sofern man Ihren deutschen Ursprang nachweisen kann, ebenso wie die Inanspracb- nähme des deutschen Verkehrs zu unterlassen. Wir fordern die Arbeiter auf, den Ladeninhabern und anderen Verkäulern beim Kaui der Waren durch Ihre Fragen Klarheit darüber zu geben, daß sie nicht von einem Lande kaufen sollen, dessen Regierung das Gewissen der Weit verletzt hat Der Grand unseres Vorgehens Ist, der deut schen Regierang und Ihren Hellern die Empörung zu zeigen, die die Menschheit wider diese Scfafindmig und Zertretung der Grundsätze der Zivilisation empfindet. Wir ersuchen die englischen Arbeiter, die Aechtung so wirksam zu gestalten, daß das deutsche Volk den„HItlerlsmus" von sich wirft und zu den Wegen der Freiheit und Demokratie zurückkehrt ••• Der Vereinigte Nationalrat erläßt einen Weiteren besonderen Aufruf zur Sammlung von Hilfsmitteln für die Arbeiter Deutschlands , die unter Hitlers Druck lei den. Sammelkarten werden an alle Organisationen, die mit dem Gewerkschaftskongreß und der Arbeiterpartei in Verbindung stehen, ausgegeben. Das NarixHexen* eSnmaleins Aus 242 Mark mache 4000 Mark— und der Bonze ist blamiert! Der sogenannte„Informationsdienst", das Mitteilungsblatt der NSBO.-Pressestelle, brachte In seiner Nr. 24 vom A Juli einen Brief Theodor Lelparts, des Vorsitzenden des A. D. G. B. mit dem Datum des Jänner 1921, worin Lelpart von Stuttgart aus an den Vor- stand des Allgemeinen deutschen Gewerk schaftsbundes schreibt, daß er die Berufung als Vorsitzender des A. D. G. B. annehme. Dabei legt er auch seine materiellen Verhältnisse dar und gibt die Posten seines Einkommens In Stuttgart näher an. Darnach bezog er monatlich vom Holrarbeiterverbaml.. 2120 Mk. Ruhegehalt als Minister a. D.... 1320 Mk. Aufwandsentschädigung als Landtagsabgeordneter........ 450 Mk. Summe.. .. 3890 Mk. Leipart weist dann darauf hin, daß sich in seiner Berliner Stellung sein monatliches Einkommen von 4000 Mk. auf 2540 Mk. verringern würde. So teilt es der„Informationsdienst'* den natkmalsozlallstischen Betriebsfunktionären mit, die damit wieder neues Material Ober die korrumpierten marxistischen Bonzen in den Händen haben, mit dem sie in den Betrieben arbeiten werden.„Seht, so haben sie es getrieben! Derartige Gehälter haben sie sich aus den Ar- beltergroschen zahlen lassen. Und wenn sie eine neue Funktion übernehmen sollten, dann sicherten sie sich zuvor Ihre fetteg Bezüge I Das war die Opferbereltschsft der gefeierten FOhrerl" Der ehrenwerte Hauptschriftleiter Hans Bitllas spekuliert bei seinem Gannertrick darauf, daß seine Leser die JshresEshl des Briefes übersehen. Oder er hoftt, daß die jungen Leute nichts von der laflatton wissen, die im Jahre 1921 schon weit vorgeschritten war. Der erbärmliche Demagog rechnet damit, daß keiner der von ihm„iniormierten" Betriebszellenfunktionäre den Unterschied zwischen der Papiermark von 1921 und der heutigen Reichsmark kennt. Er erwartet sogar, daß die Leser den Betrug nicht merken und Papiermark gleich Reichsmark setzen werden. Wir stellen deshalb fest: Der Dollar stand am 3. Jänner 1921 auf 74.50 Papiermark. Nach der amtlichen Goldumrechnungs-Tabelle(die den Markwert nach dem arithmetischen Mittel von Dollarindex und Großhandelsindex beziffert), waren vom 1. bis 10. Jänner 1921 100 Papiermark gleich 6.05 Goldraark. Mitbin hatte ein monatliches Einkommen von 4000 Papiermark damals nach dieser Tabelle einen Goldwert von 242 Mark. Wir möchten an den„Informationsdienst" die interessante Frage richten, welcher von den nationalsozialistischen Bonzen sich heute mit einem Monatsgehalt von 242 Mark begnügt?! Laßt eudi nidits sdienken! Mit der ihm eignen Schleimseligkeit verkündete Dr. Ley auf der Tagung der schlesi- schen Arbeitsfront: „Um deine Seele, deutscher Arbeiter, haben wir lange gekämpft und kämpfen wir noch. Wir wollen aus dir einen stolzen Menschen machen, der sich seines Wertes Im Volk bewußt ist, und wir wollen die Minderwertigkeitsgefühle ausrotten, die man du eingepflanzt hat." Ach so! Die Minderwertigkeitsgefühle sollen ausgerottet werden— deshalb werden im dritten Reich abertausend Arbeiter gepeitscht, mißhandelt, gedemütigt?! Nur Sadisten können auf den Gedanken kommen, mit Gummiknüppel, Rhizinusöl, Stahlrute und Revolver sein hochwertige Menschen zu züchten. Nur Sadisten können glauben, durch Prügel werde ein Volk stolzer und selbstbewußter. Aber die Arbeiterschaft wird sich das Rezept merken, wird die Machthaber von heute dereinst nach ihren eigenen Methoden erziehen. Die Herren um Hitler dürfen sicher sein, daß ihnen die erwiesenen Wohltaten mit Zins und Zinseszins zurückgezahlt werden: deutsche Arbeiter sind viel zu stolz, als daß sie sich etwas schenken heßen. Bei einer Kundgebung der nationalsozialistischen Betriebsorganisation Magdeburg sprach Oberbonze Dr. Ley vor Arbeitern folgendermaßen für das„freiwillige" Opfer zur Arbeitsbeschaffung: „Nicht der Reichtum, nicht das Geld oder der Genuß machen das Leben lesenswert Es ist erst dann groß und gewaltig, wenn es erfüllt ist von dem heiligen Geist des Opfers..." Das sagte Ley nicht den Herren Thyssen und Konsorten, sondern ausgepowerten Proletariern! Das sagt ein neudeutscher Staatsrat dessen Leben hn III. Reich lebenswert gemacht wird durch eine Aufwandsentschädigung von monatlich 1000 Mark! Wofür diese Arbeiterzertreter bereit sind, die Proleten den kapitalistischen Ausbeutern zu opfern. Denn Jeder Lump opfert auf seine Weise! IVor der Mund... In einer Tagung des Verbandes sächsischer Industrieller erklärte der Vorsitzende Wittke: ,J)er Reichskanzler wisse, daß von heute aal morgen zwar der Mund umlernt, aber nicht das Hers". ABONNEMENTSPREISE Tschechoslowakei Einzelnummer Kö 1.40 ab 1. Antust 1933 Quartal Kö 18.— Aasland •»• i Einzelnummer K2 2.- Ouartal Kö 24.- Preis für die einzelnen Länder— Valotaschwankungen vorbehalten—:
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1 (30.7.1933) 7
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